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Als Ausgangspunkt soll eine zeitgenössische Darstellung aus der Zeit um 1800 dienen, die Störzner 1992 auf S.40 seines Buches "Aus Stein gehauen…" veröffentlichte. Die frühesten Sagensammlungen (Thürmchen, 1801, Sp.477 – zitiert von Störzner) berufen sich noch auf "drey alte steinerne tief eingesunkene bemooste Kreuze". Spätere Stadtansichten zeigen nur noch ein Kreuz, das bis heute vorhandene Kreuz am Cyriaksberg (Erfurt IV). Die beiden anderen gelten lt. Sörzner (1992) als nicht nachweisbar. Die Sagen berufen sich aber immer auf drei Kreuze, z.B. die der "drei Ritter, die wurden am Fuße des Berges begraben, da, wo man noch drei mit Schwertern bezeichnete bemooste steinerne Kreuze sieht" (zitiert aus Störzner 1992, S.40).

Wenn man aber den Sagen um das Sybillentürmchen (Erfurt IX) folgt, und weiß, dass das Sibyllentürmchen und mind. 1 Kreuz real existiert, dann muß man davon ausgehen, dass die beiden anderen auch existent gewesen sein müssen. Denn die Sagenbildung hat ja auch eine Basis. Sie hat zwar meist nichts mit dem tatsächlichen Setzungsgrund zu tun, aber basiert auf einer tatsächlichen Anzahl und dem Erscheinungsbild einer Denkmalgruppe. Vgl. hierzu z.B. die Sage von Luga (II - IV) in Sachsen. Die Sagen um Steinkreuzgruppen basiert fast immer auf der Anzahl. Sie ist ja meist erst der Ausgangspunk für die Sagenbildung. Bestärkt wird das (im Falle der Kreuze beim Sibyllentürmchen) durch die zweite Sage, die von drei Nonnen / Benediktinern berichtet die hier zur Bestrafung eingemauert worden seien. Was hätte den Sagenerzählern sonst Anlaß gegeben die Zahl drei zu wählen?
S, Pfaffroda


Die verschollenen Steinkreuze am Sybillentürmchen zu Erfurt

Auf einem Bild des Landschaftsmalers Dornheim ist ein Teil der Gegend westlich von Erfurt dargestellt.

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Man sieht die alte Landstraße von Gotha. Im Vordergrund ein Wasserlauf, in der Bildmitte eine Betsäule und im Hintergrund ein Hang mit einzelnen Gartenhäusern. Es ist die Gegend um den heutigen Gothaer Platz. Die Betsäule findet man heute immer noch, sie steht im unteren Eingangsbereich zum Gelände der ega oder auch als Cyriaksburggelände bekannt. Benannt nach einer dort zu findenden Festung die bis 1871 dem Schutz der Stadt diente. Danach erfolgte mit der Endfestigung der Stadt auch ein Teilabriss dieser Verteidigungsanlage. Betrachtet man das Bild allerdings genauer so kann man um die Betsäule (bekannt als Sybillentürmchen, siehe unter Erfurt VIII) drei Steinkreuze erkennen, die heute nicht mehr vorhanden sind. Heinz Köber in "Die alten Steinkreuze und Sühnestein Thüringens" 1960 bezeichnet 2 davon als verschollen. Auch Fritz Wiegand (siehe Beschreibung des Sybillentürmchen) nennt 2 davon als verschollen. Frank Störzner (Steinkreuze in Thüringen 1984 Kat. Nr.70) schreibt in der Darstellung eines weiter westlich stehenden Kreuzes, dass historisch kein Nachweis für die auf dem Bild zusehenden Kreuze bestände. Im September 1950 fand für eine Woche auf dem Cyriaksburggelände wieder eine Gartenbauausstellung ("Erfurt blüht"), die Erste nach dem Krieg statt. Zu Beginn des Besuches derselben (ich war noch Kind) streifte ich durch ein Buschbereich der sich nördlich des Sybillentürmchen zur Gothaer Straße befunden hat. Dabei stieß ich auf zwei Steinkreuze die mich allerdings nicht weiter interessierten und deren Aussehen ich auch nicht mehr in Erinnerung habe. Erst in späteren Jahren nach Erscheinen der beiden oben aufgeführten Veröffentlichungen nahm ich mich dieser Thematik an. Dabei musste ich feststellen, dass die beiden mir in Erinnerung gebliebenen Kreuze nicht mehr auffindbar waren. Es fiel mir allerdings die unterschiedliche Existenzbewertung dazu auf. Mit Erstaunen musste ich bei meinen nun erfolgten Recherchen feststellen, dass weder in staatlichen Archiven, Museen, noch in den Archiven von Betrieben die in diesem Bereich einmal tätig waren (Straßen- und Tiefbau oder Straßenbahn) dazu verwertbares Material zu finden war. Ich dehnte meine Recherchen dahingehend aus, dass ich mit ehemaligen Beschäftigten der damaligen iga sprach. Aber nur in einem Fall hatte man überhaupt davon gehört. Eine andere Möglichkeit bestand darin in der angrenzenden Cyriaksstraße Anwohner zu finden, die 1950 bereits dort gewohnt. Obwohl tatsächlich noch Anwohner zu finden waren hatte man nur in einem Fall überhaupt davon gehört.

