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ID176
TitelSteinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen / Inventar Bezirk Dresden
Jahr1977
AutorMüller, Gerhard / Quietzsch, Harald
RegionSachsen
InhaltGerhardt Müller und Harald Quietzsch: Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen. I. Inventar Bezirk Dresden.
(Arbeits- und Forschungsberichte zur Sächsischen Bodendenkmalpflege. Beiheft 13) Berlin:
VEB Deutscher Verl. der Wissenschaften 1977.
422 S., 314 Abb.

G. Müller (†) und H. Quietzsch grenzen schon in der Einleitung den Umfang der behandelten Kleindenkmale klar ab, obwohl die selbst gestellte Abgrenzung nur schwer eingehalten werden kann. Bildstocke und einwandfrei als Grabsteine (oder Grabplatten) erkennbare Steinkreuze und Kreuzsteine sind danach nicht aufgenommen worden. Doch ist der Übergang sehr fließend und mancher Kreuzstein mag primär Grabstein gewesen und erst sekundär Sühnedenkmal geworden sein. Das gilt auch für viele Steinkreuze von gotischen Formen, von denen der Dresdner Inventarband allerdings kein Vorkommen verzeichnet. Die Inventar-Nummer 240 ähnelt jedoch bereits weitgehend spätbarocken Bildstöcken und beweist den fließenden Übergang, vor allem in den jüngeren Formen.
Die Flurdenkmale werden im Inventar nach Kreisen und in diesen alphabetisch nach Orten aufgeführt. Eigenartigerweise haben dabei die Verf. im Gegensatz zum Gebrauch bei archäologischen Fundmeldungen die Ortsteile den namengebenden Hauptorten vorgezogen. Möglicherweise haben die Verf. diese Form gewählt, um den Vergleich mit dem etwa 40 bzw. 50 Jahre älteren Kuhfahlschen Verzeichnis zu erleichtern. Dabei hat sich ja aber auch die Kreiseinteilung wesentlich geändert, so dass hier von einer Inkonsequenz gesprochen werden muß. Während gegenüber dem Kuhfahlschen Inventar der sehr wenig bekannte Nachtrag von 1939 berücksichtigt wurde, trifft das für den ehemals schlesischen Anteil um Görlitz und Niesky nicht zu. M. Hellmich erwähnt 1930 in seiner letzten Zusammenstellung in den Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde auch die Dresdener Nummern 94, 98, 168, 174 und 175. Die Stellersche Arbeit in den gleichen Blättern von 1934 wird überhaupt nicht erwähnt.
Gegenüber der Kuhfahlschen Zusammenstellung von 1936 sind 4 Steinkreuze und ein Kreuzstein verloren gegangen, sie sind jedoch im Inventar mit aufgenommen, vielleicht hätte bei den älteren Archiv-Aufnahmen auch das Aufnahmedatum angegeben werden können. Durch Neuentdeckungen wurde der Bestand jedoch erhöht, so daß für den jetzigen Umfang des Bezirkes Dresden im Inventar 263 Steinkreuze und Kreuzsteine aufgeführt werden. Erfreulicherweise ist dabei versucht worden, die neueren Aufnahmen im gleichen Maßstab, etwa 1:10, zu bringen, so daß Vergleiche sehr erleichtert sind. Schwierigkeiten hat es dabei sicher vor allem bei der Aufnahme von Objekten nahe Zäunen, Mauern, Masten u. dgl. gegeben.
Die textliche Beschreibung erfolgt auf Grund von 21 Kriterien, die in der Einleitung ausführlich erläutert werden. Die Beschreibung des Standortes, des Flurdenkmales selbst, sein Name, Material und seine Ausmaße verstehen sich dabei von selbst. Kritisch ist schon die Angabe des Flurnamens, da Umsetzungen doch recht oft erfolgt sind, vermutlich wohl auch bereits im 19.Jh. bei der Durchführung der Separationen, jetzt aber kaum noch nachweisbar. Das gilt vor allem bei Steinkreuznestern, da die Formen der einzelnen Kreuze oft auf verschiedene Entstehungszeiten hinweisen.
Ungewöhnlich erscheinen dem Rez. die Angabe der Orientierung, obwohl sie von den Verf. gut gemeint und begründet ist; aber gerade diese Angaben haben vor noch nicht allzu langer Zeit zu recht unsicheren und gewagten Hypothesen geführt. Die Sagen zu den einzelnen Denkmalen sind nur im Kurztext gebracht, eine Auswertung ist in einem späteren, abschließbaren Band geplant. Der Tod des erstgenannten Verf., der von der Volkskunde zur Steinkreuzforschung kam, muß daher sehr bedauert werden. - Sage und Bedeutung in einem Kriteriumspunkt zusammenzufassen, erscheint etwas gewagt, ist doch z.B. Nr.161 trotz der Sagenerzählung einwandfrei ein Giebelkreuz. Hier kommt es dann auch unter Bemerkungen zur entgegengesetzten Aussage. Die Literaturangaben schließen die Beschreibungen ab, es fällt jedoch auf, daß im Verzeichnis erwähnte Literatur bei den Einzeldenkmalen nicht genannt wird, so z.B. R. Kutsche 1967. - Eine Datierung erfolgt nur bei einwandfreien Angaben und sicheren urkundlichen Erwähnungen. Eine stilkritische Einschätzung des Alters auf Grund von Form, Größe oder Einzeichnungen eirfolgt nicht.
Die Koordinaten der Standorte werden nach Meßtischblättern und Blattrandentfernungen angegeben, wie es in der Vorgeschichtsforschung der DDR üblich ist.
Bei den jüngeren Gedenkkreuzen, Nr.48 von 1817, Nr.75 von 1678 u: Nr. 172 von 1722, wäre eine weitere Urkundenforschung angebracht gewesen oder sollte nachgeholt werden. Der Mörder des Georg Hille (Nr.75) lebte unangefochten noch 1699 auf seinen Gütern der Lausitz, da diese nicht der kursächsischen Gerichtsgewalt unterstanden.
Unverständlich erscheint dem Rez., warum das Steinkreuz Nr.156, das nur 23 Jahre jünger als Nr.48 ist, nicht auch unter Schutz gestellt wurde. Eine ähnliche Frage stellt er sich bei der Anzahl loser Kreuze, die doch fest in der Erde verankert, wieder viel sicherer wären. Bei der offensichtlichen Aktivität der Pirnaer Numismatiker dürfte es doch auch in den anderen Kreisen an ebensolchen Natur- und Heimatfreunden nicht fehlen.

