Dänemark Region Syddanmark Kommune Tønder

Sæd / Seth


Blick zum Standort

Erläuterungstafel

Inschrift-Rest

PLZ: 6270

GPS:

Standort: Im Süden des Dorfes. Kommt man von Deutschland über den Grenzübergang bei Sæd, biegt kurz danach ein Feldweg, "Den gamle Vej", nach rechts ab (dort, wo auf der linken Seite auf gleicher Höhe ein Wegweiser nach Bremsbøl weist). Kommt man durch das Dorf Sæd, beginnt "Den gamle Vej" rechts von dem deutschen Gedenkstein für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges.

Größe / Material: 114: 93:10,5 / Kalkstein

Geschichte: Auf der Erläuterungstafel ist zu lesen (frei übersetzt):

SCHANDMAL IN SÆD.
Auf dem Stein stand:
Allhier ist durch den Büttelknecht hingeschleift und verscharret der Leib der Karen Christens aus Seet, weil sie an ihr selbst und an ihren vier Kindern durch Gift eine verfluchte Mordthat begangen hat im Jahre 1712.
Eine Frau von friesischer Herkunft wohnte im Dorf Sæd. Sie hatte vier Kinder und war hochschwanger, ersuchte deshalb die Gemeindevorsteher um Unterstützung, welche ihr verwehrt wurde. Sie ging dann nach Hause, kochte Grütze mit Rattenkraut und gab sie den Kindern. Auch sie selbst aß davon, worauf sie alle starben. Man ließ einen Hund den Rest der Grütze fressen, um eine Probe anzustellen; der starb sofort. Die Frau und der Hund wurden dicht an der Landstraße begraben, die Kinder auf dem Kirchhof.
(Aufzeichnung von Andr. Hansen, Lehrer in Sæd von 1841-1859)


Südlich von Sæd steht ein verfallener Gedenkstein, ein "Schandmal" für die Kindesmörderin Karen Christensen. Sie tötete 1712 ihre vier Kinder und sich selbst mit Rattengift. Sie war eine unglückliche Frau, die mit ihren Kindern allein war, die sie in "Unzucht" außerehelich geboren hatte. In ihrer Verzweiflung darüber, dass sie ihre Kinder nicht ernähren konnte, schied sie mit der ganzen Familie in "einem Anfall von Schwermut und geistiger Verwirrung" aus dem Leben, wie der Ortspfarrer berichtete. Die armen Kinder wurden auf dem Friedhof von Ubjerg bestattet, während Karen Christensen selbst in der Heide südlich von Sæd in ungeweihter Erde begraben wurde. Hier wurde das Schandmal als Abschreckung und Warnung für andere errichtet. Es wird erzählt, dass es eine Tradition wurde, dass die Reisenden das Schandmal mit Steinen bewarfen, so dass der Stein absplitterte und die Inschrift unleserlich wurde. (Møller 2005)

Sage:

Quellen und Literatur:
Müllenhoff, Karl - Der Stein bei Seeth, in: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig Holstein und Lauenburg, Kiel 1845, S.546-547, DXLVI
Möller, Theodor - Der Stein bei Seth, N.-Schleswig., in: Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.137-139
Møller, Henrik J. - Das Schandmal in Sød, 2005
aktuelle Aufnahmen von Ingo Laabs, Kiel (Fotos von Oktober 2008)



Der Stein bei Seth, N.-Schleswig.
von Theodor Möller

   Schrifttum: J.A. Petersen: Wanderungen durch die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Altona 1844. III. S.454. - K. Müllenhoff: Sagen. Der Stein bei Seth. S.546. - L. Andresen: Zu den Sagen vom Stein bei Seth. Die Heimat 33 (1923) S.96. - C.L. Eskildsen: Stenen vnd Saed. Sønderjydsk Maanedsskrift, 10.Aargang, S.179-190.

