Rechts-Bräuche |
Asylsteine, Freisteine & Freihöfe
Die Asylsteine haben verschiedenartige Formen; so hat z.B. der Freistein im Pfarrhof zu Betzingen die Form eines steinernen
Sitzes. Baumann hat in seiner Geschichte des Allgäus einen Freistein zu Ebenhofen im Allgäu in Form eines Steinkreuzes abgebildet
und erwähnt sonst noch einige Orte, wo die Steinkreuze "Freisteine" genannt werden. Solche Asyle, die von der Kirche öfters für Kirchen,
Friedhöfe und Klöster ohne weiteres in Anspruch genommen wurden, sonst aber nur auf Grund kaiserlicher Privilegien zu Recht
bestanden, erscheinen im modernen Zeitalter mit einer geordneten Rechtspflege unvereinbar, waren aber für die Zeiten des Mittelalters bei der
herrschenden Ansicht von der Pflicht der Blutrache, der Mangelhaftigkeit der staatlichen Ordnung, der blutigen Strenge der Gerichte zumal
gegen den auf frischer Tat Ergriffenen an sich von einer wohltätigen und gerechten Wirkung; sie waren aber eine Quelle von Streitigkeiten
aller Art. Häufig enthielt das Asylrecht auch noch die Freiheit "offene Ächter des Reiches" aufzunehmen. In das Asyl des Klosters Blaubeuren
konnte nur aufgenommen werden, "wessen Handel kein Mord noch Kirchenbruch" war. Das Asylrecht wurde häufig auch nicht beachtet; so
rissen die Ulmer im Jahre 1444 einen an den St. Elisabeth-Altar im Ulmer Münster geflüchteten Mörder von dem Altar weg und vierteilten ihn und hoben,
nachdem die Kirche wieder geweiht war, das an diesem Altar haftende Asylrecht einfach auf. Im Allgemeinen war der Missetäter, wenn
er einen Asylstein erreicht hatte, damit unter den Schutz des Asylberechtigten gestellt.
Blutrache / Blutfehde
Die Blutrache war bei den Germanen rechtlich anerkannt. Die Bestrafung des Totschlägers übernimmt die Familie des Erschlagenen, zunächst der
Hausvater; eine Bestrafung des Verbrechers von Staatswegen kennt das älteste Recht nicht.
Carolina
Mit der Einführung der Hals oder peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V., der sogenannten Karolina im Jahre 1530, als unter Zurückdrängung
des Sühneverfahrens die straffere Durchführung der Bestrafung von Mord und Totschlag mit Leibes- und Lebensstrafen von amtswegen angeordnet war,
sind auch die Sühneverträge allmälich immer mehr in Abgang gekommen. So ließ schon im Jahre 1531 der Bischof von Eichstätt ein Sühnekreuz zerschlagen
und forderte die Gefangennahme und Bestrafung des Mörders.
Es sei noch einiges über den rechten Titel dieser Gerichtsordnung gesagt. Gewöhnlich nennt man sie: Constitutio Criminalis Carolina (C.C.C.);
falsch aber ist der Ausdruck: "Peinliche Halsgerichtsordnung", denn der Pleonasmus ist nach Kochs Ausführungen in der Vorrede handgreiflich, da die
"Strafe, die an den hals gehet, gewis peinlich ist; obgleich nicht umgekehrt. Der Ausdruck Halsgerichtsordnung ist also eingeschränkter, und die andere
peinliche Gerichtsordnung weitläufiger. Auf dem Rubro nennt sie Karl V. peinliche
Gerichtsordnung; in dem privilegio impressorio aber bedient er sich des Ausdruckes: Hals oder peinliche Gerichtsordnung.
Eselsbegräbnis / Hundsbegräbnis
Im mittelalterlichen Deutschland wurden die Selbstmörder im allgemeinen nicht auf dem Friedhof beerdigt, sier erhielten meist ein "Eselsbegräbnis", nach dem
Spruch Jeremias 22, 19: "Er soll wie ein Esel begraben werden, zerschleift und hinausgeworfen vor die Tore Jerusalems".
Den Selbstmördern wurde wie den mit dem Schwert Hingerichteten und den "ewig mit Staupenschlägen des Landes verwiesenen" ein "unehrliches viehisches
Begräbnis" (sepultura inhonesta asinina: Eselsbegräbnis) gegeben; sie wurden normalerweise außerhalb des Totenhofes beerdigt, nur mit "landesherrlicher Dispensation"
konnte eine Beerdigung auf dem Friedhof erfolgen.
