[...] Nach der alten germanischen Rechtsanschauung galt der Totschlag als
eine ehrliche Sache und wurde nicht malefizisch bestraft. Wenn ein wehrhafter und wehrtragender Mann zwar nicht in rechter Notwehr, aber im ehrlichen
Kampfe seinen Feind erschlagen hatte, so hatte er eben nur getan, was jeder wehrhafte und ehrenhafte Mann nach der Anschauung alter Zeit getan haben würde, aber
man erwartete dann auch von ihm, daß er die rechtlichen Folgen in ehrlicher Weise auf sich nehme und sich nicht nachher in den Schatten der Heimlichkeit und die
Schlupfwinkel der Lüge verkriechen werde. Wenn er sich gleich nach der Tat vor der blüträchenden Freundschaft des Erschlagenen verbarg, um das Wetter etwas
verziehen zu lassen, so war das keine unehrenhafte Selbsterhaltung, sobald er nur bereit war zu leisten, was zur Sühne dienen konnte, sei es in friedlicher,
außergerichtlicher Ausgleichung mit der Sippe des Getöteten oder in gerichtlicher Verhandlung. Die Obrigkeit, bevor noch das fortgeschrittene Strafrecht auch jeden
Totschlag erfaßte, nahm, wenn ein solcher Fall sich ereignet hatte, zuerst eine zuwartende Stellung ein und zwar mehr bemüht, eine liebliche Ausgleichung oder
Tädigung zwischen dem Totschläger und der feindlichen Familie zu bewirken, als die Sache auf den Gerichtsweg zu bringen. Dazu gibt gerade die schweizerische
Rechtsgeschichte reichliche Belege und eine Menge solcher Sühneverträge vom 14. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts sind uns überliefert, in denen ein auf die
Blutrache zurückweisender Punkt regelmäßig wiederkehrt, nämlich daß der zwar ausgesöhnte Totschläger doch den Verwandten des Getöteten so viel als möglich
aus dem Wege gehen solle, damit bei seinem Anblicke die Rache nicht wieder auflebe. Sehr gewöhnlich wurde ihm die Stiftung eines "ewigen Lichts" auferlegt.
Die Rechtsquellen des Kantons Schwyz enthalten verschieden Bestimmungen über den Totschlag. Das Landbuch von Schwyz enthält
folgende Satzung der Landsgemeinde vom 30. April 1447:
Wer im Lande Schwyz einen Totschlag verübt und der Strafe durch die Flucht entgeht, soll fünf Jahre aus dem Lande verbannt bleiben.
Wer nach Verfluß von fünf Jahren wieder das Land betreten will, soll dem Ammann zuvor fünfzig Pfund Pfenninge entrichten, womit jedoch den Verwandten des
Erschlagenen im Urteil allfällig vorbehaltenen Rechten kein Eintrag geschehen soll.
Wenn er jedoch die Verbannung bricht und ergriffen wird, soll er enthauptet werden.
Im Strafen- und Bußenrodel der Höfe Wollerau und Pfäffikon von 1584 ist über den Totschlag bestimmt:
Wenn ein Hofmann den andern totschlägt oder leiblos macht, büßt er unsern Herren von Schwyz mit fünfzig Pfunden, "vnd sol sich
goumen vor deß erschlagenen fründen."
Wenn ein Hofmann einen Gast leiblos macht, soll er den Totschlag auch büßen mit fünfzig Pfunden, "und sol sich goumen vor des
erschlagnen fründen." Todesstrafe ist nur gesetzt, wenn ein Gast einen Hofmann erschlägt.
Der erneuerte Rodel von 1524 hebt letztern Unterschied in der Bestrafung des Totschlages auf und bestimmt:
"Item wenne ouch, da gott vor sye, Jeman den andern zu Todt erschlug oder libloß tätte, so soll der todtschlag dem frömden vnnd dem
heimschen, einem alls dem andern, sin, doch also: Ob einer ein todtschlag getan hett, da sich mit kundschafft erfunde vnnd mit vrtel bekennt wurde, ein erlicher
todtschlag sin, da busset der todtschleger mit fünffzig pfundt haller, vnnd soll dann fünf Jar die hoff myden, vnnd vor vnnd Ee er dann wider Jnkomme, sich mit des
enlipten früntschafft richten, Es sye dann das einer bessere gnad an rninen Herren vnnd den hoflütten finden mög" - Unehrlicher Totschlag wird mit dem Tode bestraft.
