Jelenia Góra / Hirschberg (I)


Gesamtansicht

PLZ:

GPS:

Standort: An der Nordwand der von der Polnischen Orthodoxen Kirche genutzten Kirche Św. Piotra i Pawła, früher Marienkirche in der ul. 1. Maja (Hindenburgstraße) ca. 400m östlich von Kreuz III.

Größe / Material: 132:52:? / Granit

Geschichte:

Sage:

Quellen und Literatur:
Grundmann, Günther - Die Sühnekreuze an der Marienkirche in Hirschberg
Werner, Wilhelm - Zwei unbekannte Steinkreuze an der Marienkirche in Hirschberg / Riesengebirge, in: Steinkreuzforschung. Reihe B, 24, NF 9 (1997), S.101-104, 2 Abb.
recherchiert und bebildert von Uwe Stößel, Saalfeld



Jelenia Góra / Hirschberg (II)

GPS:

Standort: Ca. 1m rechts neben Kreuz I.

Größe / Material: 88:56:? / Granit

Geschichte:

Sage:

Quellen und Literatur:
Grundmann, Günther - Die Sühnekreuze an der Marienkirche in Hirschberg
Werner, Wilhelm - Zwei unbekannte Steinkreuze an der Marienkirche in Hirschberg / Riesengebirge, in: Steinkreuzforschung. Reihe B, 24, NF 9 (1997), S.101-104, 2 Abb.
recherchiert und bebildert von Uwe Stößel, Saalfeld



Jelenia Góra / Hirschberg (III)

GPS:

Standort: Das Steinkreuz findet man vom Markt aus, in östlicher Richtung durch die ul. Konopnickiej (Schildauer Straße) gehend, in der östlichen Außenmauer der St. Annakapelle eingemauert neben dem ehemaligen Schildauer Tor (Brama Wojanowska). Es ist nur das Oberteil sichtbar, ob das Unterteil im Boden steckt ist nicht feststellbar. Es kann durch seine geringe Größe leicht übersehen werden, deshalb ist vor ihm ein aus Pflastersteinen gebildetes Kreuz in den Boden eingelassen.

Größe / Material: 32:61:? / Granit

Geschichte:

Sage:

Quellen und Literatur:
recherchiert und bebildert von Uwe Stößel, Saalfeld




Die Sühnekreuze an der Marienkirche in Hirschberg
von Günther Grundmann

Wie so häufig, sind die kleinen extra muros erbauten Kapellen schlesischer Städte heutigen Tages durch die Verkehrssteigerung besonders gefährdet. Der Umstand, daß sie im Lauf der letzten Jahrzehnte von den wachsenden Städten völlig umklammert und umbaut wurden, machte sie unverschuldet zu Störenfrieden im Sinne einer möglichst reibungslosen Verkehrsentwicklung. So ist auch die kleine Marienkirche in Hirschberg im Riesengebirge jahrelang umkämpft worden und ihr drohender Abbruch war mehr als einmal fast beschlossene Sache. Jedesmal aber gelang es der Denkmalpflege, solche Beschlüsse rückgängig zu machen. Hierbei wurden sowohl historische, wie künstlerische und städtebauliche Gründe für die Erhaltung des Bauwerkes angeführt 1).
Die Gründung einer Marienkapelle im Osten der Stadt wird bei den Hirschberger Chronisten in das Mittelalter zurückverlegt. Es wird angenommen, daß der 1543 als extra muros civitatis erwähnte Bau 2) im dreißigjährigen Kriege entweder abgebrannt oder niedergerissen wäre, da man an seiner Stelle eine Schanze aufgeworfen habe. Da der Bau an der Straße von Hirschberg nach Breslau lag, würde diese Schanze als eine Vorbefestigung des ehemaligen etwa 500 Meter entfernten Schildauer Tores aufzufassen sein.
1725 wurde an der Stelle, wo der Altar gestanden habe, ein Kreuz aufgerichtet, ein Zeichen dafür, daß man den Gedanken eines Neubaues an der durch die frühere Kapelle geweihte Stätte erwog. Hierzu kam, daß durch den nur wenige Meter entfernten Neubau der Gnadenkirche und des Schul- und Pfarrhauses (1707 - 12) dieser Neubau vielleicht von katholischer Seite mit einer gewissen Absichtlichkeit betrieben wurde. So konnte dann 1738 nach Herbst, Chronik der Stadt Hirschberg, 1727 nach Lutsch, Verzeichnis der Kunstsdenkmäler Schlesiens (wohl Druckfehler) der Grund gelegt werden. 1738 nach Herbst der Knopf und das Kreuz aufgesetzt werden, kurze Zeit darauf erfolgte die Einweihung. Der damalige Hirschberger Stadtbaumeister Caspar Jentsch (1663 – 1740) dürfte den Bau als Architekt aus stilistischen Gründen in Anspruch zu nehmen sein 3). Der schlichte zweijochige Bau mit Dreiachtelabschluß und westseitigem, aus der Fassade herauswachsendem Turm zeigt die schlichten Formelemente des mehr rückblickenden als neuerungsfrohen Meisters, von dessen einfacher Gestaltungsart ebenso die Warmbrunner Probsteikirche (Cieplice Zdrój) wie die St. Annakapelle in Seidorf (Sosnówka) Zeugnis ablegen. Die einzige dekorative Bereicherung stellt das Portal mit der hübschen barocken Marienfigur dar.
Vor mehreren Jahren wurde die nicht mehr benutzte Kirche, die in das Eigentum der Stadt Hirschberg übergegangen war, durchstemmt und gegen aufsteigende Feuchtigkeit isoliert. Die Veranlassung für die Isolierung und Ausräumung war die Absicht, den Innenraum als Kriegsehrenhalle der Stadt Hirschberg auf Grund eines Wettbewerbes auszugestalten. Der Plan kam jedoch nicht zur Ausführung, so daß die Kirche jahrelang einen unfreundlichen Eindruck machte. 1934 gelang es den vereinten Bemühungen der staatlichen und provinziellen Denkmalspflege, eine umfassende Instandsetzung des Außenbaues bei der Stadt Hirschberg zu erreichen und damit das Gebäude vor erneuten Abbruchabsichten zu bewahren. In diesem Jahre beabsichtigt die Stadt, den Innenraum in würdiger Weise wieder herzustellen und ihn als Kunstausstellungsraum für die Maler des Riesengebirges zu verwenden, ein Gedanke, der einem dringenden Bedürfnis nach Ausstellungsmöglichkeiten dieser Art inmitten der Fremdenverkehrsstadt Rechnung trägt und das Bauwerk einem schönen und idealen Zweck zuführt. Der sehr beachtliche, reich mit Akanthuswerk versehene barocke Schnitzaltar wird voraussichtlich in der kath. Pfarrkirche Aufstellung finden.
Bei den Instandsetzungsarbeiten des Jahres 1934 mußte der alte Putz vollkommen entfernt werden. Bei diesen Arbeiten entdeckte man an der Nordseite zwei in die Mauer eingelassene Sühnekreuze. Diese Kreuze wurden nach ihrer Freilegung sofort besichtigt, um zu entscheiden, ob sie beim Neuputz sichtbar gemacht werden können. Hierbei ergab sich die Notwendigkeit, die Kreuze im Hinblick auf die Lisenengliederung der Wand aus ihrer ursprünglichen Stelle etwas nach Westen zu versetzen und sie an der neuen Stelle soweit vorzurücken, daß sie etwas über der starken Putzschicht vorliegen.
Es kam nach Lage der Kirche hart an der nach Breslau führenden Straße angenommen werden, daß sich die Kreuze vor 1727 bzw. 1737 am Straßenrand befanden, vielleicht in unmittelbarer Nähe der 1543 bezeugten Kapelle, ein jedenfalls sehr häufiger Aufstellungsort. Da beide Kreuze mit der reliefierten Seite nach vorn vermauert wurden, dürften sie nicht als willkommenes Steinmaterial betrachtet worden sein, sondern man mag anfangs die Absicht gehabt haben, sie sichtbar zu lassen, erst später werden sie verputzt. Es handelt sich um zwei verschiedene Formen. Das größere, H. 120 Zentimeter, Br. 52 Zentimeter, zeigt einen langen senkrechten Balken, den der kürzeren Querbalken im oberen Fünftel schneidet. Das Material ist Riesengebirgsgranit. Als Einritzung lassen sich zur Wiedergabe der Mordwaffe eine senkrecht gestellte Armbrust mit linksseitigem Spanner und rechts unter der selben ein auf den Knauf gestelltes etwas schrägstehendes Schwert deutlich erkennen. Das Stück ist verhältnismäßig sehr gut erhalten. Dagegen ist das kleinere ebenfalls aus Riesengebirgsgranit gearbeitete Kreuz, H. 88 Zentimeter, Br. 56 Zentimeter, stärker beschädigt, denn es fehlt der linke Kreuzarm fast ganz und ein Teil des Fußstückes. Es handelt sich der Form nach hier um ein lateinisches Kreuz mit sternenförmigen Balken. Undeutbar ist vorerst die Einritzungen. Daß man die 2 parallelen senkrechten Rillen, die man oben und unten durch zwei Querrillen verbunden sind, auf eine Leiter deuten könnte, scheint bei dem Fehlen weiterer Quersprossen ebenso zweifelhaft, wie eine Leiter ja auch zu den Mordwerkzeugen wenig Beziehung hat. Außerdem hat die linke senkrechte Rille unten noch zwei kleine nach abwärts gerichtete kurze Querritzungen, die auch rechts vorhanden gewesen sein können. Das Widerspräche ebenfalls der Leiter. Irgendeine zum Vergleich heranzuziehende Ritzung enthält das von Max Hellmich wiedergegebene schlesische Material nicht 4).
Jedenfalls ist die Entdeckung dieser beiden Sühnekreuz von Wichtigkeit und ihre Veröffentlichung möge ein Beitrag zu der Forscherarbeit Max Hellmichs und seine Zusammenstellung der steinernen Zeugen mittelalterlichen Rechts in Schlesiens bilden 5).

Literaturverweise:
1) Akten des Prov.-Konservators. Breslau, vgl. Grundmann: „Wo einst das Schildauer Tor stand“, Wanderer aus dem Riesengebirge, Jahrgang 55, Nr. 12.
2) Diese und die folgenden Angaben vgl. Herbst, Chronik der Stadt Hirschberg: Schlesiens bis zum Jahre 1847, Hirschberg 1849.
3) Grundmann, Schles. Architekten im Dienste der Herrschaft Schaffgotsch und der Probstei Warmbrunn, Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Straßburg 1930.
4) Hellmich, Steinerne Zeugen mittelalterlichen Rechtes in Schlesien, Liegnitz 1923. Abdruck aus den Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde. (1930).
5) Vgl. die Wiedergabe der Steinkreuze und einige kurze grundsätzliche Bemerkungen zur Frage der Zusammenhänge der Sühnekreuze mit der altgermanischen Vorstellungswelt, in Beobachter aus dem Riesengebirge, Nr. 100, vom 30.4.37: Herbert Vogt Steinzeugen von vergangenem Recht.

(Altschlesische Blätter, 12. Jahrgang 1937, Nr. 5/6, Seiten 148-152 / Sonderheft zum Tod von Max Hellmich).


Sühnekreuze & Mordsteine