Walter Saal

(aus: Zeitschrift für Archäologie 13 / 1979, S.142-147)



Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen inventarisiert

Im Hinblick auf die derzeit intensiv durchgeführten vorarbeiten für die Bestandsübersicht der Steinkreuze und artverwandten Kleindenkmale in Thüringen ist es notwendig, auf eine gleichartige und dabei richtungweisende Publikation für das Territorium der sächsischen Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt und Leipzig aufmerksam zu machen.

Als Beihefte 13-15 der "Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege" (Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1977/1979/1980) liegt nunmehr unter dem Titel "Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen" ein umfassendes und repräsentatives Inventarwerk dieser bedeutenden Gruppe der Klein- und Flurdenkmale vor» Darin wurden im Bezirk Dresden (G. Müller- H. Quietzsch) 263, im Bezirk Karl-Marx-Stadt (H.J. Wendt) 97 und im Bezirk Leipzig (H. Quietzsch; 76 Denkmale erfaßt und im Rahmen von 21 Bearbeitungskriterien detailliert beschrieben.
Die instruktive und vor allem einheitlich durchgeführte Aufzeichnung aller topografischen, denkmalkundlichen, historischen, volkskundlichen und bodendenkmalpflegerischen Angaben ist den Verfassern hoch anzurechnen. In das Inventar wurden Steinkreuze, Kreuzsteine und Denkmale abweichender Form, die der historischen Tradition folgen oder deren volksmündliche Überlieferung dies rechtfertigte, ohne zeitliche Begrenzung aufgenommen. Dadurch wurden auch früh-neuzeitliche und neuzeitliche Gedenkmale erschlossen. Bereits abgegangene Denkmale wurden nur dann aufgenommen, wenn sie in der Obersicht von G.A. Kuhfahl (1936) noch als "vorhanden" geführt worden sind, also Standort, Form usw. noch sicher bestimmbar waren. Erkennbare Grabdenkmale und Giebelkreuze wurden dabei ausgeklammert; Hinweise dazu werden in den Einleitungen gegeben» Die Gruppe der Bildstöcke blieb aufgrund ihrer Form ebenfalls unberücksichtigt, obwohl die denkmalcharakteristische Bedeutung der Bildstöcke, die sich nicht allein auf die Funktion als Devotionsmal beschränkt, eine Zusammenstellung mit den Steinkreuzen und Kreuzsteinen sicher lohnend gemacht hätte.

