Deutschland Niedersachsen Lkr. Region Hannover

Domäne Dahle


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PLZ: gemeindefreies Gebiet

GPS: N 52° 11,750', O 9° 31,700'

Standort: Das hohe, moderne Steinkreuz steht an der Einmündung der L421 in die B217 unweit der Domäne Dahle bei Springe.

Größe / Material: 173:86:39 / roter Sandstein

Geschichte: Es erinnert an einen Unfall von 3 Konventualinnen des Klosters Wülfinghausen aus dem Jahr 1983. Das Steinkreuz besitzt wuchtige, kurze Kreuzarme, alle Kanten sind gerundet, was dem Kreuz ein modernes Aussehen gibt. Inschrift der Vorderseite:
ZUR ERINNERUNG
AN DIE DREI
AM 12.JUNI 1983
AUF DER STRASSE GETÖTETEN
KONVENTUALINNEN
DES KLOSTERS
WÜLFINGHAUSEN
Inschrift auf der Rückseite:
HERR
LEHRE UNS BEDENKEN
DASS WIR STERBEN MÜSSEN
AUF DASS WIR
KLUG WERDEN
PSALM 90,12

Sage:

Quellen und Literatur:
Baumann, Günther E.H. - Setzung eines Gedenkkreuzes für Unfalltod im Land Niedersachsen, in: Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.20 (NF 5), 1993, S.78-80 zugleich: Das Kleindenkmal, Jg.19, 1995, Nr.9
recherchiert und bebildert von Hartmut Blaszczyk, Einbeck



Setzung eines Gedenkkreuzes für Unfalltod im Land Niedersachsen
von Günther E.H. Baumann

Steinkreuz für Unfalltote bei der Stadt Springe (Lkr. Hannover)

Foto G.E.H. Baumann
   So wie sich einst an alten Verkehrs- und Handelswegen tödliche Unfälle ereignet haben, von denen uns noch hier und da ein Flurdenkmal oder ein Bildstock Kunde gibt, so auch noch in der Gegenwart, wo der motorisierte Verkehr häufig Opfer fordert. In unserem Land mehren sich die Unfälle und mit ihnen auch an den Straßenrändern die meist schlichten, kleinen,liebevoll mit Blumen geschmückten Holzkreuze als Erinnerung an ein Ereignis mit tödlichem Ausgang, von Verwandten, Freunden oder, wenn auch selten, vom Verursacher desselben gesetzt. Nur dem, der sie im Vorbeieilen entlang seiner Fahrtroute trotz aller Hektik noch wahrnimmt, signalisieren sie das unentrinnbare "Memento mori". Doch schon bald sind die Blumen verwelkt, das mahnende Kreuz verfallen, verschwunden, vergessen.-

   Ein für Niedersachen besonders herausragendes Beispiel einer Gedenkkreuzsetzung in neuerer Zeit und von Dauer, dem Vergessenwerden entgegenwirkend, ist die aus dem Jahre 1986 für 3 verunglückte Konventualinnen, die dem Frauenkonvent des 1236 gegründeten, 1543 evangelisch gewordenen Augustinerinnenklosters Wülfinghausen (Stadt Springe im LKr. Hannover) angehörten. Sie starben bei einem Autounfall auf der B 217 bei Springe. Erst nach diesem Unglück wurde die dortige Kreuzung mit der B 442 mit Ampeln versehen!

   Das formschöne sorgfältig gearbeitete Kreuz aus rötl. Granit (Maße: 173/86/39) steht nahe der Unfallstelle. Es zeigt vorn die Inschrift: ZUR ERINNERUNG AN DIE DREI AM 12. JUNI 1983 AUF DER STRASSE GETÖTETEN KONVENTUALINNEN DES KLOSTERS WÜLFINGHAUSEN, - hinten die Bibelworte. HERR LEHRE UNS BEDENKEN DASS WIR STERBEN MÜSSEN AUF DASS WIR KLUG WERDEN - aus dem Psalm 90, Vers 12.

   Das Kreuz wurde 3 Jahre nach dem Unfall im 750.Jubiläumsjahr des Klosters Wülfinghausen aufgestellt, der Einweihungsgottesdienst in das Jubiläumsprogramm aufgenommen. Es war ein sehr feierlicher Gottesdienst mit dem Landessuperintendenten, dem Superintendenten des Kirchenkr. Laatzen-Pattensen und dem Posaunenchor. Der Präsident der Klosterkammer Hannover. Prof. Dr. Axel Freiherr von Campenhausen hielt am 1.7.1986 folgende Gedenkrede:

   "Wir gedenken heute dreier Wülfinghauser Konventualinnen, die fast auf den Tag vor 3 Jahren auf der Kreuzung der B 217 getötet worden sind. Am 12.6.1983 starben Bettina von Bonin, Erika Dielmann, Therese Haupt-Iffland. Ihre sterblichen Reste sind vergangen. Wir haben sie nicht vergessen - und Gott auch nicht. Nicht er, sondern wir sollen mit dem jetzt errichteten Kreuz daran erinnert werden, daß wir alle sterben müssen. Vielleicht wie die drei Konventualinnen, nämlich unvermutet in einem unbeschwerten Augenblick, während einer vergnügten Unternehmung.

   Das Kreuz soll den Vorüberfahrenden damit nicht ängstlich machen. Es möchte vielmehr einladen, sich jederzeit daran zu erinnern, daß "mitten wir im Leben sind von dem Tod umfangen". Wir sollen unser Leben entsprechend führen und für den Tod bereit sein.

   Das Kreuz soll in dem Verkehrstrubel, der uns alle beherrscht und der scheinbar mit den Fragen der Religion nichts zu tun hat, zweitens ein Denk-Mal sein, keinen Bereich des tätigen Lebens von dem Herrschaftsanspruch Gottes auszuklammern, herausnehmen zu wollen.

   Das Kreuz soll uns schließlich warnend in das Bewußtsein rufen, daß wir als Verkehrsteilnehmer alle an einem großen Tötungsunternehmen beteiligt sind. Während mögliche Todesopfer in manchen, nicht in allen fernen Ländern die Wogen der öffentlichen Empörung hochgehen lassen, schweigt das Gewissen angesichts der Verkehrstoten. Zwölf bis siebzehntausend Getötete auf den bundesdeutschen Straßen pro Jahr rufen keine Emotionen hervor. In dreißig Jahren kommt das an die Zahl der Einwohnerschaft der Landeshauptstadt Hannovers heran. Das ist zu viel. Das Kreuz will auch das Gewissen schärfen, die Zahl der Tötungen zu verringern und sie nicht als einen harmlosen, unvermeidbaren Tribut an die moderne Zeit sozusagen zu normalisieren und hinzunehmen.

O Jesu Christe, wahres Licht,
Erleuchte, die dich kennen nicht
und bringe sie zu deiner Herd'
daß ihre Seel' auch selig werd'.

Anmerkung:
Die Klosterkammer Hannover, eine in der Bundesrepublik Deutschland einmalige Stiftung, befaßt sich mit besonderem Engagement seit Generationen u.a. mit Aufgaben aktiver Denkmalpflege.

Quellen:
Briefwechsel des Verfassers mit Äbtissin Gisela Klawitter, Kloster Wülfmghausen, Mai 1991.

(Steinkreuzforschung, Sammelband Nr.20 (NF 5), 1993, S.78-80 zugleich: Das Kleindenkmal, Jg.19, 1995, Nr.9)


Sühnekreuze & Mordsteine