In einer Veröffentlichung von Monika Kahl "Denkmale jüdischer Kultur in Thüringen", 1997, S.75 stieß ich unerwartet auf einen Lageplan des ehemaligen jüdischen Friedhofes vor dem Brühler Tor aus dem 19.Jahrh.

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Lageplan des ehemaligen jüdischen Friedhofs vor dem Brühler Tor (heute Cyriakstraße). (Stadtarchiv Erfurt)

In der unteren Mitte der Zeichnung ist das Sybillentürmchen zu erkennen und davor drei Kreuze die nichts mit dem über der Straße gelegenen Friedhofgelände zu tun haben. In diesem Lageplan sehe ich einen Existenznachweis für die 3 dort tatsächlich gestanden Steinkreuze von denen ich wie oben beschrieben 2 noch selber 1950 gesehen habe. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass obwohl der ehemalige und heutige Steinkreuzbestand in Thüringen gut erfasst und dokumentiert ist immer noch Lücken bestehen die einer Klärung bedürfen. Es darf angenommen werden, dass bei den dort erfolgten Umbauarbeiten vor 1955 die auch Geländeveränderungen mit sich brachten die Steinkreuze abhanden gekommen sind

Sollte ein Leser dieses Beitrages über weiteres Wissen und gegebenenfalls auch Bild- oder Schriftmaterial verfügen bitte ich um frdl. Mitteilung.
Jost Häffner, Erfurt


Historische Stadtansicht und Stadtplan um 1740

Bei der routinemäßigen Durchsicht/Prüfung von histor. Karten/Plänen habe ich eine Karte von Erfurt aus der Zeit um 1740 gefunden, welche die Stadt - laut Kartusche - mit höchster Genauigkeit - also wirklichkeitsgetreu darstellt.

Die Karte umfasst auch die nähere Umgebung, wobei man sechs relevante Stellen finden kann, darunter auch das Sybillentürmchen. Hierbei fällt auf, daß es allein steht, daraus wäre zu schließen, um 1740 waren dort keine Kreuze sichtbar oder vorhanden. Aus den topographischen Angaben - Weg nach EF-Schmira , Gothaische Straße , vor dem Brühler Tor, Sorge, lässt sich die Lage präzise eingrenzen, auch ist erkennbar, daß in der unmittelbaren Nachbarschaft Hopfenanbau betrieben wurde.

Südlich der Cyriaksburg (Festung am linken oberen Bildrand) erkennt man am Hochufer des Flüßchens Gera einen Pestfriedhof mit Kruzifix an einem Weg in Richtung nach EF-Hochheim. Weitere Objekte befinden sich südlich der Stadt am Steiger, an einer aufgelassenen Sandgrube und zwei als "Rabenstein" bezeichnete Objekte stehen an dem Hochgericht an der Leipziger Straße Im Osten.

Das Bild ist online einsehbar; die Nutzung aber gebürenpflichtig (Copyright), daher an dieser Stelle nur der Link auf das Motiv (!).

http://www.zb.unibe.ch/maps/ryhiner/sammlung/index.php?group=volume&dir=5310&pic=Ryh_5310_38.jpg

Dem Beispiel folgend habe ich ebenfalls die mir vorliegenden Karten durchgesehen. Es ist auf keiner der Karten eines der mir bekannten Steinkreuze zusehen, außer auf einer aus dem Jahre 1620. Dort findet man ein Kreuz eingezeichnet, allerdings an einer Stelle die bisher als solche nicht bekannt ist. Man kann daraus die Schlussfolgerung ableiten, dass Steinkreuze zumindest in den Erfurter Karten bei den Zeichnern keine Rolle spielten (außer größere Kreuze wie z.B. Friedhofskreuze). Ein Nichtvorhandensein derselben ist nicht zwangsläufig daraus zu erkennen. Sogar das Sybillentürmchen ist auf den Karten von 1660, 1700 und 1707 nicht zu finden. Interessant ist allerdings der eingezeichnete Pestfriedhof an dieser Stelle. Bekannt sind eigentlich nur 2 größere Friedhöfe im Osten und Norden der Stadt zu denen über einen langen Zeitraum Prozessionen erfolgten.



Sühnekreuze & Mordsteine