Deutschland Rheinland-Pfalz Kreisfreie Stadt Worms

Pfeddersheim / OT von Worms


Blick zum Standort
Foto: Ohmsen (2013)

Perspektive
Foto: Ohmsen (2013)

Foto: Ohmsen (2013)

PLZ: 67551

GPS: N 49° 14,633', O 8° 04,495'

Standort: Auf dem Gewann "Am langen Stein", 2km westlich der Autobahn-Ausfahrt.

Größe / Material: 264:138:34 / Rotsandstein

Geschichte: Spätmittelalterliches Kreuz aus Rotsandstein mit der nachträglich eingemeißelten Jahreszahl "1557".
Das religiöse Leben hat auch in Pfeddersheim durch den Einbruch der Reformation manchen Wandel und manche Krise mitgemacht. Die neue Lehre durfte hier zwischen 1533 und 1540 eingezogen sein; im ganzen Land der Kurpfalz wurde sie durch ein Edikt des Jahres 1556 als verbindlich eingeführt. Ob sich auch Einwohner der Wiedertäuferei zuwandten ist weitgehend unbekannt. In einigen Nachbarorten, so vor allem in Heppenheim und Kriegsheim, dürfte sie sich stark ausgebreitet haben, und der Kurfürst Ottheinrich war sehr auf eine Eindämmung der von ihm als eine große Gefahr erachteten Sekte bedacht. So veranstaltete er im August 1557 in Pfeddersheim ein Religionsgespräch, in dem er die Gegenseite gütlich eines Besseren belehren wollte. Neunzehn Vorsteher und insgesamt vierzig Angehörige der Wiedertäuferei folgten der Einladung und standen dem kurpfälzischen Beauftragten und Wortführer Johannes Marbach aus Straßburg Rede und Antwort. Das Gespräch endete ergebnislos, wenn auch die Pfalzgräflichen von einem Sieg sprachen. Auf dem Heppenheimer Kreuz an der südlichen Gemarkungsgrenze findet sich nun die Jahreszahl 1557 eingemeißelt, so dass die Vermutung nahe liegt, dass hierdurch die Erinnerung an die denkwürdigen Tage wachgehalten werden sollte. Die Täuferei blieb vor allem in Kriegsheim stark. 1601 verhandelte der Pfeddersheimer Amtmann zusammen mit dem Alzeyer Burggrafen mit ihnen. Vielleicht blieb auch dieser Versuch erfolglos. Denn am 13. August 1608 machte man kurzen Prozess und überfiel mehrere hundert Wiedertäufer bei einer mitternächtlichen Versammlung im Raum zwischen Pfeddersheim und Kriegsheim und trieb sie auseinander. Bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges gab es durch die vorausgegangenen scharfen Maßnahmen in der Kurpfalz keine Wiedertäufer mehr. (1225 Jahre Pfeddersheim, 1979)

Sage:

Quellen und Literatur:
Schnabel, Berthold - Das "Heilige Kreuz" bei Worms-Pfeddersheim, in: Die Steinkreuze in Rheinhessen, in: Alzeyer Geschichtsblätter, Heft 15, Alzey 1980, S.152-155
1225 Jahre Pfeddersheim, Hg. von der Ortsverwaltung Pfeddersheim 1979
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (Foto von 2006)
Ergänzungen von Michael Ohmsen, Leipzig (Fotos von Januar 2013)



Das "Heilige Kreuz" bei Worms-Pfeddersheim
von Berthold Schnabel, Deidesheim

Abmessungen:   Gesamthöhe 304.
Kreuz: Höhe: 264, Breite l 38,5, Dicke bis 34.
Kopf: Höhe 51, Breite im Ansatz 33,5.
Arme: Breite beider Arme 31,
Länge rechts oben 51,5, unten 49,5,
Länge links oben 53,5, unten 50.
Schaft: Gesamthöhe 182, Höhe der Schaftverbreiterung bis 57,
Breite 33,5-39. (Schaftverbreiterung), Dicke 33-34.
Fußstück: Höhe 20, Breite 50, Tiefe 50.
Sockel: Höhe 40, Breite 87-90, Tiefe 87-91.
Material: Roter Sandstein.
Ausführung:

Das Kreuz erhebt sich auf einem Sockel von zwei Stufen, von denen jedoch nur eine sichtbar ist (Bild 2). Die Konturen der Balken laufen parallel, Kopf, Arme und Schaft stehen rechtwinkelig zueinander. Die Enden der Arme laufen schräg nach unten. Der Schaft verbreitert sich bis in eine Höhe von 57cm.

