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PLZ:
99880GPS:
Standort:
Etwa 800m nördlich des Ortes bzw. der Straßenkreuzung im Ort, 200m westlich der Landstraße Aspach - Metebach, am südlichen Waldrand, im Flurteil Aspacher Holz.Größe / Material:
124:60:25 / SandsteinGeschichte:
Das gut erhaltene Malteserkreuz mit einem plastisch herausgearbeiteten ca. 90cm langen Richtschwert und eingeritztem Datum 18.2.1839, wurde erst im Januar 1929 aufgestellt. Es erinnert an die letzte öffentliche Hinrichtung im Jahre 1839 im Herzogtum Gotha, an dieser Stelle, die zugleich der Tatort des Mordes war. Als Muster für seine Form diente das als Zeichnung überlieferte Gerichtskreuz bei Kindleben.Sage:
Nach mündlicher Erzählung soll hier ein Schusterjunge erschlagen worden sein.Quellen und Literatur:
Das Goth. Tageblatt vom 18. Februar 1889 brachte folgend Notiz: Heute vor 50 Jahren
hatten wir im Herzogtum das letzte widerliche Schauspiel einer öffentlich vollzogenen Hinrichtung. Sie wurde vollzogen an dem
Raubmörder Joh. Heinrich Kästner aus Uelleben, der den Schreinerlehrling Joh. Christ. Weiße aus Aspach in bestialischer Weise
ermordet hatte. Nach einer umständlichen und langwierigen Untersuchung und nachdem das vormalige Justizkollegium für diesen
Fall unter Beseitigung der Bestimmungen über: "Hegung des hochnotpeinlichen Halsgerichtes von 1776" eine besondere
"Hinrichtungsordnung" ausgearbeitet und publiziert hatte, fand die Enthauptung unter ungeheuerem Andrang des Publikums aus
Stadt und Land am 18. Februar 1839, früh 8 Uhr, durch den Scharfrichter Wittig aus Langensalza statt. Der Delinquent wurde auf
einem Leiterwagen geschlossen sitzend transportiert. Am Löwenplatz hatten sich Hunderte von Neugierigen angesammelt!“ –
Bei dem bis Mitte des 18. Jahrhunderts üblich gewesene "Halsgerichten" waren die schwarz gekleideten
Richter gewöhnlich auf dem feien Richtplatz an einer Tafel versammelt, um dem Verbrecher das ihm bekannte Todesurteil nochmals
unter gewissen Formeln zu verlesen. Hierauf wurde er der Tat nochmals angeklagt und befragt, ob er geständig sei; dann wurde der
Stab über ihm gebrochen, wobei sich die Beisitzer erhoben und ihre Bänke umstießen, sobald der Verbrecher dem Scharfrichter
übergeben worden war. Der Brauch des "Stab-Brechens" wurde früher auch in Gotha noch vor der Jakobs-Kapelle ausgeübt. Dieser
Akt der Halsgerichtsordnung war jedoch als Rest des alten öffentlichen Verfahrens schließlich zur leeren Zeremonie herabgesunken
und kam 1839 schon nicht mehr zur Anwendung. Ueber die Hinrichtung selbst habe ich bereits in Nr. 4 des "Rund um den Friedenstein"
vom 15. Februar 1928 berichtet und will nun einiges aus den Akten des Thüringer Staats-Archives mitteilen, denn der Inhalt und Stil
bieten eine ganz interessante Studie über die Gerichtsverfahren und Ausdrucksweise vor hundert Jahren. Das Herzogl.
Justiz-Kollegium hatte gegen den 23 jährigen Burschen die "Strafe des Schwerdtes" verfügt, musste aber das Urteil erst
S. Herzoglichen Durchlaucht zur Bestätigung vorlegen. Am 17. September 1838 entschied der Herzog Ernst I von Koburg aus, daß
das gefälthe Erkenntnis dem Inquisiten vorschriftsmäßig zu publizieren sey; falls er weitere Defensionen nachsuchen würde, ihm
diese zugestanden werden solle. Am 9. Oktober ging ein Begnadigungsgesuch an das Groß- und Herzogl. Oberappellations-Gericht
in Jena ab. Während der Inquisit beim Verlesen des "Urthels" anfangs keine sonderliche Gemütsbewegung zeigte, bat er später um
Umwandlung der Todesstrafe in "lebenslängliche Einsperrung im Zuchthause oder um die Möglichkeit einer Auswanderung nach
Amerika, wo sein Verbrechen unbekannt wäre."
