Szklarska Poręba / Schreiberhau (I / II)


Blick zum Standort

PLZ:

GPS:

Standort: Die Gedenksteine stehen nahe der ehemaligen Ludwigsbaude an der Sudetenstraße / Droga Sudecka zwischen Świeradów Zdrój / Bad Flinsberg und Szklarska Poręba / Schreiberhau links unterhalb eines Waldweges, der später "Wenigers Weg" genannt wurde und auf alten Karten auch so eingetragen ist. Vom Parkplatz an der Rozdroże Izerskie folgen wir dem Weg in Richtung Izerskie Garby / Weißer Flins nur etwa 250 Meter und biegen dann auf einen unmarkierten Waldweg nach links ein. Auf diesem kommen wir nach ca. 300 Metern zu den beiden Gedenksteinen, die nur ca. 100 Meter von der Sudetenstraße entfernt sind.

Größe / Material:

Geschichte: Das Denkmal wird in der tschechischen Literatur unter der Bezeichnung "Wenigerovy pomníčky / Wenigers Denkmale" geführt, denn es ist die einzige Isergebirgsgedenkstätte, wo für ein Ereignis gleich zwei Gedenksteine errichtet wurden. Die beiden Denkmale stehen unmittelbar nebeneinander und sind grabstättenähnlich eingefriedet.
Inschrift auf dem linken Stein:
Hier fiel am 5. Nobr.
1890
der Revierjäger
Weniger
aus Hartenberg
als Opfer seiner Pflichttreue
erschossen von einem
Wilderer
Der rechte Stein trägt die Inschrift:

R. Weniger,
d.5.Novbr.1890
Der 25-jährige Schaffgottsche Revierjäger Robert Weniger aus Hartenberg / Górzyniec (ein Ortsteil von Petersdorf / Piechowice) wurde hier am 05.11.1890 vormittags gegen 11:00 Uhr von einem Wilderer angeschossen. Von dem 11,15 mm-Bleikaliber-Durchschuss durch die Brust schwer verletzt schleppte er sich noch ein Stück in Richtung Ludwigsbaude und wurde von einem in der Nähe befindlichen Waldarbeiter geborgen. Ein herbeigeholter Arzt konnte nur noch feststellen, dass es keine Rettung mehr gibt. Robert Weniger verstarb die Nacht darauf unter furchtbaren Schmerzen in der Ludwigsbaude.
Die Untersuchungen des Falls leitete der Berliner Kriminalkommissar Schultz. In akribischer Kleinarbeit gelang es ihm, den Täter zu ermitteln. Doch dieser namens Wilhelm Gläser (genannt Kramerliebel) flüchtete nach Böhmen und von dort weiter bis nach Gonzales in Texas, Amerika.
30 Jahre später, nach dem 1.Weltkrieg, kehrte Wilhelm Gläser nach Bad Flinsberg zurück, um einen seiner früheren Komplizen zu besuchen. Er wurde trotz seiner Verkleidung erkannt, doch die preußische Polizei war zu langsam. Bevor sie den Raubschützen stellen konnte oder wollte, war dieser wieder außer Landes und der Gerichtsbarkeit für immer entzogen.

Sage:

Quellen und Literatur:
Busdorf, Otto - Zwei Förstermorde im Isergebirge. In: Wilddieberei und Förstermorde. Reprint Bd. 1-3, Hrsg. E. Hobusch im Verlag Neumann-Neudamm, AG, Melsungen, 2003, 1.Band, S.199 ff.
Řeháček, Marek - Das Isergebirge. Wanderführer durch das Gebirge und seine Umgebung. Hrsg. Kalendář Liberecka, 2003, S.228
Nevrlý, Miloslav - Kniha o Jizerských horách. 1.Aufl. 1972, 4.Aufl. 2007 im Verlag Vestri, Liberec, S.45
Nevrlý, Miloslav et al - Připomínký zašlých časů - pomníčky Jizerských hor. Hrsg. Jizersko-ještědský horský spolek / Gebirgsverein für das Jeschken- und Isergebirge, Liberec, 2008, S.38-39
Scholdan, Hannes - Aus urwüchsigem Wald inmitten Bergen um Bad Flinsberg im Isergebirge. Querverweis, entnommen aus Prescher (2009)
Prescher, Andreas - Die Raubschützen im Isergebirge. Eigenverlag, Großschönau, 2009, S.94-97
Milnik, Albrecht - Ein Land wie ein Eichenblatt. Schlesische Forstgeschichte in preußischer Zeit (1741-1945). Verlag Kessel, Remagen-Oberwinter, 2010, S.469
dolny-slask.org.pl, Bilddatei 4993329, (Pomnik Wenigera / Wenigers Denkmal) (eingesehen am 16.09.2015)
recherchiert und bebildert von Andreas Bültemeier, Strahwalde (Fotos vom 22.07.2012)



Szklarska Poręba / Schreiberhau (III)

GPS:

Standort: Von "Wenigers Denkmalen" gehen wir zurück und auf dem Hauptweg bis zur Wegteilung der markierten Wanderwege. Hier folgen wir links dem grün markierten Weg in Richtung Wysoki kamień / Hochstein. Nach knapp einem Kilometer führt das grüne Zeichen nach rechts, und der Weg wird steiler. Etwas später verläuft der Weg nach einer Linkskurve wieder nahezu parallel zum Hang. Knapp 500 Meter nach dieser Kurve kommen wir zu dem o.g. Wegweiser zum Brautstein. Hier müssen wir jetzt weglos ca. 80 Meter in einem Fichten-Jungwuchs / Jungbestand bergab steigen. Dann halten wir uns links und müssen weiter talwärts noch etwas suchen. Vielleicht haben wir Glück, und wir können frischen Pfadspuren folgen. Wenn die Fichten noch etwas größer werden, wird es ohne Aufhieb nahezu unmöglich sein, den Stein zu entdecken. Das Gelände ist auch nicht ungefährlich.

Größe / Material:

Geschichte: Benennung: "Der Brautstein". Wenigers Weg führte damals weiter zum Kirchsteig - dem Weg von Böhmen über den Hohen Iserkamm nach Schlesien, wo nach der Altranstädter Konvention von 1707 die sechs evangelischen Gnadenkirchen gebaut wurden. Eine davon steht in Jelena Góra / Hirschberg - eine Kopie der Stockholmer Katharinenkirche. Die evangelischen Kirchen in Pobiedna (Meffersdorf - Wigandsthal) und Giebułtow / Gebhardsdorf indessen gehörten schon zum Herrschaftsbereich der sächsischen, ab 1815 preußischen Oberlausitz.
Margarethe Passon-Darge verarbeitete das Schicksal eines Brautpaares, welches Anfang des 18.Jahrhunderts (etwa um 1720) auf dem Weg nach Meffersdorf zur evangelischen Trauung unterwegs auf dem Kirchsteig am Hohen Iserkamm beim Einbruch des Winters erfror, zur Novelle "Der Hochzeitsweg". Leitmotiv und Stil ähneln Adalbert Stifters Erzählung "Bergkristall", aber bei Stifter geht die Geschichte gut aus. Die handelnden Personen in der Novelle sind historisch nachweisbar.
Der Lehrer und Geigenbauer Christian Friedrich Gottschau aus Brandenburg kommt um 1720 zusammen mit seinen Söhnen Ernst Michael und Jakob, seiner Tochter Anna Magdalena und seinem Gehilfen Johann Garve nach Schreiberhau / Szklarska Poręba. In bitterster Armut lebend und gegen die anfängliche Ablehnung seitens der Bevölkerung gelingt es ihm nur schwer, als Dorfschullehrer Fuß zu fassen. Dann verlieben sich Anna Magdalena und Johann Garve ineinander. Gottschau gibt nach zunächst hartem Widerstand sein Einverständnis zur Eheschließung. Eine evangelische Trauung ist aber nur in den Gnadenkirchen Schlesiens oder in Sachsen möglich.
Warum die Brautleute nur wenige Tage vor Weihnachten den Weg von Schreiberhau über den Kamm in das sächsische Meffersdorf nahmen, anstatt die um diese Jahreszeit viel besser erreichbare Gnadenkirche in Hirschberg zu wählen, ist kaum erklärbar.
Später hielten die Brautpaare auf ihrem Hochzeitsweg am Ort der Tragödie zum stillen Gedenken inne. Der deshalb so benannte Brautstein / poln. Narzeczeński kamień (Kamień panny młodej), tschech. Kámen snoubenců (Nevěstin kámen) nahe der Abendburg (Góra Zwalisko / Wieczorny zamek) war nach dem 2.Weltkrieg jahrzehntelang vergessen. Andreas Prescher und Klaus-Rüdiger Schulzensohn (beide Großschönau) haben ihn im Jahre 2010 wieder gekennzeichnet und mit einer dreisprachigen Gedenktafel versehen (polnisch, deutsch, tschechisch). Trotz eines Wegweisers am Kirchsteig ist der Stein mit der Tafel in dem unwegsamen Gelände unterhalb des Steiges nur äußerst schwer zu finden.

Sage:

Quellen und Literatur:
Passon-Darge, Margaretha - Der Hochzeitsweg. Verlag P. Keppler, Baden-Baden 1947, 2.Auflage
Krause, Erhard - Vom Preußler-Gedenkstein und Brautstein am Hohen Iserkamm, o.J., eingesehen am 16.09.2015
Śmiertelna nowa droga życia, 9.12.2012 (eingesehen am 16.09.2015)
Zapomniany Narzeczeński Kamień (eingesehen am 16.09.2015)
Informationen von Andreas Prescher (Großschönau)
recherchiert und bebildert von Andreas Bültemeier, Strahwalde (Foto vom 22.07.2012) und Andreas Prescher (Großschönau)


Sühnekreuze & Mordsteine