In Gersau galten nach dem Landbuch von 1605 folgende Satzungen:
Wenn ein fremder Totschläger hieher sich flüchtet, wie man sich gegen ihn verhalten soll:
Wenn ein solcher sich hieher flüchtet und hier noch nicht verrufen ist, und so des Entleibten "Fründ" nachkommen und ihn rächen wollen,
müssen sie ihm hier Frieden geben, bis er in hier auch verrufen sein wird; wenn aber des Entleibten "Fründ", Landleute oder Hintersassen, hier wohnhaft sind, so soll
er sie allhier "abwychen".
Wenn einer von den Unsrigen einen Totschlag außer Landes verübt:
Wenn einer, der hier Landmann ist, außer Landes einen Totschlag verübt, so soll man ihn hier nicht verrufen, es wäre denn Sache, daß
der Entleibte in hier "Fründ" hätte; mit denen soll er sich verrichten.
Wenn einer den andern ersticht außer Landes und es sind beide hiesige Landleute, soll der Täter das Land verloren haben.
Wer einen "by sinem Wyb, Mutter, Dochter oder Schwöster" auf der "Vnehre" ergreift und totschlägt, dessen Tat soll vom Richter in
Ansehung der Umstände als Totschlag oder Mord erkennt werden.
Das Hof recht von Wangen, Ende des 14. Jahrhunderts, bestimmt über den Totschlag:
Art. 13. "Och ist unsers hofs recht, darvor got sig, wer dz ieman, der in vnserm hof gesessen ist, den andern liblos tätt, der sol buotzen dem
herren mit zehen pfunden vnd nüt mit me, vnd sol sich huoten vor den fründen, als er denkt recht tuon."
Art. 14. "Och ist vnsers hofs vnd landes recht, was einer getuot, dz man in vacht, mag er das recht vertrösten, so sol man in nüt vssem land
füren vnd nüt fürbz turnen noch gefangen legen."
Sühneverträge über Totschläge sind uns eine ziemliche Anzahl urkundlich erhalten geblieben.
1338, 1. Dezember. Zu Einsiedeln an der Kirchweihe wurden von den Schwyzern Angriffe, Verwundungen, ja selbst Totschlag an
österreichischen Untertanen verübt. Darum erwuchs gegenseitiger Span, welcher nun mittelst Urkunde zwischen den Grafen Hans, Rudolf und Gottfried von Habsburg
und denen von Schwyz, Uri und Unterwaiden ausgeglichen wird.
1350, 25. Juli. Der Köder und seine Helfer von Schwyz hatten an Hugo Vogels Sohn von Lintthal einen Totschlag verübt.
Nun verrichten sich die Landleute zu Glarus gütlich und freundlich darum mit den Landleuten von Schwyz.
1366, 14. März. Luzern und Uri legen eine Zweiung in Minne bei, die zwischen Unterwaiden und Schwyz obwaltete, wegen einem Totschlage,
der bei der Kirchweihe zu Weggis von einem Schwyzer, Johannes Truopach, an Claus Winmann von Buochs begangen worden war. Winmann soll zum
Tröste des Erschlagenen Seele an ein ewiges Licht dreißig Pfund Stäbler Pfenninge geben und ohne Erlaubnis nie mehr das Gebiet der Eidgenossenschaft von
Luzern, Uri, Schwyz und Unterwaiden betreten. Wenn aber die vorgenannte Eidgenossenschaft einen gemeinen Zug tun würden durch Luzern oder durch eine der
drei Waldstätte, mag er wohl mitziehen, soll sich aber nach Beendigung des Zuges unverzüglich wieder wegbegeben.
..."Item der Knell hat gesetzt durch gotz willen vnd durch Ulrich Stockers sei. heil, den er erschlug, j müt kernen.
1414, 26. Januar. Landammann und Landleute vonSchwyz berichten an Schultheiß und Rat in Luzern, Uli Richter der jüngere habe
den LandmannJenni Richter leiblos getan. Da der Täter um den Totschlag sich an dem Rechten nicht versprochen hat und er deshalb laut Landrecht und
den geschwornen Bundbriefen im Lande Schwyz verrufen und verschrieen ist, so ergeht an Luzern die Mahnung, laut geschwornen Bünden ihn in der Stadt und in
seinem Gebiet ebenfalls zu verrufen und zu verschreien, "dz jn nieman weder huse noch hove, essen noch trinken gebe."
