Deutschland
Hessen
Lkr. Marburg-Biedenkopf
Kleinseelheim / OT von Kirchhain
Blick zum Lagerort |
die andere Seite |
seitliche Ansicht |
Fundort |
PLZ:
35274
GPS:
N 50° 48,278', O 8° 53,187'
Standort:
Auf dem Hof des Landwirtes Bopp, "Zum Sportplatz 2", Kleinseelheim. (Unmittelbar neben dem Kirchhof gelegen).
Größe / Material:
120:61:24 / roter Sandstein
Geschichte:
Fundort: Ca. 800m südöstlich von Kleinseelheim am Fuß der Amöneburg in der Nordwestecke eines Ackers,
ca. 25m von der Kreuzung zweier Feldwege entfernt (N 50° 48,013', O 8° 53,773').
Das Kreuz wurde im Frühjahr 2010 beim Pflügen auf einem Acker gefunden und durch den Eigentümer des Flurstücks, Landwirt Bopp, sichergestellt und auf
seinem Hof gelagert. Der Familie Bopp ist es zu danken, daß das Flurdenkmal fast unversehrt erhalten werden konnte.
Das wuchtige Kreuz weist am unteren Schaftende eine knollenförmige Verbreiterung auf. Durch einige Abplatzungen ist die ursprüngliche Form der Verdickung, die
wohl der Standsicherheit diente, nicht mehr erkennbar. Kopf und Arme sind relativ kurz und etwa gleich lang. Die Vorderseite des Kreuzes ist durch breite Fasen
gekennzeichnet, die am Schaft oberhalb der Verbreiterung enden.
Bei Heinrich Riebeling (1977) wird ein nicht mehr vorhandenes Kreuz in "Seelheim" erwähnt, das auf Grund
einer Sühneurkunde aus dem Jahr 1345 "vor dem Kirchhof" errichtet werden und "7 Fuß Höhe" aufweisen sollte.
Das 2010 gefundene Kreuz erfüllt freilich keine der beiden Forderungen des Sühnevertrages: Es weist maximal 4,5 Fuß Höhe auf und wurde zudem ca. 800m vom
geforderten Aufstellort entfernt gefunden.
Es ist allerdings bekannt, daß auch einige andere Kreuze (z.B. Kreuz Bertoldshofen / OT von Marktoberdorf)
von den vertraglich geforderten Maßen abweichen. Schon im Mittelalter nahm man es wohl mit der Vertragstreue nicht so genau, wenn es um Kostenreduzierung ging.
Der vom Vertrag abweichende Fundort ließe sich damit erklären, daß man eventuell während des Verfahrens zur Auffassung gelangte, das Kreuz solle z.B. am
Tatort aufgestellt werden. Aber auch diese Vermutung bleibt spekulativ, da die Lage des Tatortes in der Urkunde keine Erwähnung findet.
Denkbar wäre auch, daß man das Kreuz zu einem heute unbekannten Zeitpunkt und aus unbekannten Gründen vom Standort beim Kirchhof entfernt und in der
Feldflur vergraben hat.
Diese Überlegungen sowie die Tatsache, daß es keinerlei Überlieferung über ein sonstiges Kreuz in der Gegend von Kleinseelheim gibt, lassen mit hoher
Wahrscheinlichkeit vermuten, daß es sich bei dem Fund um das bei Riebeling (1977) mit der Ordnungsnummer 5119.3 erwähnte Kreuz von Seelheim handelt.
Seelheim (Kirchhain-S.)
Hier fiel im Jahre 1345 der Ritter Kraft Hobeherr zu Seelheim von der Hand des Deutschordensritters Heiderich von Dernbach und seiner beiden Knechte. Die
Ursache und die näheren Umstände sind uns nicht bekannt. Es kam aber zu einem Sühnevergleich, dessen Bedingungen durch einige Ritter und den Pastor in
Londorf festgesetzt wurden.
