Deutschland Thüringen Lkr. Sonneberg

Neuhaus am Rennweg


der Denkstein

Schild an einem
nahen Felsen

PLZ: 98724

GPS:

Standort: Im Tal des Großen Mittelbaches, etwa 2500m nordwestlich des Ortes, etwas versteckt am Hang. Die Hinweisschilder von den Wanderwegen zwischen Neuhaus und Katzhütte weisen dorthin.

Größe / Material:

Geschichte: Bereichnung "Franzosengrab". Ruhestätte eines unbekannten französischen Soldaten aus der Napoleonzeit. Die Inschrift auf dem Stein:
[HIER] RUHET EIN
FRANZOESISCHER
GRAENADER
D. 19. OCTBR. 1813
Auf der Rückseite des Steines sind die Buchstaben FFM zu lesen. Kurz vor der Jahrhundertwende (19. zu 20.Jh.) hat man den Grabstein einmal überarbeitet. Wohl bei dieser Gelegenheit wurde oben eine Bruchstelle (wo das heute fehlende Wort "HIER" stand) geglättet.

Zwischen Neuhaus und Katzhütte liegt versteckt im dichtesten Walde die Ruhestätte eines französischen Kriegers saus dem Feldzuge von 1813. Der halb eingesunkene, mit Moos umkleidete einfache Gedenkstein trägt folgende Inschrift: HIER RUHET EIN FRANZÖSISCHER GRENADIER D. 19.Oktober 1813. Holzhauer fanden den dereinst Entseelten und gruben ihn da ein, wo er gelegen. Ob er ein Versprengter gewesen, ein Verwundeter etwa, der nach langem Marsche niedergesunken - darüber lassen sich nur Vermutungen anstellen. Die Schulkinder der benachbarten Orte schmücken alljährlich freiwillig das grab im stillen Forst, es steht bei der gesamten Waldbevölkerung in hohen Ehren. Eine an einen Fichtenstamme befestigte Porzelanplatte enthält folgende Widmung: "Wer du auch seist, französischer Grenadier, Ruh’ sanft im deutschen Moose hier!" (Thüringer Monatsblätter 11/1903)

Nachtrag hierzu:
Aus Ammern bei Mühlhausen in Thr. schreibt Herr Pfarrer Schmidt (Th.W.V Schleusingen) zu der in Nr.11 der M.Bl. vom 1.Febr. 1903 gebrachten Notiz, betreffend der Ruhestätte eines französischen Grenadiers: "Als Kurgast von Neuhaus a.R. während einer Reihe von Jahren bin ich sehr oft an diesem, zu ernsten Gedanken stimmenden Orte im Walde zwischen Neuhaus und Katzhütte gewesen und und habe bei meiner letzten Anwesenheit nicht blos eine Zeichnung der Lage und Umgebung des Grabes aufgenommen, sondern auch die Inschrift der Porzellanplatte an der Tanne genau abgeschrieben. Die mit den Buchstaben F.F.M. überschriebene Widmung lautet vollständig:

Die große Zeit, für die Du durftest fallen,
Heißt uns zu deinem Hügel wallen,
Und warst Du selbst dem Vaterlande verderblich,
Die große Zeit macht Dich unsterblich.
Wer du auch seist, französischer Grenadier,
Ruh’ sanft im deutschen Moose hier!

Ob die oben angegebenen Buchstaben den Namen des Dichters der Widmung oder des Stifters der Porzellantafel oder des Schreibers der Zeilen bedeuten, wird wohl schwer zu entscheiden sein. (Thüringer Monatsblätter 12/1903)

Sage:

Quellen und Literatur:
Kleine Thüringer Erinnerungsstätten. Neuhaus, in: Thüringer Monatsblätter. Verbands-Zeitschrift des Thüringerwald-Vereins, 10.Jg., Eisenach 1903, Nr.11, S.131
Kleine Thüringer Erinnerungsstätten. Nachtrag in: Thüringer Monatsblätter. Verbands-Zeitschrift des Thüringerwald-Vereins, 10.Jg., Eisenach 1903, Nr.12, S.140f
Störzner, Frank - Das "Franzosengrab" bei Neuhaus/Rwg, in: Geschichte(n) in Stein, 2001, S.61-63
recherchiert und bebildert von Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel
Ergänzungen von Manfred Beck, Wutha-Farnroda



