ID / Status | 8115 / bekannt, aber noch nicht dokumentiert | Land / Bundesland | Deutschland / Hessen / Kreisfreie Stadt Frankfurt am Main | Ort | 60311 Frankfurt (III) | Standort | Dieser Stein soll im Stadtgeschichtlichen Museum sein. | Typ | Flurdenkmal ohne Kreuzzeichen | Maße / Material | / keine Angabe | Koordinaten | Standort N 50° 6.578' O 8° 40.957' anzeigen mit: • Google-Maps Karte I | Koordinaten | • Google-Maps Karte II
| Lagestatus | geschätzt nach Lagebeschreibung | Literatur | Der Hund mit dem Kind
Auf einem Brandmauervorsprung eines alten, jetzt abgerissenen Eckhauses der Brücken- und
Elisabethenstraßen war ein roh behauenes Bildwerk aus Sandstein eingemauert, das einen
Hund darstellt, der ein Menschenhaupt in seinen Pfoten hält.
Eine alte Sage berichtet hierüber folgende:
Einem Sachsenhäuser Gärtner war als einziges Vermächtnis seiner verstorbenen Frau ein
kleiner Knabe verblieben, der wie man zu sagen pflegt, seines Vaters Augapfel war. Nach
kurzer Zeit heiratete der Mann wieder, aber mit dem Einzug der neuen Mutter fing für das
Kind seine schwere Leidenszeit an. Die Stiefmutter war ein böses, zänkisches Weib, das den
Knaben am liebsten draußen auf dem Kirchhof bei seiner Mutter gesehen hätte, er wurde in
Abwesenheit seines Vaters geschlagen und dann bei ihm verleumdet; mit seinen
Altersgenossen durfte er nicht mehr spielen, damit die Nachbarn an dem Treiben der
Stiefmutter nichts merken sollten. Sein einziger Freund war ein großer Hund, der zur
Bewachung des Hauses diente und die Liebe, welche den Menschen abging, durch Treue
ersetzte.
Einst hatte die Stiefmutter das Kind auf den Kopf geschlagen, dass es mit einer klaffenden
Wunde regungslos liegen blieb. Aus Furcht vor der Strafe packte das schlimme Weib den
Körper in einen großen Korb , legte einige Tücher darüber, als wenn sie Wäsche darin hätte,
und ging nach dem Main, um sich dort ihrer Bürde zu entledigen. Sie warf den Knaben in die
Flut, ließ den Korb stehen und rannte dann wie besessen nach Haus. Der Hund sprang nach in
die Fluten, ergriff den Knaben bei den Kleidern und erreichte schwimmend das Ufer, wo sich
schon einige Nachbarn angesammelt hatten, die Zeugen der grausigen Tat waren. Diese
nahmen den Knaben, der noch Lebenszeichen von sich gab, in ihre Obhut und zeigten die
Sache an. Mittlerweile war der Vater nach Hause gekommen und fragte nach dem Kinde; die
Stiefmutter gab auseichende Antworten, es wäre auf der Straße und spiele wohl noch, sie
wisse nicht wo es sei. Aber wie groß war ihr Erstaunen, als der Oberstrichter mit seinen
Knechten eintrat, gefolgt von einer Menge Volks, die dem Henker die Arbeit sparen wollte.
Das Weib wurde verhaftet und auf den Brückenturm in sicheren Gewahrsam gesetzt. Als sich
das Kind soweit erholt hatte, dass es den Vorgang erzählen konnte, wurde der Stiefmutter der
Prozeß gemacht und sie zum Tod durch Ertränken verurteilt. Festgebunden an ihrem Korb,
der mit Steinen beschwert, wurde sie Nachts bei Fackelschein von der alten Brücke in den
Strom geworfen, in den sie den Knaben ertränken wollte. Sie verschwand auf
Nimmerwiedersehen in der schwarzen Flut. Der dankbare Vater ließ die Rettungstat des
treuen Hundes in Stein verewigen und an seinem Hause anbringen. Beim Abbruch desselben
kam das Steinbildnis in die städtische Altertumssammlung im Archivgebäude, wo es sich
heute noch befindet.
(S. 29 –31) Frankfurter Sagen und Geschichten-Buch; Bertling, C.; 1907 |
|