volkstümliche Bezeichnungen von Flurdenkmalen |
Mit Herzog Leopold war dessen Vasall Bertram ins Heilige Land gezogen. Seine Gattin Bertha gelobte, zur Ehre Gottes ein Kreuz errichten
zu lassen und die Kosten dazu bloß durch Spinnen zu verdienen, wenn Bertram wieder wohlbehalten heimkehrte.
Drei Jahre waren verflossen und noch kam Bertram nicht. Während dieser Zeit hatte sich aber die Summe ihres Spinnlohnes so gemehrt, daß nur ein Rocken
fehlte, um die Kosten für Kreuz und Künstler zu bezahlen. Eben hatte sie den letzten Rocken angelegt, als Trompeten und Trommeln erschollen, Bertram auf mutigem
Rosse heransprengte, herabsprang und sein Gemahl in die Arme schloß. Alsbald wurde mit der Errichtung des frommen Denkmals begonnen, das nun den Namen
Spinnerin am Kreuz erhielt.
(Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, hrgg. von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr.129, S.136)
Ritter Adalbert machte einen Kreuzzug nach dem Heiligen Lande, während seine Braut Adelheid daheim sich in Gram und Sehnsucht verzehrte.
Nur im Gebete und im Besuche eines benachbarten Kirchleins fand die Verlassene Trost. Da gab ihr frommer Sinn ihr ein, dem Kreuze, für das ihr Verlobter im
Morgenlande stritt, sich ganz zu weihen und an der Denksäule so lange zu spinnen, bis Adalbert in ihre Arme zurückkehrte. Täglich trug sie den Rocken hin und spann.
Da erschien ihr eines Abends die blutige Gestalt ihres Geliebten und verkündete ihr, daß sie sich ihr Totenkleid spinne, denn erst im Himmel würden sie sich
wiedersehen. Schon am folgenden Tage brachte ein Pilger die traurige Kunde, Ritter Adalbert sei im Heiligen Lande gefallen und habe ihm sterbend Adelheids Ring
übergeben. Da spann sie noch sechs Wochen vor der Denksäule, teilte dann alle ihre Habe an die Armen aus und starb an gebrochenem Herren, nachdem von ihrem
Gespinst eben ihr Grabkleid fertig geworden war. Alt und jung beweinte sie, und noch jetzt sieht der nächtliche Wanderer im Mondscheine die schöne Spinnerin
manchmal vor der Denksäule knieen.
(Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, hrgg. von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr.126, S.134-135)