Das "Franzosengrab" bei Neuhaus/Rwg.
von Frank Störzner

Im stimmungsvollen Tal des Großen Mittelbaches, etwa 2,5km nord­westlich von Neuhaus entfernt, liegt etwas versteckt am Hang das geheimnisvolle "Franzosengrab". Die Hinweisschilder von den Wanderwegen zwischen Neuhaus und Katzhütte weisen dorthin. Günstig ist die Stelle auch von der "Schönen Aussicht", einer Schutzhütte westlich von Neuhaus und wenige hundert Meter nördlich vom Rennsteig gelegen, zu erreichen. Von hier aus ist dem in nord­westlicher Richtung, also halblinks, verlaufenden Waldweg immer geradeaus bis ins Tal zum Großen Mittelbach zu folgen.

Das Franzosengrab im Tal des Großen Mittelbaches. Hier ruht ein unbekannter französischer Grenadier, dem die bewegten Ereignisse der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 zum Verhängnis wurden

Ein mysteriöses Menschenschicksal
Das "Franzosengrab" ist die Ruhestätte eines unbekannten französischen Soldaten aus der Napoleonzeit. Die Inschrift des niedrigen Grabsteines lautet: "[HIER] RUHET EIN FRANZOESISCHER GRAENADER D. 19. OCTBR. 1813". Neuhäuser Holzhauer oder - wie auch überliefert ist - "Wallhauer" (Leute, die dort den Wall für einen Flößteich anlegten) fanden den Toten, begruben ihn an Ort und Stelle und setzten vermutlich etwas später den Stein auf das Grab. Das Namenskürzel "FFM" auf der Rückseite deutet wohl auf den sonst namentlich nicht bekannten Schöpfer hin. Wie der "Grenadier" hieß, welchem Regiment er entstammte und welches Schicksal er in dieser abgelegenen Gegend erlitt und wie er starb, ist nicht bekannt. Das Kirchenbuch von Katzhütte bezeugt zwar den Tod eines "fremden Kriegers" bei einem Köhlermeister (also wohl im Wald), aber erst am 29. November! Aber vielleicht wusste man den genauen Todestag beim Auffinden nicht und rekonstruierte das Datum für den Grabstein nach den Ereignissen. Diese Details sind heute natürlich nicht mehr im Detail nachvollziehbar, weil sie offenbar nicht für mitteilenswert befunden und aufgeschrieben worden sind.
Ganz deutlich aber ist das Schicksal jenes Mannes, der irgendwo in seiner fernen Heimat vermisst blieb und betrauert wurde, eng mit den bewegten Geschehnissen zu jener Zeit verbunden. Das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt hatte sich 1806 im Rheinbund von Deutschland getrennt und sich unter französisches Protektorat begeben. Am 10. Oktober 1806 wurde das preußische Heer bei Saalfeld und vier Tage später in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen. Es begann die Zeit der Napoleonischen Fremdherrschaft in Deutschland, die erst mit der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 beendet werden konnte. Auch der Rheinbund brach daraufhin zusammen. Tausende Überlebende der geschlagenen französischen Armee - von den Truppen der Verbündeten verfolgt - zogen sich flüchtend auch durch den Thüringer Wald zum Rhein zurück. In jenen Tagen und Wochen nach dem 19. Oktober 1813 muss der versprengte "Grenadier" auf seiner Flucht in das einsame Tal des Großen Mittelbaches gekommen und verstorben sein, vielleicht entkräftet nach einer Verletzung, durch Kälte oder Hunger. Möglicherweise hat er sich auch einige Tage versteckt hier aufgehalten. Alles deutet darauf hin, dass sich der eigenartige Sterbeeintrag zum 29. November 1813 (der zudem nicht kirchenbuchüblich, sondern als "Merkwürdigkeit" verzeichnet ist) auf ihn bezieht und die Inschrift auf dem Stein unrichtig ist. Seit jeher wird die ebenso abgelegene wie stimmungsvolle Stelle gut gepflegt. "Die Schulkinder der benachbarten Orte schmücken alljährlich freiwillig das Grab im stillen Forst; es steht bei der gesamten Waldbevölkerung in hohen Ehren" (1903). Kurz vor der Jahrhundertwende hat man den Grabstein einmal überarbeitet. Wohl bei dieser Gelegenheit wurde oben eine Bruchstelle (wo das heute fehlende Wort "HIER" stand) geglättet.
(Störzner, Frank - Geschichte(n) in Stein, 2001, S.61-63)


Sühnekreuze & Mordsteine