Deutschland Thüringen Unstrut-Hainich-Kreis

Zimmern


Zustand 2011
Foto: Häffner

Axt und Schwert
jetzt an der Haus-
wand von Nr.32
Foto: Beck (2007)

Abbildung bei
Störzner (1984)

Abbildung bei
Fleischmann (1975)

Altes Backhaus
mit Insignien im
Giebeldreieck
Abbildung bei
Fleischmann (1975)

PLZ: 99947

GPS: N 51° 5,165', O 10° 34,534'

Standort: Man erreicht Zimmern von Osten, von Langensalza kommend auf der L1042, die den kleinen Ort nördlich tangiert. Gleich am Ortsrand biegt man in der Kurve von der Hauptstraße ab und folgt der Dorfstraße nach Westen, dann nach Süden über eine kleine Brücke im Talgrund, fährt weiter in Richtung Kirchturm und erreicht einen kleinen Platz in der Ortsmitte - ca. 50m östlich der Kirche. Hier kann man Parken und wende sich dem (2007) orange getünchten Eckhaus zu, es trägt die Haus-Nummer 32. An seiner Fassade auf der Nordseite ist in ca. 4m Höhe das zuvor am alten Backhaus (in den 1990er Jahren abgerissen) angebrachte "Wappen" zu finden. Das gesuchte Steinkreuz befindet sich ca. 10m entfernt in der östlich folgenden 2 ½m hohen Natursteinmauer eingefügt, die den Hausgarten einfriedet. Die Nachbarhäuser sind Nummer 88 - nördlich gegenüber, bzw. Nummer 89 - östlicher Nachbar. Das Steinkreuz ist hier in fragmentiertem Zustand aber lagerichtig eingemauert worden, die verwendeten Bruchsteine sind farblich ton in ton mit dem Material der Mauer, so dass man schon genau hinsehen muss, die Bruchstücke des Steinkreuzes zu erkennen.

Größe / Material: 118:86:? / Kalkstein

Geschichte: Mitten im Ort ist in die Gartenmauer des Grundstückes Nr.32 ein Steinkreuz eingefügt, das im Ort als "Mordkreuz" bekannt ist, den meisten Uneingeweihten aber gar nicht auffällt. Es befindet sich seit langem in der Mauer und wurde dort immer wieder sorgfältig neu eingefügt, zuletzt 1966. Die in Thüringen einmalige Besonderheit, die sich mit ihm verbindet, ist erstmalig zwischen 1849 und 1856 in der Zimmerner Kirchenchronik aufgezeichnet worden:
"Wie die Städte ihre Wahrzeichen haben, so hat auch Zimmern ein solches. Es ist dies ein Schwert und ein Beil, welche beide oben an der Giebelseite des Backhauses angebracht sind. Es soll vor alten Zeiten einmal ein Soldat und ein Fuhrmann hier auf der Strasse, auf dem Plane, in Streit geraten sein, welcher damit endete, dass beide, die sich mit diesen Waffen vertheidigten, fielen. An Nagels Haus ist ein Kreuz eingemauert; da soll dieser Vorfall sich ereignet haben und sie beide friedlich nebeneinander begraben liegen. Die beiden Mordinstrumente wurden zum Andenken hier aufbewahrt."
Ganz sicher liegt dieser Aufzeichnung eine alte örtliche Überlieferung zugrunde, die von späteren Autoren (zuerst vom Behringer Arzt Hans Wagener 1924) auch in leicht veränderter Form wiedergegeben wurde (Datierung des Vorfalles in den Dreißigjährigen Krieg; Fleischer statt Fuhrmann).
Die erwähnten Mordgeräte sind tatsächlich noch heute vorhanden! Allerdings ist das ursprünglich etwa 100 Meter entfernte Gemeindebackhaus 1974 abgerissen worden, aber heimatbewußte Bürger haben die hoch oben im Giebel angebrachten Insignien in gut einsehbarer Höhe am Wohnhaus des Grundstückes beim Steinkreuz angebracht und sie so vor der Vernichtung bewahrt. Auf ihr tatsächliches Alter hin sind sie noch nicht untersucht worden. Ein Steinkreuz wird erstmals im Jahre 1617 erwähnt. (Rockstuhl / Störzner 1998)

Das Steinkreuz soll "ehemals frei an der Straße" gestanden haben (Wagner 1924). Malteser-Kreuzform. Ungleichmäßig. Scharfkantig. Bruchstellen an beiden Armen und am Schaft. Neu zusammengefügt bei Neuaufrichtung der Mauer 1966.
1617 ist in der Gemarkung der Flurname "beim Steinkreuz" belegt. (Störzner 1984)

Malteser Kreuz, die beiden Seitenarme vom Kreuz abgesprungen. Irgendwelche Zeichen sind an dem Kreuz nicht zu entdecken. In dem ca. 100m westlich davon gelegenen alten Backhaus sind jedoch oben im Giebeldreieck ein Säbel oder Dolch und ein Fleischerbeil aus Eisen über Kreuz angebracht. Diese Insignien werden im Volksmund mit dem Steinkreuz in Verbindung gebracht. Schütz (1937) schreibt: "Den Erzählungen nach sollen sich an dieser Stelle im 30jährigen Krieg ein Soldat und ein Fleischergeselle im Streit gegenseitig auf den Tod verletzt haben; auch ein im obersten Giebeldreieck des "Backses" befindlicher Dolch und ein Fleischerbeil (oder soll es ein gewöhnlicher "Barten" sein?) wird mit dem grausigen Geschehen in Zusammenhang gebracht." (Fleischmann 1975)

Sage: Im Dreißigjährigen Krieg sollen sich hier ein Soldat und ein Fleischergeselle im Streit gegenseitig umgebracht haben. Ein Fleischerbeil und ein Dolch, die gut sichtbar am Haus Nr.32 angebracht sind, werden mit diesem Vorgang in Verbindung gebracht. Sie befanden sich bis 1974 im Giebeldreieck des 100m weiter westlich gelegenen, ehemaligen Backhauses.

Quellen und Literatur:
Wagner, H. - Steinkreuze am Wege, in: Pflüger, Monatsschrift für die Heimat, 1924, S.176-177
Schütz, H. - Zur Geschichte des Kreises Langensalza, 1937, Heft 11, S.41
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.42, Nr.147
Fleischmann, Wilhelm - Steinerne Zeugen der Vergangenheit im Kreis Bad Langensalza, 1975, S.14
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen / Inventar Bezirk Erfurt, 1984, Nr.131
Rockstuhl, H. / Störzner, F. - Hainich Geschichtsbuch. Geschichte und Geschichtszeugen eines Naturerbes in Thüringen, 1998, S.117f.
Geißler, Roland - Fahner Höhe - Bad Tennstedt - Herbsleben - Unstrutta, 2005, S.133
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda (Fotos von Aug.2007)
Ergänzungen von Jost Häffner, Erfurt (Foto von August 2011)


Sühnekreuze & Mordsteine