Deutschland Sachsen Lkr. Aue-Schwarzenberg

Bockau (I)

PLZ: 08324

GPS: N 50° 31,098', O 12° 42,686'

Standort: An der Straße zwischen Bockau und Jägerhaus befindet sich auf ca.720m Seehöhe an der Einmündung des Lauterer Grenzflügels und des Jägerhäuser Flügels ein Parkplatz. Von dort aus einem Forstweg in westlicher Richtung ca. 300 Meter folgen. Kurz nachdem er einen kleinen Bach durchquert, befindet sich die Mordstelle in Sichtweite rechts des Weges.

Größe / Material: 57:125:40 / Granitfindling

Geschichte: Der Mordstein trägt folgende Inschrift:
Elisabeth Charlotte
Müller
* 30. Nov. 1906
† Palm. 13. April 1930
Die Ehre stand ihr höher als das Leben
Elisabeth Charlotte Müller war eine Studentin aus Leipzig, die sich zur Kur in Bad Schlema aufhielt. Sie fiel an dieser Stelle einem Sexualverbrechen zum Opfer. Der Täter, ein gewisser Leischker aus Bockau, wurde gefaßt und beging in der Haft Suizid.

Sage:

Quellen und Literatur:
Seyffarth, Joachim und Edith - Der "Mordstein" am Jägerhaus beim Ochsenkopf, in: Vom Blitz erschlagen, Ermordet, Verunglückt - Geschichten um vergessene Denkmale, 1. Folge, 2002, S.71-72
Recherche und aktuelle Aufnahmen von Andreas Schumann, Reichenbach



Der "Mordstein" am Jägerhaus beim Ochsenkopf
von Joachim und Edith Seyffarth

(Juli 1992)

1930: Die Straße von Aue über Bockau nach Johanngeorgenstadt führt durch eines der größten geschlossenen Waldgebiete des Erzgebirges. Etwa 3 Kilometer nach der Bockauer Kirche erreicht sie das "Rundteil". Von hier aus weisen mehrere Schilder zum etwa 200m entfernten "Mordstein". Es ist ein einsam im Hochwald liegender Felsblock mit der Inschrift
Elisabeth Charlotte
Müller
* 30. Nov. 1906
† Palm. 13. April 1930
Die Ehre stand ihr höher als das Leben.
Ältere Einwohner erzählen noch heute, dass dort einst eine Studentin aus Leipzig vergewaltigt und ermordet wurde. - Ein Ereignis, das die Bevölkerung und die Tagespresse über Monate beschäftigte.
Die 23-jährige Studentin der Pharmazie, Tochter eines Leipziger Rechtsanwaltes, war im April 1930 zur Kur im Radiumbad Oberschlema. Von hier aus unternahm sie ausgedehnte Wanderungen in die weitere Umgebung, um Landschaften und Tiere zu fotografieren. Von einem dieser Ausflüge kam sie nicht zurück. Am 17. April meldet die Kurdirektion, dass Charlotte Müller seit Sonnabend, den 13. April, vermisst wird. Der Vater setzte eine Belohnung von 500 Mark für die Auffindung aus. Eine am 19. April durchgeführte Streife der Gendarmerie und Schutzpolizeibeamten durch das Waldgebiet zwischen Bockau und dem Jägerhaus verlief ergebnislos.
Einen Monat später ist die Vermisste immer noch nicht gefunden. Am 21. Mai wird spekuliert, ob sie nach Karlsbad in der Tschechoslowakei entführt wurde. In der Zwischenzeit ist jedoch in der Zwickauer Polizeidirektion ein anonymer Brief eingegangen. Danach sollte der Mantel und ihre Handtasche in der Gepäckaufbewahrung des Chemnitzer Hauptbahnhofes liegen. Dort wurde beides tatsächlich gefunden. Nach dem Bericht vom 22.5. ging nun die Polizei von einem Mord aus. Sie begann sich auf den seit einiger Zeit verdächtigen Korbmacher und zuletzt als Bauarbeiter tätigen Willy Leischke aus Bockau zu konzentrieren. Leischke wurde als derjenige identifiziert, der die Gepäckstücke der Charlotte Müller am Chemnitzer Hauptbahnhof aufgegeben hatte. Unter Mordverdacht stehend, nahm man ihn in Haft. Er selbst gab immer wieder an, dass er mit dieser Tat nichts zu schaffen habe, da er an dem vermuteten Mordtag zu den Krokuswiesen nach Drebach gewandert und nicht in der Umgebung von Bockau gewesen sei.
Die befragte Bevölkerung schilderte ihn als einen ruhigen und besonnenen Mann, dem eine solche Tat auch nicht zuzutrauen sei. In der Zwischenzeit ging die Suche nach der Verschollenen im Waldgebiet zwischen Bockau und dem Jägerhaus weiter, doch ohne Erfolg. Die gleichzeitig durchgeführten Vergleiche zwischen Leischkes Handschrift und dem anonymen Brief ergab eindeutig, dass Leischke den Brief geschrieben haben muss. Doch dieser stritt weiterhin alles ab.
Am 23. Mai wird das Waldstück zwischen Bockau und dem Jägerhaus erneut und in Begleitung Leischkes abgesucht. Er führt die Beamten kreuz und quer durch den Wald und gibt keinerlei Hinweise auf den Tatort. Durch Zufall scharrt ein Beamter mit dem Fuß ein Stück Moos beiseite und findet die Leiche. Leischke gesteht nun, dass er die Tote zwar gesehen, jedoch den Mord nicht begangen habe. Einen Tag später wird Leischke noch einmal an diesen Ort geführt. Nun gesteht er die Tat. Er gibt an, dass ihn die Studentin gefragt habe, ob Wild im Wald sei, sie möchte es gern fotografieren. Er habe sie dann in eine Schneise geführt und dort geknebelt und gewürgt, um sie am Schreien zu hindern und um sie zu vergewaltigen. Da sei sie tot zusammengebrochen. Die Leiche der Charlotte Müller wurde in einen Holzschuppen am Jägerhaus gebracht und dort von Prof. Dr. Kockel seziert. Als man Leischke zum Sektionstisch führte, brach er dort zusammen.
Mitte Juni saß Leischke noch in Untersuchungshaft in Zwickau, denn es bestand der Verdacht, dass er weitere Sittlichkeitsverbrechen begangen habe. Dann brachte man ihn nach Aue zu einer Gegenüberstellung. Hier wurden ihm zwei weitere versuchte Sittlichkeitsverbrechen nachgewiesen. Der Fall Leischke nahm die sächsische Justiz noch lange in Anspruch, bevor das Todesurteil gefällt werden konnte.
Der Gedenkstein wurde wenig später auf Veranassung des Vaters der Ermordeten aufgestellt. Seine Inschrift sagt nichts über die Tragik des Geschehens aus und bot damit für lange Zeit Spielraum für viele Legenden.
(Seyffarth, Joachim und Edith - Vom Blitz erschlagen, Ermordet, Verunglückt - Geschichten um vergessene Denkmale, 1. Folge, 2002, S.71-72)



