Deutschland Bayern Lkr. Kelheim

Poikam / OT von Bad Abbach


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Blick zum Standort

PLZ: 93077

GPS: N 48° 55,924', O 12° 1,493'

Standort: Auf der Donauinsel am Main-Donau-Kanal zwischen Bad Abbach und Poikam, rechten Kanalufer.

Größe / Material: 125:?:? / Kalkstein

Geschichte: Das Steinkreuz wurde 1984 hierher versetzt.

   In Poikam bei Bad Abbach wurde im Juli 1984 ein lange Zeit vermißtes, roh bearbeitetes, schmuckloses Kreuz durch Heimatpfleger Sturm aus Bad Abbach wieder aufgestellt. (Schmeissner 1986)

Sage:

Quellen und Literatur:
Sturm, Werner - Das Steinkreuz von Poikam bei Bad Abbach, in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.11, 1985, S.24-25
Schmeissner, Rainer H. - Einiges über Flurdenkmäler im Landkreis Kelheim (1.Teil), in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.12, 1986, S.15
Bay. Landesamt für Denkmalpflege
recherchiert und bebildert von Jürgen Rist, Lappersdorf



Das Steinkreuz von Poikam bei Bad Abbach
von Werner Sturm

   Der niederbayerische Heimatforscher Georg Rieger schreibt in seinem 'Kelheimer Heimatbuch': "Etwa 600 Schritte außerhalb Poikam am Rain zwischen zwei Feldern steht ein altes, verwittertes Steinkreuz von 80cm Höhe. Es ist ohne Inschrift und Zeichnung und ziemlich roh aus Kalk gehauen..."
   Kreuze wie dies sind entweder uralte Grenzmarken oder bezeichnen eine merkwürdige Stätte... Mit der Durchführung der Flurbereinigung in Poikam mußte dieses Steinkreuz im Jahre 1981 entfernt werden, da durch die Neueinteilung der Feldgewannen dieses Steinkreuz mitten in einem Feld gestanden wäre. Früher stand es etwa 50m in Richtung Donau entfernt.

Das Steinkreuz bei Poikam an der Donau (Lkrs. Kelheim/Niederbayern)
Zeichnung: Alfred Gruber

   Wann dieses Steinkreuz errichtet wurde, kann heute nicht mehr genau festgestellt werden. Nach vergleichbaren Objekten zu schließen, dürfte es aus dem 15./16.Jhd. stammen. In einer Kirchenrechnung von Poikam vor 1600 findet sich bereits ein Hinweis auf dieses Steinkreuz.
   Es handelt sich bei dem Denkmal um eine lateinische Kreuzform mit nach unten sich verbreiterndem Schaft. Das Kopfstück ist recht gut erhalten. Das Kreuz ist zeichen- und inschriftenlos. Die Schauseite ist glatt poliert und zeigt Verwitterungserscheinungen u.a. an den Seitenflächen. Auch der Sockel ist behauen, was für Steinkreuze recht ungewöhnlich ist. Vom Kopfteil ist ein Stück abgesplittert bzw. abgehauen. Der Schaft führt keilförmig zum Sockelfuß. Die Gesamthöhe des Kreuzes beträgt etwa 125cm. Als Material wurde heller Kalkstein verwendet.
   Da dieses Kreuz keine besonderen Hinweise gibt und ohne jegliches Zeichen ist, kann eine Deutung mit letzter Sicherheit nicht gemacht werden. Trotzdem sind einige Aussagen möglich, vor allem auch deshalb, weil es in anderen Gegenden Parallelen gibt, die eine ganze Reihe von Schlüssen auf das Poikamer Steinkreuz zulassen.
   Höchstwahrscheinlich handelt es sich nicht um ein sog. Grenzkreuz, obwohl diese, wie auch das Poikamer Steinkreuz, gerne auf Feldraine gesetzt wurden, um eigene Herrschaftsbereiche abzugrenzen. In der Regel waren diese Grenzkreuze mit dem Wappen des Grundherren oder mit sonstigen Zeichen versehen.
   Mord- oder Totschlagkreuze wurden an der Stelle aufgestellt, wo der Mord begangen worden war. Wurde man seiner habhaft, wurde der Täter nach dem mittelalterlichen Recht verurteilt (bei Mord Todesstrafe, bei Totschlag Sühneverfahren). An der Tatstelle wurde dann ein Mord- bzw. Sühnekreuz errichtet.
   Nach der Volkssage, die von Pfarrer Hiendlmeier, der in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts in Poikam Seelsorger war, untermauert wurde, soll sich das Sühnen einer solchen Tat folgendermaßen vollzogen haben:
   "Der Täter mußte sein eigenes Grab selbst schaufeln, in das er dann mit einem schweren Hammer hineingeschlagen wurde. Es wird auch berichtet, daß zum Tode verurteilte Täter das Steinkreuz, das über ihrem Grabe errichtet wurde, selbst meißeln mußten."
   Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem Poikamer Steinkreuz um ein sog. Sühnekreuz. Diese Sühnekreuze wurden bis in das ausgehende Mittelalter hinein aufgestellt, jedoch durch Gesetz im Jahre 1532 verboten.
   Durch die 'Constitutio Criminalis Carolina' von 1532 wurden Straftäter amtlich verfolgt. Dem privatrechtlichen Sühnegedanken wurde die Rechtsgrundlage entzogen. Sühnekreuze wurden immer seltener. Das Poikamer Steinkreuz dürfte damit aus dieser Zeit stammen, eher noch früher anzusetzen sein.
   Der Poikamer Kirchenpfleger, Herr Adolf Karl, hatte die dankbare Aufgabe übernommen, im Juli 1984 das Steinkreuz wieder aufzustellen. Als idealer Standort bot sich die Dammaufschüttung des Kanals in der Nähe des früheren Standortes an. Die Genehmigung erteilte das Schiffahrtsamt Regensburg.
   In Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Bad Abbach und der Marktgemeinde Bad Abbach (Lkrs. Kelheim) konnte mit diesem Flurdenkmal ein Stück unserer Heimatgeschichte erhalten werden. Pfarrer Dr. Hartl aus Kapfeiberg erteilte in einer Feierstunde diesem Kreuz den kirchlichen Segen.
(Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.11, 1985, S.24-25)


Sühnekreuze & Mordsteine