Otto August Müller


zur Übersicht | Lebensdaten ergänzen



Prof. Dr. Otto August Müller

*  17.6.1898 in Durlach
 19.11.1968 in Karlsruhe

Lebensdaten: Abitur am Karlsruher Humboldtgymnasium
Studium der Fächer Deutsch, Französisch und Latein in Heidelberg mit anschließender Promotion
Heirat mit Erika Werber aus Offenburg, ein Sohn: Manfred
Tätigkeit als Gymnasiallehrer 1922 bis 1934 in Bühl und ab 1949 bis zur Pensionierung 1964 am Kantgymnasium in Karlsruhe, dazwischen Tätigkeit in Offenburg und Straßburg.

Hauptverdienste:

Foto von Otto August Müller aus der Personalakte des Badischen Kultusministeriums, übersandt durch das Generallandesarchiv Karlsruhe

Otto August Müller zählt zu den Pionieren der Steinkreuzforschung in Baden und Deutschland überhaupt.
Sein Inventar der "Steinkreuze in Mittelbaden“ erschien 1930. Die Veröffentlichung seines gesammelten Materials zur Steinkreuzforschung in einem umfassenden Buch wurde durch die Vernichtung seiner Aufzeichnungen im Zweiten Weltkrieg verhindert.
Er widmete sich neben den Steinkreuzen unter anderem auch den Bildstöcken und den Flurnamen seiner Heimat. Nicht zu vergessen sind darüberhinaus die von ihm gesammelten Sagen.
Vor allem in den beiden Vereinen "Landesverein Badische Heimat“ und "Historischer Verein für Mittelbaden“ engagierte sich Müller für die Volks- und Heimatkunde in Gremien und Ausschüssen. In den Zeitschriften dieser Vereine "Mein Heimatland" bzw. später "Badische Heimat“ und "Die Ortenau“ erschienen einige seiner bedeutendsten Werke.
Seine unzähligen Veröffentlichungen ergänzte Otto Müller durch Vorträge.
Eine seiner größten Leistungen war die Initiierung und Herausgabe der Monatsschrift "Soweit der Turmberg grüßt“, einer heimatkundlichen Beilage zum "Durlacher Tagblatt“, für die er redigierend, beratend und natürlich auch publizierend tätig war. Sechzehn Jahrgänge lang, von 1949 bis zum Verkauf des "Durlacher Tagblatts“ 1964, erschien diese Zeitschrift.


Publikationen: 1927Steinkreuze in der Umgebung von Bühl mit einem Anhang über die Steinkreuzforschung. In: Die Ortenau 14, 1927,S.154-172.
1930Steinkreuze in Mittelbaden. (Jenseits der Murg.), In: Mein Heimatland 17,1930, S. 195-222.
1930Das Kreuz im Wald, In: Der Schwarzwald, 1930, Heft 12
1931Das Kreuz am Weg, In: Der Schwarzwald, 1931, Heft 11
1935Flurnamensammlung und Steinkreuzforschung. In: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde 9,1935, S. 180-182.
1936Steinkreuze im Bereich des mittleren Schwarzwalds. In: Der Schwarzwald 73,1936, S. 225-228.
1938Bestandsaufnahme der Steinkreuze in Mittelbaden. In: Die Ortenau 25,1938,S.145-180.
1953Schützt auch die kleinen Kulturdenkmäler! In: Soweit der Turmberg grüßt. Beiträge zur Kulturgeschichte, Heimatgeschichte und Volkskunde 5,1953, S. 13-14.
1958Bildstöcke in Mittelbaden, Sonderdruck aus „Soweit der Turmberg grüßt“, Juni/Juli 1958
1910-1981Im Gesamtregister 1 der "Ortenau" (1910-1981) sind 12 dort veröffentlichte Beiträge stichwortartig aufgezählt:
Dorf Rodt (1926),
Steinkreuze Bühl (1927), siehe oben,
Flurnamen (1928),
Holzbildstöcke (1930),
Alte Bildstöcke (1931),
Alter Bildstock Gengenbach (1932),
Bildstöcke Wolfach (1933),
Burgensagen (1934),
Bildstöcke Wolfach 2 (1936),
Steinkreuze Mittelbaden (1938), siehe oben,
Steinach (1939, 1940).


