Das Kreuz von Comprachtschütz - PL 46-070 Komprachcice / Comprachtschütz Der Fleischerstein von Koschpendorf - PL 48-388 Chociebórz / Koschpendorf
Nach der Aussage der alten Leute spielte sich vor hundert Jahren folgende Begebenheit ab. Die Pfarrgemeinde Comprachtschütz konnte zur
damaligen Zeit keinen Pfarrer erhalten. Da kam zweimal im Monat ein Priester aus Czarnowanz, um die hl. Messe zu lesen. Im Sommer legte er den Weg zu Fuß
zurück. Im Winter benutzte er dagegen ein Gefährt. Es war Winter. Hoher Schnee bedeckte die Fluren. Als der Schlitten dahinglitt, wurden die Pferde erschreckt
und angehalten. Der Geistliche wurde überfallen, beraubt und getötet. Die Banditen waren sehr enttäuscht, als ihnen nur eine kleine Barschaft des Priesters in die
Hände viel, nämlich das Opfergeld. Wo der Ueberfallene begraben wurde, wuchs ein Stein in der Form eines Menschenkopfes aus der Erde. Derselbe ist immer noch
zu sehen. Um das Andenken des durch Mörderhand gefallenen Geistlichen zu ehren, stellten die Bewohner des Dorfes ein Holzkreuz auf. Sobald wenn selbiges
morsch geworden war, wurde es immer wieder erneuert. Vor 15 Jahren wurde das Holzkreuz von der Hand eines Trunkenboldes zerstört. Da sich diese Naturzeichen
auf dem elterlichen Grundstück befinden, so erfuhr es auch mein Vater. Um fernhin die Erinnerung an das Vergangene vor hundert Jahren zu wahren, stiftete mein
Vater mit seinen Freunden ein schönes Marmorkreuz. Er ließ es mit einem Eisengitter umzäunen, damit es nicht wieder von frevelnder Hand beschädigt würde.
Einst trieben zwei Fleischer, die mit Vieh handelten, von Koschpendorf auf den Markt nach Münsterberg (Ziebice), um daselbst ihr
Vieh zu verkaufen. Doch nur der eine von den beiden hatte Glück und brachte seine Ware an den Mann und dafür das Geld in seine
Tasche. Der andere hatte nichts verkauft und mußte sein Vieh wieder nach Hause treiben. Als sie unterwegs in der Nähe des alten
Bischoffsteines1) zwischen Koschpendorf und Eichau (Dębowice) rasteten, zählte der erste Fleischer seine Barschaft.
Da packte den anderen Fleischer eine fürchterliche Wut und er erschlug seinen Genossen. Als es Abend wurde, kam ein
Koschpendorfer diesen Weg daher gefahren. In der Nähe der Mordstelle wollten die Pferde nicht mehr vorwärts, da sie das
vergossene Blut witterten. Jetzt erst sah der Mann auf dem Wagen, was geschehen war, und plötzlich drehten die Pferde um und
rasten zurück ins Dorf. Der Mörder floh. Er wurde aber bald wieder ergriffen und geköpft.
Ein hohes Steinkreuz bezeichnet heute die Stelle, wo der Mord geschah. Noch jetzt sollen um Mitternacht Pferde an dem alten
Kreuz, obwohl es etwas im Gebüsch steht nicht vorbei kommen. Nur sehr starke Pferden gelingt es mitunter den Wagen vorbei zu
ziehen, der an dieser Stelle immer mit einer unsichtbaren schweren Last beladen zu sein scheint. Oft soll auch zur nächtlichen Stunde
ein Mann ohne Kopf am Sühnekreuz zu sehen sein. Dieses Kreuz heißt seit alter Zeit in Erinnerung an diese Mordtat der
Fleischerstein.
1) Historischer Grenzsteine, sie sind durch ihre Inschriften und Hirtenstäbe als Grenzsteine
des ehemaligen weltlichen Besitzes des Bistums Breslau hinlänglich bekannt. Sie stehen meist an der Grenze der ehemaligen Kreise
Strehlen und Grottkau bzw. Münsterberg und Grottkau. An der jetzigen Grenze der Woiwodschaften Opolskie (Oppeln) und
Dolnośląskie (Niederschlesien).