Słupsk / Stolp


Oberteil

Mittelstück

Unterteil

Zeichnung bei
Hardow (1930)

PLZ:

GPS:

Standort: Im Eingangsbereich des Muzeum Pomorza Środkowego Słupsk (Mittelpommersches Museum Stolp) in der Dominikańska 5-9, das wieder aufgebaute Schloß der der ehemaligen pommerschen Herzöge in Stolp.

Größe / Material: 220:55-60:22-25 / grauer Muschelkalk

Geschichte: Das Steinkreuz steht seit April 1999 im Eingangsbereich des Museums, zwischenzeitlich war es nach dem Umzug des Museums vom "Neuen Tor" ins Schloss im Jahr 1966 in einem Museumsdepot in Lulemino (Lüllemin) eingelagert.
Frau Professorin Brygida Kürbis aus Poznań (Posen) konnte in den 1980er Jahren noch weitere Teile der Inschrift entschlüsseln: 1358 ist Wilhelm gestorben, bete für ihn.
Über das Wappen konnten bisher noch keine weiteren Erkenntnisse gewonnen werden.

[...] Anschließend soll hier gleich ein anderer mittelalterlicher Stein Erwähnung finden: Das Steinkreuz mit der eingeritzten Darstellung der Kreuzigung im Heimatmuseum Stolp, jetzt aufgestellt an der nördlichen Innenwand des Neuen Tores (Durchfahrt).
Auch bei diesem Stein (Abb.6) handelt es sich um ein Grabdenkmal irgendeiner Art. Der über 50 Zentimeter hohe Sockel, der unbehauen ist und in der Erde gestanden hat, läßt vermuten, daß der Stein einst im Freien gestanden hat: Entweder ist er eines jener Kreuze gewesen, wie sie im Mittelalter auf den Kirchhöfen als gemeinsames Denkmal für alle Grabstätten aufgestellt worden, oder - was wahrscheinlicher ist - es ist ein sog. Mord- oder Sühnestein. Nach alten deutschen Recht galt im Mittelalter der Mord nicht gerade für ein todeswürdiges Verbrechen; er wurde vielfach gesühnt durch Wehrgeld, dagegen wurde auf gesetzlichem Wege selten dafür die Todesstrafe vollzogen, wenngleich sonst die mittelalterliche Justiz ziemlich blutrünstig war. Die Sühnekreuze sollten den vorübergehenden Wanderer mahnen, ein stilles Gebet für den Erschlagenen zu sprechen, um die Seele des Verstorbenen aus dem Fegefeuer zu lösen. Im 15.Jahrhundert soll es ein besonders Brauch gewesen sein, als Mordsühne ein solches Kreuz zu setzen. In Pommern finden wir nach einer Mitteilung des um die pommersche Altertumsforschung so verdienten Geheimrats Prof. Lemke-Stettin, ein solches in Pasewalk aus dem Jahr 1367, dann eins in Treptow a.R., dessen Inschrift "Jakob Wachholt gnade Got" lautet, der aber keine Jahreszahl aufweist, und ein Kreuz in Sommersdorf bei Penkun, das die Inschrift trägt: "Anno domini 1423 Hindrik von Ramin occisus est a villanis in Wartin". Ein in der Form dem Stolper Kreuz ähnliches steht bei Stargard i.P.. Es ist noch größer als das Stolper, trägt aber auch außer einer Inschrift das Bild des Gekreuzigten (eingeritzt). Das bekannteste aller Mordkreuze ist wohl dasjenige, welches auf dem Platz vor der Marienkirche in Berlin zur linken Hand des Eingangs steht. Es stammt aus dem Jahr 1326, stand früher an der Mordstelle (Spandauerstr. 70) und wurde später auf seine jetzige Stelle gebracht. Das Stolper Mordkreuz stammt aus dem Hl. Geisthospital, das an der Ecke Stephansplatz - Hospitalstraße stand und 1903 abgebrochen wurde. Dabei kam es in den hinter dem Rathaus liegenden Garten und vor einigen Jahren in das Heimatmuseum. Die Kreuzform ist heute nicht mehr ganz klar zu erkennen. Die Seitenarme sind abgebrochen, ebenso das obere Stück des nach oben zeigenden Kreuzarms. Trotzdem hat es noch jetzt eine Gesamthöhe von über 2,30 Meter (Stargard 2,76 Meter). Auf diesem mittelalterlichen Denkmal ist, ebenfalls durch Einritzung, die Gestalt des gekreuzigten dargestellt. Die