Österreich Niederösterreich Bezirk Gmünd

Großwolfgers / OT von Weitra


Blick zum Standort

Abbildung bei
Paul (1973/75)

PLZ: A-3970

GPS: N 48° 41,199', O 14° 58,384'

Standort: Etwa 50 Meter vor der Ortskapelle an der rechten Straßenseite neben einer Garageneinfahrt eingemauert.

Größe / Material: 123:56:? / Granit

Geschichte: Ursprünglich stand das Kreuz ca. 40m weiter südlich, neben dem Stiegenaufgang zur Kapelle. Einfaches Steinkreuz mit abgeschlagenem linken Querbalken, in eine Stützmauer integriert. Ein Anrainer berichtete, dass der Querbalken etwa 1970 abgeschlagen wurde, um das Kreuz als Eckstein für die Garageneinfahrt nutzen zu können(!).

   Das nur mehr rudimentäre Kreuz ist in eine Stützmauer neben der Kapelle des Ortes eingemauert.
   Die Sage von der spröden Bauerstochter schließt dieses Kreuz ein.
   Das Dorf Wolfgers wurde vermutlich gegen das Ende des 12.Jh. von einem "Wolfger" aus unbekanntem Geschlecht gegründet. Urkundlich bestimmte 1271 Minozla, die Witwe des Hadmar von Falkenberg ihren zwei Töchtern, falls diese ins Kloster gingen, das Dorf "Wolfkers" samt Wäldern und Einkünften als Erbe.
   Die Zugehörigkeit Groß Wolfgers zu einem der bestehenden Landgerichte konnte aus den mir zur Verfügung stehenden Quellen nicht festgestellt werden. Wahrscheinlich gehörte es, wie heute, zu Weitra. Es scheint sich allerdings um keinen Grenzort gehandelt zu haben, da es keinen urkundlichen Hinweis gibt, daß es jemals verkauft, vertauscht oder umstritten wurde. (Paul 1975)

Sage: So wird erzählt: In Waltersschlag lebte einst eine, ob ihrer Schönheit weit bekannte und vielbegehrte Bauerstochter, die aber sehr stolz und wählerisch war. Drei junge Fleischergesellen hätten ihr gefallen und da sie sich für keinen endgültig entscheiden konnte, versprach sie sich allen dreien. Mit List wußte sie es so einzurichten, daß keiner der drei Verlobten von seinen Rivalen wußte. Eines Tages aber fügte es der Zufall, daß doch alle drei in ihrem Hause zusammentrafen. Da jeder auf dem gegebenen Heiratsversprechen bestand und keiner zurücktreten wollte, kam es zu einem heftigen Streit, der auf dem Heimwege blutig ausartete. Mit ihren Stichmessern gingen sie aufeinander los. Der Kampf zog sich in den Bannwald, wo der erste, tödlich verwundet, niedersank. Der Zweite starb auf den Feldern vor Groß Schönau. Der letzte schleppte sich, schwer verletzt bis Groß Wolfgers, wo er verblutete. Sein blutgetränktes Hemd soll lange in der Kapelle (unwahrscheinlich, da Dorfkapellen in dieser Gegend vor 1700 nicht nachweesbar sind) von Groß Wolfgers zu sehen gewesen sein. Zur Erinnerung an die drei Todesstellen sollen diese erwähnten Male errichtet worden sein.
Aber die Sage weiß noch weiter zu berichten.
Trotz dieser Bluttat lebte die Bauerstochter lustig und fidel weiter und fand sich bald einen neuen Liebhaber, einen reichen Bauerssohn aus Groß Schönau. Kurz darauf wurde Hochzeit gefeiert. Es war ein lärmender, von Musikanten begleiteter Hochzeitszug, der sich von Waltersschlag durch den Bannwald gegen Groß Schönau, der Pfarrgemeinde des Bräutigams, bewegte. Als sie zu der Stelle kamen, an der der erste Fleischerbursche sein Leben ausgehaucht hatte, sonderte sich die Braut etwas vom Zuge ab. Plötzlich stieß sie einen furchtbaren Schrei aus und die vor Schreck erstarrten Hochzeitsgäste sahen nur, wie eine unsichtbare Gewalt die Braut durch die Lüfte entführte. Alles Rufen war vergebens. Still und bedrückt begab sich die Gesellschaft nach Groß Schönau und erzählte dem Pfarrer den Vorfall. Dieser gab den Rat, nochmals in den Bannwald zu ziehen, zu singen und zu spielen, wie wenn nichts geschehen wäre. Wenn aber die Braut wieder zum Vorschein käme, solle sie der Brautführer bei der Hand nehmen und nicht mehr loslassen, sonst wäre es um sie geschehen.
Die Leute folgten dem Rat des Priesters. Tatsächlich fanden sie die Braut an der gleichen Stelle. Aber ihre Schönheit war geschwunden, ja ihr Anblick so erschreckend, daß der Brautführer nicht wagte, die Hand nach ihr auszustrecken. Einen Augenblick wartete die Braut. Dann stieß sie neuerlich einen Schrei aus und verschwand wieder. Doch diesmal für immer.
Später hat sich die Braut noch manchem einsamen Wanderer gezeigt. Als nach vielen, vielen Jahren eine arme Dienstmagd durch Bannwald nach Windhag ging, sah sie bei dem Steinkreuz eine alte Frau stehen, angetan mit einem altmodischen Hochzeitskleid und einem Brautkranz im schneeweißen Haar. Traurig und doch erwartungsvoll sah diese das Mädchen an und wartete auf eine Anrede, Die Magd aber lief vor Entsetzen davon.
Ein andermal soll ein Bauer bei Waldarbeiten nahe dem Kreuz ein uraltes Mutterl im Brautkleid und Schleier gesehen haben.Sie sah ihn starr und flehentlich an, sprach aber kein Wort. Da faßte ein Schauer den Mann und auch er lief davon. So wartet die hochmütige Braut wohl heute noch beim Kreuz im Bannwaid, daß ein Mensch komme und sie anspreche; denn nur dann könnte sie endlich Ruhe finden für immer. (Paul 1973)

Quellen und Literatur:
Paul, Ada - Die drei Kreuze bei Groß-Schönau, in: Steinkreuzsagen aus dem Waldviertel, in: "Das Waldviertel", Heft 7/9, Horn 1973, S.144f
Paul, Ada - Steinkreuze und Kreuzsteine in Österreich, 1975, S.21, Nr.7 (Groß-Wolfgers)
Paul, Ada - Steinkreuze und Kreuzsteine in Österreich / Nachtrag, 1988, S.71 (Groß-Wolfgers)
recherchiert und bebildert von Harald Hartmann, Klosterneuburg (Fotos vom 20.Mai 2009)


Sühnekreuze & Mordsteine