PLZ:
76227GPS:
N 48° 58.606', O 8° 29.932'Standort:
Am Wanderparkplatz ca. 2,5km südöstlich von Durlach im Wald, Distr. III, Abt. 19.Größe / Material:
86:68:21 / SandsteinGeschichte:
Die Waldabteilung gegenüber dem Lambrechtshof wird auch "Kreuzschlag" genannt. Auf der Vorderseite ist ein großes Pflugsech eingehauen.Sage:
Beim Zackern bekam ein Mann vom Lamprechtshof mit einem ändern so heftig Streit, daß er das Sech aus dem Pfluge riß, dem Entfliehenden in den Wald nacheilte und ihn mit dem Eisen tödtete. Zur Strafe ward er in Durlach enthauptet, und auf dem Platz, wo er den Mord begangen, ein niederes Steinkreuz mit einem eingehauenen Sech gesetzt. Dort und in der Umgegend spukt er ganz nackt, mit schwarzem Kopf und schwarzen Unterbeinen. Er führt die Leute irre; auch ist er einmal einem Spielmann auf den Rücken gesprungen und nicht eher gewichen, bis derselbe, unter Nennung der drei höchsten Namen, mit einem Messer drei Kreuze in den Boden gemacht hat.Quellen und Literatur:
In Durlach gibt es nur noch ein Steinkreuz. Es steht etwa 9m von der
Rittnertstraße entfernt im Kreuzschlag und gleichzeitig im Bereich des Parkplatzes Waldwiese. (Von Durlach aus gesehen der zweite
Parkplatz vor dem Thomashof). Das Kreuz könnte etwa Anfang des 16. bis Ende des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Es ist aus
Sandstein gefertigt, 85cm hoch und hat als Zeichen ein großes Pflugsech. Da ohne schriftliche Quellen nicht entschieden werden
kann, ob es sich um ein Sühne- oder um ein Gedenkkreuz handelt, müssen wir es bei der Bezeichnung Steinkreuz belassen.
Ursprünglich stand das Kreuz am Rand der Straße, dem früheren Weg. Dort wurde es dann um 1980 zerbrochen aufgefunden
und von Herrn Karl Eichhorn, Bruchsal (Mitglied der Gesellschaft zur Erhaltung und Erforschung der Kleindenkmale in Baden
Württemberg e.V.), geborgen. Heute steht es sicher und restauriert am Böschungsrand des Parkplatzes.
Steinkreuze sind im Gegensatz zu den sogenannten Hochkreuzen (z.B. Kruzifixe) durchwegs aus einem Stück und meist sehr
einfach, oft plump und unregelmäßig gestaltet. Die Grundform ist das lateinische Kreuz. Mehrheitlich handelt es sich um kleine
kompakte Kreuze. Im Schwarzwald und in Nordbaden war der rote Buntsandstein das Ausgangsmaterial. Die durchschnittliche Höhe
liegt etwa bei 80cm, die Obergrenze bei 150cm. Kreuze unter 50cm sind selten. Zahlreiche Sühneverträge des 13. bis Mitte des 16.
Jahrhunderts verlangen vom Schuldigen die Setzung eines Steinkreuzes, für das sogar die Maße angegeben werden. Kreuze, die sich
dieser Zeit zuordnen lassen, können wir ohne Bedenken als Sühnekreuze bezeichnen. Allerdings ist deren zeitliche Einstufung oft
schwierig.
Das Sech an dem Durlacher Kreuz ist das lange, etwas gebogene, am Pflugbaum eingepflockte Messer. Es schneidet vor der
Pflugschar die Erde. An Steinkreuzen ist es im Landkreis Karlsruhe häufig anzutreffen, während im Kreis Calw die stilsierte
Pflugschar überwiegt. Ein Sech wird wegen seiner meist schlanken Form nicht selten als das Messer angesehen, mit dem die Tat
ausgeführt wurde. Heute wissen wir, daß die Zeichen an den Sühne- und Gedenkkreuzen stets den Berufsstand des ums Leben
Gekommenen anzeigen.
Es sind mithin an Sühnekreuzen nicht die eigentlichen Mordwerkzeuge dargestellt, wie das in älterem Schrifttum immer wieder
behauptet wird. Für den bäuerlichen Stand war es das Sech oder die Pflugschar, für den Winzer das Rebmesser. Für den Schuster
kam oft der „Halbmond", ein typisches Messer zur Lederbearbeitung, an den Stein, den Weber verriet ein Weberschiffchen, den
Töpfer ein Topf oder auch die Töpferschiene.
Die genannten Attribute zeigten in der Zeit vor der allgemeinen Schriftkennmis immerhin den Beruf des Toten an, für den das
Kreuz stand. Ein derartiger Hinweis dürfte den Vorübergehenden für lange Zeit genügt haben. Sie konnten das Berufssymbol mit dem
ihnen bekannten Namen des Verblichenen verbinden, Das Sech an dem Durlacher Kreuz läßt uns wissen, daß dort ein Bauer oder
Knecht sein Leben lassen mußte.
Es gibt aber auch Steinkreuze ohne jedes Zeichen. In manchen Fällen dürften einmal vorhandene Einrillungen mit der
Verwitterung des Steines verschwunden sein. Sehr einfache, unregelmäßig und grob ausgeführte Steinkreuze lassen überdies den
Schluß zu, daß sie nicht von einem Fachmann oder Steinmetz angefertigt wurden. Bei den hohen Kosten für das in den
Sühneverträgen geforderte Kerzenwachs und die vielen Seelenmessen hatte vielleicht mancher Täter das Kreuz selbst geschaffen. Auf
einer rauhen und schlecht bearbeiteten Oberfläche ließ sich dann ein Zeichen nur schwer anbringen.
