Deutschland
Sachsen
Lkr. Zwickauer Land
Kirchberg
Blick zum Standort |
Zustand 2005 Foto: Gerth |
PLZ:
08107
GPS:
N 50° 37,162', O 12° 31,948'
Standort:
Straßenseitig auf Bodenhöhe in der Grundmauer des Gasthauses "Wiener Spitze" eingesetzt.
Größe / Material:
40:135:? / Porphyr?
Geschichte:
Das ehemalige Gasthaus "Wiener Spitze" ist mit all seinen Nebengebäuden
stark dem Verfall preisgegeben! Auf einen weiteren Erhalt des Denksteins muss dringend geachtet werden!
Einzeichnung eises 67cm langen Schwertes, einer Radnabe mit 2 Speichen und
der Jahreszahl 1701. Das Gebäude wurde in der Mitte des 19.Jahrhunderts errichtet. Es ist anzunehmen, dass der Stein in dieser Zeit mit vermauert wurde.
Sage:
Quellen und Literatur:
• Vom Denkstein beim Gasthof "Wiener Spitze" in Kirchberg, in: Steinerne Zeugen aus vergangenen Tagen, Zwickauer Heimatbogen, 1927, Nr.9, S.22-25
• aktuelle Aufnahmen von Paul Basler, Schwarzenbach / Saale (Fotos von Mai 2008)
• Ergänzungen von Sven Gerth, Pfaffroda (Foto von Februar 2005)
Vom Denkstein beim Gasthof "Wiener Spitze" in Kirchberg
In die Wand des Gasthofes "Wiener Spitze" in Kirchberg ist ein Denkstein
eingemauert, der früher an der Straße nach Wolfersgrün und später an verschiedenen Stellen der Stadt stand. Ein Schwert und ein
Teil eines Rades sowie die Jahreszahl 1701 sind in ihn eingehauen. Könnte der Stein reden, so würde er uns die folgende Geschichte
erzählen, die sich im Jahre 1701 zugetragen haben soll.
An einem schönen Herbsttag weidete ein Hirtenbub seine Herde am Borberg. Er hieß Johannes David Petzold, kurz Hansdaved
genannt. Die Hände im Nacken verschlungen, lag er im Grase und blinzelte in die Sonne. Er dachte wieder an die Geschichten,
die sich die Leute vom Borberg erzählten. Sie beschäftigten ihn jeden Tag, und seine Neugierde wurde immer größer. Langsam
erhob er sich und schritt auf eine verrostete Eisentür zu, die einen Brunnen im Berg verschloß. Hinter ihr sollten sich nach den
Berichten der Leute zwölf schwarze Männer mit zwölf schwarzen Hunden verbergen. Vor ihnen kannte Hansdaved keine Furcht,
wohl aber vor dem bösen Gesicht seines Herrn, der ihm streng verboten hatte, vom Vieh wegzulaufen. Doch auch das vergaß er und
öffnete die geheimnisvolle Tür, die sich kreischend in den Angeln drehte.
Er betrat einen dunklen Gang. Erschrocken zog er die Hand zurück, als er das feuchtkalte Gestein an der Brunnenwand berührte.
Sein Atem ging keuchend, und es war ihm, als ob ihn jemand an der Kehle würgte. Die Angst trieb ihm den Schweiß auf die Stirn.
Als er fliehen wollte, konnte eir nicht einmal den Kopf wenden. Nur auf die zwölf schwarzen Männer mußte er immer blicken, die ihn
schrecklich anstarrten. Als er auch noch die zwölf schwarzen Hunde hervorspringen sah, hielt er die Hände vor die Augen und stürzte
zu Boden.
Vor dem Brunnen erwachte er wieder. Nach und nach fiel ihm wieder ein, was sich zugetragen hatte. Wie er aber vor den
Brunnen gelangt war, konnte er sich nicht erklären. Er suchte nach seinem schwarzen Käpplein, fand es aber nicht. Auch die Kühe
waren nirgends zu erblicken. Sie hatten sich beim Mittagläuten, als sie niemand nach Hause trieb, allein auf den Weg gemacht.