In den Einleitungen verweisen die Verfasser auch auf die Vielfalt der Anlässe zu Steindenkmalerrichtungen, wobei der klassische, aber unzutreffende Hinweis auf einen "Wandel vom Sühne- zum Gedenkkreuz" bewußt vermieden wird. Bereits vor dem 16. Jh. wurden Steinkreuze mit anderer (als Sühne-) Funktion errichtet. Nach dem Erlaß des ersten deutschen Reichsstrafgesetzes 1532 erlosch das Sühnebrauchtum und die damit verbundenen Sühnekreuzerrichtungen im Laufe des 16. Jh., während der volkskundliche Anlaß zum Setzen von Steinkreuzen bei aussergewöhnlichen Ereignissen (Totschlag ohne Sühnevergleich, Mord, Unglücksfälle, Duelle u.a.) sich nunmehr lediglich offensichtlicher darstellte und das Gedenkmal stärker durchsetzte. Auf diese auch von den Verfassern vertretene Parallelität im Spätmittelalter muß endlich deutlicher hingewiesen werden.
Neu im Inventar selbst ist die Angabe der Orientierung der Denkmale (z.B. OSO-WNW), der eine denkmalkundliche Motivation kaum zuzuweisen ist (52 % nachweisbare Standortveränderungen), die aber zweifellos zur Vollständigkeit der Beschreibung beiträgt. Hoch anzuerkennen sind insbesondere die exakten Standortbeschreibungen mit Einbeziehung wirklich bleibender Bezugspunkte sowie die ausführlichen textlichen Beschreibungen der Denkmale (Verzicht auf bloße Angabe des Grundtyps).
Lediglich der Zusammenfassung der Kriterien "Sage" und "Bedeutung" zu einem Bearbeitungspunkt kann nicht voll zugestimmt werden. Die Bedeutung eines Denkmales kann nur durch gesicherte historische Aufzeichnungen und/oder Angaben auf dem Denkmal selbst abgeleitet werden und sollte stets die tatsächliche Entstehungsursache aufzeigen. Alle unsicheren, oft mündlich überlieferten und in die heimatgeschichtliche Literatur eingegangenen Erklärungen und Deutungsversuche müßten als "Sagen und volksmündliche Überlieferungen" - getrennt von der "Bedeutung" - erfaßt werden. Eine Einschätzung des Alters der Denkmale erfolgt nicht und kann auch nicht das Ziel reiner Bestandsübersichten sein. Alle beschriebenen Denkmale werden mit guten Aufnahmen fotografisch abgebildet, bei Erfordernis in vorder- und Rückansicht - eine Gestaltung, die nur sehr wenige Bestandsübersichten vergleichbarer Größenordnung aufweisen. Das vorliegende Inventarwerk, das der guten Tradition sächsischer Steinkreuzforschung folgt, fügt sich herausragend in die Reihe der in den letzten jähren in verschiedenen Landschaften erschienenen Obersichten ein, die für jede weitere Interpretation der Steinkreuze und Kreuzsteine die wesentlichste Grundlage bilden und das gestiegene Interesse an diesen weniger auffälligen Denkmalen beweisen.

Frank Störzner

(Urgeschichte und Heimatforschung, Weimar 1981, Heft 18, S.79f)

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