PLZ:
CH-6060GPS:
N 46° 53.883', O 8° 14.787'Standort:
Im Historischen Museum in Sarnen.Größe / Material:
110:60:? / SandsteinGeschichte:
Das Steinkreuz stand bis in die 1920-Jahre am Steinhaus am Dorfplatz Sarnen.Sage:
Quellen und Literatur:
Noch heute pflegt man in vielen katholischen Gegenden die Stätte eines Unglückes oder eines Verbrechens mit einem
schlichten Gedenkkreuz zu bezeichnen. Eines der ältesten derartigen Denkmäler in der deutschen Schweiz ist jedenfalls das Todtenkreuz des Obwaldner
Landammanns Dionysius Heintzli in Sarnen.
Das einfache Kreuz ist aus graublauem Sandstein gemeisselt, 106cm hoch, 57cm breit; die Breite der Balken beträgt 14,5cm. Aus der Mitte,
wo sich die Balken schneiden, tritt in hohem Relief ein Christuskopf heraus, dessen Nase leider verstümmelt ist. Die in gothischen Minuskeln eingegrabene
Legende: "Dionisivs Heutzly amau disers lautz, 1486" vertheilt sich auf die beiden Kreuzarme und den untern Theil des Pfahles. Unter der Jahrzahl erblickt man ein
anfangs unverständliches Zeichen, das aber wohl, wie die Vergleichung mit dem beigesetzten Siegelbilde des Ammann Hans Heintzli ergibt, das Wappen dieser
Familie, die seitwärts gekreuzten Sparren, andeuten soll. Der den Kopf überragende Theil des Pfahles fehlt heute und ist bloss durch Oelfarbe ergänzt. Vielleicht,
dass das Denkmal schon ursprünglich eine T-förmige Gestalt gehabt. Es lässt sich das leider nicht feststellen, da das Kreuz derart in eine Wand eingemauert ist,
dass es mit dem Gypsverputz in gleicher Fläche liegt.
Die tüchtige Steinmetzarbeit befand sich bis zum Jahre 1807 an der Aussenseite des alten "Steinhauses" auf dem Dorfplatz in Samen.
Bei der damaligen Renovation des Hauses ward sie in eine schräg gegenüberliegende Mauer versetzt und 1843 von Landammann Dr. Etlin
in sein neues, an das "Steinhaus" angebautes, Haus übertragen, wo sie noch heute im Hausgange zu ebener Erde, links vom Eingang, in die Wand eingemauert ist. -
Die Sagen, die sich an diesen Denkstein knüpfen, sind uns in den Akten der Seligsprechungsprozesse des Bruders Klaus überliefert.
Die deutschen Akten vom Jahre 1591 berichten darüber: "Item by B. Clausen Lebzvten habe eine Pestilenz im Land geregiert, wäre
domalen einer vom Geschlecht der Henzlin Landammann, der hätte zwen Söhn, die flockte er in andere gesunde Ort, vermeinend sy vor der Gfahr zu sichern und
käme darnach zu B. Clausen, zeigte ihme das an und fragte ihn, wie es ihm gefiele. Habe B. Claus ihme geantwortet, er sollte wohl für sich sehen, dass er syne
Sün nit uss dem Himmel in die Höll gefleckt hätte. Also begebe sich darnach, dass derselbigen Söhnen einer auch Landammann, aber angehends uff dem Plaz
im Flecken zu Tod erstochen worden und der ander Sohn, als er ein frechen muthigen Gul geritten, denselbigen gesprenget und sich an einem Ast eines Baums
so fast verletzt, dass er dessen sterben müssen, habe auch ein kläglich End genommen."