1420, 18. Dezember. Schwyz ersucht Luzern, den Rudi Koler, Landmann zu Schwyz, der vor etwie vil zites Werni Schälin
leiblos getan, in ihrem Gebiete gemäß den geschwornen Bünden zu verrufen und zu verschreien.
1429, 18. Juni. Jenni Lemann von Küßnacht, hatte den Peter Widmer daselbst totgeschlagen. Nun gelobt dessen Vater
Walter Lemann, der auch etwas Schuld ah dem Totschlag trug, eidlich, fünf Jahre lang das Gericht zu Küßnacht und das Amt Habsburg, Greppen ausgenommen,
zu meiden.
 1451, 19. April. Landammann und Rat zu Schwyz verrufen und verschreien den Uli im Oberstock, den jungen von Steinen, der den Hansen Gabel, den
jungen von Steinen, vor kurzem leiblos getan und vor den Gerichten mit dem Rechten nicht versprochen hat.
Die Privatrache der Verwandten gestaltete sich erst infolge des abgeschlossenen Vergleichs zu einer unerlaubten Handlung. Als daher
1490 Glarus sich darüber beschwerte, daß sein Angehöriger Heinrich Zopfi von den Verwandten des von ihm erschlagenen Jost Weibel in der Kapelle
von Goldau überfallen worden sei, verlangte der Rat von Schwyz in seiner Antwort Mitteilung "der Bericht (Berichtigung, Sühne), als der Zopfi vermeind etwas Brieff
und Siegel darum zu haben."
Im Jahre 1492 wurde in Schwyz Peter Strub, der an Hans Kamm von Kerenzen einen Totschlag begangen hatte, vor Gericht öffentlich
verschrieen und verrufen, so daß ihn niemand mehr im Lande "hausen oder hofen, ihm zu essen oder zu trinken geben" dürfe. Auf Bitten der Verwandten des
Erschlagenen forderte die Gemeinde von Schwyz diejenige von Glarus den bestehenden Bünden gemäß auf, ihn auch in ihrem Lande auf ähnliche Weise verschreien
zu lassen.
1511, 24. Juli. Hans Gerbrecht, derzeit Landammann, hält mit den Landleuten zu Schwyz auf der freien Weidhuob öffentlichen Landtag auf
Klage der Elsbeth Stocker über Jost Job von Schwyz wegen des an ihrem Vater Konrad Stocker verübten Totschlags. Der Täter, der flüchtig ist, wird
verrufen und dessen Vermögen konfisziert.
1521, 22. Juni. Landammann und Rat von Schwyz an Zürich. In betreff des von den Kienast von Zürich an dem Anton Gössi
vvn Schwyz begangenen Totschlags verwundert sich Schwyz ab dem zürcherischen Schreiben, daß Schwyz die Seinigen, des Entleibten Freundschaft, nach Zürich
mit den dieses Totschlages geziehenen Ursachern zu rechten weisen solle. Da der Entleibte ein Schwyzer war und im Feld kein Urteil ergangen ist, glaubt Schwyz
in diesem Totschlage Richter zu sein und hält sich nicht für pflichtig, seine Angehörigen irgendwohin zu weisen. Schwyz werde der Freundschaft um die Tat richten,
sobald es darum angesucht werde; wenn dann die Zürcherischen keine Schuld an diesem Totschlag zu haben vermeinen, sollen sie sich auf dem Rechtstage zur
Verantwortung stellen, wo ihnen billig Recht ergehen werde.
1521, 24. Juni. Landammann und Rat von Schwyz an Zürich. Da über den von einigen Zürichern an Anton Gössi von
Schwyz begangenen Totschlag im Feld kein Urteil ergangen war, sondern der Fall von gemeinen Hauptleuten auf Schwyz geschoben wurde, und da Schwyz auf heute
von gemeiner Freundschaft des Entleibten um Recht wegen des Totschlages angerufen worden ist, hat Schwyz ihnen den Rechtstag auf nächsten Montag (30. Juni)
angesetzt; da werden die Verwandten ihre Klage auf Ludwig und Jakob Kienast und noch auf einen Kienast, Uli oder Fridli geheißen, führen lassen.
Das wird Zürich angezeigt, damit ob jemand meinte zu versprechen, dieselben auf genanntem Tage zu früher Ratszeit erscheinen. Wenn aber niemand erscheine,
werde Schwyz gleichwohl mit dem Recht nach altem Landbrauch fürfahren.
