Deutschland Thüringen Lkr. Gotha

Winterstein (I)


Abbildung aus
"Thüringen in Wort
und Bild" (1902)

Detail der Inschrift
Abbildung bei
Störzner (2001)

Zeichnung aus
dem "Thüringer
Sagenschatz" (1919)

PLZ: 99891

GPS: N 50° 52,013' O 10° 27,284'

Standort: Mitten im Ort, im Park dicht bei der Ruine des Wangenheim'schen Schlosses.

Größe / Material: 77:59:? / Sandstein

Geschichte: Die Steinplatte ist eingefügt in eine bogenförmige Trockenmauer im Parkgelände um die Burgruine Winterstein, auf der Ostseite der ehemaligen Kernburg.
Die Steinplatte ist stehendes Format mit den Außenmaßen Breite: 59cm; Höhe: 77cm.
Die Platte besteht aus dem Bildfeld (unten) mit dem Stutzel: Breite: 55cm; Höhe 47cm.
Darüber ein 2cm breiter Trennbalken (Rahmen) über dem das Textfeld: Breite: 55cm; Höhe: 25cm sitzt. Der Rahmen ist somit links, rechts, oben und unten jeweils noch 2cm breit.

Thüringen ist besonders reich an Sagen. Das Inselsberggebiet nimmt da eine hervorgehobene Stellung ein und das damals noch sehr kleine Winterstein findet sich einer ganzen Reihe von Sagen wieder, die auf eine gewisse Bedeutung des Ortes auch schon in früherer Zeit schließen lassen.
Die bekannteste Sage dürfte die vom treuen Hund Stutzel sein, wovon das Hundegrab noch heute kündet. Die Eckinschriften auf der Grabplatte weisen auf die Errichter hin: Christoph von Wangenheim, fürstlich-sächsischer Jägermeister und Anna von Wangenheim, geborene von Seebach. Dem Text auf der Grabplatte sind noch einige Zeilen hinzu gedichtet worden, die angeblich keinen Platz mehr auf dem Stein gefunden haben:
Schicket man ihn hin nach Friedenstein, so lief er hurtig ganz allein; Gut hat er sein Sach' ausgericht; Drum hat er diesen Stein gekriegt.
Daß es zu besagter Zeit weder das bereits geschleifte Schloß Grimmenstein noch das erst nach dem Amtsantritt von Herzog Ernst dem Frommen 1640 errichtete Schloß Friedenstein gab, soll nicht weiter stören. Viele Legenden ranken sich um das Grab, auch von amourösen Abenteuern ist die Rede. Hier die Fassung, wie wir sie schon in der Schule gelernt haben:
Der Jägermeister Christoph von Wangenheim besaß einen Hund, der hieß Stutzel. Er war so klug und treu, daß man ihn ganz allein zum Schloß Friedenstein nach Gotha schicken konnte. Die Briefe, die er hin und her beförderte, lagen in einem Körbchen am Halsband. Als nun endlich der treue Stutzel im hohen Alter starb, (eine andere Variante besagt, daß er in den Kriegswirren umgekommen sei) da war die Jägermeisterin über seinen Tod sehr betrübt und ließ dem toten Hund einen Sarg bauen. Sie weinte und verlangte dies von der ganzen Dienerschaft, der sie auch Trauerkleider geschenkt hatte. Nur einem Dienstmädchen wollten keine Tränen kommen, und es bekam deshalb auch kein Trauerkleid. Doch die kluge Dienstmagd wußte sich zu helfen und schälte Zwiebeln bis ihr die Tränen überliefen. Als das die Jägermeisterin sah, war sie sichtlich gerührt und schenkte der Magd doch noch ein Trauerkleid.
Dem Wunsche der Jägermeisterin gemäß, fand sich der Pfarrer nach langem Zögern und einer Stiftung von 100 Talern an die Kirche und 50 Talern an den Pfarrer bereit, den Hund auf dem Friedhof zu begraben.
Als sich diese Sache im Lande verbreitete, wurden die Einwohner von Winterstein von den Bewohnern der Nachbardörfer gar sehr verhöhnt, daß auf dem Kirchhofe "der Hund begraben liege". Das Konsistorium war entsetzt, als ihm Mitteilung von dieser Angelegenheit gemacht wurde. Der Pfarrer wurde seines Amtes enthoben und der Hund mußte wieder vom christlichen Friedhofe entfernt werden. Hierauf ließ ihn die Frau Jägermeister an der Burg beisetzen, wo der Hund noch bis auf den heutigen Tag ruht. (Festschrift 1996)

