PLZ:
63808GPS:
Standort:
Im Ort, an der Straße "Zu den drei Kreuzen".Größe / Material:
Geschichte:
Zwei der drei Kreuze wurden erneuert.Sage:
Quellen und Literatur:
In der Nähe des Dorfes Haibach stand einst eine Burg, die von einem edlen Junker von hohem Wuchs und ebenmäßiger Gestalt
bewohnt wurde. Der Junker von Haydebach entzückte jedoch nicht nur durch sein schönes Äußeres, auch in den ritterlichen Künsten
wie Fechten und Jagen war er wie kaum ein Zweiter. Und wenn der junge Recke so im seidenen Gewand auf edlem Ross
dahersprengte, der weiß-blaue Federschmuck auf seinem samtenen Barett keck wippte, dann schlug wohl so manches
Mädchenherz bei seinem Anblick höher.
Freilich, einen großen Fehler hatte der adelige Jüngling! Er war ein Bruder Leichtfuß, der es mit der Liebe nicht so genau
nahm. Er entflammte beim Anblick jeder Schönen, gleich ob sie von hohem Söller blickte oder aus dem kleinen Fenster einer
armseligen Hütte.
Nun begab es sich aber, dass zwei Hintersassen des Junkers je eine bildschöne Tochter hatten. Maria und Gertrude, die beiden
Jungfrauen, waren als Nachbarskinder aufgewachsen und einander so inniglich verbunden, dass sie wie zwei Schwestern waren.
Als Junker Rainer wieder einmal in das nahegelegene Aschaffenburg ritt, erblickte er am Wegesrain eine so holdselige und anmutige
Gestalt, dass er jählings anhielt, um das Mädchen näher zu betrachten. Maria war es, die gerade Gras schnitt für das wenige Vieh
zu Hause im Stall. Mit Wohlgefallen betrachtete Junker Rainer die flinken und graziösen Bewegungen, mit denen das Mädchen Hieb
um Hieb mit der Sichel die Grasbüschel schnitt. Als er artig grüßte, erhob sich Maria und errötete; kaum vermochte sie dem Blick
des jungen Mannes standzuhalten. Dieser aber stand sofort in hellen Flammen beim Anblick dieses liebreizenden Mädchens. Maria
allerdings war es sehr beklommen zumute. Zwar hatte sie schon oft dem Junker mit Beben im Herzen nachgesehen, wenn er an der
kärglichen Hütte ihres Vaters vorüberritt, doch immer war ihr schmerzlich bewusst gewesen, dass der Standesunterschied sie wohl
nie zu ihm hinführen wurde.
Doch nach dieser Begegnung konnte Maria hoffen. Zwar hielt sich der Junker, der erkannte, dass man dieses fromme,
unschuldige Kind umwerben musste, zunächst einmal zurück, doch bald schon wusste er die Bande der Liebe zu knüpfen, und
ihre Begegnungen blieben nicht mehr rein zufällig. Anfangs verheimlichte Maria ihre Tändelei auch vor ihrer schwesterlichen
Freundin Gertrude und schloss ihre aufkeimende Liebe gleich einem kostbaren Edelstein sorgfältig ein in den Schrein ihres
jungfräulichen Herzens. Als sich aber Junker Rainer dem liebenden Mädchen erklärte und ihr ewige Liebe und Treue schwor, da
sah sich Maria schon als edle Burgfrau von Haydebach. Im Überschwang ihrer Gefühle wollte sie Gertrude teilhaben lassen an ihrem
vermeintlichen Glück. Diese aber, nicht frei von Eitelkeit und Eifersucht, konnte nicht frohen Herzens sein bei dem Gedanken an das
Glück der Liebenden. Immer stärker quälte sie der Gedanke, dass sie einst Magd bleiben sollte, wo Maria Edelfrau war. Und war sie
nicht auch viel schöner als diese?
Gertrude verstand es, sich zwischen Maria und den Junker zu drängen. Und der Junker, der erkannt hatte, dass er die
tugendsame, ehrbare Bauerntochter nicht ohne Eheversprechen verführen konnte, ließ alsbald ab von Maria, um sich der
lebhafteren und leichtfertigeren Maid zuzuwenden. Trude, die die Absicht des Junkers wohl verstand, kam ihm auf halbem Wege
entgegen, und so fanden sie bald zueinander, ohne dass Maria es erkannte.
