Deutschland Thüringen Unstrut-Hainich-Kreis

Mülverstedt (I)


Abbildung bei
Fleischmann (1975)
Steinkreuz damals
deutlich beschädigt.

Konturen mit Kreide
nachgezogen

Die Bärenjagdszene
auf dem
Ihlefelder Kreuz

PLZ: 99947

GPS: N 51° 05.113', O 10° 24.992'

Standort: Etwa 8000m südwestlich des Ortes, etwa 1200m östlich des ehemaligen Vorweks Ihlefeld, 50m nördlich der Straße Craula - Ihlefeld, 50m westlich der Straße zum Ihlefeld im Wald.

Größe / Material: 180:50:18 / Kalkstein

Geschichte: Der Runde Tisch hatte sich im April 1990 auf eine zunächst auf Ostern befristete Öffnung der militärisch genutzten Gebiete im Hainich geeinigt. Hunderte Menschen nutzten diese erste Gelegenheit zur Wieder- und Neuentdeckung des seit Jahrzehnten gesperrten Waldgebietes, das sieben Jahre später zum Nationalpark erhoben wurde und heute weithin bekanntist.
  Den Grundstein dafür legten in der Anfangszeit die Bürgerinitiative "Rettet den Hainich", der Rennsteigverein mit seiner Ortsgruppe Hainich-Rennstieg und viele engagierte Bürger wie zum Beispiel der Oberdorlaer Steinmetzmeister Wolfgang Schütz.
  Er hatte es sich im Namen des Heimatvereins Oberdorla zur Aufgabe gemacht, das erstmals 1894 vom Bad Langensalzaer Stadtarchivar Hermann Gutbier beschriebene "Ihlefelder Kreuz" instand zu setzen. Dieses Steinkreuz war im Sperrgebiet verblieben, aber inzwischen völlig zugewuchert, fast umgesunken, moosbewachsen und zerbrochen; ein Arm fehlte ihm ganz.
  Im Herbst 1993 erhielt das stattliche Mald ann seine ursprüngliche Ausstrahlung zurück, und erst jetzt konnte die Deutung der bereits 1926 bemerkten "Spuren plastischer Arbeiten" gelingen. Die allerdings stark verwitterten Rillen im unteren Bereich des Schaftes stellten sich überrasehenderweise als Darstellung einer Bärenjagd-Szene dar; nach einem Steinkreuz in Baden-Württemberg nun auch in Thüringen!
  Sie zeigen einen Jäger mit einem typischen (Bären)-Jagdspieß, dem sogenannten Bäreneisen mit breitem Blatt und.Knebel, dazu die Hinterpranken eines Bären.
  Demnach erinnert das fast 2 Meter hohe, aus einheimischem Travertin bestehende Steinkreuz an einen Jäger, der hier bei der Ausübung seiner gefährlichen Tätigkeit umkam.
  Entstanden ist das Kreuz um 1400 bis spätestens 1450. Der Braunbär war zu dieser Zeit in Thüringens Wäldern noch anzutreffen und wurde mit Spießen und Fanggruben bejagt. Dem letzten seiner Art ging es 1671 im Dörrberger Revier an den Kragen, woran ein Stein auf dem Waldsberg erinnert.
  Ohne Hinweisschild oder genaue Ortskenntnis wäre das Ihlefelder Kreuz heute nicht so einfach zu finden, denn es steht abseits des Weges im Wald. Aber nur an einem Weg, wo Mensehen vorbei kamen, erfüllte ein Steinkreuz seinen Zweck zur Fürbitte. Und tatsächlich ist im 19.Jahrhundert der Wegeverlauf geändert worden. Heute führt der "Betteleichenweg" Wanderer am Steinkreuz (fast) vorbei. (Störzner 2013)