Bockau (II)

GPS: N 50° 30,844', O 12° 41,002'

Standort: Ca. 3km von Bockau entfernt und nur über Forstwege zu erreichen: Von Bockau aus in südlicher Richtung führt der "Dorfbachweg" (gelb markierter Wanderweg) bergauf. Diesem bis "Gretels Ruh" folgen und dort in den kreuzenden (grün markierten) "Kohlweg" in Richtung Sosa = Südwest einbiegen. Diesem Weg nun ca.1700m weiterhin bergauf folgen bis er seinen höchsten Punkt bei 750m Seehöhe erreicht. Der Stein befindet sich unmittelbar links am Weg. Für den Rückweg empfiehlt sich, dem Kohlweg noch ca. 500m weiter zu folgen und dann in die abzweigende alte Sosaer Straße nordwärts abbiegen, die wieder hinunter nach Bockau führt.

Größe / Material: 114:50:20 / Granitsäule

Geschichte: Der "Johnsäule" benannte Denkstein trägt auf der geglätteten Seite folgende Inschrift:

Hier endete
am 28.6.1828.
d. Forstgehilfe
Johann John
durch Mörder.
Der angedeutete Grabhügel unter dem Kreuz über der Schrift gehört nicht zur eigentlichen Einrillung. Er ist lediglich mit der Farbe, mit der die Einrillung hervorgehoben ist, aufgemalt.
"Johann John wurde am 5. Juni (1828) von Wildpretdieben erschossen und am 13. Juni erst gefunden. Ein Jägerbursche aus Frankfurt a.M. gebürtig, katholischer Religion, war in Diensten beim Herrn Carl Gottlieb Wagner, königl. Sächs. Revierförster allhier. 31 Jahre alt." (Kirchbuch-Eintrag zu Bockau)
Die Todeszeitpunktangabe des Kirchbuches und die des Steines stimmen nicht überein!