Im Jahre 1986 fügten Heimatfreunde das Kleindenkmal vorsorglich und sehr vorteilhaft in eine eigens dafür hergerichtete Mauer aus Natursteinen ein.
Das berühmte Wintersteiner "Hundegrab" ist eher ein "Curiosum", wie es in den Wangenheim'schen Familienannalen auch bezeichnet wird. "Stutzel" hieß das treue Tier, das auf den 77cm hohen Stein in plastischer Herausarbeitung recht kunstvoll dargestellt ist. Die halbpoetische Inschrift, die einem Sohn der das Schloss bewohnenden Familie von Wangenheim zugeschrieben wird, lautet:
C.V.W.
F.S.I.
ANO 1630 JAR DER
19. MARCI WAR.WARD
EIN HVND HIE HER
A.V.W.
G.V.S.
BEGRAWEN DAS IN NICHT FRESSEN DIE RAWEN
WAR SEIN NAME STVZEL GENANT FÜRSTEN VD
HERN WOLBEKAT GESCHACH VB SEINE GROSSE
TREVLIGKEIT DIE ER SEINE HER VD FRAVEN BEWEIST
RAWEN = Raben / TREVLIGKEIT = Treue. Die Namenskürzel in den oberen Ecken stehen für die Stifter des Steines. Christoph von Wangenheim, fürstlich-sächsischer Jäger, und Anna von Wangenheim, geborene von Seebach. Das Ehepaar bewohnte das Schloss Winterstein, das allerdings schon bald nach dem Tode des Jägermeisters 1638 nicht mehr regelmäßig bewohnt wurde und in Verfall geriet. Vermutlich ist das originelle Grabmal angesichts treuer Dienste und besonderer weidmännischer Geschicklichkeit des Hundes angefertigt worden. (Störzner 2001)

Sage: In Winterstein, einem großen Dorfe am Fuße des Inselberges, das früher auch von lauter Bergleuten bewohnt war, liegt ein zertrümmertes Schloß, das die Herren von Wangenheim erbaut und lange besaßen. Die von Wangenheim sind eine der ältesten Familien Thüringens, davon vornehmlich Fritz von Wangenheim mit großen Ritterehren genannt wurde, derselbe, der nie vor einem Feinde geflohen, und von dem sich dieserhalb der junge Landgraf Friedrich der Ernsthafte in England zum Ritter schlagen ließ.
Nahe bei der Ruine, hinter einer Scheuer am Abhang eines Hügels, ragt aus dem Rasen, halb eingesunken, ein niedriger Grabstein empor, mit fast verlöschter Schrift, Denkmal eines treuen Hundes. Diesen besaß ein Jägermeister von Wangenheim und nach ihm dessen Witwe, im siebzehnten Jahrhundert. Der Hund ging mit Briefen am Halsband ganz allein nach Friedenstein auf das Schloß zu der Landesherrschaft und auch wieder zurück und leistete durch seine Treue viel Nutzen. Als er endlich starb, erhob die Frau großes Herzeleid, ließ den Hund in einen Sarg legen, kleidete ihre ganze Dienerschaft schwarz und stellte ein feierliches Leichenbegräbnis an. Man erzählt in Winterstein, sie habe es erzwungen, daß der Hund auf dem Gottesacker beerdigt worden sei, allein Pfarrer und Gemeinde hätten sich also sehr dawider gesetzt, daß er habe wieder ausgegraben werden müssen, worauf er an die Stelle verscharrt worden, wo er jetzt noch liegt. Scherzhaft hat sich im Ort das Sprichwort gebildet: "In Winterstein liegt der Hund begraben."
Scherzhaft erzählen sich auch noch die Leute dort, es habe die Herrin des Hundes von ihrem Gesinde die größte Betrübnis, Weinen und Wehklagen um den Hund erheischt; eine Köchin aber sei nicht zu Tränen zu bringen gewesen, deshalb habe sie auch kein Trauerkleid empfangen. Wie aber die Herrin in die Küche gekommen, wo eben die Köchin Zwiebeln schnitt, davon ihr die Augen tränten, habe jene gerührt gesprochen: "Nicht wahr, nun weinst du doch noch um den guten Stutzel!" und ihr williglich ein Trauerkleid geschenkt.
Die Grabschrift des Hundes ist zwar nicht sonderlich, doch mag sie hier aufgeführt werden, denn an Ort und Stelle wird sie kaum noch ein Wanderer entziffern. (Thüringens Sagenschatz 1919)

