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...Hans Luder arbeitete vor seinem Umzug in einem der Kupferbergwerke dieser Gegend. Gründe für seinen überraschenden Ortswechsel werden in der verschiedenen Literatur mehrere genannt. Vielleicht spielten sie alle eine mehr oder weniger große Rolle. Einerseits sah das damalige Erbrecht vor, daß der jüngste Sohn den Hof des Vaters erbte, so mußte sich Hans der Ältere eine andere Bleibe suchen. Zum anderen erfuhr er als Bergmann eventuell durch sogenannte "Werber", daß der Graf von Mansfeld in seinen Bergbaubetrieben Arbeiter suchte und sah darin eine Chance, es zu etwas zu bringen. Eine alte Überlieferung, die aber genauso gut von Gegnern Luthers erfunden worden sein kann, um sein Ansehen bei seinen Anhängern zu schmälern, erzählt von einen heftigen Streit zwischen Hans Luder und einem Nachbarn, der seine Pferde auf einer lutherschen Wiese jagte, Luder soll den Mann mit einem Pferdezaum schwer verletzt bzw. sogar getötet habe und hätte daraufhin noch am selben Tage fliehen müssen.
(Börner, A. - Die Lutherfamilien in Möhra, in: Altensteiner Blätter, Geschichte und Geschichten aus den Orten des ehemaligen Amtes Altenstein, sowie Bad Liebenbstein, Möhra und Witzelroda. Jahrbuch. Band 1993, S.137-144)

Schon der Merseburger Steinkreuzforscher Walter Saal behandelte 1983 dieses Thema:

Ich bin lange nicht nach Möhra ge­kommen, aber noch vor 50 Jahren zeigte man in Möhra eine Wiese, die nach Luther benannt war, und auch das ehemalige Luthersche Gut nahe der Kirche war im Volksmund noch bekannt. Der Großvater Martin Lu­thers, Johannes (oder auch Hans) mit Vornamen, hatte drei Söhne, denen er sein angeblich großes Gut vererbt hatte, das ihnen wohl auch den ent­sprechenden Nahrungserwerb bot. Auf der Luther-Wiese soll der Vater Martin Luthers, Hans jun., einen hütenden Bauern im Affekt mit des­sen eigenem Zaumzeug erschlagen haben. Nach K. Luther: Martin Luthers Vorfahren (Wittenberg 1867) soll diese Nachricht schon Johann Martin Michaelis in der "Beschrei­bung des Berg- und Hüttenwerkes in Kupfersuhl" berichtet haben. In Möhra wurde auch von einem einfachen Sühnekreuz erzählt, das auf der Wiese gestanden haben soll, doch sind keine sicheren Nachrich­ten darüber überliefert. Erwin Riske erwähnt in seiner Schrift "Stein­kreuze und artverwandte Flurdenk­male im Kreis Eisenach" (Eisenach 1981) Möhra nicht und auch Heinz Köber: "Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens" (Erfurt 1961) nennt Möhra nicht. Allerdings erwähnt letzter auch nur wenige verlorene Kreuze. Wenn also in Möhra ein Kreuz gestanden haben soll, so muß es schon vor 1880 wie­der verschwunden sein. Ein Totschlag von Martin Luthers Vater wäre, so könnte man anneh­men, für.den Reformator wohl eine irgendwie ehrenrührige Angelegen­heit gewesen, und man hat sicher das Bestreben gehabt, so etwas zu vertuschen. Versetzt man sich, jedoch in die Zeitumstände, so be­kommt das Ganze ein etwas anderes Bild, Gerade im 15. Jahrhundert, vor allem am Ende desselben und zu Beginn des folgenden 16. Jahrhun­derts, sind so viele Sühneurkunden überliefert, daß man annehmen darf, Totschläge seien zu einer Zeit, in der auch Bauern Waffen trugen, öfter an der Tagesordnung gewesen. Schwierig ist natürlich in jedem Fall der Nachweis, denn noch immer gibt es neben Gedenkkreuzen auch wesentlich mehr ältere Sühnekreuze als Sühneurkunden... ...Wenn der Großvater Martin Luthers, Hans sen., vermögend war und die beiden Brüder von Hans jun. in Möhra weiter wohnhaft blieben, so kann nicht ausgeschlossen werden, daß Hans erhebliche Teile seines Vermögens durch eine Wergeldzahlung verloren hat und Möhra aus dem gleichen Grunde verlassen mußte. In der erwähnten Schritt des Michaelis heißt es weiter, daß die Mutter Martins ihrem Mann im hochschwangeren Zustand nachgezo­gen sei und sie beide dann in Eisleben verblieben seien. Ein getrennter Umzug kann möglich gewesen sein, erscheint aber unwahrscheinlich, denn auch die Brüder von Hans jun. werden die Verbindlichkeiten ihres Bruders haben lösen können, viel­leicht sind sie sogar seine Bürgen gewesen. – Wenn kein neuer Urkun­denfund erfolgt, dürften das alles nur Vermutungen sein, obwohl in den Volkserzählungen über die in Deutschland vorhandenen Steinkreuze zu 90 Prozent ein wahrer Kern enthalten ist.
(Saal, Walter - Sühnekreuz und Wergeld, in: Die Kirche, ev. Wochenzeitung, 38.Jg., Nr.31 vom 31.Juli 1983, S.121-122)
S, Pfaffroda


