Deutschland Baden-Württemberg Neckar-Odenwald-Kreis

Oberscheidental / OT von Mudau


Detail relief. Kreuz

PLZ: 69427

GPS: N 49° 30,374', O 9° 08,420'

Standort: Rechts der Straße nach Reisenbach (K 3921), nahe der Gemarkungsgrenze.

Größe / Material: Sandstein

Geschichte: Ein besonderer Bildstock ist der Hutzelstein. Der Gewanname ist gleichnamig, möglicherweise zeigt er den Übergang vom Steinkreuz zum Bildstock, auch als "evangelischer Bildstock“ bezeichnet. (Oberscheidental unterstand lange dem evangelischen Rüdten). Unter dem Kreuz sind Zeichen, die man als Hutzeln deutet.

Sage: Die Sage erzählt, dass früher zwei Buben, die auf der naheliegenden Wiesen Kühe und Schafe hüteten, wegen einer Hutzel (Dörrobst) in großen Streit gerieten und im Laufe der Auseinandersetzung sich durch Fußtritte und Schläge so schwer verletzten, dass beide an den Folgen starben. An der Stelle dieses Vorfalles setzte man den Hutzelstein, auf dem eine Hutzel d.h. eine getrocknete Birne eingemeißelt ist.
Nach einem anderen Bericht ist der "Hutzelstein“ ein Gedenkstein für folgenden Vorfall: Früher gingen die Kinder am "Peterstag“ von Haus zu Haus und sangen das Peterstag-Lied. Dafür brachten ihnen die Bauersfrauen Geschenke, und zwar Nüsse, "Hutzeln“ Gutsel und andere Süßigkeiten. Einmal ereignete sich dabei ein tragischer Zwischenfall. Zwischen zwei Buben, von denen sich einer benachteiligt fühlte, entstand ein heftiger Streit um eine "Hutzel“. Der eine riss aus, der andere lief hinterher. Den beiden ging bei diesem Wettrennen erst auf der Reisenbacher Höhe der Atem aus. Jähzornig griff nun jeder nach einem Prügel und versuchte, den anderen zu treffen. Ein Zufall wollte es, dass sich beide dabei den Tod holten. Und das alles wegen einer einzigen "Hutzel“. An der Blutstelle steht nun zum Gedächtnis der "Hutzelstein“.
Eine andere Version verlegt das Geschehen in den Dreißigjährigen Krieg: "Im Dreißigjährigen Krieg hüteten zwei Buben in diesem Gewann ihre Schafe. Die Not war damals sehr groß. Sie hatten den ganzen Tag nichts gegessen. Der eine Junge hatte in seiner Tasche eine Hutzel (gedörrte Birne). Der andere Junge wollte auch davon haben [...]“. Durch den Hinweis auf die Hungersnot wird der Streit der Buben verständlicher; die Sage verliert aber dadurch ihren ursprünglichen pädagogischen Charakter, vor Missgunst und Jähzorn zu warnen, die uns aus nichtigem Anlass zu bösen Folgen führen können, "Hutzeln“ waren billig. Auch in Steinbach gibt es eine solche Version, an einen Bildstock anknüpfend, das "Hutzelbild“. Zur Anknüpfung an den Scheidentaler Stein gaben möglicherweise die merkwürdigen Zeichen Anlass.
Diese Zeichen sind aber wahrscheinlich Hofmarken der Stifter, ferner könnte "Hutzelstein“ aus "Hoher Stein“ verunstaltet (verballhornt) worden sein ("Hohe Straße“ führt vorbei) und so der Sage einen zusätzlichen Anknüpfungspunkt bot. Auch der Hinweis auf den 30jährigen Krieg (Schweden) zeigt verwandte Züge. (Slama 2003)

Quellen und Literatur:
Slama, Hans - Flurkreuze der Gemarkung Mudau, in: Heimatbuch "900 Jahre Mudauer Odenwald“, 2003
Assion, Peter u.a. - Das pfälzisch-fränkische Sagenbuch, 1983, Ziff.302
zusammengestellt von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach


Sühnekreuze & Mordsteine