Wird das "Ihlefelder Kreuz" genannt. Auf einer Seite eine halb verwischte Zeichnung: Gerade noch erkennen kann man die Beine eines gestürzten Mannes und eines Bären sowie einen quer über das Bild verlaufenden Spieß.
Auf der Erläuterungstafel am Kreuz ist zu lesen:
Das Ihlefelder Kreuz ist das älteste Flurdenkmal im Hainich. Die Einrillungen auf der Vorderseite des Kreuzes zeigen eine Bärenjagdszene. Man erkennt die Beine eines Mannes, dahinter die Pranken des Bären und in der Hand des Jägers einen Spieß, das "Bäreneisen". Es weist vermutlich darauf hin, dass an dieser Stelle ein Mensch bei der Jagd ums Leben kam. Entstanden ist das Steinkreuz im 15. Jahrhundert, als Bären in Thüringens Wäldern noch anzutreffen waren. Es scheint weglos im Wald zu stehen, was den damaligen Gepflogenheiten von Steinkreuzsetzungen wiederspräche. Aus Sorge um das Seelenheil des Verstorbenen wurden die Kreuze zumeist an Wegen aufgestellt. Möglicherweise wurde im Zusammenhang mit dem Ausbau der Waldpfade zu Fahrwegen der Wegeverlauf geändert.
Interprätationsversuch:
Man erkennt zunächst auf diesem Bild, daß der Mann (Jäger / Treiber) scheinbar mit unnatürlicher Beinstellung abgebildet ist, das ist möglicherweise künstlerisch so gewollt, es stellt den dramatischen Moment des sich Abwenden und Flüchtens dar, "Bewegung" hat man oft so in mittelalterlichen Zeichnungen darzustellen versucht.
Der Jäger / Treiber war offenbar völlig überrascht als der Bär ihn angriff - ihm entfällt die einzige dargestellte Waffe, hatte er kein Messer? Jedenfalls ist die Handhaltung so dargestellt - gestreckte Finger, dass der Spieß gleich fallen wird. Seine einzige Chance im Kampf ist so verspielt.
Warum schwebt der Bär etwas über dem Boden?
Der Steinmetz versuchte den Moment des Kampfes noch zu dramatisieren, der Bär springt den Jäger / Treiber an, sein Kopf ist über dem Jäger, er ist ihm überlegen, die Pranken hauen den Mann um.
Auch die nach hinten kippende Gestalt des Mannes zeigt, dass er völlig unvorbereitet / überrumpelt war, als das Tier ihn ansprang.
Jedenfalls macht es keinen Sinn, dass der Jäger das erlegte Tier auf seinen Schultern davontragen würde, wer schleppt schon so einen mannsgroßen schweren Bären?
Bärenjagden waren in der Regel Hetzjagden mit Hunden, mehreren Jägern und Treibern. Möglicherweise ist das Opfer einer der Treiber gewesen, er hatte ja nur diese eine Waffe und war offenbar auch nicht auf diese Situation mit dem Bär vorbereitet. Oder war doch alles noch ganz anders? (Beck 2007)

Sage:

Quellen und Literatur:
Fleischmann, Wilhelm - Steinerne Zeugen der Vergangenheit im Kreis Bad Langensalza, 1975, S.13
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.126
Störzner, Frank - Glücklose Bärenjagd auf dem Ihlefeld, in: Thüringer Allgemeine vom 23.02.2013
naturparkreisen.de
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda (Fotos von 2007), weitere Infos von Boris Heinrich und Winfried Körner



Mülverstedt (II)


Abbildung bei
Fleisachmann (1975)
Standort
Bürgermeisteramt.

GPS:

Standort: Ca. 500m westlich des Ihlefeld auf einer kleinen Lichtung in einer Kurve der Hohen Straße.

Größe / Material: 138:50:18 / Kalkstein

Geschichte: Ehemals stand es im Waldstück "Steiger", südlich vom früheren Forsthaus an der "Hohen Straße". Zwischenzeitlich auch im Ort vor dem Bürgermeisteramt. Mittlerweile wieder am alten Standort. Bezeichnung "Mülverstedter Kreuz".