Zeitungsberichte:
Ein Leben für die Heimatkunde
Prof. Dr. Otto August Müller wird am Montag 70 Jahre alt

Ein weit über Karlsruhe hinaus bekannt gewordener Volkskundler, Prof. Dr. O.A. Müller, feiert am 17. Juni, also am Montag, seinen 70. Geburtstag. An ihn werden sich an diesem Ehrentag nicht nur viele ehemalige Schüler in Bühl und vom hiesigen Kantgymnasium gerne erinnern, ihn schätzen vor allem auch die Heimatforscher des ganzen badischen Raumes. Denn sie verdanken ihm eine stattliche Reihe volkskundlicher Arbeiten und Sammlungen, mit denen sich der Verfasser sowohl als Wissenschaftler wie als erfolgreicher Interpret seiner Forschungsarbeiten erweist.

   Eine breite Plattform fand Prof. Dr. Müller dabei in der Volkshochschule und den verschiedenen Gremien heimatkundlicher Vereine, wie der Badischen Heimat oder des Historischen Vereins für Mittelbaden in Offenburg, um nur einige zu nennen, die, wie viele andere, von der ehrenamtlichen Tätigkeit Müllers profitieren. Es versteht sich ferner, daß der Pädagoge Müller viele junge Menschen für die Volks- und Heimatkunde begeistern konnte, zumal er selbst schon als Untersekundaner seine große Liebe für dieses Gebiet entdeckte. Das war am damaligen Karlsruher Humboldtgymnasium, das der gebürtige Durlacher besuchte. Sein Studium absolvierte Prof. Dr. Müller an der Universität Heidelberg. Bis 1934 war er in Bühl, später in Straßburg und von 1949 bis zu seiner Pensionierung an Ostern 1964 am hiesigen Kantgymnasium tätig. Seine besondere Aufmerksamkeit widmete er den Flurnamen, Steinkreuzen und Bildstöcken, über die er in Wort und Schrift berichtete.
   Im Jahre 1949 entstand als Beiblatt des Durlacher Tagblattes die Monatsbeilage "Soweit der Turmberg grüßt“, die von Prof. Dr. Müller geschaffen und mit Geschick, Verantwortungsbewußtsein und Aufgeschlossenheit in populärer Form redigiert wurde. Unermüdlich war er für diese Beilage tätig, regte Arbeiten an, suchte Beiträge zu gewinnen, Verfasser zu beraten. So wurde aus seinem Unternehmen allmählich ein Sammelbecken für die Arbeiten zur Kulturgeschichte und Volkskunde unserer Heimat. "Die Wissenschaft vom Volk nicht für die Wissenschaft, sondern für das Volk“ war sein Grundsatz. Ohne die wissenschaftliche Grundhaltung aufzugeben, gab er den Veröffentlichungen den Stil, der geeignet war, in die Breite zu wirken. Mit 16 Jahresbändchen hat er seiner Heimat und sich selbst ein schönes Denkmal gesetzt. Krankheit hinderte ihn in den letzten Jahren an der Fortführung seiner Arbeiten, so der mit Spannung erwarteten über die Durlacher Palmeien. Mit unseren Genesungswünschen verbinden wir den Dank der Heimatfreunde, die er durch sein Wirken angeregt, gefördert und bereichert hat.
(Badische Neueste Nachrichten vom 15. Juni 1968, mit Foto)



Nachrufe:

Otto August Müller gestorben

   Nur wenige Monate nach seinem 70. Geburtstag starb in diesen Tagen der weit über Karlsruhe hinaus bekannt gewordene Volkskundler Prof. Dr. O.A. Müller. Bis zu seiner Pensionierung an Ostern 1964 hatte der Verstorbene dem Lehrkörper des Kantgymnasiums angehört.
   Prof. Dr. Müller hat sich ein Leben lang der Heimatkunde gewidmet und in zahllosen volkskundlichen Arbeiten und Sammlungen zur Erforschung der badischen Heimat beigetragen. Vor allem die Badische Heimat und der Historische Verein für Mittelbaden, aber auch die Volkshochschule verdanken Prof. Müller viele Arbeiten und Vorträge. Sein Werk war schließlich die Monatsbeilage "Soweit der Turmberg grüßt“ des vor Jahren eingegangenen "Durlacher Tagblatts“, ein heimatkundliches Blatt, das er auf 16 Jahresbändchen brachte.
   Die BNN haben das heimatkundliche Werk von Prof. Dr. August Müller anläßlich seines 70. Geburtstages ausführlich gewürdigt. Mit seinem Tod ist die badische Heimatkunde um einen wichtigen Forscher und Interpreten ärmer geworden.
(Badische Neueste Nachrichten vom 22. November 1968, mit Foto)




Ein Gedenkblatt für
Prof. Dr. Otto August Müller
Von Ludwig Vögely, Karlsruhe

   Mit Prof. Müller schloß am 19. November 1968 nach einem langen Leiden ein Volkskundler von Rang seine für die Belange der Heimat zeitlebens wachen Augen für immer. Wer das Dasein dieses mannes überblickt, steht voller Respekt vor einer außerordentlichen Lebensleistung, imponierend in ihrer Vielseitigkeit und Ausgabe der vollen Arbeitskraft.