Inschriften mit Namen oder Angaben zu einer Tat sind an älteren Steinkreuzen recht selten. Im Landkreis Pforzheim stand
zwischen Tiefenbronn und Mühlhausen eines dieser ungewöhnlichen Mahnmale. Es befindet sich heute in Tiefenbronn, im Ortsteil
Mühlhausen, in der Grünanlage beim Neuen Schloß. Unter der Jahreszahl 1596 berichtet eine Inschrift, daß an diesem Ort Jerg Pefflin
erschlagen wurde. Ein zusätzlich angebrachtes Weberschiffchen verrät dem Vorübergehenden den Beruf des Erschlagenen. Selbst
bei diesem Kreuz ist es nicht sicher, ob es noch als Sühnekreuz gelten kann, obwohl es für einen Totschlag erstellt wurde.
Die Mehrzahl der alten Steinkreuze ist aber offenbar als Sühne für einen begangenen Totschlag im Auftrag des Täters errichtet
worden. Zwischen der Sippe des Getöteten und dem Täter wurde dafür ein Vertrag abgeschlossen. Solche Sühneverträge sind als
„Totschlagbriefe" in den Archiven überliefert. In Südbaden waren es die „Urfehdebriefe." Die Urfehde war ein eidlich gelobter Verzicht
auf Rache für erlittene Feindseligkeiten. Damit entging der Täter der früher einmal üblichen Blutrache.
Die Sühnebedingungen ließen sich von dem Beschuldigten meist nur mit der finanziellen Hilfe seiner Angehörigen erfüllen. Einem
Teninger Urfehdebrief vom 21. Februar 1481 ist zu entnehmen, daß der beschuldigte Hans Fricker zunächst barfuß in einem Gang
zwei nahe Wallfahrtsorte aufsuchen mußte. Jeweils hatte er dort ein Pfund Wachs abzuliefern. Dann folgte ein Bußgang nach
Einsiedeln in der Schweiz. Außerdem mußte Fricker dreißig Messen lesen lassen und dafür dreißig halbpfundige Kerzen bereitstellen.
Um „sträfliche Pein" zu verhüten, hatte er dem Markgrafen, den Amtleuten und dem Gotteshaus 15 Pfund Pfenni(n)ge Freiburger
Währung auf St. Martin (11. November) zu zahlen. Danach aber jährlich fünf Pfund Pfenni(n)g auf jeden St.Martinstag. Die
Bedingung für das Steinkreuz lautete: „Item laße er machen und setzen ein Stain Krütz nach bruch sytt und gewonhait deß
Landes."
An einer Wegekreuzung in Teningen steht noch ein Steinkreuzüberrest ohne Arme aus dem 15. Jahrhundert. Es könnte sich um
das ursprünglich von Fricker erstellte Kreuz handeln. Im Jahre 1758 wurde der Kreuzstumpf mit einer Inschrift für eine dort ermordete,
unbekannte „beckenmeid" versehen und damit verfremdet.
Ein Todtnauer Sühne vertrag vom 15. Oktober 1504 forderte von dem Täter Hans Schmidt mehrere Wallfahrten, davon eine nach
Rom, wofür eine beglaubigte Bescheinigung vorzulegen war. Für den Fall, daß Schmidt innerhalb des folgenden Jahres sterben sollte,
waren seine Erben die Wallfahrt schuldig. Auf seine Kosten mußten 30 Messen gelesen werden, „der armen Seel zu Trost und Hilfe".
Zu den Messen gehörten noch jeweils Baumkerzen von einem Pfund.
Bei Steinkreuzen des ausgehenden 16. und des beginnenden 17. Jahrhunderts ist es oft ungewiß, ob es sich schon um
Gedenkkreuze oder noch um Sühnekreuze handelt. Mit der „Peinlichen Gerichtsordnung" Kaiser Karls V. von 1532 setzte sich nach
und nach eine neue Rechtsordnung durch. Die althergrachten Sühneverträge und die damit verbundene Pflicht, ein Steinkreuz zu
erstellen, kamen in Wegfall. Allerdings wurde der alte Brauch in manchen Landesteilen noch lange beibehalten. In dieser Phase
dürften die Gedenk- oder Erinnerungskreuze aufgekommen sein. Vielleicht gab es aber schon zuvor solche Kreuze für einen
Ermordeten, wenn der Täter unbekannt war oder entkommen konnte. Gedenkkreuze sind Male der Erinnerung an einen Toten, der
durch einen Unglücksfall oder vielleicht durch Gewalt sein Leben einbüßte. Heute lebt dieser Brauch wieder auf. Kleine Holzkreuze
lassen uns wissen, wo ein Mensch ums Leben kam.
Zu den meisten Steinkreuzen des Landes gibt es volkstümliche Überlieferungen, Sagen und sagenähnliche Schilderungen. Der
größte Teil der Sagen berichtet von „gegenseitigem Totschlag" oder sonstigen Totschlagstaten. Dann folgen Geschichten von tödlichen
Unglücksfallen. Teilweise sind die historischen Tatbestände von den allgemein entstandenen Erklärungen völlig überlagert. Nicht
selten werden Kreuze als Schwedenkreuze bezeichnet, obwohl sie zur Zeit des 30jährigen Krieges längst standen. Es gilt also, die
den Kreuzen zugeordneten Sagen und Erzählungen mit einer gewissen Distanz zu betrachten.
Dennoch, wer jetzt die Geschichte der Steinkreuze kennt, wird vermutlich beim Anblick eines solchen Mahnmals nachdenklich
werden. Wenn nötig, wird er sich vielleicht für den Schutz dieser Kleindenkmale einsetzen. Steinkreuze gehören zu unseren
Kulturgütern und ebenso zur Geschichte unseres Landes. Es gilt sie zu bewahren.