[...] Der Chronist Cristian Lehmann berichtet in seiner Schneeberger Chronik 10 Jahre später und abweichend davon, dass Johann John aus Böhmen war, und dass es erst "nach täglichen Waldstreifen, den vereinten Bemühungen der Behörden und der Gemeinde gelang, den Entseelten aufzufinden".
Der heute noch gut gepflegte Gedenkstein wurde entweder erst einige Jahre nach dieser Tat errichtet, oder zu einer Zeit überarbeitet, als das genaue Datum dieses Mordes bereits nicht mehr bekannt oder lesbar war. (Seyffarth 2002)

Sage: Im Bockauer Staatsforstrevier steht an einem einsamen Forstwirtschaftsweg in der Nähe des "Franzosenweges" ein schlichter aus einem Granitblock zugehauener Gedenkstein mit der Inschrift: "Hier endete am 28. Juni 1828 der Forstgehilfe Johann John durch Mörder."
Wie sich das zutrug, fragst Du mich?...
Es ist ein heißer Junitag. Im nahen Sosa läuten die Glocken den Mittag ein. Am Waldweg flammt wieder das liebliche Heideröschen auf. Das Johanniskraut beginnt zu blühen. Die Fichten tragen noch den Maienschmuck. Auf den Waldblößen entsprießt dem saftigem Grün der Schmielen der Halm, der den Blößen in der Ferne jenes zarte Rosa gibt. Es ist sehr heiß; die Luft flimmert. Ein würziger Duft erfüllt den Wald, jener Duft, der sich an warmen Sommertagen am Abend bis in die Dörfer ergießt. Es riecht nach verflüchtigtem Harz. Am Waldrand ruht sich der Waidmann aus. Mit ärgerlicher Handbewegung scheucht er die zudringlichen Fliegen fort. "Wagen sie sich nicht ohne Begleitung in das anscheinend schon privilegierte Revier dieser Verbrecher". So hatte doch kürzlich der Chef bei einem Gespräch gesagt, als sie sich über die neuerlichen all zu dreisten Wilddiebstähle beredeten. Der Alte mochte Recht haben, so denkt unser Jägersmann Johann John am Waldrande. Aber, wäre es nicht großartig, diese verwegenen Burschen allein zu stellen? Sogar tagsüber sollen sie angeblich ihr unsauberes Handwerk treiben. Pflicht und Ehrgefühl ringen in dem jungen Forstgehilfen mit den Bedenken des reifen Mannes. Das Verlangen in dieser leidigen Angelegenheit etwas Besonderes zu leisten, scheint in dem jungen mutigen Manne die Oberhand zu gewinnen. Er hat ja auch schon vorgearbeitet. Nicht umsonst hat er seine Spitzel ausgesandt. Er weiß genau, wo die Verbrecher ihr Unwesen treiben. Es ist die Umgebung des Stinkenbaches, ein ruhiger und wildreicher Winkel.
Aber werden die Spitzel auch dicht sein?... Ich werde heute meine Fühler selbst ausstrecken, so denkt John. Im Weitergehen trifft er auf dem Bockaeur Weg, die heutige Sosaer Straße, einen alten ihm befreundeten Waldarbeiter, der zur Ausbesserung des Stinkenbachweges Steine schlägt. Das Gespräch kommt auch hier sogleich auf die Wilderei. Der treuherzige Alte meint auch: "Herr Färschter, sei se fürsichtig! mit dan Kumpane is net gut Kirschen aßen. Kährn se lieber üm; es ward aa net lang off e darbs Gewitter sei. Sahn se när dan schwarzen Staabarg aa!" Doch auch diese Warnung verschlug sich in dem aufgekommenen Wind…
Gerade diese Gefahr reizte den weidgerechten Jäger noch mehr. Sonderbar aber: auf dem Wege nach der Höhe des heutigen Franzosenweges taucht seine ferne Heimat vor seinen Augen auf. Er ist Frankfurter. Wie rauh ist doch dieses Gebirge, abgesehen von den paar Sommerwochen gegen das liebliche Maintal. Er hat viel gesehen, seit ihn das Schicksal in diesen Winkel verschlagen. Auch in böhmischen Diensten war er.
An einer Wegkreuzung, die ihm für sein Vorhaben recht günstig erscheint, läßt sich Johann John nieder. Wie lange er wird er warten müssen? Nun, er hat als Weidmann das Warten gelernt. Der alte Gottlieb scheint recht zu behalten: Über dem Steinberg werden die Wolken immer drohender. Schon hört man die ersten Donner rollen. Das Gewitter schiebt sich immer näher heran. Unter Fichten ist da kein guter Aufenthalt. "Vor den Fichten sollst du flüchten, doch die Buchen sollst du suchen", so heißt es im Volksmund. Zum Buchengarten ist es nicht weit, denkt John. Doch das Gewitter ist schon über ihm, kochend rollt der Donner über den Berg. Blitz kracht auf Blitz. In Strömen peitscht der Regen nieder. Der Forstgehilfe bleibt, weil er muß.
Da, was ist das?... Kommt da nicht wer angekeucht? Auf dem Wege wenige Meter vor ihm, schleppen zwei Männer einen feisten Rehbock. John sprang auf und brüllt in das Tosen der Elemente: "Halt, oder ich schieße!" Doch als er die Waffe an die Wange reißen will, kracht schon ein Schuß. Der tapfere Beamte sinkt zusammen. Es war ihm in seinem Eifer entgangen, daß die Burschen selbst unter Waffenbedeckung gingen. Ein dritter Wilderer begleitete die beiden Träger mit schußbereiter Waffe. Trotz der Mordtat stehen erschüttert nun die drei Verbrecher vor dem entseelten Körper und ziehen stumm die Hüte. Nach einer Weile beginnt der eine Träger: "Er hat nur seine Pflicht tun wollen." Darauf der betroffene Mordschütze: "Wir taten unsere Pflicht für die hungrigen Mäuler zu Hause." Kleinlaut fügt der weiche Träger hinzu: "Mich kriegt ihr nicht mehr zu solchem Handwerk." Jetzt peitschte ein Blitz in eine der Fichten in der Nähe. Ein gräßlicher Donner brüllte über die verschüchterten Mörder. Sechs rohe Fäuste packen den toten Förster und schaffen ihn in den niedrigen Fichtenbestand nebenan. "Das ist wie Gottesgericht", murmelt einer der Verbrecher und schüttelt sich vor Entsetzen.
Johann John kehrt nicht in die Försterei zurück…
Der Steinschläger Gottlieb hatte trotz des Gewitters den Knall des Gewehrs gehört. Es war nicht schwer, den toten Förster zu suchen. (Freie Nacherzählung , verfaßt von D. Reinhold aus Bockau nach dem mündlichen Bericht eines alten Waldarbeiters )