Inschrift:

Jahreszahl 1557 auf den Armen der nach Pfeddersheim (d.h. nach Norden) zugewandten Seite.

Besonderheit:

Schleifmulden am Schaft, mehrere Kugeleinschüsse auf der Südseite des Kreuzes (am Kopf, der Schnittfläche der Balken, am Scharft), verschiedene Initialen am Schaft: F; P + Sch (Nordseite), W / W (Westseite).

Zustand:

Das Kreuz besteht aus zwei Teilen: Sockel und Schaft sind älter, mit dem Spitzeisen bearbeitet und vor allem der Schaft stark verwittert und beschädigt; so ist an dessen linker Vorderseite ein Stück herausgebrochen. Kopf, Arme und ein kleiner Teil des Schaftes von 23cm sind dagegen jünger (1557), gekrönelt und besser erhalten; hier wurden vor allem die Kanten der Arme im Laufe der Zeit beschädigt. Die beiden Teile werden durch Zement und zwei Eisenklammern zusammengehalten. Seit 1975/76 ist der Schaft durch ein Fußstück aus Zement zusätzlich gesichert; beide sind mit rot gefärbten Zement verfugt. Zusätzlich halten zwei Eisenklammern Schaft und Sockel zusammen.

Kartierung: TK l : 50000 L6314 Alzey
Rechts 34/47 400 Hoch 54/98 760
Standort:

Das Kreuz steht 20 m nördlich der neuen Straße nach Monsheim, etwa 2km westlich der Autobahnausfahrt Worms-Monsheim.

Bild 1
Das "Heilige Kreuz" bei
Worms-Pfeddersheim, Südseite

Bild 2
Das "Heilige Kreuz" bei Pfeddersheim
während der Ausgrabungen
Mai / Juni 1938
Das Kreuz steht an einer wahrscheinlich bis in die römische Zeit zurückreichende Verkehrsverbindung (heute Autobahnzubringer), die Worms über Obersülzen und Kleinbockenheim mit der Haardt bzw. Kaiserslautern und dem Westrich verband, wenige Schritte von der Stelle entfernt, wo der Feldweg von Pfeddersheim nach Heppenheim diese Straße schneidet, und auf dem Kamme des Bergzuges, der das Pfrimmthal von dem Thai des Eisbachs scheidet. Deshalb wird das Mal meist "Heppenheimer Kreuz" genannt, aber auch die alte Bezeichnung "Heiliges Kreuz" ist heute noch üblich.
Nach der Überlieferung wurde es zur Erinnerung an die Schlacht bei Pfeddersheim errichtet, in der am 24. Juni 1525 das Heer der Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz und Richard von Trier die pfälzischen Bauern vernichtend schlug.
Zwei anderen Versionen zufolge steht es über einem Massengrab, in welchem die getöteten Bauern verscharrt wurden bzw. über dem Grab eines Heerführers, der in der Schlacht gefallen war. Allerdings ist das Kreuz wesentlich älter als 1525. Denn am 3. April 1443 verkaufte Peter Sengel von Pfeddersheim der dortigen Präsenz eine jährliche, Gülte von einem Pfund Heller um 20 Pfund Heller. Dabei gab er als Unterpfand auch "einen halbin morgin wingarts am Heppenhemer wege nahir dem heiligen creucz (d.i. Süden) Beczin Peter nahir der bach (die Pfrimm im Norden) Clessgin Loffts erbin".
Auch im Pfeddersheimer Bed- oder Steuerregister aus dem Jahre 1521 wird das Mal erwähnt: Damals besaß Jacob Wyttolf "Item ein Halben morgen vff Hinder pfeln by dem Hayiigenn Kreuz..."
In der Flur "Hinter Peel" steht das Kreuz noch heute. Der Name deutet auf die dort im Gegensatz zum früher üblichen Kammerbau an Pfählen hochgezogenen Weinreben hin. Das Mal stand demnach früher im Rebgelände, das damals ganz Pfeddersheim umgab, denn "allda ein Wein wächst / so dem Bacharacher nichts nachgibt".
Das "Heilig Kreuz" muß im Verlauf der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts – vielleicht während der Schlacht am 24. Juni 1525 – teilweise zerstört worden sein. Denn nach der Jahreszahl 1557, welche in die der Stadt zugewandten Seite der Arme eingemeißelt ist, wurde damals dem alten Schaft ein neues Teilstück, bestehend aus Kopf, Armen und einem 23cm langen Schaft, aufgesetzt. Ob diese Wiederherstellung – wie Willi Alter vermutet – mit dem Religionsgespräch im Zusammenhang steht, das im gleichen Jahr in Pfeddersheim zwischen Vertretern der Wiedertäufer und evangelischen Theologen aus Heidelberg stattfand, muß allerdings dahingestellt bleiben.
Erneut beschädigt wurde das Kreuz im 18. oder 19. Jahrhundert. Denn die "Kunstdenkmäler des Kreises Worms", welche im Jahre 1887 erschienen, vermerken ausdrücklich, daß es umgestürzt gewesen und in neuerer Zeit wieder aufgerichtet worden sei.
Allem Anschein nach steht das Mal heute nicht mehr an seinem ursprünglichen Standort, sondern wurde im Laufe der Zeit, vielleicht bei einer der genannten Wiederherstellungen – wenn auch nur geringfügig – versetzt. Denn es steht auch heute noch in der Flur, in welcher es nach seiner ersten Erwähnung errichtet worden war.
Bereits im letzten Jahrhundert fand Dr. Kohl aus Worms in seiner Nähe Fundamente und ein Skelett. Im Mai 1938 schnitt der Arbeitsdienst, welcher die Flurbereinigung in der Pfeddersheimer Gemarkung durchführte, westlich des Kreuzes Fundamente an, "die eingemessen wurden". Wie Dr. Friedrich Maria Illert in seinem Grabungstagebuch unter dem 18. Mai 1938 festhielt, umzogen sie das Kreuz, waren aber

