Deutschland Niedersachsen Lkr. Wesermarsch

Golzwarderwurp / OT von Brake (Unterweser)


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Abbildung bei
Müller / Baumann
(1988)

PLZ: 26919

GPS:

Standort: Etwa 10m westlich der B212, auf dem Grundstück des Landwirts Bartnick.

Größe / Material: 120:54:22 / Sandstein

Geschichte: [...] Erst 14 Jahre später wurden drei Bauernbrüder, bei denen die Magd gearbeitet hatte, dieses Mordes überführt. Die Gerichtsunterlagen gibt es heute nicht mehr. Deswegen kann über das Tatmotiv nur noch gemutmaßt werden. Laut Golzwarder Dorfchronik gilt es als wahrscheinlich, dass mit dem Mord die uneheliche Vaterschaft eines der Brüder oder gar dessen Beteiligung am Kindsmord vertuscht werden sollte.
Zur Strafe mussten die Drei einen Gedenkstein aufstellen. Und damit bekam das Dorf Golzwarden einen sogenannten Mordstein. Eine Art der Bestrafung, die heute sonderbar wirkt. 60 Taler mussten für die Herstellung des Steines in Bremen und den Transport in die Wesermarsch berappt werden. Das war etwa der Gegenwert von fünf Kühen oder drei Pferden. "Und das war eine ganze Existenz," sagt der jetzige Besitzer des Steins, Benno Walzyck. [...]
Dass der Mordstein noch heute besichtigt werden kann, ist nicht selbstverständlich. Denn die Nachfahren der drei Täter hatten den Stein, weil er ihnen wohl zu peinlich war, in einem Wassergraben versenkt. Erst hundert Jahre später wurde der Stein wiedergefunden. Lange Zeit lag er dann auf einer Weide und diente dem Vieh an heißen Sommertagen als Kratzstein.
Vor gut zehn Jahren wurde der Stein dann an einen Sammler verkauft. Nur durch das Engagement der jetzigen Hofbesitzer Walzyck und Broghaus steht der Mordstein wieder an seinem historischen Platz - im Vorgarten des Bauerhofs an der B 212. (Grauer 2013)

Ca. 10m westlich der Bundesstraße 212. auf dem Grundstück des Landwirtes Friedrich Barmick, (288 Brake 2, Golzwarderwurp 12).
Schlichte, oben durch zwei kleinere und einen breiteren Mittelbogen bekrönte Stele. Inschrift in kursiv geneigten Buchstaben: Vorn:
ANNO 1637 IM FEBRUA
RIO IST ANNA RUDEBUSCH
SONST DIE GROSSE ANNA
GEHEISSEN, NACHDEM
SIE AUS DER HAFT ENT
FUHRET, AUF DIESEM
[...] ERMORDET WORDE
WELCHE THAT DAN ERST
14 JAHR HERNACH ALS
ANNO 1651 RECHT AN DEN
TAG KOMME VND AN
THEILS DER SCHULDIGEN
BESTRAFFET WORDEN.
Hinten:
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SCHAW DIES BEDENCKS
VND SÜNDIG NICHT
WEIL GOTT NACH SElNEM
STRENGEN GRICHT
DAS BÖS GWlS STRAFT
VND BRINGTS ANS LICHT
WENS GLEICH BEI NACHT
VND HEIMLICH GSCHICHT
DRUMB MENSH FÜR GOTTES
ZORNIG GSICHT
DICH JA STETS FURCT VND
SÜNDIG NlCHT.
Unter dieser Textseite Totenschädel mit gekreuzten Obersehenkelknoehen erhaben in ovaler Vertiefung. (Müller / Baumann 1988)

Sage: Man erzählt, daß Anna Rudebusch drei Brüdern auf einem Bauernhof als Wirtschafterin diente. Dort gebar sie ein Kind, welches bald nach der Geburt getötet wurde, worauf man die Mutter wegen Mordes inhaftierte. Eines Nachts, im Jahre 1637 befreiten die Brüder sie aus dem Gefängnis und ermordeten sie auf dem Platz, wo das Denkmal steht. Wie der Text besagt, ist diese Untat 14 Jahre später ans Licht gekommen und die Schuldigen bestraft worden. (Müller / Baumann 1988)

Quellen und Literatur:
Runge, W. - Der Mord-Stein im Golzwarder Wurp, in: Oldenburger Sonntagsblatt vom 13.01.1974, S.5
Runge, W. - Sprechende Steine, Grabstelen im Oldenburger Land von 1600 bis 1800, Oldenburg 1979, S.137
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.2616.1
Straub, Kimberley - Mordstein in Golzwarden weitgehend unbekannt, auf: NWZ online vom 21.05.2011
Grauer, Christian - Der Mordstein von Golzwarden, auf: Radio Bremen vom 4.07.2013
recherchiert und bebildert von Christian Grauer für Radio Bremen (Fotos von Juni 2013)


Sühnekreuze & Mordsteine