1521, 4. November. Landammann, Räte und ganze Gemeinde von Schwyz verkünden dem Burgermeister und Rat der Stadt Zürich,
daß sie in betreff des Totschlags an Anton Gössi von Schwyz durch Ludwig, Jakob und Uli Kienast nun drei rechtliche Tage verfertigt und diese Tage
den Kienast durch ihren geschwornen Boten zu Haus und Hof jedesmal verkündet haben, damit sie sich zur Verantwortung stellen.
Da sie weder persönlich noch durch Drittleute erschienen waren, ist auf dem dritten Tag und auf die letzte Klage nach rechticher
Verhörung der eingelegten Kundschaft zu Recht erkennt worden:
daß Ludwig, Jakob und Uli Kienast den Anton Gössi zum Tode brachten, unehrlich, schändlich und lästerlich, ohne Erforderung einigen
Rechtens und ohne alle Not, dessen sie sich mit oder ohne Recht nimmermehr verantworten mögen; darum sind sie von den schwyze-rischen Gerichten und
Gebieten verrufen und verschrieen und wer sie darüber wissentlich hauset, hofet, ihnen Essen oder Trinken gibt, der soll in ihren Schulden sein, ausgenommen
einzig, daß es ihm nicht an den Leib gehen soll. |
Da diese drei Kienast dieser Mißhandlung und schädlichen Totschlags wegen in Schwyz also verrufen und verschrieen sind, bitten die von
Schwyz die von Zürich zum höchsten, so sie immer vermögen, daß Zürich diese drei ebenfalls in seinem Gebiete also verrufen und verschreien lasse. Wenn aber
Zürich dieser Bitte nicht willfahren wollte, mahnen Landammann und Gemeinde von Schwyz kraft des Bundes von Zürich mit den vier Waldstätten und jenes mit diesen
Orten und Zug, unter Berufung auf den bestimmten Artikel die Verschreiung und Verruf ung ebenfalls anzuordnen.
1522, 15. Februar. Landammann und Rat von Schwyz an Zürich. In betreff der von Zürich begehrten Verrufung der wegen des
Totschlags an Anton Gössi verurteilten Ludwig, Jakob und Uli Kienast hatte Schwyz vor längerer Zeit eine Fürschrift von Zürich mit dem Begehren
empfangen, daß Schwyz an der Freundschaft des Getöteten wolle arbeiten, daß sie die jungen zwei Kienast Uli und Jakob des Verrufs entlassen wollten, indem sie
zu dem, was sie getan, von dem Ludwig angeführt worden in Ansehung etlicher Sachen, die in der Stadt Zürich verlaufen waren.
Nach dem Ansuchen habe Schwyz die Verwandten wirklich besammeln und im Namen von Zürich und des Rates wegen ernstlich reden
und bitten lassen, in der Sache das beste zu tun; allein zu dieser Zeit sei nichts Fruchtbares zu erlangen gewesen, gegenteils sei die Obrigkeit neuerdings angerufen
worden, daß sie nach Zürich schreibe, bitte und mahne, daß alle drei samthaft nach Maßgabe des Urteils den Bünden gemäß daselbst verrufen werden, wobei Schwyz
es gänzlich verbleiben lassen müsse.
Hiezu ist zu vergleichen Eidg. Absch. vom 21. Februar 1522 (lit k), welcher auf den 7. März die Absendung von Gesandten von
Zürich, Luzern und Glarus nach Schwyz vorsieht, um die zwei jungen Kienast von der Verrufung auszubitten.
1524, 11. April. Landammann und Rat von Schwyz schreiben an Zürich, gemäß des letzteren Mahnung habe Schwyz den Heini
Landolt, der den Lütpold Nägelin von Benkliken entleibte, verrufen.
Dabei erinnert aber Schwyz an sein zweimaliges, bisher unerfülltes schriftliches Begehren um Verrufung des Ludwig, Jakob und Uli Kienast,
welche den Toni Gössi getötet hatten; Erinnerung an die Verhandlungen der Boten von Zürich, Luzern und Glarus, als sie in dieser Sache (1522, 7. März) in
Schwyz waren und um Nachlaß der Verrufung anhielten, insbesondere für Jakob und Uli Kienast. Damals habe Schwyz von der Verwandtschaft des Getöteten
Willfahrung auf dieses Ansuchen mit allem Fleiß gesucht, die jedoch beim Inhalte des Urteils verbleiben wollten und daher auf der Verrufung bestanden. Damals hätten
jene Boten geäußert, wenn es je nichts anders sein könne, wolle Zürich tun, was es zu tun pflichtig sei. Daher wird nun von Zürich verlangt, die Verrufung der drei
Kienast anzuordnen.