Folter
Friedsäulen
Friedsäulen und Weichbilder bezeichneten das Gebiet der städtischen Hochgerichtsbarkeit.
Gerichtsstätten
Ding (germanisch: thing). Grundbedeutung scheint: Das Gesprochene, das Wort; daraus entwickelt sich: die
Besprechung. Verabredung; dann: die Zusammenkunft zur Besprechung eines Gegenstandes von allgemeinem Interesse. Der Ort heißt Dingstätte.
Das Mahl, althochdeutsch mahal = Versammlung, woraus die Bedeutung Gericht, Ort des Gerichts (Mahlstatt) hervorging.
Gottesurteile, Ordalien
Wo der menschliche Verstand der Richter die Schuld oder Unschuld des Angeklagten nicht festzustellen vermochte, da legte man die Entscheidung in die Hand des
höchsten Richters, Gottes. Durch die Feuerprobe, Wasserprobe, Abendmahlsprobe, Kreuzprobe, durch das Bahrrecht, das Losurteil, den Zweikampf usw. glaubte man
ein untrügliches und darum unanfechtbares Gottesurteil zu erlangen. Unsere Sprache erinnert noch in mancherlei Wendungen an jene Bräuche.
Feuerprobe: Für jemanden durchs Feuer gehen, die Hand dafür ins Feuer legen, wie auf glühenden Kohlen sitzen, die
Feuerprobe bestehen…
Wasserprobe: Sich die Finger verbrennen (wenn der Angeklagte mit nacktem Arm einen Stein aus dem Kessel mit
siedendem Wasser holen sollte)…
Abendmahlsprobe oder die Probe des geweihten Bissens: Da kann ich das Abendmahl (oder Gift) drauf nehmen (man
glaubte, dass der Schuldige am Genuß des Abendmahls sterben müsste), der Bissen soll mir im Halse stecken bleiben, er müsste gleich daran ersticken, er soll an der
Lüge ersticken…
Losurteil: den kürzeren ziehen (man ließ die Streitenden aus einem Bund Stroh oder einem Strohdach je einen Strohhalm
ziehen; wer den kürzeren zog, der hatte Unrecht)…
Halsgerichtsordnung
Henker
Wie der Schinder gilt auch der Henker als "unehrlich". Dieser Ruf erstreckte sich auf seine Familie, so daß die Kinder sich im gleichen Kreise verheiraten
mussten. Nicht zuletzt dadurch blieb das Henkeramt oft lange Zeit in derselben Familie.
Trotz dieser Verfehmung standen die Henker im Rufe besonderer Kräfte. Dazu kam, daß der Henker über Gegenstände verfügte, die als Amulette ungemein
begehrt waren, z.B. Galgenstricke, Nägel oder Leichenteile der Gerichteten.
Kalandbrüder / Kalandgesellschaft
Die Kalandbrüder gab es in ganz Europa, etwa seit dem 9. Jahrhundert. Sie wollten das kirchliche Leben bereichern und nahmen sich besonders des Totengedächtnisses
an. Mann konnte bei ihnen Seelenmessen für die Verstorbenen bestellen. Natürlich gegen eine Gebühr. Sie sollen auch an den Gräbern gesungen haben. Manche
Forscher nehmen an, dass die späteren Kantoreigesellschaften der Nachreformationszeit aus den Kalandbrüdern hervorgegangen sind.
Dort wo Bischöfe oder Fürsten saßen, dort gibt es auch keine Kalandbruderschaften.
Die Kalandbruderschaften starben in der Reformationszeit aus, nur der "Braunschweiger Kaland" hatte bis ins vorige Jahrhundert aus erbrechtlichen Gründen Bestand.
Kopf abpflügen
Dieser Strafe resultiert aus einem sehr alten Rechtsgrundsatz. Damals galt: Wer auf dem Feld einen Pflug oderTeile des Ackergerätes stiehlt, soll bis
zum Hals in den Boden eingegraben werden. Dann müssen Ochsen den Pflug gegen den Kopf ziehen, ist dieser dann nicht "weggezackert", so darf der Dieb am
Leben bleiben.
Marktrecht
Mittelalterliche Strafen
Die mittelalterliche Gerichtsbarkeit unterschied Ehrenstrafen, Leibesstrafen und Todesstrafen.
