Schweiz Obwalden Bezirk Sarnen

Sarnen


Detail der Inschrift

PLZ: CH-6060

GPS: N 46° 53.883', O 8° 14.787'

Standort: Im Historischen Museum in Sarnen.

Größe / Material: 110:60:? / Sandstein

Geschichte: Das Steinkreuz stand bis in die 1920-Jahre am Steinhaus am Dorfplatz Sarnen.
Am 26. Januar 1486 wurde der Landammann Dionys Heinzli (oder Heintzli) von Walter Isner aus Kerns vor seinem Haus am Dorfplatz 1 in Sarnen erstochen. Der Mörder Isner musste als Strafe unter anderem ein Sühnekreuz aufstellen. Dies war damals nichts so ungewöhnliches. Der Täter konnte sich mit den Angehörigen des Opfers einigen und eine Strafe zahlen.
Das Kreuz ist aus Sandstein und knapp 1,10m hoch und 60cm breit. Der Text darauf lautet:
Dionisius Hentzly aman diesers lantz 1486
Darunter das vereinfachte Heinzli-Wappen, ein Hirschgeweih.
Das Sühnekreuz befand sich seit 1489(?) bis Ende 19. Jahrhundert am Dorfplatz 1. Es war lange Zeit in der Kellerwand eingemauert und wurde mehrmals umgesetzt. Zuletzt war es an der abgeschrägten Ecke gegen den Dorfplatz befestigt.
In der Innerschweiz sind Sühnekreuze ausserordentlich selten.
Die Familie Heinzli (oder Heintzli) gehörte im 15. und 16. Jahrhundert zur Führungsschicht in Obwalden. Sie stammen ursprünglich vom Ramersberg. Als erster ist ein Walther Heinzli erwähnt, Wirt und zwischen 1414 und 1433 sechs mal Landammann. Zahlreiche Heinzli waren in der Folgezeit Landammann oder bekleideten sonst hohe Ämter. Im Jahr 1594 starb mit Hans Heinzli der letzte seines Geschlechts.
Viele der Heinzli wohnten im Steinhaus am Dorfplatz 1 in Sarnen. Das heutige, aus der Spätgotik stammendes Steinhaus wurde aber erst 1548 erbaut. Heute erinnert nur noch das "welschen Egg" an das Sühnekreuz und den Mord am Heinzli.

Sage:

Quellen und Literatur:
Durrer, Robert - Die Kunstdenkmäler des Kanton Unterwalden, 1928/1978, Seite 632-633.
Durrer, Robert - Das Gedenkkreuz des Ammann Dionysius Heintzli vom Jahre 1486., in: Anzeiger schweizerischer Altertumskunde, 25.Jg., 1892, S.21-23
Historisches Museum Obwalden
recherchiert und bebildert von Bärti Halter, Gisweil
Ergänzungen von Ursula Jagodic-Lusti, Zürich