Am 30. Oktober wünscht der Herzog in einem mit "Serenissimus" unterzeichneten Schreiben vom
Oberappellationsgericht einen genauen gutachtlichen Bericht über die Umstände, die etwas dazu bestimmen könnten, von dem
landesherrlichen Begnadigungsrecht Gebrauch zu machen. – Dieses amtliche Schriftstück ging am 29. November ein und behandelte
alle Vorgänge in juristischer Gründlichkeit auf 26 Folio-Seiten. Zuerst wurde der Raubmord festgestellt, da der Inquisit die Kleider
und sogar das blutbefleckte Hemd des Ermordeten teils selbst angezogen, teils unter einem Baum verscharrt und die vermeintliche
Leiche nackend liegen gelassen habe. Die Kleidung habe er nicht mit Zustimmung des Beraubten sondern unter Gewalteinwirkung
gegen dessen Person in seinen Besitz gebracht. Unter Bezugnahme auf das Landesgesetz vom 4. Februar 1754, daß in Ansehung
der gemeinen Räuberbanden und Jauner ergangen sey, wäre die Ansehung der gemeinen Diebstähle nach der peinlichen
Halsgerichts-Ordnung Kaisers Carl V. und der gemeinen Rechte bei solchen Räubereien eine Schärfung der gemeinrechtlichen
Strafen verordnet, nämlich die Todesstrafe durch den Strang oder das Rad (je nach Beschaffenheit der Umstände). Weil aber
Inquisit zu einer "Bande" nicht gehört habe, könne der Art. 126 der "peinlichen Gerichtsordnung" auf die Strafe des Schwertes
erkannt werden. Dazu komme die vorsätzliche Tötung seines Opfers, die am 31. Dezember 1837 mittags 1 Uhr erfolgte. Die Zweifel
des Defensors, ob der bald nach der Tat eingetretene Tod ev. durch die ärztliche Behandlung erfolgt sein könnte, wird als
unbegründet zurückgewiesen und besonders hervorgehoben dass Inqiusit nach eigener Aussage die Absicht gehabt habe, den
Lehrling "halbtodt" zu schlagen, um ihn alsbald berauben zu können. Er schlug ihn mit einem Stock mehrfach über den Kopf, "damit
es völlig aus sey, und der Beraubte Inquisiten nicht namhaft machen könne." Weil jedoch die Tat im Affekt verübt worden sei, könne
auch hierfür statt der nach Artikel 157 verwirkten Strafe des Rades mildernd auf die Strafe des Schwerdtes erkannt werden. Auch
der jetzt noch beliebte Entschuldigungsgrund, daß Kästner nach reichlich genossenen Branntwein berauscht gewesen sein will, wird
mir der folgenden Begründung zurückgewiesen: "Ist der übermäßige Genuß geistiger Getränke schon an sich nach Reichs- und
Landesgesetzen ahndungswert", so könne doch nur bei einem total Betrunkenen Strafmilderung in Betracht kommen. Und das traf auf
diesen Delinquenten nicht zu. Im Hinblick au die allgemeine Sicherheit hält es der oberste Gerichtshof für recht bedenklich, wenn in
diesem Fall von dem Rechte der landesherrschaftlichen Begnadigung Gebrauch gemacht werden würde, zumal der Inquisit schon in
seiner Jugend den Hang zu Betrügereien und Entwendungen gezeigt habe, und solche sogar im Gefängnis versuchte. Es wird darauf
hingewiesen, daß noch weitere Vergehen des Verbrechers zu befürchten wären, ohne daß dessen "Aufbewahrung" in einer
Strafanstalt genügend Sicherheit dagegen gewähren kann. Als besonders belastend wurde noch auf die rohe Gefühllosigkeit
hingewiesen, die er beim Anblick des ihm vorgezeigten Leichnams und der daran ersichtlichen Wunden gezeigt habe. Schließlich
wird in dem Gutachten noch davor gewarnt, so einen großen Verbrecher mit Gefahr und Nachteil für die Menschheit einem anderen
Weltteile unbeaufsichtigt zuzuweisen, ja wohl gar ihn mit den dazu nötigen Mitteln zu versehen, an welchem es den Inquisiten aus
