Lübeck, Kurzer Prozess - wer kennt ähnliche Beispiele?
Das folgende Beispiel findet sich bei Decke, Ernst. Lübische Geschichten und Sagen. Lübeck, 1857, S.98. ''Um 1314 ungefähr kömmt ein fremder Mann gen Lübeck von Rom, wo er beim Römischen Vater, dem Papst, um Ablaß seiner Sünden angehalten. Ihm war befohlen, so und so viel Meilen Weges barfuß zu gehen; dann sollt`er Pardon haben. Wie er nun zu Lübeck am Thor steht, fragt er die Jungs: wo ist eine gute Herberge? Die sollten sie ihm zeigen; er wollt ihnen Trinkgeld geben. Sie sprechen ja, und zeigen ihn schalksweise in die Büttelei. Wie er da kömmt, begehrt er Herberge; der Büttel weigert sich auch nicht und spricht: er möge ablegen; von wannen er komme? Der Fremde sagt: von Roma, und daß der Papst befohlen, wenn er so und so viel Meilen Weges barfuß gangen, sollten ihm alle seine Sünden vergeben sein. Der Büttel fragt ihn: was er denn für Sünde gethan habe? Da bekennt der Fremde, daß er einen schweren Mord gethan. Der andere schweigt still, geht aber zu den Herren des Gerichts und meldet, was er von seinem Gast vernomen. Als nun die Herren auch den Fremden selbst gehört, ist Urtheil und Recht darüber gegangen, also daß man ihm den Kopf weggehauen. Welches Urtheil mag nun richtiger sein: des Papstes oder der Lübschen?''
^{Manfred Beck, Wutha-Farnroda}

Die wiedergegeben Geschichte wirft (mal abgesehen vom sagenhaften Aspekt) eine interessante Frage auf: Wie oder was schützte einen Totschläger, der in Erfüllung eines Sühnevertrages eine sicher beschwerliche Reise (Aachfahrt / Romfahrt o.ä.) unternahm vor einer zweiten Verurteilung durch einen anderen Richter fernab seiner Heimat? Gab es ein Reisepapier (gemeint ist nicht das Papier, welches der Bischof / Papst ausstellte und das die Pilgerfahrt bestätigt), dass den Totschläger als solchen auf einer "Sühnefahrt" auswies?
^{S. Gerth, Pfaffroda}