Herkommen und Werdegang:
   Otto A. Müller war Durlacher, und darauf war er stolz. Dort erblickte er am 17. Juni 1898 das Licht der Welt. Er besuchte die Humboldtschulke in Karlsruhe, wo der bekannte Pädagoge Dr. Karl Ott sein bewunderter Lehrer wurde. Otto Müller hatte das Glück, stets Lehrern zu begegnen, die als Vorbild ihn prägten. Bevor er jedoch die Schule ganz durchlaufen hatte, brach der Erste Weltkrieg aus. Müller meldete sich freiwillig und machte den Krieg bei den Leibgrenadieren und Hohenzollernfüsilieren mit. Eine schwere Verwundung im Jahre 1917 brachte ihm nach der Genesung die Entlassung aus dem Kriegsdienst. Der Weg zur Nachholung des Abiturs war frei. Das Studium mit den Fächern Deutsch, Französisch und Latein in Heidelberg schloß sich an. In der Kürze der Zeit, in der Otto Müller sein Studium hinter sich brachte und mit der Promotion abschloß, zeigte sich schon seine enorme Arbeitskraft. Der junge Gymnasiallehrer trat seine erste Stelle in Bühl an und unterrichtete dort von 1922 bis 1934. Es mag - im Rückblick - wohl die schönste Zeit seines schulischen Lebens gewesen sein. Immer sprach er von seinen Bühler Abiturienten voll Freude, und die Verbindung zu ihnen riß über Jahrzehnte hinweg nicht ab. So lag denn auch auf dem frischen Grab Dr. Müllers ein Kranz der Bühler Abiturienten des Jahrganges 1931. Auf der Schleife stand: "Unserem verehrten Professor und guten Freund." Diese Worte setzen ihm als Lehrer ein Denkmal.
   In die Bühler Zeit fiel die Verheiratung mit Erika Werber. Er hatte in ihr die Frau gefunden, ohne deren Verständnis und Hilfe sein Lebenswerk nie hätte entstehen können. Ihrer sei an dieser Stelle mit Dankbarkeit gedacht.
   Die weiteren Lebensstationen sind nun rasch aufgezählt. 1934 bis 1940 amtierte Dr. Müller in Offenburg. Er war vorher schon Ausschußmitglied des Historischen Vereins für Mittelbaden geworden. Jetzt konnte er am Sitz des Vereins als Obmann eine reiche Tätigkeit entwickeln. Die Kriegsjahre sahen ihn in Straßburg. Ab 1949 bis zu seiner Pensionierung unterrichtete Dr. Müller am Kantgymnasium in Karlsruhe.

Der Volkskundler
   Die Neigung zur Volkskunde muß Otto Müller angeboren gewesen sein. Schon der Untersekundaner sammelte in der Heimat seines Vaters Volkslieder (Dainbach bei Mergentheim), der Soldat setzte diese Tätigkeit mit Soldatenliedern fort. Hier gehen die Parallelen zu Prof. Dr. Johannes Künzig, der auch tatsächlich sein Kommilitone auf der Universität war. Nun beweist sich das Wort von den vorbildlichen Lehrern, das oben gesagt wurde. Außer Johannes Künzig wurden Prof. Dr. Fehrle und Prof. Dr. Othmar Meisinger die großen Anreger volkskundlichen Forschens für Müller. Von ihnen lernte er den Blick für das Wesentliche, Exaktheit der wissenschaftlichen Forschung, das Dringen in die Tiefe. Hierin machte Dr. Müller zeitlebens keine Konzessionen. Was ihn aber besonders auszeichnete, war die Fähigkeit, seine wissenschaftlich erarbeiteten Erkenntnisse in vorbildlicher Weise allgemeinverständlich darzustellen. Eine schwere Kunst! Er wollte, daß die Kunde vom Volk (Volkskunde) wieder dem Volke zugute komme. Seine besondere Liebe galt dabei den Steinkreuzen und Bildstöcken. So wurde er zum "Steinkreuzles-" oder "Bildstöcklesmüller", wie ihn seine Freunde und Schüler heiter, aber mit Hochachtung im Hintergrund, gerne nannten.

