Deutschland Bayern Kreisfreie Stadt Würzburg

Würzburg


Schusterzeichen in Burrweiler (1728)

Zunftzeichen in
Edenkoben (1678)

Schustermesser
und Halbmond
im ehem. Gildehaus
in Alfeld
VÖ bei Müller (1986)

PLZ: 97082

GPS: N 49° 47,675', O 9° 55,114'

Standort: Zeller Straße, beim Sportplatz des Deutschhaus-Gymnasiums. Dort in der Mauer der Stadtbefestigung, ca. 50cm über dem Boden.

Größe / Material: 61:65:? / Muschelkalk

Geschichte: Während einer Führung am Tag des offenen Denkmals entdeckte der Schüler Tobias Schenk das vermauerte Steinkreuz in der alten Stadtbefestigung von Würzburg. Nachfragen im Staats- und Stadtarchiv, im Diözesenarchiv und in der Schlösser- und Seenverwaltung blieben ergebnislos. Auch in der Literatur konnte bisher kein Hinweis auf dieses Steinkreuz gefunden werden.
Das Kreuz ist am Stamm abgebrochen, der Fuß fehlt. Es ist anzunehmen, dass dieses Kreuz um 270° verdreht eingemauert wurde. Der auf dem Bild rechts zu erkennende "Arm" ist als Kreuzstamm anzunehmen. Eingeritzt sind: eine Schuhsole, ein Halbmond (Werkzeug) und ein Schustermesser (kann leicht mit einem Stiefel verwechselt werden). Die Deutung des vierten Zeichens ist noch unklar, es könnte sich um einen Holzschlegel handeln.
Auf Grund der Ikonographie geht man derzeit davon aus, dass es sich um das Grabkreuz (unwahrscheinlicher Sühnekreuz) eines Würzburger Schuhmachers handelt. Entstehungszeit etwa Mitte des 16.Jh.

Die Deutung der Einzeichnungen auf dem Steinkreuz haben unsere Mitarbeiter und Nutzer zu weiteren Nachforschungen angeregt. Einige mittelalterliche Darstellungen mit Schuhen / Stiefeln und Schusterwerkzeugen hat uns Rudolf Wild zusammengestellt. 10 Steinkreuze mit Schusterzeichen finden Sie in der Literatur-Datenbank, Eintrag 225, unter "erw. Objekte". Kennen Sie weitere historische Abbildungen zu Schusterwekzeugen oder möchten Sie Ihre Meinung zur Deutung der Einzeichnungen diskutieren, finden Sie eine Möglichkeit dazu in unserem Forum.

Sage:

Quellen und Literatur:
Demleitner, Katharina - Ein Kreuz gibt Rätsel auf, in Main-Post vom 01.12.2006
recherchiert und bebildert von Tobias Schenk, Veitshhöchheim
Müller, Werner - Handwerkszeichen und bäuerliche Zeichen auf Kreuzsteinen in Niedersachsen, in: Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart, Band 54 / 1986, S.65-82
weitere Hinweise von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Ein Kreuz gibt Rätsel auf
von Katharina Demleitner

Dieses Kreuz ist für Tobias Schenk ein Geheimnis.
FOTO DEMLEITNER

VEITSHÖCHHEIM/WÜRZBURG
Das Geheimnis eines Kreuzes in der Würzburger Stadtmauer erforscht der zwölfjährige Tobias Schenk. Die Motive auf dem Kreuz geben Behörden und Museen Rätsel auf. Doch der Veitshöchheimer Hobby-Historiker recherchiert hartnäckig weiter.

   "Am Tag des offenen Denkmals habe ich eine Führung mitgemacht und dabei das Kreuz in der Mauer gesehen", berichtet der Schüler von seiner Entdeckung. Das 65 Zentimeter breite und 61 Zentimeter hohe Kreuz ist im unteren Drittel der Stadtbefestigungsmauer angebracht, die dort unmittelbar an die Sportanlagen des Deutschhaus-Gymnasiums grenzt.
   "Die Führerin konnte mir nicht erklären, was die eingearbeiteten Bilder bedeuten", erzählt der Veitshöchheimer. Auf dem oberen Schenkel des Kreuzes ist ein auf dem Kopf stehender Stiefel zu sehen, auf dem unteren eine Art Fußabdruck oder Sohle. Links entdeckte Schenk ein ovales, spitz zulaufendes Gebilde und in der Mitte ein Beil.
   "Ich hatte die Idee, dass es sich um ein Sühnekreuz handelt, das ursprünglich woanders stand und in die Mauer eingebaut wurde, weil Steine Mangelware waren", so der geschichtlich versierte Jugendliche.
   Tatsächlich scheint sich seine Theorie zu bestätigen. Nachdem das Diözesanmuseum nicht weiterhelfen konnte, recherchierten Tobias Schenk und seine Mutter Ulrike im Stadtarchiv. "Wir haben alte Bilder, Bücher und Zeitungsartikel durchgesehen, aber nichts herausgefunden", erinnern sich die beiden.
   Auch im Landesamt für Denkmalpflege fanden sich keine Spuren. "Anfangs schien mir ein Zusammenhang zwischen dem Militärhospital, das Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts in der Nähe der Mauer existierte möglich, aber die Befestigung stammt aus dem 17. Jahrhundert. Das Kreuz muss also älter sein", erläutert Dr. Michael Hoppe, zuständig für die archäologische Denkmalpflege in Unterfranken.
   Weitere Recherchen in den Unterlagen des Amtes ließen die Vermutung zu, dass es sich wirklich um ein Sühnekreuz handelt. "In Fachzeitschriften der deutschen Steinkreuzforschung finden sich Kreuze mit fast identischen Motiven", erklärt Michael Hoppe. Aus den Nachforschungen geht hervor, dass es sich wohl um ein spätmittelalterliches Kreuz handelt, dass zur Erinnerung an den Tod eines Schuhmachers am Straßenrand aufgestellt wurde.
   "Der Stiefel und die Schuhsohle geben Hinweise auf einen Schuhmacher, das Beil in der Mitte deutet wohl auf einen gewaltsamen Tod des Schuhmachers hin. Das Motiv auf der linken Seite könnte ein Werkzeug sein", vermutet Hoppe.
   Das Kreuz stand seiner Meinung nach ursprünglich senkrecht auf dem rechten Schenkel, an dessen Schräge Abbruchspuren erkennbar sind. "Solche Sühnekreuze waren im 15. und 16. Jahrhundert verbreitet", so der Archäologe.
   Das Stadtarchiv hält die Erklärung für plausibel. "Wir konnten aus unseren Unterlagen nur das Zunftzeichen der Metzger, das Beil bestimmen", erklärt die wissenschaftliche Angestellte Sybille Grübel.
   Den konkreten Anlass herauszufinden, der zur Aufstellung des Kreuzes geführt hat, hält die Fachfrau allerdings für nahezu unmöglich. "Ohne ein Datum ist es eine Sisyphus-Arbeit, alle Akten auszuwerten", betont Sybille Grübel.
   Für Hinweise zur Erklärung der Symbole auf dem Kreuz ist Tobias Schenk, der regelmäßig Führungen auf der Festung besucht und die Fachleute dort schon mal mit seinem Wissen in Verlegenheit bringt, dankbar.


Sühnekreuze & Mordsteine