Lange konnte jedoch die Untreue des Junkers nicht verborgen bleiben, kamen doch keine Bestellungen mehr, die des Junkers
Diener so trefflich und geschickt auszurichten gewusst hatte. Als Maria erkannte, dass sie vom Geliebten getäuscht und verlassen,
von der Freundin gar betrogen worden war, wandelte sich ihre sanfte Seele vollständig um.
Sie begann zu hassen, vor allem die falsche Freundin, von der sie glaubte, sie habe geheime Künste angewandt, um ihr den
Liebsten abspenstig zu machen. Der Sinn stand Maria nach Rache wenn sie nur erst einmal eine heimliche Zusammenkunft der beiden
erlauscht hätte. Als sie eines Abends den Diener des Junkers mit Trude sprechen sah und diese sich daraufhin eilig mit einer
Sichel und einem Grastuch aus dem Ort entfernte, ahnte Maria, wohin die gehasste Freundin ging: zu dem Hügel, wo sie Junker
Rainer zum erstenmal angesprochen und sie oft in seinen Armen geruht hatte. An dem ihr so wohl bekannten, traulichen Plätzchen
sah Maria denn auch die frühere Freundin, die sinnend und träumend auf ihren Junker wartete.
Marias Blut kam in Wallung, und die blassen Wangen vor Zorn gerötet, stürzte sie auf die Verhasste zu. Sie warf Gertrude ihre
Falschheit, ihren Verrat an der Freundschaft vor, nannte sie eine leichtfertige Dirne und erhob gar die Hand mit der Sichel, um ihr
einen Schlag zu versetzen. Da ergriff der Zorn auch Gertrude und sie wich dem Schlag nicht aus, sondern schlug dagegen. Der
erbitterte Kampf der beiden liebenden Mädchen dauerte so lange, bis beide Herzen aufgehört hatten zu schlagen.
Als der Junker das lauschige Plätzchen seines Stelldicheins erreichte, fand er zwei blutüberströmte leblose Körper, die einst so
lieblichen Gesichter verzerrt, die Augen gebrochen.
Die Kunde des schrecklichen Doppelmordes verbreitete sich schnell in der Umgegend, und alle sahen den Junker als Urheber
des tragischen Verbrechens. Vor dem peinlichen Gericht aber, vor das er geladen wurde, hatten keine Beweise für eine Mitschuld
erbracht werden können. Allein ihm war die moralische Verfehlung hinlänglich bewusst. Seine Hände waren zwar rein von Blut, sein
treuloses Herz indes nicht, so dass er wusste, dass bei einem Gottesurteil, dem sich zu unterwerfen damals Sitte war, ihm selbst der
höchste Richter keinen Freispruch würde erteilen können.
Junker Rainer folgte der Ladung des Gerichtes nicht, sondern verließ nächtlicherweise die Burg seiner Ahnen, sein Heimatland,
und pilgerte in einem härenen Gewande zuerst nach Rom und dann ins Gelobte Land an das Heilige Grab.
Mehr als vierzig Jahre waren vergangen - die Burg und die Güter des Junkers waren Lehen des Stiftes Sankt Peter und
Alexander zu Aschaffenburg geworden. Nach etlichen Jahren, als der Junker als verschollen galt, zog das Stift die Leben ein und
ließ die Burg brechen. Wo Maria und Gertrude ihr Leben ausgehaucht hatten, wurden zwei steinerne Kreuze errichtet, auf denen je
eine Sichel eingehauen war.
Schon lange war die Erinnerung an den Junker verblasst, als man eines Tages zwischen den Kreuzen einen Pilger mit
schneeweißem Haar und einem Muschelhut entdeckte. Er schien zu schlafen, aber als man ihn wecken wollte, stand er nicht mehr
auf, denn er schlief den ewigen Schlaf. Es war der einstmals so stolze Junker von Haydebach.
Das Alter, die bittere Reue und die Gefahren seiner langen Pilgerschaft hatten sein Haar erbleichen und seine Lebenskraft
brechen lassen. Für ihn wurde nun ein drittes Kreuz errichtet, um ein Zeichen zu setzen, dass der Tod versöhnt und vereint.