PLZ :
67271GPS:
N 49° 32,638', O 8° 08,576'Standort:
Am Friedhof, an der Ostseite des alten Heiligenhäuschens.Größe / Material:
230:105:17 / SandsteinGeschichte:
Das 1969 erneuerte Kreuz wurde 1702 von dem Scharfrichter Servatius Westheim gestiftet und trägt daher den Namen "Scharfrichterkreuz".Sage:
Quellen und Literatur:
Unterhalb des malerisch gelegenen Ortes Neuleiningen lehnt sich an die Straße, die nach Sausenheim führt, der Friedhof.
Viel älter als dieser ist die gotische Kapelle am Ende der Friedhofsmauer. Auf ihrer Rückseite steht unter dem Blätterdach eines Baumes das sogenannte
"Scharfrichterkreuz". Der abgesetzte Schaft wächst ohne Sockel aus dem Boden. Die Kreuzesarme endigen in barocken Kleeblattformen. Aus dem
Kreuzesstamm ist ein kleiner Korpus vollplastisch ausgehauen. Das beschädigte und verwitterte Kultmal kam in das Historische Museum der Pfalz
nach Speyer, nachdem im Jahre 1969 das Original durch eine Kopie ersetzt wurde, die der Bildhauer Menges in Kaiserslautern schuf. Das Kreuz
erinnert an längst vergessene gesellschaftspolitische Zustände.
Interessant ist der Text, der auf der Rückseite des Kreuzes in den Stein gehauen ist. Wir lesen da: "ANNO 1703 HAT DAS KREVZ MACHEN LASEN
ZU EREN GOTTES DER ERSAM SERVATIUS WESTHEIM SCHARFRICHTER ZV DIEFENDAL VND SEINE ERSAME FRAV ANNA MARGARETA WESTHEIMEN."
Die Leininger Grafen hatten zu Beginn des 18. Jahrhunderts gemeinsam einen Scharfrichter, der in Tiefenthal wohnte. Schon im mittelalterlichen
Reich gab es neben dem Scharfrichter noch den Henker. Der Scharfrichter vollzog nur die Hinrichtungen mit dem Schwert. Der Henker dagegen, der dem
Scharfrichter unterstellt war, führte die entehrenden Strafen des Hängens, Räderns und Verbrennens durch. Ihm übergab man auch die verdächtigen
Delinquenten zur Folterung. Er galt als unehrenhaft, und man verweigerte ihm das Bürgerrecht. Im Gottesdienst wies man ihm einen Platz in der letzten
Bank an, und nur als letzter durfte er das Sakrament empfangen.
Eintragungen in den Kirchenbüchern in Neuleiningen beurkunden, daß der Scharfrichter Westheim als ein ehrsamer und frommer Mann in der
Gemeinschaft des Dorfes lebte und starb, wie J. Sprißler nachgewiesen hat. Er war auch als Pate begehrt, da nach dem damaligen Aberglauben
der, welcher einen Scharfrichter oder dessen Frau zum Paten nahm, niemals in die Gefahr kam, durch Strang oder Schwert hingerichtet zu werden.
Des Scharfrichters Ehefrau ist gleich achtmal als Gevatterin im Kirchenbuch verzeichnet.
Warum mag der Tiefenthaler Scharfrichter Servatius Westheim zu Lebzeiten dieses Kreuz gestiftet haben? Wir wissen es nicht. Konnte er vielleicht
manche Amtshandlung und Urteilsvollstreckung, die man von ihm forderte, nicht mit seinem Gewissen, dem Gewissen eines ehrsamen Mannes
vereinbaren? Es liegt wohl nahe, anzunehmen, daß er dieses Kreuz im Sinne einer religiösen Sühne gestiftet haben könnte.
(Text und Foto: Fred Weinmann in: Kultmale der Pfalz,
Pilger-Verlag Speyer 1975, S.67-69 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122.Jg., Nr.36, S.1089, 3.9.1972)