Walther Steller


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Walther Steller

*  1.10.1895 in Breslau
 29.12.1971 in Kiel

Publikationen: 1934Steinkreuze und Erinnerungsmale in Niederschlesien, in: Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde, 34. Band, S.154-194
1973Grundlagen der deutschen Geschichtsforschung
1975Deutsche Geschichtsforschung, Der Grundlagen zweiter Teil, aus dem Nachlaß ergänzt von Mabel Elsabe Narjes

Nachruf:
Walther Steller
1.10.1895 - 29.12.1971

   "Hy hat de Friezen altiten in goed hert tadroegen en hy hat in moai great part f an syn wittenskiplike formogens en aktiviteit oan it Frysk to'n goede komme litten". So schreibt J. H. Brouwer über das wissenschaftliche Werk von Walther Steller zu dessen 70. Geburtstag im Herbst des Jahres 1965. In den letzten Tagen des vergangenen Jahres ist Walther Steller in Kiel gestorben.
   Der Verstorbene war seiner Herkunft nach Schlesier, ein heimatbewußter Schlesier und ein engagierter Ostdeutscher. Sein akademischer Lehrer war der bekannte Germanist Theodor Siebs, ein gebürtiger Bremer und Ostfriesland nahestehend, dem nach von Richthofen die Frisistik in Deutschland ihre Grundlagen verdankt. Siebs lehrte seit 1902 in Breslau, und so bildete neben der allgemeinen Germanistik, wobei neben der Literaturgeschichte die deutsche Hochsprache hervorzuheben wäre - ebenfalls eine Anregung von Siebs, und neben der Volkskunde, speziell der ostdeutschen und der schlesischen, die friesische Philologie ein drittes wichtiges wissenschaftliches Arbeitsgebiet von Walther Steller.
   Er ist am 1.10.1895 in Breslau geboren. Im Jahre 1918 beschloß er sein Studium mit dem Staatsexamen in den Fächern Deutsch, Geographie, Französisch, Englisch und Philosophie und promovierte ein Jahr später über Walther von der Vogelweide. Er wurde Assistent am Germanischen Seminar der Universität seiner Heimatstadt, nach seiner Habilitation 1922 Privatdozent und 1928 außerordentlicher Professor. Noch davor hatte er 1926 die volkskundliche Abteilung im Deutschen Institut der Universität Breslau begründet und war ihr Direktor geworden. Hier in seiner Vaterstadt widmete er sich im besonderen der Volkskunde, vor allem der ost-deutschen-schlesischen, in der Forschung, durch die Aufstellung einer großen Materialsammlung und in der Lehre. Er war von 1928 bis 1935 Leiter der Landesstelle Niederschlesien des Deutschen Volkskunde Atlas. Auf Grund von Konflikten mit dem Regime mußte Steller im Jahre 1937 nach Kiel gehen und lehrte und wirkte hier seit 1938 als außerplanmäßiger Professor. Hier an der schleswig-holsteinischen Christian-Albrechts-Universität stand er nun einem besonderen Gegenstand seiner friesischen Forschung auch räumlich nahe, nämlich dem. Nordfriesischen. Im Jahre 1939 wurde er Mitglied der Fryske Akademy. Im Kriege in seine schlesische Heimat zurückgekehrt, mußte er hier nach Kriegsschluß wie so viele Ostdeutsche Böses erleiden und fand in Keitum auf Sylt als Flüchtling Zuflucht, um dann wieder seinen ständigen Wohnsitz in Kiel zu nehmen.
   Im "Nordfriesischen Jahrbuch" müssen wir vor allem die Wirksamkeit Stellers auf dem Gebiet der friesischen Philologie hervorheben. Seine Habilitationsschrift befaßte sich mit dem westfriesischen Schulzenrecht und erschien 1926 unter dem Titel "Das altwestfriesische Schulzenrecht". In einer Reihe von Beiträgen hatte er sich mit den Problemen der altfriesischen Textkritik und der Edition altfriesischer Texte befaßt. So erschien 1938 im "Frysk Jierboek" die Abhandlung "Ein Beitrag zur friesischen Textkritik", und vor mehr als zehn Jahren hatte sein Beitrag in den "Fryske Stüdzjes", der Festschrift für