Deutschland Baden-Württemberg Lkr. Reutlingen

Rommelsbach (I / II) / OT von Reutlingen
Zur Einzelansicht die Steinkreuze anklicken.

Rommelsbach I Rommelsbach II

Zustand 1965
Abbildung bei
Losch (1981)

PLZ: 72768

GPS:

Standort: Am Friedhofseingang.

Geschichte: Urspünglicher Standort war an der Straße nach Oferdingen gegenüber dem heutigen Werk der Firma Bosch. Daher stammt die Gewannbezeichnung "Ob der Kreuzsteinen".
1975 bei Straßenbauarbeiten beseitigt und danach verschwunden.
1997 in Betzingen und Neckartenzlingen wieder entdeckt und Dank Bürgerengagement nach Rommelsbach zurückgeführt.
Seit 1998 unter Denkmalschutz. [...] (Tafel am Standort)

In den 1980er Jahren bin ich im Zuge meiner eigenen Familienforschung im Totenbuch Oferdingen auf folgenden Eintrag gestoßen:
1705: "Den 10. Marty am Reuttlinger Markt ist Martin Nagel mit seinem Weib: Schwester: u. anderen Gefehrten heimgangen: u. weil er sehr trunken gewesen, u. etlich mal gefallen, daß man Ihn führen u. schlaiffen müssen, Bey den + Steinen (+ =Kreuzsteine, an der Straße von Rommelsbach nach Oferdingen, ca 100 Meter nach der Zufahrt zum BZN, links, standen bis ca 1965 zwei Kreuzsteine) niedergesunken, daß man ihn nicht mehr auf die Füsse bringen können: endlich alß man Ihn auf einen Karren heben wollen ist er tod gewesen: Aet. 57 iahr. Alles ist verhandelt worden in Gegenwart seines Weibs."
Als ich diesen Eintrag gelesen habe, wurde mir schnell klar, daß mit dem Zeichen + und dem Wort Steine, es sich nur um die beiden Kreuzsteine im Gewann "ob den Kreuzsteinen" handeln konnte. Jetzt wurde mir erst bewusst, dass die beiden Kreuzsteine sich nicht mehr an ihrem angestammten Ort befanden, auf denen wir als Kinder gerne herumturnten. Nun begann die mühsame Nachsuche. Einige Zeit später, ca. 1996 besuchte meine Frau Marianne mit ihrem Mütterkreis die Betzinger Mauritiuskirche. Bei der Kirchenführung wurde auch erwähnt, daß der vor der Kirche aufgestellte Kreuzstein aus Rommelsbach stamme. Herr Bez.BM. Brielmann übernahm die Verhandlung und nach einigem Hin und Her konnten Jakob Futter und ich 1997 diesen Stein ausgraben und nach Rommelsbach heimführen. Er lagerte vorher im Garten des Heimatmuseums RT und wurde später durch Initiative des Albvereinsvorsitzenden bei der Kirche in Betzingen aufgestellt. Den anderen Stein fand Herr Brielmann in dem Buch: "Steinkreuze in Baden- Württemberg" 1981 von Bernhard Losch. Dort war auch der neue Standort hinterlegt. Ein Mann aus Neckartenzlingen fuhr damals, als die Straße Oferdingen-Rommelsbach verbreitert wurde (nachdem die Straßenbahnschienen herausgerissen wurden) mit seinem Auto an dieser Baustelle vorbei. Ein Bagger schlug gerade einem Kreustein den Kopf ab und der Mann stieg aus und stellte den Baggerfahrer zur Rede: "das kommt sowiso alles auf die Deponie" sagte dieser. Der Mann bat den Baggerfahrer, ihm das Rumpfstück, das ja noch im Boden steckte, herauszuholen, er würde in der Zwischenzeit seinen Anhänger holen. Der sachkundige Mann setzte die beiden Teile wieder sorgsam und fachmännisch zusammen und stellte den Kreuzstein in seinem Garten in Neckartenzlingen auf. Gewissenhaft wie er war, unterrichtete er das Denkmalamt und so wurde dieser Stein in dem o.g. Buch mit Anschrift des neuen Standortes aufgenommen. Durch das Verhandlungsgeschick von Herrn Brielmann gegen eine Kiste Wein wurde auch der 2. Stein nach Rommelsbach zurückgeholt. Das Denkmalamt war leider dagegen, die wiedergefundenen Kreuzsteine am alten Standort "ob den Kreuzsteinen" wieder aufzustellen, stattdessen haben Jakob Futter und ich, mit Hilfe von Martin Reusch mit seinem Traktor, am 29.10.1997 die Steine am Friedhofseingang neben dem Pfarrhaus wieder aufgestellt. Damit aber dem Betrachter Sinn und Hintergrund dieser Kreuzsteine bewußt wird, habe ich immer wieder mit viel Nachdruck bei Herrn Brielmann gefordert, daß unbedingt eine Hinweistafel am neuen Standort angebracht werden muss. Auch habe ich dazu einen Vorschlag unterbreitet.
300 Jahre und 12 Tage nach dem Eintrag im Totenbuch Oferdingen konnte ich am 22.03.2005 endlich auch noch die Informationstafel dazu aufstellen. Die Kosten dafür wurden von einem Spender übernommen.
Leider sind die beiden Kreuze aus Sandstein stark verwittert. Symbole sind kaum, Inschriften überhaupt nicht erkennbar. Ein Stein weist noch im Zentrum einen Kreis auf, der vermutlich mit einem Zeichen oder Jahreszahl versehen war. Bei dem anderen Stein war vermutlich ein Kreuz eingemeiselt, er ist auch etwas gedrungener wie der Andere. Am neuen Standort wurden die Kreuze so gestellt, dass die Symbolseiten nach Osten zeigen und der Wetterseite abgewandt sind.
Doch schon vor dem o.g. Ereignis ist der Flurname "ob den Kreuzsteinen", "unter den Kreizsteinen", "bei den Kreuzsteinen" in den Inventur- und Teilungsunterlagen immer wieder genannt, erstmals am 8.2.1650 nach dem Ableben von Hans Doscher in Oferdingen.
Die Inschrift der Tafel lautet:
Denkmalschutz in Rommelsbach (dazu rechts oben das Ortswappen)
SÜHNEKREUZE AUS DEM 15./16.JAHRHUNDERT
Ursprünglicher Standdort war an der Straße nach Oferdingen gegenüber dem Werk der Firma Bosch. Daher stammt die Gewannbezeichnung "Ob den Kreuzsteinen".
1975 bei Straßenbauarbeiten beseitigt und danach verschwunden.
1997 in Betzingen und Neckartenzlingen wieder entdeckt und Dank Bürgerengagement nach Rommelsbach zurückgeführt.
Seit 1998 unter Denkmalschutz.
Sühnekreuze sind Zeugnisse aus dem Mittelalter, als Selbstjustiz wie beispielsweise die Blutrache noch üblich war. Die Errichtung eines Sühnekreuzes war meist Bestandteil von Sühneverträgen. Diese regelten neben Schadensersatzleistungen für Hinterbliebene auch Abgaben an die Obrigkeit und kirchliche Buß- und Sühneopfer. Mit den Sühneverträgen sollten z.B. im Fall eines Todschlags Racheakte verhindert werden.
Der Volksmund berichtet, daß am alten Standort einst ein Landjäger von einem Handwerksburschen umgebracht worden sein soll.
Übrigens sind die Kreuzsteine bei der Aufteilung und Inventur des "Manzenguts" in Altenburg bzw. Oferdingen am 11.Febr.1674 erwähnt: "3 Vrtl. Ackers bey den Kreuzsteinen, Rommelspacher Zehendens, zwischen Martin Walttern und Georg Vollmarn von Rommelspach gelegen, 3-teilig, =16 fl". (3-teilig heißt: der dritte Teil des Ertrages mußte an die Herrschaft abgegeben werden). (Thumm 2009)