"...z.T. ausgebrochen, die Fundamentgruben können aber noch deutlich verfolgt werden. Ein Fußboden von Sandsteinplatten (vielleicht 17. Jahrhundert) unter dem Kreuz erweist, daß dieses trotz höheren Alters erst seit jüngerem Datum an seinem heutigen Platz steht. Funde, die gemacht wurden, erstrecken sich bis ins vorige Jahrhundert. 2 Scherben von Rillentöpfen können noch ins 16. Jhd. gehören. Ein Nürnberger Golddukat von 1543 steht wohl in keinem Zusammenhang mit den Fundamenten. Die bisher freigelegten Mauerzüge und Baugruben deuten auf einen größeren viereckigen Grundriß des Gebäudes. Für eine Feldkapelle erscheint es zu groß. Fortifikatorische Anlage? Vielleicht gibt das französische Katasterblatt eine Auskunft. Die Untersuchung geht weiter.
– 27.5.38. Pfeddersheim, hinter Peel. Die Fundamentuntersuchung am Kreuz ist weitergegangen. Die westliche Ecke ist aufgedeckt. Der Mauerring wird noch ganz freigelegt und dann völlig aufgenommen. Ein rottoniger engrilliger Topf und eine Mündung einer kleinen Glasflasche lassen doch ein höheres Alter der Anlage vermuten. Ihr Zweck bleibt noch unklar.
– 3.6.38. Pfeddersheim, am Kreuz. Die Fundamente sind durch den Arbeitsdienst völlig freigelegt und wurden aufgenommen"...

Zu einer genaueren Auswertung der Funde und der Veröffentlichung der Grabungsergebnisse kam es indessen leider nicht. Vielmehr gingen die Unterlagen bei einem Luftangriff im Frühjahr 1945 zugrunde. Es können demnach über das Alter und die Bedeutung der das "Heilige Kreuz" umgebenden Fundamente keine gesicherten Aussagen gemacht werden.
Allerdings erwähnt das Bürgermeisteramt Pfeddersheim im Jahre 1882 in dem Fragebogen, der als eine Grundlage zur Erfassung der Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen diente, daß sich das Kreuz an einer Stelle erhebe, "wo früher eine Kapelle gestanden". Auch Peter Harer erwähnt in seiner Beschreibung der Schlacht bei Pfeddersheim vom 2 4. Juni 1525 "ein Kirchlein" auf der Höhe südlich der Pfrimm, bei welchem 150 pfälzische Reiter Stellung bezogen.
Vielleicht erhob sich das "Heilig Kreuz" zunächst in der Nähe dieser Kapelle und wurde, als diese zerstört war, zu einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt innerhalb des ehemaligen Kirchenraums aufgestellt. Wie sein Name ausweist, errichtete man es ursprünglich nicht als Erinnerungsmal an einen Unfall oder ein Verbrechen, sondern als Flurkreuz, das wohl auch die von Südwesten heranziehenden Unwetter von der Stadt Pfeddersheim und ihrer Gemarkung fernhalten sollte.
(Schnabel, Berthold - Die Steinkreuze in Rheinhessen, in: Alzeyer Geschichtsblätter, Heft 15, Alzey 1980, S.152-155)


Sühnekreuze & Mordsteine