1532, 24. März (Palmsonntag). Schreiben von Landammann und Rat von Schwyz an Zürich wegen dem Totschlag an Meinrad
Amberg zu Horgen durch Heini zur Wittwen von Menzingen.
Schwyz vernehme, daß Zürich beabsichtige, vielleicht auf Anrufen des Vogtes der Kinder des Meinrad Ambergs sei., dem Heini zu der
Wittwen ab dem Zugerberg einen Rechtstag zu bestimmen, wegen des Totschlags, den er an Meinrad Amberg begangen haben solle, und zwar auf nächsten
Dienstag (26. März) zu früher Tageszeit nach Horgen. Schwyz finde nicht, daß ihm gebühre, Zürich deshalb hierum an seiner Freiheit und Gerechtigkeit und jemand
an seinem Rechte zu hindern. Da der Handel aber bald nach der Tat des Totschlags denen von Schwyz fürgekommen und ihnen die Ursachen desselben eröffnet
worden waren, könne Schwyz nicht anders finden, als daß zur Wittwen zu dieser Tat genötigt und zur Errettung von Leib und Leben gezwungen war. Deshalb seien
auch in Schwyz alle jene, welche den Meinrad Amberg zu rächen haben möchten, dergestalt zur Ruhe verwiesen, daß Heini zur Wittwen der Verwandten
halber frei und von ihnen unersucht fahren und wandeln und "ungefacht" bleiben solle. Da nun der Amberg wohl hätte mögen in Schwyz bleiben, wenn er getan
hätte, was ihm wohl angestanden, so wäre er nun der Tat vertragen. Weil nun Meinrad Amberg samt denen, so die von Zürich jetzt der Kinder wegen um Recht
angehen, sich der rechten und ordentlichen Obrigkeit zu Schwyz ohne Not und rechtmäßige Ursache entzogen hatte und dessen Verwandte in Schwyz des
Totschlags wegen gegen den Täter still gestellt sind (ihn weder fangen noch fassen sollen), und weil zur Wittwen von Amberg zum Totschlage provoziert worden, so
bittet Schwyz eindringlich, Zürich wolle das angestellte Recht und den Rechtsspruch ruhen lassen. Wenn aber Zürich auf diese Bitte nicht eingehen wolte, so möge
es doch diesen ganzen Handel gründlich erwägen und das Urleil so milde als möglich stellen und bedenken, was vorzusehen sei, daß beiderseits Freundschaft und
Einigkeit erzeigt werden möge.
1532, 20. November. Landammann und Rat von Schwyz bescheinigen, daß ein zürcherischer Bote Briefe an die drei Orte Uri,
Schwyz und Unterwaiden, die etlicher anderer Geschäfte wegen eben ihre Ratsbotschaft in Schwyz haben, an diese abgegeben habe. (Laut Aufschrift auf der
Rückseite waren es die Verrufungsbriefe wider Heini zur Wittwen). Gesiegelt von Ammann Reichmuth.
1532, 7. Mai. Schreiben von Zug an Zürich. Heini zur Wittwen, der den Totschlag an weiland Meinrad Amberg in
Horgen getan, weist dem Rate von Zug die ihm von Zürich erteilte Antwort betreffend das verlangte Geleite zum Eid vom Rechte vor, welche abschlägig lautet, da
solches leider deren von Zürich Recht sei. Wohl aber hat Zürich erkennt, daß der angesetzte Rechtstag für den zweiten oder Mondtag genugsam gehalten werde und
daß man den Klägern auf ihr Anrufen den dritten Rechtstag ansetzen und diesen dem Täter auch verkünden werde; nach gehörter Klage und des Klägers Kundschaft
behalte sich Zürich vor, allenfalls dem Totschläger zu persönlicher Verantwortung im Rechte zu der dortigen Rechtssatzung ohne Schaden - Geleit zu geben.
Da nun zur Wittwen auch Kundschaft anerbietet auf welche, welche bei der Tat zugegen waren, verlangt er, daß Zürich solche auch
verhöre. Zug empfiehlt letzteres angelegentlich.