Unterarme mit den Händen fehlen, denn sie waren auf den abgebrochenen Kreuzarmen. Christus ist hier nicht hängend, sondern stehend am Kreuz dargestellt. Das ist die ursprüngliche Form. Erst nach dem Jahre 1220 beginnt die hängende Darstellungsweise. Der Körper bei den früheren Kruzifixen ist wohl an das Kreuz genagelt, aber er hängt nicht an ihm; er steht auf einem Brettchen. Der Kopf wird genau senkrecht stehend über dem Oberkörper gegeben. Daneben ist die Form bekannt, daß das Haupt sich nach rechts neigt, der Körper auch schon ein wenig hängt, das Trittbrett für die Füße jedoch noch bleibt. In dieser Art der Kruzifixe, die in der monumentalen Darstellung nicht so häufig in Deutschland ist, gehört unser Beispiel wohl als eins der Letzten. Deutlich ist auf dem Stein zu erkennen, daß die Füße neben einander stehen. Ob sie genagelt sind oder nicht ist nicht mehr zu erkennen, ebenso, ob ein Trittbrett gezeichnet war oder der besiegte Drache. Denn an dieser Stelle ist der ebenso wie etwa ½ Meter höher durchgebrochen und die Bruchstelle mit Zement ausgefüllt. Der nackte, nur von einem Lendenschurz bedeckte Körper Christi ist fast gerade senkrecht, nur ein leichtes Ueberbiegen des Oberkörpers ist wahrnehmbar. In dem Heiligenschein um den Kopf ist das gleicharmige Kreuz gezeichnet. Eine Dornenkrone trägt das Haupt noch nicht. Das kommt erst später mit dem Uebereinanderlegen der Füße und Nagelung mit einem Nagel. Unter dem Gekreuzigten ist ein Wappenschild mit einer Hausmarke (auch durch Einritzung) gezeichnet. Die Hausmarke gilt entweder dem Ermordeten (das wahrscheinlichere) oder dem Künstler, der das Denkmal herstellte (oder dem, der es als Sühne errichten mußte?). An den Seitenrändern und oben sind Umschriften in gotischen Minuskeln. Die Schriftzeichen liegen wieder in der Höhe der Oberfläche, die Stellen um sie herum sind um 1-2 Millimeter vertieft. Die Schrift ist schwer zu lesen. Abgetreten ist sie bei diesem Stein nicht, da er nicht im Fußboden gelegen hat. Es muß also durch Verwitterung unklar geworden sein. Auch dieser Umstand spricht dafür, daß das Denkmal die längste Zeit im Freien gestanden hat.In dem oberen Arm sind die Zeichen ilhe . Ziemlich deutlich zu erkennen. Vor dem i hat noch ein Zeichen, nach dem e noch zwei Platz gehabt. Am rechten Kreuzarm über dem linken Arm Christi stehen die Zeichen i. ., vielleicht sind es Reste der üblichen Kreuzinschrift INRI (Jesus Nazarenus Rex Judäorum). Die Schrift auf der rechten Seite habe ich noch nicht entziffern können. Links dagegen ist wieder die Jahreszahl angegeben. Man erkennt deutlich anno dni (domini) M°CCC°L°XXX. Der Stein stammt also aus dem 14.Jahrhundert, und zwar aus der letzten Hälfte desselben. Das Hl. Geisthospital wurde bereits ein Jahr nach der Erhebung Stolps zur deutschen Stadt, nämlich im Jahr 1311 gegründet. Der Stein könnte also von seiner Entstehung an auf dem Hospitalgelände, dem Kirchhof desselben, gestanden haben. Erst die Entzifferung der rechtsseitigen Umschrift wird völlige Klarheit über den Zweck des Steins bringen. Vielleicht kann auch hierbei der Familienforscher Hilfe leisten. Das Material ist ebenfalls grauer Muschelkalk. (Hardow 1930)

Sage:

Quellen und Literatur:
Hardow, Rudolf - Alte und neue Grabdenkmäler im Stadt- und Landkreis Stolp, Stolp i.Pomm. 1930, S.10-11 und Abb.6 auf S.32
Internetseite der Stadt Słupsk zum Steinkreuz
Internetpräsentation des Muzeum Pomorza Środkowego Słupsk
recherchiert und bebildert von Robert Kupisinski, Bibliothekar im Muzeum Pomorza Środkowego Słupsk (Fotos vom 16.06.2011)


Sühnekreuze & Mordsteine