Schon von weitem sah der Junge jetzt das zornige Gesicht Meister Wohlrabs, so hieß sein Herr. Der wollte nach dem Rechten
sehen. Da floh Hansdaved in das Gebüsch und wagte nicht, nach Kirchberg zurückzukehren. Zwischen den Teichen hindurch über
Hirschfeld gelangte er nach einigen Tagen bis Plauen. Dort klopfte er an die Tür seiner Verwandten, die ihm eine Arbeit versorgten.
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Meister Wohlrab indes ging mit finsterem Gesicht und Angst in den Augen umher. Vergeblich hatte er am Borberg nach dem
Knaben gesucht, den er mit dem Stock tüchtig strafen wollte. Mit Schrecken hatte er jedoch bemerkt, daß jemand an der Tür des
Brunnens gerüttelt hatte. Nun öffnete er sie selbst und sah im Gang das schwarze Käpplein liegen. Er glaubte nicht anders, als daß
die Geister den Knaben geholt hätten, warf den Stock weg und rannte nach Hause. In der Stadt aber sah man die Kühe ohne
Hütejungen einziehen und bemerkte auch das sonderbare Verhalten Meister Wohlrabs. Er lief verstört umher und konnte seine
Unruhe nicht verbergen. Da fingen die alten Weiber an zu tuscheln, und die Kinder machten einen großen Bogen um ihn.
Eines Tages stand der Amtsdiener vor seiner Tür und verlas ihm ein Schreiben, in dem er angeklagt wurde, seinen Hütejungen
ermordet zu haben. Man legte ihm Fesseln an und verhaftete ihn. Die Richter berieten, ob sie ihm mit dem Schwert den Kopf
abschlagen oder ihn auf ein Rad binden und über ein Feuer drehen sollten, woran der Denkstein noch erinnert. Doch der Kurfürst August
der Starke, der gerade in Wiesenburg jagte, entschied jedoch, daß er aufgehängt werden sollte. Wie sehr Meister Wohlrab auch
seine Unschuld beteuerte, man hatte den Stock und das Käppiein am Borberg gefunden, und das genügte.
Am Täubertsberg wurde der Galgen errichtet und der Verurteilte hinaufgeführt. Mit ihm zogen die Geistlichen, die Richter und
viel neugieriges Volk. Der Amtmann verlas nochmals das Urteil und legte Meister Wohlrab die Schlinge um den Hals. Die Frauen
schluchzten, und die Männer standen ernst und stumm.
Da preschte ein Reiter die Lengenfelder Straße herein und schwenkte ein weißes Tuch. Man glaubte, es wäre ein Bote des
Kurfürsten, und wartete. Wie staunten aber alle, als sie Hansdaved erkannten, der vom Pferde sprang. Noch ganz außer Atem
berichtete er, daß er in Flauen zweimal geträumt habe, Meister Wohlrab solle seinetwegen hingerichtet werden. Da hatte er es seinem
Herrn erzählt, und der meinte: "Wenn du das ein drittes Mal träumst, nimm mein schnellstes Pferd und reite nach Kirchberg."
Als er das auch nochmals träumte, bestieg er noch in der Nacht das Pferd und jagte los. Vor Kirchberg hielten ihn die Jäger des
Kurfürsten auf, und als er ihnen die Geschichte berichtete, brachten sie ihn zu ihrem Herrn. Als der Kurfürst davon hörte, begnadigte
er Meister Wohlrab und befahl Hansdaved, schnell zum Richtplatz zu reiten. Gerade noch in letzter Minute traf er dort ein.
Es war für die Kirchberger ein besonderer Tag im Jahre 1701, als sie wieder nach Hause zogen. Ihnen voran schritten Meister
Wohlrab und sein Hütejunge. An der Stelle aber, an der die Jäger Hansdaved aufgehalten hatten, errichtete man einen Gedenkstein
mit einem Schwert, einem Rad und der Jahreszahl 1701.
(Steinerne Zeugen aus vergangenen Tagen, in: Zwickauer Heimatbogen, Nr.9, 1927, S.22-25)