Zu den Ehrenstrafen gehörten das Prangerstehen (für Lebensmittelhändler, die minderwertige Ware verkauft hatten), das
Wippen (für Bäcker, die zu leichte Brote buken), das Ausstellen im Käfige (für Betrunkene), das Anbinden an den Schandpfahl, das Aufbinden von Ruten, das
Abschneiden des Gewandes und das Scheren des Haupthaares (Zeichen der Unfreiheit), das Eselreiten (für zänkische Ehefrauen), das Dachabdecken (für Ehemänner,
die unter dem Pantoffel standen), das Tragen von Stiefeln ohne Sporen und das Reiten von Pferden ohne Hufeisen (für Edle), das Hundeführen (für adlige Missetäter; sie
mußten die Hunde bis zur Gaugrenze führen oder tragen, daher die Redensart "Hunde führen bis Bautzen", das an der Gaugrenze der Mark Meißen und der Mark
Lausitz lag), das Ächten (weltliche Rechtloserklärung).
Als Leibesstrafen waren üblich das Foltern, das Martern, das Schinden (Ablösen der Haut, meist der Kopfhaut), das
Geißeln, das verstümmeln, das Schänden des Gesichts, das Blenden, das Herausreißen der Zunge (für Gotteslästerer), das Abschneiden der Nase (für stehlende
Knechte), das Durchstechen der Ohrläppchen (zum Zeichen der Knechtschaft), das Abhauen von Hand und Fuß (rechte Hand und linker Fuß), das Brandmarken
(Zeichen einbrennen), das Fasten ...
peinliche Gerichtsordnung
peinliche Befragung
Pranger
Rabensteine
Rädern
Rechtssymbole
Reichsacht
Richtplätze
Rolande
Rugsteine
Ruhsteine
Vigilien
Der "Rabenstein" war Richtstätte bei Enthauptungen und gelegentlich auch beim Rädern. Der Name geht darauf zurück, daß die Körper
der Enthaupteten auf Räder gelegt und von den Raben zerhackt und zerfressen wurden. Während besonders verhaßte Verbrecher stets in der
Stadt hingerichtet wurden, lagen die Hinrichtungsstätten deutscher Städte im späten Mittelalter vor den Toren.
Das Zerstoßen der Knochen mit dem Rad geschah auf zweifache Weise: Entweder von oben herab, also beim Kopf angefangen, was
gnädiger war, oder von unten herauf; dann wurde der Körper auf das Rad geflochten
und dieses mit der Nabe auf einen Stock gesteckt.
d.h. bildliche Vollbringung eines Geschäftes im Geiste des alten Rechts, beziehen sich gewöhnlich auf Grund und Boden oder auf persönliche
Verhältnisse und zwar so, dass Sache oder Person dabei selbst sinnlich und leiblich vergegenwärtigt werden müssen; doch ist bei manchen Symbolen der
Bezug des Zeichens auf die Sache verdunkelt. Wenn das Symbol aufbewahrt und gerichtlich vorgezeigt wird, steht ihm der Name Wahrzeichen zu.
Die Reichsacht (auch Acht, v. althochdt. ahta = Verfolgung) war eine im Mittelalter vom König bzw. Kaiser, in der Frühen Neuzeit vom König bzw. Kaiser unter
Mitwirkung der Reichsgerichte verhängte Ächtung, die sich auf das ganze Gebiet des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation erstreckte.
Die Rolandsfiguren, ihre Entwicklung und Bedeutung.
Wenn man diese Steine im allgemeinen "Ruhsteine" nennt, dann scheint man Rug-Stein verstehen zu müssen; also ein Stein, der nicht nur an den Tod
des Opfers erinnern soll, sondern auch an die Rüge (Strafe) des Verbrechers. Es ist dagegen noch nicht sicher, ob solche Ruhsteine, soweit sie Kreuzsteine
sind, eigens gesetzt wurden, um den Platz von Rügegerichten zu kennzeichnen, also von Dorfgerichten, bei denen Grenzverletzungen, Schlägereien, Diebstähle
gerügt (bestraft) wurden.
Sind Steine zum Absetzen von Lasten oder Totenbahren. Durch sprachliche Verwischung und Fehlinterpretationen umgangssprachlicher, regionaler Benennungen ist
im Laufe der Jahre teilweise eine Gleichstellung zweier unterschiedlicher Denkmalgruppen entstanden, die sich nur durch Forschung am jeweiligen Denkmal wieder
rückschließen lässt
Mit Gebeten verbundene Nachtwachen.