Das Jägerkreuz im Bieberer Wald - 63619 Bad Orb
In einer Sommernacht ging der kurfürstliche Jäger aus Villbach
durch das Waldrevier am Bieberer Steig, und der schwarze Bartel, ein berüchtigter
Wilderer, lauerte ihm auf. "Sollst mir nicht Länger verwehren, wann ich mir ein Reh holen will oder einen Hirsch", murmelte der
Wildschütz hinterm Gebüsch, "heut besorg ich dir's!" Es war eine gar linde, herrliche Nacht. Die Vöglein schliefen schon.
Der Mond und die Sterne sahen freundlich herab, aber ihre silbernen Strahlen drangen nicht durch den dichten Busch, in dem sich
der schwarze Bartel versteckt hielt. Der mainzische Jäger schritt mit entsichertem Gewehr vorsichtig durch den Eichwald. Da knackt
und raschelt es im Gebüsch. Der Jägersmann späht ins Gehölz und reißt die Flinte hoch. Da fällt schon ein Schuß aus dem
Hinterhalt, und der mainzische Förster sinkt um. Die Kugel des Wilderers hat ihn tödlich getroffen. Groß war die Klage um den
braven pflichttreuen Jäger. Vom Joßgrund, aus Wiesen und vom Amt Bieber war alles, was zur Jägerei gehörte und die Grüne
Farbe trug, herbeigekommen, um dem toten Kameraden das letzte geleit zu geben.
Die Häscher suchten Tag und Nacht nach dem Mörder, der sich noch eine Zeitlang in den tiefen Spessartwäldern verbergen
konnte, dann aber aus dem Lande floh und nicht mehr in die Heimat zurückkehrte.
Wo der Mord geschah, wurde ein steineres Martert gesetzt, das jetzt zum Teil verfallen ist. Auf dem Steine sind die Worte zu lesen:
"Anno 1727, den [...] August ist Heinrich Stock, Jäger von Vielbach hier von einem Wilt Schützen dott geschossen worden.
Derowegen seine Eltern diß Creuz zu ehren Jesu und trost seiner armen Seel aufrichten lissen."
Etliche Bauern sahen noch in letzter Zeit auf den Talwiesen vom Jägerkreuz ein Irrlicht huschen und geistern, und sie eilten
geängstigt nach Hause. Sie glauben, die Seele des Mörders könne nimmer zu Ruh und Frieden kommen und müsse unstet als Irrlicht
wandern am Ort der ruchlosen Tat.
Von den vier Mördersteinen zwischen Lütter und Schmalnau - 36157 Schmalnau
Einige Stunden Westlich von Gersfeld nach Fulda hin stehen vier Steine zur Erinnerung an vier in einer Nacht hier verübte Mordtaten.
Man erzählt sich folgendes:
Eine Judenfrau aus dem Dorfe Lütter wurde von vier übermütigen Bauernjungen eine lange Zeit so arg gequält, daß sie es nicht
mehr zu ertragen vermochte. Lust zur Rache überwog endlich die Habsucht. Sie erkaufte mit vielem Gelde einige verwegene Kerls,
daß sie ihre vier Peiniger überfallen und gehörig durchbläuen sollten. Die Gedungenen aber nahmen´s mit dem Auftrage nicht so
genau und erschlugen die viere dort, wo heute noch die Denksteine stehen.
An diesen aber mußte bis auf den heutigen Tag nachts die Judenfrau spuken. Viele sehen sie in der Geisterstunde bald an
diesem, bald an jenem der Steine angelehnt stehen.
(Wucke, Chr. Ludwig – Sagen der Mittleren Werra, der angrenzenden Abhänge des Thüringer Waldes, der Vorder- und der hohen Rhön, sowie der fränkischen Saale. Dritte Auflage, Eisenach 1921)