Bemerkenswert ist die geforderte Höhe von "7 Fuß". Setzt man ein Fuß gleich 30 Zentimeter, so würde das Kreuz die stattliche Höhe von 2,10 Metern erreicht haben. (Riebeling 1977)
8.5 Das steinerne Kreuz vor dem Kirchhof zu Seelheim, 1345
Katalog-Nr.: |
MR 419 |
Kartierung: |
TK 5119 Kirchhain |
Abmessungen: |
7 Fuß Höhe |
Nach Friedrich Küch23) fiel im Jahre 1345 der Ritter Kraft Hobeherr
zu Seelheim von der Hand des Deutschordensritters Heiderich von Dernbach und
seiner beiden Knechte. Die Ursache und die näheren Umstände sind uns nicht bekannt. Es kam aber zu einem Sühnevergleich, dessen Bedingungen durch einige Ritter
und den Pastor in Londorf festgesetzt wurden. Darin heißt es: "Zum erster, soll Herr Heidrich - der Täter - gehen mit bloßem Haupte und tragen seinen Mantel auf seiner
Achsel und seine zwei Knechte mit ihm auch mit bloßen Häuptern und ungegürtet und tragen drei bloße Schwerter. Danach sollen gehen 70 Ritter und Knechte guter
Leute, die zu dem Schilde geboren sind, und jeder soll tragen eine Kerze von einem Pfunde oder ein Pfund Wachses. Dieses Begängnis soll angehen an dem Schlag
unter dem Berge (bei Großseelheim) bis an das Grab, wo Kraft Hobeherr begraben liegt. Dort sollen der Täter Heiderich von Dernbach
und seine beiden Knechte niederknien und der Bruder des Erschlagenen, Ritter Volprecht Hobeherr, und seine Freunde sollen
sie begnaden und aufstehen heißen. Dann sollen Heiderich und seine Knechte eine Fahrt zum römischen Hofe für die Seele des Erschlagenen machen, ihre Buße
empfangen und Kundschaft bringen (d.h. zum Beweise, daß sie die Fahrt ausgeführt haben). Ferner soll er ein steinernes Kreuz
vor dem Kirchhof zu Seelheim errichten von 7 Fuß Höhe. Er soll den Kirchhof wieder weihen lassen. Er soll eine
Ritterpräbende für eine von Volprecht Hobeherr zu bezeichnende Person gewinnen. Er soll die Bruderschaft von 600 Klöstem gewinnen und 2000 Seelmessen für das
Seelenheil des Verstorbenen lesen lassen. Und schließlich soll er in bar erlegen am nächsten 13.Januar 200 Pfund Heller und am 1.Mai 172 Pfund Heller." Die beiden
Sühneurkunden von 1345 Okt.13 und 1345 Nov.9 sind gedruckt bei A. Wyss,
Urkundenbuch der Deutschordensballei Hessen II (1884) Nr.789, 790.
Bemerkenswert ist die geforderte Höhe von "7 Fuß". Setzt man ein Fuß gleich 30 Zentimeter, so würde das Kreuz die stattliche Höhe von 2,10 Metern erreicht
haben und käme damit dem sogenannten "Sälzerkreuz" bei Niederklein
nahe (Höhe 2,06 Meter). Bedenkt man, daß das steinerne Kreuz vor dem Kirchhof von Seelheim nicht aus Sühne am Mord
eines gemeinen Mannes, sondern einer hervorgehobenen Persönlichkeit errichtet wurde, so dürfte dies aus denkmalkundlichen Gründen auch auf das Steinkreuz bei
Niederklein zutreffen. Demzufolge gewinnt bei diesem Kreuz die erwähnte Eintragung, dort sei ein Geistlicher
geblieben, gegenüber der mündlichen Überlieferung an einen umgekommenen Salzer mehr an Gewicht. (Niemeyer / Azzola 1969)
23) Friedrich Küch: Alte Kreuze am Weg - Sühnekreuze in der Marburger
Landschaft - Hessenland 52 (1940/41), Nr.73-77. (Posthum erschienen)
Sage:
Quellen und Literatur:
• Niemeyer, Wilhelm / Azzola, Friedrich Karl - Die alten Steinkreuze im Stadt- und Landkreis Marburg, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, Band 80, 1969, S.69-70
• Riebeling, Heinrich - Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, S.109, Ziff.5119.3
• Recherche und Fotos von Volker Rumpf, Ebsdorfergrund (Fotos vom 27.05.2011) und Andreas Schmidt