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ID175
TitelSteinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen / Inventar Bezirk Karl-Marx-Stadt
Jahr1979
AutorWendt, Hans-Joachim
RegionSachsen
InhaltEin Inventar des ehemaligen Bezirk Karl-Marx-Stadt
170 Seiten, 1 Übersichtskarte
97 Standorte

Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen inventarisiert

Im Hinblick auf die derzeit intensiv durchgeführten vorarbeiten für die Bestandsübersicht der Steinkreuze und artverwandten Kleindenkmale in Thüringen ist es notwendig, auf eine gleichartige und dabei richtungweisende Publikation für das Territorium der sächsischen Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig aufmerksam zu machen.

Als Beihefte 13-15 der "Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege" (Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1977/1979/1980) liegt nunmehr unter dem Titel "Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen" ein umfassendes und repräsentatives Inventarwerk dieser bedeutenden Gruppe der Klein- und Flurdenkmale vor» Darin wurden im Bezirk Dresden (G. Müller- H. Quietzsch) 263, im Bezirk Karl-Marx-Stadt (H.J. Wendt) 97 und im Bezirk Leipzig (H. Quietzsch; 76 Denkmale erfaßt und im Rahmen von 21 Bearbeitungskriterien detailliert beschrieben.
Die instruktive und vor allem einheitlich durchgeführte Aufzeichnung aller topografischen, denkmalkundlichen, historischen, volkskundlichen und bodendenkmalpflegerischen Angaben ist den Verfassern hoch anzurechnen. In das Inventar wurden Steinkreuze, Kreuzsteine und Denkmale abweichender Form, die der historischen Tradition folgen oder deren volksmündliche Überlieferung dies rechtfertigte, ohne zeitliche Begrenzung aufgenommen. Dadurch wurden auch früh-neuzeitliche und neuzeitliche Gedenkmale erschlossen. Bereits abgegangene Denkmale wurden nur dann aufgenommen, wenn sie in der Obersicht von G.A. Kuhfahl (1936) noch als "vorhanden" geführt worden sind, also Standort, Form usw. noch sicher bestimmbar waren. Erkennbare Grabdenkmale und Giebelkreuze wurden dabei ausgeklammert; Hinweise dazu werden in den Einleitungen gegeben» Die Gruppe der Bildstöcke blieb aufgrund ihrer Form ebenfalls unberücksichtigt, obwohl die denkmalcharakteristische Bedeutung der Bildstöcke, die sich nicht allein auf die Funktion als Devotionsmal beschränkt, eine Zusammenstellung mit den Steinkreuzen und Kreuzsteinen sicher lohnend gemacht hätte.

In den Einleitungen verweisen die Verfasser auch auf die Vielfalt der Anlässe zu Steindenkmalerrichtungen, wobei der klassische, aber unzutreffende Hinweis auf einen "Wandel vom Sühne- zum Gedenkkreuz" bewußt vermieden wird. Bereits vor dem 16. Jh. wurden Steinkreuze mit anderer (als Sühne-) Funktion errichtet. Nach dem Erlaß des ersten deutschen Reichsstrafgesetzes 1532 erlosch das Sühnebrauchtum und die damit verbundenen Sühnekreuzerrichtungen im Laufe des 16. Jh., während der volkskundliche Anlaß zum Setzen von Steinkreuzen bei aussergewöhnlichen Ereignissen (Totschlag ohne Sühnevergleich, Mord, Unglücksfälle, Duelle u.a.) sich nunmehr lediglich offensichtlicher darstellte und das Gedenkmal stärker durchsetzte. Auf diese auch von den Verfassern vertretene Parallelität im Spätmittelalter muß endlich deutlicher hingewiesen werden.
Neu im Inventar selbst ist die Angabe der Orientierung der Denkmale (z.B. OSO-WNW), der eine denkmalkundliche Motivation kaum zuzuweisen ist (52 % nachweisbare Standortveränderungen), die aber zweifellos zur Vollständigkeit der Beschreibung beiträgt. Hoch anzuerkennen sind insbesondere die exakten Standortbeschreibungen mit Einbeziehung wirklich bleibender Bezugspunkte sowie die ausführlichen textlichen Beschreibungen der Denkmale (Verzicht auf bloße Angabe des Grundtyps).
Lediglich der Zusammenfassung der Kriterien "Sage" und "Bedeutung" zu einem Bearbeitungspunkt kann nicht voll zugestimmt werden. Die Bedeutung eines Denkmales kann nur durch gesicherte historische Aufzeichnungen und/oder Angaben auf dem Denkmal selbst abgeleitet werden und sollte stets die tatsächliche Entstehungsursache aufzeigen. Alle unsicheren, oft mündlich überlieferten und in die heimatgeschichtliche Literatur eingegangenen Erklärungen und Deutungsversuche müßten als "Sagen und volksmündliche Überlieferungen" - getrennt von der "Bedeutung" - erfaßt werden. Eine Einschätzung des Alters der Denkmale erfolgt nicht und kann auch nicht das Ziel reiner Bestandsübersichten sein. Alle beschriebenen Denkmale werden mit guten Aufnahmen fotografisch abgebildet, bei Erfordernis in vorder- und Rückansicht - eine Gestaltung, die nur sehr wenige Bestandsübersichten vergleichbarer Größenordnung aufweisen. Das vorliegende Inventarwerk, das der guten Tradition sächsischer Steinkreuzforschung folgt, fügt sich herausragend in die Reihe der in den letzten jähren in verschiedenen Landschaften erschienenen Obersichten ein, die für jede weitere Interpretation der Steinkreuze und Kreuzsteine die wesentlichste Grundlage bilden und das gestiegene Interesse an diesen weniger auffälligen Denkmalen beweisen.

Frank Störzner

(Urgeschichte und Heimatforschung, Weimar 1981, Heft 18, S.79f)

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