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ID184
TitelMittelrheinische Steinkreuze aus Basaltlava
Jahr1980
AutorMüller-Veltin, Kurt
RegionRheinland-Pfalz
InhaltI. Typologische Übersicht
II. Zentrum und Verbreitung
III. Vor- und Frühzeit
IV. Die Beligen-Mäler
V. Kreuz und Sanktissimum
VI. Schutz und Abwehr
VII. Tod und Seelgerät
VIII. Ex Voto
IX. Inschriften
X. Hausmarken
XI. Ikonographie
XII. Werkstätten und Meister
XIII. Denkmalpflege

Im Anhang ein Bildteil mit 466 s/w Aufnahmen.
(2. überarbeitete und erweiterte Auflage 2001, ISBN: 3-88094-570-5)
Zitat S. 32:
"Zu dem gesamten noch erhaltenen Bestand an Mälern aus dem Basaltlava-Zentrum Mayen-Mendig sind genaue Zahlenangaben noch nicht möglich. Unter Berücksichtigung aller Beobachtungen dürfte ein Schätzwert von rund 4500 Wegmälern und 6000 Grabkreuzen realistisch sein."
dazu Fußnote 66: "Eine Inventarisation liegt noch nicht vor. ..."


Kurt Müller-Veitin: Mittelrheinische Steinkreuze aus Basaltlava. Neuss: Verlag Gesellschaft für Buchdruckerei AG 1980. 392 S. m. 466 Schwarzweißabb. auf Tfn. (Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., Jahrbuch 1976/77.) Geb. 39,- DM.

     Am Mittelrhein und an der unteren Mosel ist der Bestand an alten Weg- und Grabkreuzen aus Basaltlava so reich, daß selbst ein mit 466 guten Abbildungen hervorragend ausgestattetes Buch kaum den Eindruck zu vermitteln vermag, der von der Sache her nötig wäre. Darüber hinaus würde die erforderliche, erschöpfende Inventarisation der Male die Arbeitskraft wie auch das Durchhaltevermögen eines einzelnen Bearbeiters auf eine selbst für passionierte Kleindenkmalforscher unvorstellbare Weise überfordern. Dies mag begründen, weshalb erst jetzt eine umfangreiche Arbeit über die mittelrheinischen Kreuze vorgelegt wird. Man muß dem Autor herzlich danken, daß er sich weder durch die Fülle des Materials noch von einer (scheinbaren!) Gleichförmigkeit der Male abstoßen ließ, sondern sich einer mühsamen, da insbesondere auf Details angelegten Untersuchung zuwandte. Daß er eine solche Arbeit nicht nach einem Zeitplan abwickeln konnte, versteht sich für Kenner von selbst; durch die jahrelange Verzögerung beim Abfassen des Manuskripts flössen vorteilhaft neue Entwicklungen und Ergebnisse der Kleindenkmalforschung ein, die dem Autor zusätzliche überregionale Bezüge erschlossen.
     Die drei Schwerpunkte seines Buches, denkmalkundliche Aspekte, originäre bzw. sekundäre Funktionen sowie Ikonographie und Attribute der Male behandelt der Autor in 13 Kapiteln, wobei der Rahmen einer kurzen Rezension gesprengt würde, wollte man sich mit der Fülle des Dargebotenen auseinandersetzen. Um die überregionale Bedeutung dieser Publikation herauszustellen, sei insbesondere auf den "Schöpflöffel" mit des Autors Deutung eingegangen. Man muß ihm zustimmen, wenn er das Steinkreuz und den "Schöpflöffel" - ein Nischenstock für das Sanktissimum - zwar vom Holz her ableitbar dennoch als Male unterschiedlichen Ursprungs deutet. Die Beobachtung, daß die Zeitstellung aller Male, die mit Sakramentprozessionen in einen Zusammenhang gehören, sich auffallend mit dem historischen Zeitraum dieser Umgänge deckt, ist ein wichtiger Ansatz, der angesichts des reichen Bestandes datierbarer Male zu überzeugenden Ergebnissen führt. So sieht der Autor in der Tatsache, daß zwischen 1520 und 1580 nur beim Nischenmal eine Datierungslücke von 60 Jahren auftritt, einen Beweis für die ursprüngliche Funktion des Nischenmals im Zusammenhang mit eucharistischen Umgängen, die im genannten Zeitraum durch reformatorische Einflüsse zum Erliegen kamen.
     Wenn man das Steinkreuz streng vom Nischenmal in der Art des "Schöpflöffels" trennt, so stellt das Steinkreuz mit Nische eine Synthese aus dem Steinkreuz und dem eucharistischen Nischenmal dar. Die Bildnische erscheint erst sekundär, während die leere Sakramentsnische zur Aufnahme der konsekrierten Hostie in einer Pyxis oder einer Burse dient und um Jahrhunderte älter ist. Demgegenüber stellt das hohe Kreuz (meist mit Korpus) in der Regel ein Votivmal dar, dem oft zugleich auch Funktionen in der Art des „Seelgeräts" bzw. als Apotropaion zukommen, eine Polyfunktionalität, wie sie der Autor hervorhebt. Schließlich trennt er die Abfolge schlichtes Steinkreuz - Bildkreuz von der Abfolge "Schöpflöffel" - Bildstock, eine Deutung, die sich wesentlich von den bisherigen Anschauungen zum Verhältnis zwischen dem Steinkreuz und dem Bildstock bzw. zur Funktion der Nische unterscheidet.
     Ausführlich und für Wege künftiger religiöser Kleindenkmalforschung hilfreich da wohl durchdacht sind seine umfangreichen Darlegungen zur Votivstiftung eines Males, zum Flur- und Grabkreuz als Heiltum und Sacrum oder auch als magisches Zeichen. Eingehend werden die Marken und Handwerkszeichen, die Inschriften sowie die Fülle der Attribute aus dem Bereich der christlichen Ikonographie behandelt. Fragen zu den einstigen Werkstätten und Meistern sowie zum Denkmalschutz beschließen den mit einem umfangreichen Apparat ausgestatteten, auch für den Laien leicht und angenehm lesbaren Text.
     Zutreffend, wenn auch bedrückend ist des Autors Ausblick: Aus der einsamen, freien Landschaft - das haben die Diebe in klassischen Lehrbeispielen gezeigt - werden diese Denkmäler so oder so verschwinden. Das ist nur noch eine Frage der Zeit. Und es kommt darauf an, wer sie aus der Flur holt, oder wer zuerst (S.205). Ist auch das Material witterungsbeständig, so haben doch menschliche Unvernunft und Habgier den Kreuzen einen Kampf angesagt, der nur Verlierer kennt.

Friedrich Karl Azzola
(Nassauische Annalen, Band 92, 1981, S.331-332)
PeriodikaRheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V. Köln
Bestellung
ISBN3-88094-192-0
TypBuch
50 erwähnte Objekte


Sühnekreuze & Mordsteine