Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Tübingen

Bühl / OT von Tübingen


Zustand 2011
(Foto: Schnepf)

Detail Inschrift
Foto: Schenk (2010)

Abbildung bei
Losch (1981)

PLZ: 72072

GPS: N 48° 27,132', O 9° 1,397'

Standort: Im ''Heiligenwald'', an der scharfen Kurve, ca. 10 Meter südlich Waldeinwärts.

Größe / Material: 113,5:97:17,5 / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Hannseles Stein" (Schick 1992). Das Steinkreuz weist im Kreuzfeld unten und rechts deutliche Reparaturspuren auf. Inschrift im Kreuzungsfeld und bis auf den rechten Arm und Schaft reichend:
IoHANeS
RAId
1751

Das Steinkreuz im Heiligenwald
(Tübingen Stadtteil Bühl) (geschehen 1751) - (vor Ort auch bekannt als Hannseles Stein)
Es steht ganz hinten im Heiligenwald, fast am Abhang der kleinen Schlucht, welche die Markungsgrenze zwischen Bühl und Dußlingen bildet. Die Aufschrift ist noch deutlich lesbar: Johannes Raidt 1751. Es hat die typische Gestalt eines Sühnekreuzes, wie man sie früher häufig am Ort einer unbeabsichtigten Tötung aufstellte, zum Gedenken an den Getöteten und zur Sühne für die Tat.
Was ist also geschehen? am 19.12.1751 - und das war der 4.Adventssonntag, also 5 Tage vor Weihnachten - ging Johannes Raidt, ein 46-jähriger Bürger und Familienvater von Bühl, zusammen mit seinem Neffen Joseph Bausch, der 20 Jahre alt war, und zwei weiteren Bühler Bürgern namens Peter Grieb und Gregor Speidel gleich nach dem Mittagessen auf die Jagd. Sie durchstreiften den Heiligenwald, der ja der Pfarrei und nicht den Ortsherren gehörte. Als sie fast an der Markungsgrenze zu Dußlingen angekommen waren, stöberte Johannes Raidt im dichten Unterholz ein Stück Wild auf und setzte in aller Eile dem flüchtenden Tier nach, um freies Schußfeld zu gewinnen, denn es waren ja nur noch ein paar Schritte bis zur Markungsgrenze, wo das Jagdrecht der Bühler Bürger endete. Überstürzt schoß Joseph Bausch auf das, was da 12 Schritte von ihm durchs Gebüsch brach; was er traf war aber nicht das Wild, sondern sein Onkel, der tödlich verletzt zusammenbrach und nur noch seufzen konnte: "Gott sei mir armem Sünder gnädig", dann starb er.
Das Unglück rief große Betroffenheit nicht nur in Bühl, sondern auch in der Nachbarschaft hervor, denn die Jagd an Sonn- und Feiertagen war ja - wie es die Pirsch- und Hegeordnung von 1773 sagt - "von alters her" verboten, und man betrachtete somit den Unfall fast als ein Gottesgericht. (Schick 1992)

Im "Heiligenwald", im südöstlichen Teil der Markung an der Grenze zu Dußlingen. Grober Sandstein, scharfe Kanten. Hangabwärts geneigt. Maße: H 110, B 97, T 17, HK 33, LA 33, AK 30, AA 30, AS 31. Form: Kräftig, gleichmäßig. Lange Balken. Inschrift: In Kreuzmitte und rechtem Arm sowie im Schaftoberteil JoHANes / RAId / 1751.
Der schon öfter wegen sonntäglicher Jagd gerügte Raidt soll am vierten Adventssonntag mit seinem 20jährigen Enkel Josef Bausch in den Wald gegangen und später aus zwölf Schritt Entfernung von einer Kugel tödlich getroffen worden sein. (Losch 1981)

Sage:

Quellen und Literatur:
Ströbel, Rudi - Sammlung von Steinkreuz-Beschreibungen, Kreis Tübingen und Umgebung, Typoskript 1927/28 (LDA)
Losch, Bernhard - Steinkreuze in Südwestdeutschland, 1968, S.14, 46, 47
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.284
Schick, Albert - Das Steinkreuz im Heiligenwald, in: Schützengilde Bühl, Festzeitschrift, 1992
recherchiert und bebildert von Alexander Schenk, Schwäbisch Gmünd (Fotos vom 10.10.2010)
zeitreise bb
Bild-Ergänzung von Thomas Schnepf, Reutlingen (Foto vom 15.02.2011)


Sühnekreuze & Mordsteine