J.H. Brouwer, mit dem Titel "Prinzipien altfriesischer Textkritik" das gleiche Thema. Er stellt hier deutlich seine und von Siebs entwickelten Grundsätze in Auseinandersetzung mit anderen und z.T. älteren Ansichten dar und äußert sich ausführlich über die Fragen, welche die altfriesischen Grapheme, aber auch die Phoneme in den einzelnen Mundarten, aufwerfen, besonders die Sibilanten. Diesen Studien und Editionen lagen die Handschriften des niederländischen Gelehrten Franciscus Junius zugrunde. Ihm hat Steller als eine seiner letzten Veröffentlichungen in der Festschrift für W.J. Buma eine kleine kulturgeschichtliche Studie gewidmet, die besonders hervorgehoben werden muß. Daneben steht aber vor allen Dingen sein "Abriß der altfriesischen Grammatik mit Berücksichtigung der westgermanischen Dialecte des Altenglischen, Altsächsischen und Althochdeutschen, mit Lesestücken und Wortverzeichnis" aus dem Jahre 1929, ein unentbehrliches Hilfsmittel für alle, die Altfriesisch studieren oder diese Sprache auch wissenschaftlich in Forschung und Lehre zum Gegenstand haben. Erwähnt werden müssen ferner seine Bemühungen um die noch lebenden friesischen Mundarten und die damit im Zusammenhang stehenden Schallplattenaufnahmen von Mundartsprechern. Seinen Studenten berichtete er in diesem Zusammenhang öfters von den Aufnahmen der letzten Sprecherin des Wangeroogischen.
   Auf dem. Gebiet des Nordfriesischen stand der Sylter Dichter Erich Johannsen stark im Vordergrund seiner wissenschaftlichen Bemühungen. Ein weiteres Interesse galt dem, was er in zwei Beiträgen während und nach dem Kriege 1959 als Generationsproblem und Generationsunterschiede bezeichnet hat, nämlich die Beobachtungen von sprachlichen Wandlungen beim Generationswechsel, in der Hauptsache im Bereich des Lautlichen, ein für die moderne Sprachwissenschaft äußerst wichtiges Problem, und mehrfach hat sich Steller seit dem Kriege über das Schicksal des Nordfriesischen geäußert, so unter dem Titel "Aufgaben und Zielsetzungen des Nordfriesischen" in der Festschrift für E. Löfstedt, It Beaken 1963. Es ist nicht uninteressant zu erfahren, daß Steller im Schlußabsatz dieses Beitrages ein "Friesisches Institut" fordert, und zwar nicht nur ein rein akademisches Universitätsinstitut, sondern eines, das "eine enge Verbundenheit zwischen der wissenschaftlichen Stelle und dem Menschen" herstellt, wobei er nach seinen Worten einen kulturellen Mittelpunkt im Auge hat.
   Walther Steller ist mit seinen Veröffentlichungen und mit seinen Äußerungen auf vielfachen Widerspruch gestoßen, besonders im Bereich der Ostforschung. Seines Einsatzes auf dem Gebiet der friesischen Philologie, wobei auch der akademische Lehrer nicht vergessen werden darf, muß aber in einem "Nordfriesischen Jahrbuch" würdigend gedacht werden.
(Wolfgang Laur, in: Nordfriesisches Jahrbuch NF 8, 1972, S.7-9)

siehe auch Walther Steller bei Wikipedia und die Abhandlung Walther Steller in Breslau (1920 bis 1937) - Volkskunde und Frisistik im Zeichen des Nationalsozialismus von Harm-Peer Zimmermann. Allerdings ist die Behandlung von Steller durch seine nicht gerade unproblematische nazionalsozialistische Vergangenheit nicht einfach. Er war ein eiskalter Karrieremensch der vor Denunziation von Prof. Ranke und Will Peuckert nicht zurückschreckte. Die im Nachruf erwähnten Konflikte mit dem Regime waren seinem persönlichen Unvermögen geschuldet und nicht etwa in Ablehnung des Nationalsozialismus.


Alle Angaben wurden nach bestem Wissen und Gewissen zuzsammengetragen. Keine Garantie auf Vollständigkeit.
(recherchiert von Leopold Hessek, Oedheim und Uwe Stößel, Saalfeld)


Sühnekreuze & Mordsteine