Marquard Imfeld, Kitter und Landammann, bezeugt im Prozess von 1654, dass genannter Sohn Dionysius geheissen habe; an seinem, des
Zeugen, Hause stehe jetzt noch ein Kreuz zum traurigen Andenken. Landammann Peter Imfeld erzählt in den Akten von 1625 die Flucht der Söhne und die warnenden
Worte des Einsiedlers im Ranft: "Und hört Wunder zu. Nicht viel Jahre darnach ist der eine Jüngling nächst bei seinem Haus auf offenem Platz zu Sarnen von
Gualter Isner von Kerns1) mit einem Dolchen erstochen und ellendiglich daselbsten auf die Haut gelegt, der ander Jüngling
aber von einem umgefallenen Höwwagen ersteckt worden."2)
Die urkundlichen Nachrichten über Dionysius Heintzli fliessen äusserst spärlich. Ich konnte eine einzige Urkunde finden, die seiner
Erwähnung thut. Am 26. Januar 1486 erlässt das geschworne Fünfzehnergericht ein Urtheil wegen Allmeindnutzung zu Alpnach. "Dienissies (sie) Hentzly der
zitt Landamman zü Vnderwalden ob dem walde" hieng an den Brief sein Siegel, das aber leider nicht mehr erhalten ist.3)
Es steht also wenigstens das fest, dass Dionysius im Amtsjahr 1485 als regierender Ammann waltete. Bald nach dem genannten 26. Januar rauss er aber sein
blutiges Ende gefunden haben. Der noch im Jahre 1485 begonnene "pfrundherrn rodel zu Samen" erwähnt bereits "des iungen amman Heintzlis Kinds vögt,"4)
welche dem Pfrundherren 12 Plappart entrichten, die vormals der Ammann au der Hirserren zu zinsen schuldig war.
Am 14. September 1487 entrichtet Niklas von Kakritz, des Königs von Ungarn Sendbote, den Eidgenossen die ausstehenden Jahrgelder
und bemerkt betreffend Unterwaiden: "Item amman Hentzel verstorben, xxxy fl. Sin son ist auch abkomen nichtz geben."5)
Die beiden letztem Stellen scheinen die Auffassung der Legende zu bestätigen, dass Dionysius ein Sohn des einflussreichen Landammanns
Hans Heintzli und seiner Gemahlin Verena an der Hirserren war, wenngleich zu beachten ist, dass in der Jahrzeitstiftung der beiden letzteren vom 23. April 1478 keine
Kinder erwähnt werden.6)
Zum Schlüsse sei hier noch eines Obmannsspruches des obgenannteu Hans Heintzli gedacht, der uns deutlich zeigt, wie damals solche
Sühnekreuze zu entgehen pflegten.
In einer Rauferei zwischen den Dorfleuten von Goldach im St. Galler Stiftsland und ihren Nachbaren von Grube in Appenzell waren auf beiden
Seiten einige erschlagen worden. Der Obmann entschied nun am 8. December 1489 dahin, es sollten die Thäter für jeden Gefallenen der Kirche seines
Begräbnissortes 200-300 Kerzen opfern, Messen lesen lassen, Opferpfennige entrichten, eine Fahrt nach Einsiedeln thun, "och im ain staine Krütz setzen in der
selben siner kilchhöry an die end wä hin sine fründ das begerent zesetzen, das da sige fünff schuch hoch vnd dryen brait."7)
Januar 1892.
(Anzeiger schweizerischer Altertumskunde, 25.Jg., 1892, S.21-23)Anmerkungen:
1) Ein "Walti Ysner" von Sarnen erscheint im Rodel des Leutpriesters daselbst von 1485 (Kirchenlade Sarnen).
2) Vgl. Ming "Bruder Nikolaus von Flüe", Luz. Räber, 1861, I, p.393-394.
3) Orig.-Perg. Gemeindelade Alpuach nid d. Feld. Regest. Geschfrd. XXX, 293.
4) Orig. Kirchenlade Sarnen.
5) Staatsarchiv Zürich, abgedr. A. Ph. v. Segesser, Sammlung kleiner Schriften, II, 255.
6) II. Jahrzeitbuch von Sarnen. (Kirchenlade Sarnen.)
7) Zellweger, Appenzeller Urkunden, II, 1, No.371.