1532, 26. November. Schreiben von Zug an Zürich. Da Zürich kürzlich einen Mahnbrief gesandt habe, den Heini zur Wittwen
von Menzingen als Totschläger des Meinrad Ambergs von Schwyz zu Horgen gemäß dem ergangen Urteil und der Bünde zu verrufen, hätte Zug erwartet, daß
dieses Ansuchen nicht gestellt worden wäre, in Anbetracht des Handels, auch um mehrere Freundschaft und Einigkeit Willen und mit Rücksicht auf das von einer
ganzen Landsgemeinde zu Schwyz erfolgte Erkanntnis, zumal zur Wittwen "jemanden einen Trotz tun wollte und ihm solcher Unfall ad ist". Zug habe daher die
zürcherische Meldung den "Eid mitt gedachtem Günther anfachind vnnd Jnne des totschlags nüth Ersuchindt."
1555, an Sant Matheus Abend. "Jnthmarch schriben als von wegen der gsellen, so vff eim tagman gwerchet vnnd Hans Losern
ein Holtz ztod gschlagen, vnnd mine HH. vm Verzichung gebetten, dann sy kein schuld daran heigind; vnnd so mine HH. den Handell verstanden, der Jnen leid,
darnebend durch Vogt Äberlis bericht verstanden, das sy kein schuld daran heigind, so wellindt mine HH. recht, diewil der Handel also gstaltedt, das best thun vnnd
verzigen haben, vund daß sy Lüth darzu verordnindt, die des ent-lipten Früntschafft versuchind zu vereinbaren, vnnd darnebend den Fründen anzeigen, daß sie recht
das best thügindt, diewil sy kein schuld daran heigindt."
1555, 28. Dezember. "Dem Hans Loser vergönnen, das minen HH. anzeige, von wem man kuntschafften Innemen solle von
sins Suns wegen, so entliptt, vnnd solle der Weibel vnd schriber die kuntschafften aldann Jnnämen vnnd deu Loser nitt zuhören lassen.
In die March schriben, das sy vm den Handell vnd totschlag eigentlich Jm grundt kuntschafften Jnnemen vnd vns dieselbigen zuschickent;
wen dan mitler wyll vns neywar vm recht anrufft, werden wir Jnen ein Rechtstag setzen, vnd das sy ein Lib Zeydien, darin er entlypt, behalten."
1556, 13. Januar. "Dem Seckelmeister Hunger Jn beuelch geben, das er mitt lang Clausen, so den Marti Bentzen
seligen entlipt, rede vnnd Jm miner HH. Landtrecht anzeige, nemlich das ein Satzig sige, welcher einen entlibt, das er solle v Jar leisten vnd das Landt miden vnnd
danne sich zuuor, ob er Jns Land glassen werde, minen HH. L lib zu-bus erleggen vnnd mit den fründen zuuor richten vnnd betragen; derhalben so solle er angentz
das Land miden, dann so er darinn witter ergriffen, so söllyndt sy Jnne gefencklich annemen vnd werde man ab Jm richten, als ab einem totschleger."
1556, 13. Januar. Vor zweifachem Rat. "Es sind vor minnen HH. eim zwifachen Lantz Rath Erschinen Meinratt Ziltiners
Erliche Früntschafften vnnd begertt, man welle Meinratten vnnd sinen kinden das gut widerum schencken, dann Jm erst ein Junger Sun worden sige, das selbig nitt
des Vaters entgelten müsse. Hand mine HH. geratschlaget, das sy söllindt die bus vnnd allen Costen des totschlags halbenn vßrichten vnnd zallen; vnnd dannenthin
das Vberig, was man für ein straff vfflegen wellindt, den Syben beuolchen, vnnd was sy vfflegindt, danne darby belibe, vnd das Vberig danne den kinden geschenckt.
Vnd nachdem mine HH. die Syben darüber gsessen, wellend sy, das er oder sine Fründt hundert guldy müntz hinnen zu ostern für die fünfftzg pfund zbus vnd straff
an barem gelt Erleggindt vnd zalindt."