Das Gedenkkreuz des Ammann Dionysius Heintzli vom Jahre 1486.
von Robert Durrer

   Noch heute pflegt man in vielen katholischen Gegenden die Stätte eines Unglückes oder eines Verbrechens mit einem schlichten Gedenkkreuz zu bezeichnen. Eines der ältesten derartigen Denkmäler in der deutschen Schweiz ist jedenfalls das Todtenkreuz des Obwaldner Landammanns Dionysius Heintzli in Sarnen.
   Das einfache Kreuz ist aus graublauem Sandstein gemeisselt, 106cm hoch, 57cm breit; die Breite der Balken beträgt 14,5cm. Aus der Mitte, wo sich die Balken schneiden, tritt in hohem Relief ein Christuskopf heraus, dessen Nase leider verstümmelt ist. Die in gothischen Minuskeln eingegrabene Legende: "Dionisivs Heutzly amau disers lautz, 1486" vertheilt sich auf die beiden Kreuzarme und den untern Theil des Pfahles. Unter der Jahrzahl erblickt man ein anfangs unverständliches Zeichen, das aber wohl, wie die Vergleichung mit dem beigesetzten Siegelbilde des Ammann Hans Heintzli ergibt, das Wappen dieser Familie, die seitwärts gekreuzten Sparren, andeuten soll. Der den Kopf überragende Theil des Pfahles fehlt heute und ist bloss durch Oelfarbe ergänzt. Vielleicht, dass das Denkmal schon ursprünglich eine T-förmige Gestalt gehabt. Es lässt sich das leider nicht feststellen, da das Kreuz derart in eine Wand eingemauert ist, dass es mit dem Gypsverputz in gleicher Fläche liegt.
   Die tüchtige Steinmetzarbeit befand sich bis zum Jahre 1807 an der Aussenseite des alten "Steinhauses" auf dem Dorfplatz in Samen.
   Bei der damaligen Renovation des Hauses ward sie in eine schräg gegenüberliegende Mauer versetzt und 1843 von Landammann Dr. Etlin in sein neues, an das "Steinhaus" angebautes, Haus übertragen, wo sie noch heute im Hausgange zu ebener Erde, links vom Eingang, in die Wand eingemauert ist. -
   Die Sagen, die sich an diesen Denkstein knüpfen, sind uns in den Akten der Seligsprechungsprozesse des Bruders Klaus überliefert.
   Die deutschen Akten vom Jahre 1591 berichten darüber: "Item by B. Clausen Lebzvten habe eine Pestilenz im Land geregiert, wäre domalen einer vom Geschlecht der Henzlin Landammann, der hätte zwen Söhn, die flockte er in andere gesunde Ort, vermeinend sy vor der Gfahr zu sichern und käme darnach zu B. Clausen, zeigte ihme das an und fragte ihn, wie es ihm gefiele. Habe B. Claus ihme geantwortet, er sollte wohl für sich sehen, dass er syne Sün nit uss dem Himmel in die Höll gefleckt hätte. Also begebe sich darnach, dass derselbigen Söhnen einer auch Landammann, aber angehends uff dem Plaz im Flecken zu Tod erstochen worden und der ander Sohn, als er ein frechen muthigen Gul geritten, denselbigen gesprenget und sich an einem Ast eines Baums so fast verletzt, dass er dessen sterben müssen, habe auch ein kläglich End genommen."
   Marquard Imfeld, Kitter und Landammann, bezeugt im Prozess von 1654, dass genannter Sohn Dionysius geheissen habe; an seinem, des Zeugen, Hause stehe jetzt noch ein Kreuz zum traurigen Andenken. Landammann Peter Imfeld erzählt in den Akten von 1625 die Flucht der Söhne und die warnenden Worte des Einsiedlers im Ranft: "Und hört Wunder zu. Nicht viel Jahre darnach ist der eine Jüngling nächst bei seinem Haus auf offenem Platz zu Sarnen von Gualter Isner von Kerns1) mit einem Dolchen erstochen und ellendiglich daselbsten auf die Haut gelegt, der ander Jüngling aber von einem umgefallenen Höwwagen ersteckt worden."2)
   Die urkundlichen Nachrichten über Dionysius Heintzli fliessen äusserst spärlich. Ich konnte eine einzige Urkunde finden, die seiner Erwähnung thut. Am 26. Januar 1486 erlässt das geschworne Fünfzehnergericht ein Urtheil wegen Allmeindnutzung zu Alpnach. "Dienissies (sie) Hentzly der zitt Landamman zü Vnderwalden ob dem walde" hieng an den Brief sein Siegel, das aber leider nicht mehr erhalten ist.3) Es steht also wenigstens das fest, dass Dionysius im Amtsjahr 1485 als regierender Ammann waltete. Bald nach dem genannten 26. Januar rauss er aber sein blutiges Ende gefunden haben. Der noch im Jahre 1485 begonnene "pfrundherrn rodel zu Samen" erwähnt bereits "des iungen amman Heintzlis Kinds vögt,"4) welche dem Pfrundherren 12 Plappart entrichten, die vormals der Ammann au der Hirserren zu zinsen schuldig war.
   Am 14. September 1487 entrichtet Niklas von Kakritz, des Königs von Ungarn Sendbote, den Eidgenossen die ausstehenden Jahrgelder und bemerkt betreffend Unterwaiden: "Item amman Hentzel verstorben, xxxy fl. Sin son ist auch abkomen nichtz geben."5)
   Die beiden letztem Stellen scheinen die Auffassung der Legende zu bestätigen, dass Dionysius ein Sohn des einflussreichen Landammanns Hans Heintzli und seiner Gemahlin Verena an der Hirserren war, wenngleich zu beachten ist, dass in der Jahrzeitstiftung der beiden letzteren vom 23. April 1478 keine Kinder erwähnt werden.6)
   Zum Schlüsse sei hier noch eines Obmannsspruches des obgenannteu Hans Heintzli gedacht, der uns deutlich zeigt, wie damals solche Sühnekreuze zu entgehen pflegten.
   In einer Rauferei zwischen den Dorfleuten von Goldach im St. Galler Stiftsland und ihren Nachbaren von Grube in Appenzell waren auf beiden Seiten einige erschlagen worden. Der Obmann entschied nun am 8. December 1489 dahin, es sollten die Thäter für jeden Gefallenen der Kirche seines Begräbnissortes 200-300 Kerzen opfern, Messen lesen lassen, Opferpfennige entrichten, eine Fahrt nach Einsiedeln thun, "och im ain staine Krütz setzen in der selben siner kilchhöry an die end wä hin sine fründ das begerent zesetzen, das da sige fünff schuch hoch vnd dryen brait."7)

   Januar 1892.

Rob. Dürrer.

Anmerkungen:
1) Ein "Walti Ysner" von Sarnen erscheint im Rodel des Leutpriesters daselbst von 1485 (Kirchenlade Sarnen).
2) Vgl. Ming "Bruder Nikolaus von Flüe", Luz. Räber, 1861, I, p.393-394.
3) Orig.-Perg. Gemeindelade Alpuach nid d. Feld. Regest. Geschfrd. XXX, 293.
4) Orig. Kirchenlade Sarnen.
5) Staatsarchiv Zürich, abgedr. A. Ph. v. Segesser, Sammlung kleiner Schriften, II, 255.
6) II. Jahrzeitbuch von Sarnen. (Kirchenlade Sarnen.)
7) Zellweger, Appenzeller Urkunden, II, 1, No.371.

(Anzeiger schweizerischer Altertumskunde, 25.Jg., 1892, S.21-23)


Sühnekreuze & Mordsteine