Deutschland Nordrhein-Westfalen Lkr. Höxter

Brakel


Blick zum Standort

Inschrift

Perspektive

Abbildung bei
Brockpähler (1963)

PLZ: 33034

GPS: N 51° 43,063', O 9° 11,028'

Standort: An der südlichen Ostseite der St. Michaelskirche eingemauert.

Größe / Material: 61:83:6 / Sandstein

Geschichte: Der Kreuzstein war offenbar farbig gestaltet. Am Kreuz sind rote und und am Ring schwarze Farbreste erkennbar.

In die äußere Ostwand der St. Michaels-Pfarrkirche ist ein sehr schöner Kreuzstein mit rundem Oberteil eingemauert. Er besteht aus einer Sandsteinplatte von - soweit sichtbar und noch erhalten - 83cm Höhe und 61cm Breite. Aus dem Stein ist erhaben ein Radkranz herausgearbeitet. Darin sitzt - gleichfalls in sehr kräftigem Relief - ein breitrandiges griechisches Kreuz von 40 mal 40cm mit ausgerundeten Schenkeln.
In den Radkranz ist, von einem zweiten, kleinen Kreuz ausgehend, eine lateinische Inschrift mit den Daten eingemeißelt, während der untere, rechteckige Teil der Tafel in Hexametern die Bitte um ein Gebet für die Toten enthält, denen dieses Mal gewidmet ist. In die freigebliebenen Ecken zwischen Rad und Inschriftplatte sind zwei Zeichen eingeritzt, links ein Kreis, der anscheinend eine Handwerksmarke umschließt, rechts eine dreiblättrige Blume.
Umschrift und Inschrift wurden vom Staatsarchiv und der Archivberatungsstelle Münster wie folgt entziffert und übersetzt:
+ 0(bierunt) Her(mannus) .....• et•Alber(tus)•Sapientis•anno d(omi)ni MCCGXXXV in crastino•b(ea)tor(um) • ap(osto)lor(um) • Symo(nis) • et Jude.
[V]os qui tra(n)sitis n(ost)ri memores rogo suis,
[Mo]enibus hie strati motis qui turbi(n)e ve(n)ti,
[A]ve salutantes p(at)rem cu(m) virgine m(at)re.

Es starben Hermannus ... und Albertus des Weisen im Jahre des Herrn 1335 am Tag nach dem Feste der seligen Apostel Simon und Judas.
Ihr, die ihr vorübergeht, seid, ich bitte, unser eingedenk, die wir hier liegen niedergestreckt durch die Mauern, die durch einen Windwirbel in Bewegung gerieten. Grüßet mit einem Ave den Vater mit der Jungfrau-Mutter.
Geschichtliches: Nach Koch und Ewald ist der Stein dem Gedächtnis von zwei Steinmetzen gewidmet, die bei Bauarbeiten an der Kirche durch einen Sturm vom Gerüst geweht wurden und den Tod fanden. - Der hier wiedergegebene Text der Inschrift besagt, daß die beiden Männer von einer einstürzenden Mauer begraben wurden, ob bei Bauarbeiten, ist nicht ausdrücklich bemerkt, aber wohl wahrscheinlich.
Einer der Toten führte den Namen Albertus Sapientis, d.h. Albert des Weisen oder - sinngemäß - aus der Familie Weise. Der Familienname Sapiens (Weise) ist für Bürger der Stadt Brakel durch Urkunden von 1273 und 1283 bezeugt.
Der Hausname des Hermann ist mit Sicherheit nicht zu entziffern. Man hat Wisea oder Wise (Weise) gelesen und die beiden Toten für Brüder, zumindest für Angehörige der gleichen Familie gehalten. Diese Deutung hat große Wahrscheinlichkeit für sich.
Das Unglück fällt in die Zeit des Pfarrers Berthold von Berg, Pastor in Brakel von 1280 bis 1345, der das hochgotische Chor der Kirche und vielleicht auch andere Teile erbauen ließ. Der Stein hat nach dem Befund seinen heutigen Platz aber erst später erhalten, nachdem er an anderer Stelle - vielleicht durch den Brand des Turmes im Jahre 1518 - beschädigt worden war. (Brockpähler 1963)

Sage:

Quellen und Literatur:
Ludorff, A. - Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Kreis Höxter, Münster 1914, S.45 und Tafel 19
Koch, Fr. A. - Blätter aus der Vergangenheit der Kirche Brakel, in: Westf.Zs., 24.Bd., 1864, S.258
Ewald, Ruprecht - Geschichte der Stadt Brakel, Brakel 1925, S.79
Englich, Franz / Junker, Johannes, in: Westfälischen Zeitung vom 26.11. und 1.12.1959.
Brockpähler, Wilhelm - Steinkreuze in Westfalen, 1963, S.62-63, 106, 108, 110
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann und Rainer Vogt, Thale (Fotos von August 2012)


Sühnekreuze & Mordsteine