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ID209
TitelUeber Mordkreuze
Jahr1857
AutorBösigk, F. L.
RegionSachsen
InhaltVortrag, gehalten in der Sitzung des Königl. Sächsischen Alterthumsvereins, am 12. Januar 1857. Heft 10, 1857, S. 31 – 44 und Tafel I mit 3 Zeichnungen.


Achte Sitzung am 28. October 1886. Vorsitzender: Geh. Hofrath Dr. Geinitz
     Eine von dem Vorsitzenden in der Sitzung am 7. October gegebene Anregung führt zu einer weiteren Besprechung über die Errichtung von Steinkreuzen, wie man dieselben an Wegen und Dörfern mehrfach vorfindet. Soweit dies das Königreich Sachsen betrifft, ist eine eingehende Arbeit darüber im 10. Hefte des K. Sächs. Vereins zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, 1857, von Dr. Bösigk: über Mordkreuze, veröffentlicht worden, wonach diese Kreuze im Allgemeinen, mit wenigen Ausnahmen, Gedenk- und Merkzeichen für ein begangenes Verbrechen sind, dessen Strafe nicht in ihrem ganzen Umfange vollzogen werden konnte oder durfte; daher auch der Name Sühnkreuz dafür.
     An die von Dr. Bösigk hier beschriebenen, 42 derartigen Kreuze schliessen sich noch andere an, deren in der Zeitschrift "Ueber Berg und Thal", 1881, No.6 und No.9 gedacht wird, ein steinernes Kreuz bei Gottleuba, bei Klotzscha, welches südlich von dem Schenkhübel an der Königsbrücker Strasse zwischen den Wegsteinen 2,4 und 2,5 steht und zur Erinnerung eines treuen Knappen der Dohna'schen Dynastenfamilie, Jonas Daniel, um das Jahr 1402 errichtet worden ist; zwei Steinkreuze an dem grossen Zschirnsteine vom Jahre 1549 und v.J. 1653 sollen an den plötzlichen Tod eines Försters bei dem Fällen einer Eiche und die Ermordung eines Jägers erinnern.
     Der an der Sitzung theilnehmende Prof. Dr. Steche, der bei seinen Altertumsforschungen in Sachsen auch solchen Kreuzen seine Aufmerksamkeit geschenkt hat, führt noch eine grosse Reihe anderer, besonders im Vogtlande befindlicher Standorte in Sachsen an. Nach ihm gehören die ältesten erhaltenen derselben wohl dem 14. Jahrhundert an, während in dem benachbarten Zeulenroda noch 1860 wegen eines jähen Todes, und bei Gross-Waltersdorf um 1871 wegen Erschlagung eines Landmannes Steinkreuze gesetzt worden sind. Nach allen seinen Beobachtungen sind derartige Kreuze theils als Zeichen der Gerichtsbarkeit, theils als Erinnerungszeichen für zufälligen Tod und unvorsichtige Tödtung, für Mord und Sühne des Mordes, seltener wohl auch als Weichbilder aufzufassen, für welche sie, nach brieflichen Mittheilungen von Fräulein Ida von Boxberg, Professor a. D. von Lingethal auf Kmelen vorzugsweise in Anspruch nehmen möchte.
     Dass sie nur religiöse Zeichen seien, ohne einem weltlichen Zwecke gedient zu haben, welche Ansicht Pastor Ziller in Sacka in einem vorliegenden Briefe an Fräulein von Boxberg geltend macht, ist nicht anzunehmen.
     Eine gediegene Abhandlung von Dr. Zestermann in dem Programm der Thomasschule in Leipzig, 1867, verbreitet sich eingehend über das Kreuz vor Christo und schildert 1) das Kreuz als heiliges Zeichen, der antiken Völker in Aegypten, Vorder- und Mittelasien und Mitteleuropa 2) das Kreuz als Strafwerkzeug bei den Völkern der alten Welt, wobei die verschiedenen Namen und Gestalten der Kreuze genauer beschrieben werden: das vierarmige oder lateinische Kreuz, das dreiarmige oder ägyptische und Antonius-Kreuz, und das liegende oder Andreas-Kreuz.
     Mit den in Sachsen gewonnenen Erfahrungen über Steinkreuze oder Kreuzsteine stimmen die anderwärts gemachten Beobachtungen und daraus gezogenen Schlüsse sehr genau überein, wie eine Abhandlung von Dr. Back in Altenburg: "Von Kreuzsteinen; insbesondere in HerzogL S. Altenburg'schen und in nachbarlichen Gauen"*) und eine Mittheilung über Steinkreuze und Aehnliches in Beiträgen zur Schlesischen Alterthumskunde Breslau, 1875, S.245**) beurkunden. -
     Prof Dr. Steche lenkt das Interesse auf den sogenannten "Taufstein" bei Obercrinitz in der Amtshauptmannschaft Zwickau, der der Sage nach bei der Taufe der Söhne eines Slavenförsten, deren einer später die Umgegend als Christenapostel bekehrte, als Taufstein gedient hat***), dessen schalenartige Vertiefungen aber nach Dr. F. Theile nur Producte der Ausschleifung durch Gerolle, Strudellöcher sind. Prof. Dr. Steche, welcher an der Bedeutung des Steines als Denkmal aus heidnischer Vorzeit festhält, richtet an die Gesellschaft die Bitte, den Stein vor der ihm jetzt durch Zerschlagen drohenden Vernichtung durch Ankauf zu bewahren.
     Der Vorsitzende wird hierauf ermächtigt, durch Vermittelung des Pastor Schürer in Obercrinitz geeignete Schritte zur Erhaltung des interessanten Steines zu thun.

*) Fliegende Blatter. Kulturgeschichtliche Zeichnungen von Dr. Back in Altenburg
**) Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. 23. Bericht. Bd.II. Hft.2. Breslau 1875.
***) Deutsche Jugendblätter Nr.3, Beilage 5 zur sächs. Schulzeitung 1872; "Glück auf" Bd.I. 1881.

(Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS in Dresden, Jg. 1886, Juli-December, Dresden 1887, S.55-56)
PeriodikaMittheilungen des Königlich-Sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung Vaterländischer Alterthümer
Bestellunghttp://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=1/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1016&SRT=YOP&TRM=Mittheilungen+des+K%C3%B6niglich-S%C3%A4chsischen+Vereins+f%C3%BCr+Erforschung+und+Erhaltung+Vaterl%C3%A4ndischer+Alterth%C3%BCmer
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Sühnekreuze & Mordsteine