Stein bei Seth
Aufnahme: Theodor Möller
   In dem Dorfe Seth, einige Kilometer südöstlich von Tondern, steht am Südrande des Ortes in einer kleinen, gutgehaltenen Anlage, die erst aus jüngster Zeit stammt, eine stark verwitterte Kalksteinplatte von 10½cm Dicke. Ihre Maße sind 1,14m x 0,93m. Von einer Inschrift, die über einem geglätteten Sockel vielleicht zwei Drittel der Vorderfläche bedeckt haben mag, sind heute nur noch (z.B. unten rechts) Spuren zu erkennen.
   J.A. Petersen, der diesen Stein als "Schandstein" bezeichnet, erzählt dazu die Geschichte einer Kindesmörderin, Karen Christens mit Namen, die hier an dieser Stelle, von Hungersnot getrieben, ihren in Unzucht gezeugten Kindern und sich selbst den Tod gab. - Wesentlich andere Züge weist die Sage bei Müllenhoff - der sie irrtümlicherweise nach Seth bei Friedrichstadt verlegt - auf. Es ist die Geschichte von dem reichen, kinderlosen und dem armen, kinderreichen Bruder. Die Frau des Armen wird von der hartherzigen Frau des Reichen in ihrer Not abgewiesen und dadurch in den Tod getrieben.
   Der wahre Hergang konnte von Ludwig Andresen an Hand von Akten im Staatsarchiv in Kiel aufgehellt werden. Danach hat sich im Jahre 1712 in Seth folgendes begeben: Karen Christens, eine sittsame, tugendhafte und christliche Frau, wie von Pastor Wegener in Uberg bezeugt wird, litt an Anfällen tiefer Melancholie. Es war ein Erbteil von der geisteskranken Mutter, womit sie nicht nur sich, sondern auch ihre Kinder belastet wähnte. Kein geistlicher Zuspruch konnte das Übel bannen, auch in den Kirchen zu Uberg und Hostrup von den Pastoren gehaltene Kirchengebete erwiesen sich als wirkungslos. Am 10. April 1712 kochte die unglückliche Frau für sich und die Kinder ein Gericht Buchweizengrütze, dem sie Rattenkraut beigemengt hatte. Daran starben sogleich zwei Kinder, die anderen lebten, wie die Mutter, bis zum nächsten Tage. Der Pastor, der die Unglückliche ja genügend kannte, war geneigt, der Mutter und den Kindern ein christliches Begräbnis auf dem Kirchhofe zu gewähren, allein der Propst zu Tondern und der Hardesvogt glaubten ein Exempel statuieren zu müssen. Die Kinder wurden christlich bestattet, der Mutter aber, wie es im Gerichtsprotokoll heißt, ein "Hundsbegräbnis" bereitet. Und das geschah also: "Am Abend des 21. April wurde in Gegenwart einer großen Gerichtskommission der Körper der Karen Christens mit Untergang der Sonne durch den Büttel auß dem Fenster geworffen, dann weiter aufs freye Feld weggeschleppt und in gebührender Tiefe in die Erde in der Heyde verscharrt". Nach einer späteren Notiz im Uberger Kirchenbuch hat man an der Stelle, wo Karen Christens liegt, den "Stein vor Seth" errichtet. Dieses soll schon sehr bald nach der unwürdigen Beisetzung geschehen sein.
   Die Inschrift, die Eskildsen mitteilt, läßt keinen Zweifel darüber, aus welcher Absicht die Setzung des Steines erfolgte, denn sie lautete: "Allhier ist durch den Büttelknecht hingeschleift und verscharret der Leib der Karen Christens aus Seet, weil sie an ihr selbst und an ihren vier Kindern durch Gift eine verfluchte Mordtat begangen hat im Jahre 1712." Der Stein sollte abschreckend wirken; er war also, wie J.A. Petersen ihn nennt, tatsächlich ein "Schandstein", und als solcher ist er der einzige seiner Art, der in Schleswig-Holstein noch vorhanden ist.
(Möller, Theodor - Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.137-139)


Sühnekreuze & Mordsteine