1559, 29. August. Bern schreibt an Schwyz, es habe einen aus Schwyzergebiet, den Schuhmacher Hug Zimmermann von
Lachen, in Banden vnd Gefängnis, weil er dem Wirte zum weißen Kreuz in Bern, Hans Bundeli, Betten zerstochen und geschändet hatte, wohl bei 6 Kronen im
Werte. Im Verhör habe er angegeben, eine Gottesfahrt nach St. Jakob zu tun, wofür ihm die Freundschaft des Hans Geltner sei. 14 Kronen versprochen und 10 auch
gegeben habe. Letzte Weihnacht sei er in Lachen in einen Streithandel verwickelt worden, wobei er einen erstochen habe. Auf den Rat einiger Freunde sei er dann
geflohen, bis der Landtag vollführt worden; in diesem sei er verrufen worden, die acht alten Orte zu meiden. Das sei der eigentliche Grund der unternommenen Fahrt.
Dem Bundeli wolle er die ausstehenden 4 Kronen und das Schuhmacherwerkzeug, das zu Scbmerikon in des Rudimanns Haus liege, an den Schaden geben. Von
Mutterseite habe er zu Lachen noch einen Bruder, Matheus Müller, auch ein Schuhmacher.
Bern verlängt nun Bericht über die Richtigkeit dieser Angaben.
1559, 2. September. In obiger Sache berichtet Vogt Güpfer von Schwyz schriftlich aus Lachen, was er Aber den Hug Zimmermann
von dem Animann und etlichen in der March in Erfahrung bringen konnte: Als Marx, der Schuhmacher, den Leonhard Müller leiblos tat, ist Hug mit
Urteil aus der Herren von Schwyz Gebiet erkennt worden, zwar nicht als Täter, sondern als ein Mitschuldiger. Zimmermann sei mütterlicherseits ein Landeskind und
in der March geboren; er sei aber allweg hin- und wiedergelaufen wie ein anderer unnützer Sohn; sonst wisse man keine Ehre von ihm. Hug habe allerdings eine Fahrt
nach St. Jakob verdingt.
1570. "Item vß gen xij lib. v ß Schriber Kottig, das er hatt Kundschafft jngnommen von wägen des Tottschlags, als Zadiarius Zorn
sin Frouw entlipt hatt, vnd das man sy beschouwett hatt."
1594, 4. Juni. Werner Sdimidig in Muotathal hatte beim Holzreisten eine Jungfrau getötet, worüber sich die beidseitigen Eltern
abfanden, da keine Feindschaft bei der Tötung im Spiele war.
Der gesessene Landrat, für seinen Teil, glaubte das Bessere und auferlegte dem jungen Schmidig, in Einsiedeln zu beichten und in U.L.F.
Kapelle zum Tröste der Seele der Getöteten ein Amt halten zu lassen, und empfahl ihm weiter, der Pfarrkirche und dem Kloster Muotathal je 5 Pfund Gelds zu geben.
1602, 19. Dezember. Landammann und gesessener Rat von Schwyz berichten Zürich, daß der Müller der Löhlismühle, Hans
Heinrich Keller, seinen Lehrknaben Ulrich Blattmann getötet habe. Da beide Personen Angehörige von Zürich sind, der Täter aber im Schwyzergebiet
gesessen ist, soll Zürich den Verwandten des Entleibten Kenntnis geben, ob sie zu Schwyz auf den Täter klagen wollen; es werde beförderlich der Rechtstag gehalten
werden.
1603, 4. Februar. Der Müller von Löhlismühle in Höfen, Hans Heinrich Keller, hatte seinen Lehrjungen Ulrich Blattmann mit
einem "Viertel" beworfen und getötet. Des Täters und des entleibten Knaben Freunde und Verwandten waren zur Verantwortung aufgefordert worden, es erschien aber
niemand. Das zweifache Landgericht verurteilt den Keller als schädlichen Totschläger, verruft und verweist ihn vom Land und konfisziert sein Vermögen.
1603, 4. Februar. Vor zweifachem Rechtstag in Schwyz klagen Kaspar und Baltasar Keller von Küßnacht und Melchior Kellers sei.
Witwe mit drei Kindern gegen Leonhard Sidler, des Jakob, wegen des Totschlags, den er an Melchior Keller, ihrem Bruder, begangen hat.