Quellen und Literatur:
Seyffarth, Joachim und Edith - Die "Johnsäule" im Forstrevier Bockau, in: Vom Blitz erschlagen, Ermordet, Verunglückt - Geschichten um vergessene Denkmale, 1. Folge, 2002, S.62-63
Recherche und aktuelle Aufnahmen von Andreas Schumann, Reichenbach



Bockau (III)

GPS: N 50° 32,173', O 12° 39,591'

Standort: Der Standort ist schwer zu finden. Er befindet sich westlich von Bockau im rechten Talhang der Zwickauer Mulde zwischen Königsweg und Amtmannsweg in sehr unzugänglichem Terrain: Vom unteren Ortseingang Bockaus aus führt der sogenannte Königsweg (grün markierter Wanderweg) in Richtung Blauenthal. Diesem folgen, bis er nach ca. 2km das "Weinstockbächel" überquert. Dort den Weg verlassen und (etwas halsbrecherisch) dem Bachverlauf sehr steil aufwärts folgen bis ein weiterer unscheinbarer Weg, der eigentlich nur eine Wasserleitungstrasse ist, erreicht wird. Dieser Trasse ca. 400m in nördlicher Richtung folgen. Der Stein steht direkt am Steig bei einem kleinen Felsen.

Größe / Material: 95:73:20 / Granit

Geschichte: Der grabsteinförmig gestaltete Unfall-Gedenkstein trägt folgende Inschrift:
Zum
Gedenken!
Hier
verunglückte
tödlich
beim
Holzfällen
der
Waldarbeiter
Ernst Einsiedel
am
29.08.1950
Der Stein wurde 1994 oder 1995 von der Gemeinde Bockau gesetzt.

Sage:

Quellen und Literatur:
Recherche und aktuelle Aufnahmen von Andreas Schumann, Reichenbach


Sühnekreuze & Mordsteine