eigenem Vermögen fehlt. Die Erfahrung hat auch gezeigt, daß begnadigte Verbrecher meistens wieder rückfällig werden. – Das
Gutachten schließt mit dem Satze:
Wir bescheiden und jedoch, dass die letzte Frage der höheren Weisheit Ew. Herzogl. Durchlaucht anheim
gestellt bleibt und verharren tiefster Verehrung Ew. Herzogl. Durchlaucht unterthänigst-treu-gehormste zum Herzoglich
Sachsen-Coburg-Gothaischem und Gesamt-Appellations-Gericht verordneten Präsident und Räthe daselbst. – In jener Zeit war es
noch ein beliebtes Verfahren, von der rechten Bahn abgekommene Menschen einfach nach Amerika abzuschieben, bis sich die
"neue Welt“ schließlich energisch dagegen wehrte. –
"Daß dem Verbrecher nahe gelegte Begnadigungsgesuch ging auch ab, es ist aber wohl mehr der
Ausfluß des bereitwilligen Verfassers als das Bußbekenntnis des ziemlich verstockten Mörders.
In den 6 Folioseiten langen von Schuchard verfaßten Bittschrift heißt es:
"Ich wünsche weiter nichts, als daß die Betheuerung bei Ew. Herzogl. Durchlaucht einigen Glauben gewinnen möge, daß ich die Tat nicht aus unverbesserlichen Verbrechen und aus eingewurzelter Grausamkeit verübt habe, sondern nur Leichtsinn, Müßiggang und Neigung zu einem lockeren Leben unter dem Einflusse ungünstiger Constellationen und die Wirkung geistiger Getränke mich für die bessere Stimme, die aus mir sprach, unempfänglich gemacht hatte und zu einer furchtbaren Verwirrung führte. Es ist wahr: ich schaudere selbst vor den schrecklichen Folgen meines Vergehens und würde die Befreiung von der auf mich geladene Schuld gern und willig mit dem Leben verkaufen. Da aber mein Gewissen von dieser Bürde nun einmal nicht wieder befreit werden kann, ist es mein einziger Trost das Leben zu erhalten, wenn es mir auch von allem was ihm sonst an Werth geben kann, Nichts verspricht. Denn ich fühle es, daß die qualvolle Einsamkeit des Gefängnisses, welches mich im Falle eine Begnadigung noch lange zu der Betrachtung meiner selbst und der unseligen That nöthigen wird, die mir zuerkannte Todesstrafe hundertfach übersteigen muß. Ich fühle es, daß die blutige Erscheinung des Friedrich Weiße mich selbst bis an ein spätes Ende schreckend und rächend verfolgen wird und müßte unter diesen Umständen den Tod als meinen Erretter von langen, unsäglichen Martern ansehen und herbeiwünschen. Aber dennoch bitte ich um mein Leben, indem ich das Geschenk dieses einsamen, freude- und hoffnungsleeren Lebens dazu benutzen will, um durch eine langjährige Reue, durch Buße und Gebet mich mir der Erde und dem Himmel wieder möglichst auszusöhnen. Vielleicht ist mir die Barmherzigkeit des ewigen Richters gnädiger, denn Thränen der Reue eine öde Jugend und ein langes, verzweifeltes Leben hindurch geweint, die Blutflecken wieder von mir abgewaschen zu haben; vielleicht das Geschenk des traurigen Lebens, um das Ew. Herzogliche Durchlaucht jetzt fußfällig bitte, als eine Gnade ansehen, nur deshalb möchte ich dieses Leben mit seinen sich stets verjüngenden Martern gestundet haben. Das recht der Begnadigung ist ja der schönste Erdjuwel der Fürstenkrone; begnadigen Ew. Herzogliche Durchlaucht daher huldreichst einen jungen, reuevollen Sünder, dessen flehentliche Bitte weniger auf Strafmilderung wie auf Strafverwandlung gerichtet ist; denn ich wiederhole es: die innere Qual und äußere Freudlosigkeit eines langen Lebens übersteigt hundertfach den kurzen Schmerz des Todes.
