Text | "Anno 1504 ist bei einem verwegenen Auflauf oder Zusammenkunft Andreas Schuster von zwei Brüdern Erhardten und Hannßen Lehrnern, allesamt gewesene Burger allhier, erschlagen worden. Diese beiden Todschläger nun sind sogleich in das Gefängniß geleget und hernach nach vieler Unterhandlung von der Freundschaft erbeten worden, und ist der Vertrag der Sache vom damaligen Amtmann Martin Strebensdörfern und dem Rath auf folgende Art geschehen:
Erstlich haben die beiden Todschläger eine Romfahrt, sämtlich wo sie der am nächsten bekommen mögen, dazu eine Ochfahrt mit ihrem selbst Leib tun und hievon gut Gezeugniß von beiden Enden bringen müssen, welches zu Hülf und Trost der erschlagenen armen Seele geschehen sollen.
Auch haben sie müssen setzen lassen über dem Weihersdamm gegen St. Wolfgangs-Capelle an der Straß ein steinern Creuz, 7 Schuh hoch und 5 Schuh breit, zum Marterzeugen.
Ferner haben dieselben stiften müssen ein ewig Gedächtniß bei der Pfarrkirche unser lieben Frauen für des Entleibten arme Seel, alle Sonntag zu gedenken.
Woselbst dann der Leichnam begraben liegt, haben sie ein Ehrenbegräbniß dem Leichnam anstellen müssen an einem Sonntag bei der Nacht mit 30 (!) Priestern. Ferner haben sie, die Thäter, 15 pfündige Kerzen schaffen und aufstecken müssen lassen bei solchem Begräbniß. Ferner haben sie die brennenden Kerzen müssen auf des Erschlagenen Grab tragen und solche des Erschlagenen Frau zu Handen stellen, welche dieselben in ein Gotteshaus oder Brüderschaft hat verehren mögen, wohin sie gewollt.
Ueber dieses haben die Thäter des Erschlagenen Frau, Erben und ganzen Freundschaft auf des Entleibten Grab Abbitt thun müssen mit solcher Bitte, ihnen solche That zu verzeihen um Gottes willen. Noch haben sie der Frau und Kindern zur Buß und Besserung müssen geben 100 fl. und solche in Gold zu bezahlen, oder in Ermangelung des Goldes vor jeden Gulden 8 ½ Pfund Gelds legen müssen.
Noch ferner haben sich diese beiden Thäter mit der Herrschaft vertragen und abfinden, auch vor alle aufgelaufene Unkosten stehen und bezahlen müssen, auch noch dafür Bürgschaft durch Nicol Menzel und Georg Fichtner gestellet. Der Spruchbrief hierüber ist Freitags vor Bartolomä (23. August) Anno 1504 aufgerichtet und von Beiden bis Anno 1506 völlig entrichtet und obgeschriebenermassen vollzogen, auch darüber quittiret worden. Hierüber ist das Original in der Rathskammer zu besehen, Lit: B pag. 119 nachzuschlagen."
Aus: Kurze Beschreibung der Stadt Weißenstadt und derer bei vielen Jahren lang ergangenen Begebenheiten, so unter 10 Titeln oder Puncten abgehandelt wird von Christian Erdmann Pölmann, 1713, in: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, 1886, 16. Bd., 3. Heft, S. 220/221.
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