Die schriftstellerische Tätigkeit
   Prof. Dr. Müllers großes volkskundliches Wissen schlug sich in einer unübersehbaren Reihe von Aufsätzen nieder, die in allen wesentlichen Zeitschriften erschienen sind. Nur die wichtigsten können hier genannt werden. 1926 erschienen die Flur- und Straßennamen Bühls und ein Aufruf Müllers, der in vielen Zeitungen erschien, wurde zum Beginn der Flurnamensammlung und ihrer Erforschung. Zuvor schon entstand eine Sammlung der Sagen von Mittelbaden, die gewissermaßen der Anfang seiner volkskundlichen Arbeit war. 1927 erschien seine erste Arbeit über Steinkreuze, der noch viele andere folgten. 1929 publizierte er die interessante Arbeit über die "Hohwölfle - ein Gebildbrot". 1930 wurde ein erfolgreiches Jahr. Müller veröffentlichte als Abschluß jahrelangen Forschens eine Bestandsaufnahme der Steinkreuze in Mittelbaden. Daß er später kein umfassendes Buch über dieses Thema herausbringen konnte, war für ihn schlimm. Der Krieg vernichtete alle Unterlagen, sie wieder zu schaffen, war unmöglich. Bedeutsam waren auch die Aufsätze für die Festgaben für Prof. Meisinger und Prof. Fehrle, die sich mit den Themen "Flurnamen und Volkskunde" und "Flurnamen und Ortsgeschichte" befaßten. Eine große Arbeit fand im Jahre 1939 ihren Abschluß: "Steinach im Kinzigtal, 1139-1939". Das Buch erschien im Verlag des Historischen Vereins. 1942 folgten, vorbildlich in Forschung und Deutung, die "Flurnamen von Steinach im Kinzigtal". Gerade die Flurnamenforschung verdankt Prof. Müller viel. Bis zu seinem Tode hat er sich für sie eingesetzt und Freunde zur Weiterarbeit geworben.
   Sein eigentliches Lebenswerk aber wurde seit 1949 die Herausgabe der Beilage des Durlacher Tageblattes "So weit der Turmberg grüßt". Bescheiden im Beginn, steigerte sich die Bedeutung dieser Schrift durch die unermüdliche Arbeit Dr. Müllers von Jahr zu Jahr, bis sie schließlich in allen Bibliotheken und an der Volkskunde interessierten Institutionen zu finden war. Dabei zeigte sich eine weitere Seite Dr. Müllers. Er verstand es glänzend, Mitarbeiter zu finden, sie zu begeistern und an den Schreibtisch zu bringen. Der Kreis seiner Freunde, die durch ihn wieder zu aktiven Heimatkundlern wurden, wuchs, bis die Durlacher Zeitung verkauft wurde und damit das Ende auch der Beilage nicht mehr zu verhindern war. Mit Bedauern muß hier festgestellt werden, daß seit jener Zeit die alte Residenzstadt Karlsruhe keine gleichwertige heimatkundliche oder heimatgeschichtliche Schrift oder Beilage mehr besitzt. 16 Jahresbände "So weit der Turmberg grüßt" sind Prof. Müller zu verdanken, und nicht zuletzt werden sie es sein, die seinen Namen lebendig erhalten.
   Die Grenzen des Arbeitspensums Prof. Müllers liegen aber noch weiter. Seine jungen Jahre widmete er dem Historischen Verein für Mittelbaden. Vor allem aber war er ein Mann der "Badischen Heimat". Ungezählte Vorträge führten ihn landauf-land-ab. Er wurde schon früh Mitglied des Flurnamenausschusses unseres Landesvereins. Besonderen Dank aber ist die Ortsgruppe Karlsruhe ihm schuldig. Viele Jahre stellte er seine reiche Erfahrung als Beirat zur Verfügung bei den vielfältigen Problemen, welche die "Stadt der vielen Möglichkeiten" uns stellt. Solange er gesund war, konnte man auf ihn zählen, bei der Beratung und auch beim Viertele hinterher. Ein Mann wie Prof. Müller beherrschte auch die edle Kunst des Weintrinkens. Daß er der "Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein" angehörte, ist beinahe selbstverständlich.
   Prof. Dr. Otto Müller hat eine große Lücke hinterlassen, und wir schulden ihm viel Dank. Ein wenig von dieser Schuld abzutragen, dazu wurden diese Zeilen geschrieben.
(in: "Ekkhart“ 1970, S.178-180, Beilage zur Zeitschrift "Badische Heimat“, hrsg. vom Landesverein Badische Heimat e.V.)



Alle Angaben wurden nach bestem Wissen und Gewissen zuzsammengetragen. Keine Garantie auf Vollständigkeit.
(recherchiert von Leopold Hessek, Oedheim und Dr. Gernot Kreutz, Offenburg)



Sühnekreuze & Mordsteine