In unbegrenzter Submission des Durchlauchtigsten Herzogs unterwürfigsterJohann Heinrich Kästner.
Am 8. Februar 1839 verfügte der Herzog in eigenhändigem Schreiben: Wir Ernst pp. ... nach wohlbegründeter Einleitung:
So gern Wir nach jederzeit geneigt wären, die landesherrliche Gnade jedem zu Teil werden zu lassen, der eben der selben in irgend einer Beziehung würdig erscheint, so wenig können Wir es doch mit Unseren Regentenpflichten vereinbar halten, in den Gang des Rechtes und der Gerechtigkeit im gegenwärtigen Falle begnadigend einzugreifen, weil die Ruchlosigkeit es Verbrechens bey Ausübung seiner That und der Mangel an Beweisen seine inneren Reue und Besserung die begründete Besorgniß erweckt, daß von ihm, wenn die Möglichkeit dazu vorhanden ist, ähnliche Verbrechen erfolgen können, eine Gefahr, bey welcher das Eigentum und das Leben unschuldiger und friedlicher Menschen auf dem Spiele steht. Wir fühlen uns daher durch Unsere Pflicht, diese Gefahr abzuwenden zu der Entschließung gedrungen, dem Rechte seinen ungestörten Lauf und das gefällte Urtheil, unter dessen Bestätigung, zur Vollziehung bringen zu lassen und ermächtigen daher Unser J. Kollegium, zu dessen Vollstreckung das Nöthige anzuordnen.
Gotha, den 8. Februar 1839.Serenißimus
Aus dieser gründlichen Behandlung der Angelegenheit erklärt sich die erst über ein Jahr nach der Tat erfolgte
Sühne. Nun ging es rasch vorwärts, der Stadtkämmerer wird "als sehr eilig" beauftragt, auf Rechnung der Stadt vom
Regiments-Kommando wenigstens 120 Mann für einige Tage anzufordern, was auch geschieht. Ueber die Hinrichtung selbst am
18. Februar berichte die Akten nichts. Aber am 24. Februar bittet der Hauptmann von Brandenstein für die daher commandiert
gewesenen Lieutnants von Göchhausen und von Stein um eine Marschzulage, da die genannten genöthigt gewesen, sich in ihren
Cantonierungsquartieren selbst zu verpflegen.
Herzogl. Sächs. Regiments-Commando. | Friedrich Wilhelm von Münch. |
Am 9. März 1839 beichtet die Herzogl. Sächs. Militärverwaltungskammer durch Friedrich von Wangenheim
an den Herzog auf seine Anfrage, daß das vom Hauptmann von Brandenstein "rubricierte" Gesuch abfällig zu bescheiden sei, was
der Herzog hierauf in eigenhändigem Schreiben begründet und entscheidet. Damit ist die Angelegenheit und der Aktenband darüber
abgeschlossen, zugleich auch ein Stück Lokal-Kulturgeschichte mit dieser letzten öffentlichen Hinrichtung in unserem Lande.
An solche in früheren Zeiten seltener vorkommende Mordtaten erinnern die sogenannten "Sühne-Kreuze". So mußten von den
Angehörigen des Gerichteten auf eigene Kosten am Tatort aufgestellt werden, zur Erinnerung an das bedauernswerte Opfer, zur
Strafe und Schande des Mörders, zugleich aber auch als ein dauerndes Menetekel für Zeitgenossen und Nachfahren. Solche
stumme Mahner sind noch in allen deutschen Gauen zu finden, oft kaum beachtet in einem Kornfelde, oder tief im Walde, zuweilen
auch in einem Hausgarten, der vielleicht früher Feld oder Wald war, und dessen späterer Besitzer in dankenswerter Pietät das
Wahrzeichen aus längst vergangenen Zeiten schonte. Oft ist die genaue Kunde darüber verschwunden, das Geheimnis spinnt seine
Schleier um das Steinkreuz und um viele raunt Frau Sage.
(Rund um den Friedenstein, 6.Jg., Nr.4 vom 13. Februar 1929. Beilage zum
Gothaischen Tageblatt, Jg.81, Nr.37)