Geschichte & Forschung Rechts-Bräuche

Tier-Hinrichtungen


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   [...] Die Vorkommnisse, um die es sich handelt, sind folgende: Man hat Thiere wegen bestimmter von ihnen angerichteter Schäden öffentlichen Strafen oder doch einem Verfahren unterworfen, das den Anschein eines öffentlichen Strafverfahrens gewährt. Die Träger der Staatsgewalt haben z.B. die Strafe des Hängens, des Lebendigbegrabens, des Verbrennens durch das ordentliche Vollzugsorgan, den Nachrichter, an Thieren vollstrecken lassen und es sind dabei die nämlichen feierlichen und umständlichen Formen beobachtet worden, die für den Vollzug von Todesurtheilen an Menschen bestimmt waren. Die geistliche Gewalt hat gegen Thiere den Kirchenbann ausgesprochen. Dieser aber erging in denselben Formen des Strafurtheils, welche gegen Kirchenmitglieder einzuhalten waren, wie andererseits der Todesstrafe ein förmliches Todesurtheil des ordentlichen weltlichen Gerichts gegen das Thier voranging. Das eine wie das andere Urtheil ferner bildete selbst wieder nur den Abschluss eines geordneten gerichtlichen Verfahrens. Und zwar sehen wir in diesem oftmals das Thier geradezu als Partei behandelt, - verklagt, zur Verantwortung vorgeladen, durch einen Officialanwalt vertreten, und sorgsam ist das Recht an der Arbeit, zwischen dem klagenden Menschen und dem verklagten Thier Sonne und Wind gleich zu vertheilen. Wo der Process unter Menschen ein schriftlicher, konnte auch der mit dem Thier Dutzende von Schriftsätzen und ebensoviele Termine - die Augenscheinaufnahmen nicht gerechnet - erfordern und so selbst bei schneller Justiz halbe Jahre sich hinziehen. Am meisten im Schwang ist diese strafrechtliche Behandlung von Thieren, soviel sich wenigstens auf den ersten Blick erkennen lässt, in der Zeit vom 13. bis ins 17. Jahrhundert. Aber erst im 18. und 19. Jahrhundert klingt sie aus, ja theilweise ragt sie sogar noch in die Gegenwart hinein und andererseits liefert schon das Rechtsleben des Alterthums Analogien. [...]
   [...] Fast überall griff das Verfahren nur Platz wegen Tödtung oder Verletzung von Menschen und zwar in der älteren Zeit nur wegen Tödtung. [...]
   [...] Die Todesart und selbst der Ritus ihres Vollzugs pflegte - wenigstens in den romanischen Rechtsgebieten - das Urtheil gleichfalls genau zu bestimmen. Am meisten üblich war es, das Thier durch Hängen zu tödten oder es zu erdrosseln und nachher aufzuhängen oder doch zu schleifen. Aber gegendenweise scheint man das Lebendigbegraben oder das Steinigen, das Verbrennen oder das Enthaupten vorgezogen zu haben. Seit dem 17. Jahrh. kommt es ab, die Todesart im Urtheil zu bestimmen. Das Gericht überlässt ihre Auswahl dem Gerichtsherrn oder dessen Vollzugsbeamten. Soweit die geordnete Vollzugsform einen Spielraum dafür übrig liess, bestimmte das Gerichtsurtheil auch, was mit den Ueberbleibseln des Thiers zu geschehen habe, z.B. dass es auf den Schindanger zu bringen oder dass es zu verscharren sei. Eine Zwischenbildung zwischen den Todesurtheilen des ältern und denen des jüngern Stils haben wir in einem Genter Erkenntniss von 1578 vor uns, wonach eine Kuh zum Schlachten verkauft und ihr Kopf auf einen Pfahl am Galgenplatz gesteckt werden sollte, - eine rationalistische Abbreviatur des alten Enthauptens. Dass die Justification dem Thier nicht an's Leben, sondern nur an den Leib gehen soll, ist sehr selten, bis jetzt nur auf Sardinien nachgewiesen, wo die Carta de Logu von 1395 für gewisse Fälle das Ohrenabschneiden vorgeschrieben hat. Eher findet sich, dass man Talionshalber eine Verstümmelung der Tödtung vorangehen liess. Ganz vereinzelt und überhaupt nicht verlässig beglaubigt ist, dass im 17. Jahrh. in Oesterreich ein Hund zu zeitiger Gefängnisshaft verurtheilt worden sein soll. [...]
(Amira, Karl v. - Thierstrafen und Thierprocesse, Separatabdruck aus den Mittheilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung, XII. Band, 1891, 4. Heft, S.545-601)

Daß kleine Kinder von Schweinen gefressen
wurden, kam nicht selten vor; denn die Schweine machten sich oft die Wohnstube der Bauern zum Tummelplatz und warfen die Wiege um; es wurden Schweine, welche Kinder auffraßen, getötet u. folgendermaßen gestraft:
   1603, Oberehrenbach (Gräfenberg Obfr.):
Durch des Scharfrichters Knecht od. sonst eine dgl. Person soll man das Schwein in Stücke hauen und am gebührenden Ort auf den Anger, da solches u. dergl. Aas hingeworfen wird, vor das Ungeziefer werfen lassen.
   1608, Ober- oder Unter-Leinleiter (Ebermannst Obfr.):
Durch einen Schäfer od. sonst dazu qualifizierte Person soll das Schweinlein erschlagen u. den Hunden an einem bequemen Ort vorgeworfen werden. Der Vater mußte wegen seines Unfleißes einige Tage im Gefängnis büßen.
   1592, Lonnerstadt (Höchstadt a.A. Obfr.):
Amtmann soll die Schweine Schlachten u. unter die armen Leute austeilen lassen, den Vater in Haft nehmen, weil der Schaden durch seine Nachlässigkeit geschehen, ihn 3 Sonn- oder Feiertage nacheinander vor die Kirchentüre oder in die Kirche stellen, eine brennende Kerze haltend, u. ihn bis zu beendeter Bußzeit im Gefängnis bei Wasser u. Brot strafen. Bam. Stsarch. Ger.bchr. Sel. N.876 u. 877; Lehrer B. Dietz, Herzogenaurach.
(Deutsche Gaue, 28.Band, 1927, 2.Lief., N.533-536, S.70-71)



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Sühnekreuze & Mordsteine