Quellen und Literatur:
Thüringen in Wort und Bild, 1902, S.36
Biker.de
Winterstein - Bilder, Geschichten und Geschichte zur 750-Jahr Feier 1996, Festschrift Hg. von der Gemeinde Winterstein, 1996, S.14f
Störzner, Frank - Geschichte(n) in Stein, 2001, S.34-36
Wo Struzel, der Hund begraben liegt, in: Thüringens Sagenschatz, herausgegeben von Arthur Richter-Heimbach, Quedlinburg 1919
Hohberg, Rainer - Wo der Hund begraben liegt, in: Thüringen & Tradition vom 11.August 2009
Ergänzungen und aktuelle Aufnahme von Uwe Stößel, Frau Ziller aus Winterstein, Manfred Beck, Wutha-Farnroda und Hans-Ulrich Gembusch, Uhlstädt-Kirchhasel



Winterstein (II)


Abbildung bei
Störzner (2001)

GPS: N 50° 52.807', O 10° 27.664'

Standort: An der Südostecke der "Ritzenwiese", zu erreichen vom Sportplatz (Sembachtal) ca. 1000m in östlicher Richtung am Bach entlang, dem rechts abbiegenden Fahrweg bergauf folgen bis "Bonifaciuswiese" ca. 400m; am Wegweiser in westlicher Richtung bis "Ritzenwiese" ca. 900m.

Größe / Material: 82:?:? / Kalkstein

Geschichte: Als "Waldgrab" hergerichteter Platz, an der Ostseite mit grabsteinartigem Gedenkstein für einen 1757 von Kroaten erschossenen Mann. Stein ohne Kreuz aber mit Einritzungen: West-Seite: oberes Drittel 11; mittleres Drittel in rechteckig umrandetem Feld die Inschrift:
NIC[olas] REIFF
VON CROAT
[en]
ERSCHOSSEN
1757
Einzelne Buchstaben auf den restlichen Seiten jeweils oben: Süd-Seite: D; Ost-Seite: G; Nord-Seite: E.

Im zweiten Jahr des Siebenjährigen Krieges, den Preußen mit seinen Überfällen auf Sachsen und Böhmen entfacht hatte, wurde auch Thüringen zunehmend von durchziehenden fremden Truppen heimgesucht. Im September 1757 waren etwa 700 Kroaten, die für Österreich kämpften, in Winterstein einquartiert. Dabei kam es "im Holtze" zu einem blutigen Vorfall: zwei Soldaten erschossen am 19. September den 18-jährigen Sohn des Wintersteiner Schultheißen Hans Reiff, Nicolaus. Daran erinnert der knapp meterhohe "Kroatenstein", der von der Familie und Freunden des Nicolaus Reiff zum immerwährenden Gedächtnis an die Begebenheit aufgestellt worden ist. (Störzner 2001)

Sage: Wie der Volksmund erzählt, handelt es sich um den Gedenkstein für einen Jungen, der an der dort befindlichen Quelle auf dem Heimweg in der Dämmerung seinen Durst löschen wollte und von umherstreifenden Soldaten für ein Stück Wild gehalten und erschossen wurde.

Quellen und Literatur:
Störzner, Frank - Geschichte(n) in Stein, 2001, S.34-37
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda


Sühnekreuze & Mordsteine