Auf der Erläuterungstafel am Kreuz ist zu lesen:
Entstanden ist das Mülverstedter Kreuz Ende des 15. Jahrhunderts. Es besitzt keine Zeichen und Inschriften und weicht von der für Nordwestthüringen typischen Gestaltung ab: Die Arme sind gerade und nasenlos, und die Winkel der Seitenarme sind nicht abgerundet.
Seinen Namen verdankt dieses alte Flurdenkmal der Tatsache, dass es trotz 9km Entfernung immer noch zur Gemarkung Mülverstedt gehört.
Der Anlass der Entstehung ist unbekannt, es könnte sich aber um ein Sühnekreuz handeln.
1972 wurde das Steinkreuz nach Mülverstedt gebracht, um es vor dem Verlust auf dem Truppenübungsplatz Weberstedt zu schützen. Erst 1996 kehrte das Steinkreuz an seinen eigentlichen Standort an der Hohen Straße, einer alten Handelsstraße, zurück.

Sage:

Quellen und Literatur:
Fleischmann, Wilhelm - Steinerne Zeugen der Vergangenheit im Kreis Bad Langensalza, 1975, S.13
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.125
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda



Mülverstedt (III)


Skizze bei
Fleischmann (1970)

GPS:

Standort: Etwa 8500m südwestlich des Ortes, etwa 2000m südöstlich des ehemaligen Vorwerkes Ihlefeld, 160m westlich der Straße Craula-Ihlefeld, am südlichen Rand eines hier in westlicher Richtung abzweigenden Waldweges.
Der Stein steht in der Gemarkung Mülverstedt Flur 17 (Flurgrenze mit Flur 14).

Größe / Material: 100:42:30

Geschichte: Der an diesem Stein vorbeiführende Weg führt talabwärts in Richtung Bischofroda, einige Hohlwege sind gut im Gelände auszumachen. Man trifft auch auf einen interessanten Grenzstein vom ehem. Amt Creuzburg und in der Nähe der Luderhütte etwa abseits steht noch ein Dreiherrenstein. Zu DDR-Zeiten war das Gebiet nicht zugänglich, weshalb sich Störzner bei seiner Inventarisierung 1984, und auch Fleischmann (1975), nur auf ältere Angaben berufen konnten.

Benennung: "Hellmundstein"; "Hellmannstein"; "Wagnerstein". Eingeritztes gleichschenkliges Kreuz. Darunter, in einer Fläche, eingeritzt:
I C
HELMUND
1798
Gedenkmal für den hier 1798 tödlich verunglückten J.G. Helmund aus Tüngeda. (Störzner 1984)

20.Mülverstedt (Abb.30, nach Aufzeichnung von J. Kraus)
Waldstück Schnepfenhardt. Mbl. 4928; N 10,2; O 20,1.
Gedenkstein, "Helmundstein". 100x42x30cm.
An jener Stelle ereilte den Wagner Johann Gottfried Heimund aus Tüngeda beim Langholzfahren der Tod. Im Kirchenbuch zu Craula befindet sich folgender Eintragung:
Den 27. Junius (1798) starb hier mittags gegen 1 Uhr, nachdem ihm einige Stunden vorher im Walde auf der Schnepfenhardt von aufgeladenen Bäumen die Brust verletzt worden, in den hiesigen Gasthof, und wurde nach geschehener Besichtigung und eingeholten Oberkonsistorialrescript den 29. nachmittags um 5 Uhr öffentlich beerdigt. Meister Johann Gottfried Heimund, mitnachbarlicher Einwohner und Wagner zu Tüngeda. Er war 47 Jahre, 3 Monate, 3 Wochen und 1 Tag alt.
Dieser Stein wird in Craula auch "Wagnerstein" genannt. (Fleischmann 1975)

Sage:

Quellen und Literatur:
Fleischmann, Wilhelm - Steinerne Zeugen der Vergangenheit im Kreis Bad Langensalza, 1975, S.17, 45
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.127
Recherchen und aktuelle Aufnahme von Manfred Beck, Wutha-Farnroda (Foto von August 2008)


Sühnekreuze & Mordsteine