Sage: Der Volksmund berichtet, daß am alten Standort einst ein Landjäger von einem Handwerksburschen umgebracht worden sein soll.

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.276 (Reutlingen IV = Kreuz I), S.20 (Neckartenzlingen I = Kreruz II)
Thumm, Helmut - Die Geschichte der Kreuzsteine..., auf: rommelsbach.blogspot.com, Eintrag vom 11.12.2009
aktuelle Aufnahmen von Thomas Schnepf, Reutlingen (Fotos vom 14.02.2011)



Rommelsbach (I) / OT von Reutlingen
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Größe / Material: 90:49:23 / Sandstein

Geschichte: Leicht tatzenförmig. Einrillung im Längsbalken.

Sechs Steinkreuze im Garten des Heimatmuseums. Kreuz IV, links von der Dreiergruppe, hatte seinen Standort neben einem zweiten Kreuz an der Straße zwischen den Stadtteilen Oferdingen und Rommelsbach; es wurde anläßlich der Straßenverbreiterung 1978 ins Museum gebracht (vgl. Neckartenzlingen I, Landkreis Esslingen). Kopf- und rechtes Armende leicht abgeschlagen, Schleifmulden auf dem Kopf. Kopf- und Schaft-, geringe Armverbreiterung. Beidseitig große, längliche Einrillung im Längsbalken. Datierung: ca.15./16.Jh. (Losch 1981)

Sage:

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.276 (Reutlingen IV)
Thumm, Helmut - Die Geschichte der Kreuzsteine..., auf: rommelsbach.blogspot.com, Eintrag vom 11.12.2009



Rommelsbach (II) / OT von Reutlingen
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Größe / Material: 150:74:25 / Sandstein

Geschichte: Längsbalken betont, linkes Armende abgerundet.

Weinbergstraße 21, im Garten. 43a. Bis 1975 zusammen mit dem Kreuz Reutlingen IV an der Straße zwischen den Reutlinger Stadtteilen Oferdingen und Rommelsbach. Nach Freilegung beim Straßenbau sichergestellt.
Beschreibung: Kopf, linker Arm, rechte Armoberseite und Schaftoberteil stark abgenutzt. Am Schaftende Bearbeitungsspuren. Bei der Freilegung entstandene Bruchstelle im Schaft ist jetzt repariert.
Maße: H 150, B 74, T 25, HK 25, LA 27, AK 20, AA 17-22, AS 20-42. Sandstein.
Form: Tatzenkreuz. Am rechten Arm und besonders am Schaft ist die Verbreiterung noch erhalten. Zeichen: Reste einer kreisförmigen Einrillung; 1960 noch als Backschaufel erkennbar. Datierung: ca. Ende 15./Anfang 16.Jh. (Losch 1981)

Sage:

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.20 (Neckartenzlingen I)
Thumm, Helmut - Die Geschichte der Kreuzsteine..., auf: rommelsbach.blogspot.com, Eintrag vom 11.12.2009


Sühnekreuze & Mordsteine