Das Gericht erkennt, daß Sidler den Keller freventlich, elendiglich und erbärmlich vom Leben zum Tode brachte, daß den Freunden des
Toten, die ihn von Rechtswegen zu rächen haben, bis zum vierten Grade und darunter, des Leonhard Sidlers Leib und Leben erlaubt ist, daß sie ihn daher zu Wasser
und zu Land, in Holz und Feld, auf Steg und Weg, zu Berg und Tal, mit und ohne Recht, wie es ihnen füglich ist, vom Leben zum Tode bringen mögen. Der Totschläger
wird überdies auf fünf Jahre aus der Herren von Schwyz Gebiet verwiesen. Hab und Gut des Täters ist dem Landesseckelmeister von Schwyz verfallen; daraus sind
auch die erlaufenen Kosten zu bezahlen.
1603, 4. Februar. Leonhard Sidler von Küßnacht wird ebenfalls wegen des an seiner Ehefrau Anna Schmid von
Weggis begangenen Totschlags in gleicher Weise verurteilt, wie oben.
1607, 20. April. Durch Nachlässigkeit und schlechte Aufsicht des Jos. Bachmann und seines Vetters N. Bachmann
ist in Wollerau ein Kind um das Leben gekommen. Auf ihre Verantwortung werden sie vom zweifachen Landrat in die Untersuchungskosten und in 50 Pfund Buße
erkennt.
1607, 19. Mai. Jakob Byser hat eine Tanne gehauen, welche im Fallen dessen 11 Jahre alten Knaben erschlug. Nach
verrichteter Wallfahrt nach Einsiedeln und gemachter Entschuldigung wird ihm vom zweifachen Landrat verziehen, da er an seines Kindes Tod keine Schuld trage.
1608, 21. November. Der zweifache Landrat eines Landtages zu Schwyz verurteilt den Hans Städelin, der auf den dreifachen
Ruf auf den drei Reichsstraßen durch den Landweibel sich nicht zur Verantwortung gestellt hat, wegen des an Johannes Lilli, Sohn des Hieronymus,
begangenen Totschlags zu fünfjähriger Verrufung und Verbannung außer die V katholischen Orte. Der Totschläger wird gleichzeitig auch des Entleibten Verwandten
bis in den 4. Grad, zu Wasser und zu Land, wo immer sie ihn betreten mögen, zu töten preisgegeben. Des Täters Hab und Gut wird bis auf weitere Gnade als dem
Lande verfallen erklärt.
1609, 26. Februar. Der gesessene Landrat verzeiht dem Hilariut Hunger von Lachen, gewesener Trager, seinen begangenen
Totschlag und genehmigt die mit des Entleibten Freunden aufgerichtete Sühnung und legt ihm als obrigkeitliche Strafe 50 Gl. auf und öffnet ihm wieder Land und
Gebiet; um die Erstattung von Ehr und Gewehr mag er vor einem Kirchenrat bitten.
1631, 18. Oktober. Vor etwas Zeit hatte Hans Litschi im Hof Wollerau daselbst an Joachim Ruhstaller von
Einsiedeln einen Totschlag begangen, und daraus entstand eine Streitfrage, ob diese Tat, wie andere Malefizhändel zu Schwyz, oder aber im Hofe Wollerau
verrechtfertigt werden sollen
Namens des Hofes Wollerau eröffnen nun Heinrich Suter, derzeit Untervogt, und Konrad Kümin, Weibel, unter Berufung auf die bestimmte
Satzung im Hofrodel und Kundschaft und die bisherige Praxis, wonach je und allzeit die Totschläge im Hofe Wollerau selbst abgeurteilt worden und im Beisein
der schwyzerischen Ehrengesandten das Gesuch um Bestätigung dieses alten Rechtes, obwohl Wollerau dieser Last und Beschwerde sonst lieber enthoben wäre.
Der Rat findet aus dem durch abgesandte Boten eingezogenen Berichte, daß alle in Wollerau oder Pfäffikon vorfallenden Totschläge daselbst
an Ort und Stelle in Beisein und Zutun einer schwyzerischen Abordnung und eines der schwyzerischen Landschreiber, der den Prozeß in Schrift verfaßt, verrechtfertigt
werden und ordnet an, daß es auch also im Falle Ruhstallers so gehalten werde. Als Abgeordnete werden bezeichnet die Miträte Johann Riget, alt, und Hauptmann
Gilg Betschart, derzeit Obervogt, und Landschreiber Paul Ceberg, welche die Rechtshandlung mit dem Gerichte von Wollerau vollführen sollen.
(Dettling, A. - Die Schrfrichter des Kantons Schwyz, in: Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz, 20. Heft, 1909, S.95-113)