Auf eine konkrete Anfrage zur Thematik meldete sich jetzt Dr. H. Jäger – vom Lutherhaus-Museum in Eisenach. Er schreibt:

„Mir ist die Geschichte über Hans Luther in den Lutherbiographien als historisch verbürgte Tatsache nicht begegnet und ich beziehe mich nun auf das Buch von Johann Conrad Ortmann "Möhra, der Stammort Doctor Martin Luthers ..." Salzungen 1844. Gleich vorweg, Ortmanns Darstellungen in seinem Buch sind z.T. recht abenteuerlich, besonders die Schlüsse, die er aus manchen Fakten zieht. Doch zurück zu Ihrer Frage! Es mutet schon seltsam an, dass Hans Luther 1483 mit seiner hochschwangeren Frau Möhra verlässt und nach Eisleben zieht. Das muss aber nicht zu dem Schluss führen, er sei aus seiner Heimat geflüchtet. Ortmann behauptet einerseits, Hans Luther sei ein wohlhabender Bauer gewesen, andererseits, er habe in den Bergwerken bei Möhra gearbeitet, was mir sehr widersinnig vorkommt. Die beruflichen Chancen waren in dem aufstrebenden Bergbaugebiet der Grafschaft Mansfeld zu dieser Zeit ungleich günstiger für einen Bergmann als in Thüringen. Dazu kam, dass Hans Luther als älterer Sohn keinen Erbanspruch auf das väterliche Bauerngut hatte. In Möhra erbte zu dieser Zeit stets der jüngste Sohn den Hof mit den Ländereien, und zwar allein, so dass der Grundbesitz nicht geteilt werden musste. Man darf also schließen, dass Hans Luther sich einen anderen Beruf suchen musste. Da bot sich in seiner Heimat der Bergbau an. Der Hauptgrund für seine Übersiedelung ins Mansfeldische wird sicher die ungleich besseren Verdienstmöglichkeiten gewesen sein. Dazu kommt, dass bereits Verwandte von ihm dort als Bergleute und Hüttenmeister tätig waren. Und zum Hüttenmeister ist Hans Luther recht bald aufgestiegen. Um 1492 war er Hüttenmeister und so bedeutend, dass er auch politische Funktionen in Mansfeld wahrgenommen hat. Doch zurück zur Legende! Ortmann gibt als Quelle für die Geschichte des Totschlages Johann Martin Michaelis an, der eine "Beschreibung des Berg - und Hüttenwerks in Kupfersuhl" 1702 verfasst hat. Ob sie gedruckt vorliegt, erwähnt er nicht, auch nicht den Aufbewahrungsort. Den hat er vermutlich gar nicht gekannt, denn er bezieht sich auf Thons "Beschreibung des Schloßes Wartburg" (Johann Carl Salomon Thon, Schloß Wartburg, Ein Beytrag zur Kunde der Vorzeit, mehrere Auflagen möglich, die 2. erschien 1795, weitere zu Beginn des 19. Jahrhunderts). Von Thon ist die Geschichte auch in Schwabes "Monumente Dr. Luthers ..." gewandert.

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Auf S. 114 seines Büchleins gibt Ortmann auch eine Beschreibung des Ortes wieder, an dem sich jenes tragische Ereignis abgespielt haben soll. Ich zitiere, jedoch ohne Ortskenntnis: Sollte ein ferner Freund Luthers, der Möhra besucht, den Platz und die Wiese sehen wollen, so nehme er nur den Weg durch die untere, die Röhrigsgasse, verfolge den Weg nach dem Röhrigshof und 400 bis 500 Schritte von dem Dorfe, da, wo der Weg nach dem Röhrigshof eine Biegung macht, liegt die Wiese, von Möhra aus nach dem Röhrigshof, zu rechter Hand, gerade an der Biegung des Weges.

Mehr kann ich Ihnen leider zu dieser Geschichte nicht mitteilen.“



Sühnekreuze & Mordsteine