Rechtsbräuche


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Problematik der Rechtlichen Volkskunde
von Karl-S. Kramer

   Die Rechtliche Volkskunde beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Recht und Volkstum. Recht ist hier als die konkrete Rechtsordnung zu verstehen, die sich aus zwei Komponenten zusammensetzt: aus der Rechtssatzung (dem gesetzten Recht) und aus dem Gewohnheitsrecht. Zugleich fragt die rechtliche Volkskunde nach der Rechtsanschauung des Volkes, die sich aus dem Leben in dieser konkreten Rechtsordnung ergibt. Rechtliche Volkskunde als Bezeichnung wurde 1925 von Eberhard von Künßberg geprägt, also von einem Rechtsgeschichtler.1) Auch als Wissensgebiet ist sie eine Schöpfung der Rechtsgeschichte. Darauf deuten bereits die Namen der Forscher, die sich mit ihr beschäftigten: Karl von Amira, Eberhard von Künßberg, Claudius von Schwerin, Hans Fehr, Herbert Meyer, Karl Fröhlich, Eugen Wohlhaupter, Karl-S. Bader, Adalbert Erler, Ferdinand Elsener, Hermann Bald, Friedrich Merzbacher.2) Soweit sich Volkskundler auf diesem Gebiet betätigten, stützten sie sich auf die Arbeitsweise der Rechtsgeschichte, wie z.B. Wilhelm Funk in seinem Buch über die Alten deutschen Rechtsmale3) oder John Meier in seinen Arbeiten über Ahnengrab, Brautstein, Rechtsstein.4) Erst einige Ansätze der jüngeren Zeit versuchen sich in einer von der Rechtsgeschichte deutlich differenzierten Methode.5)
   Das Arbeitsgebiet selbst ist bereits in Jacob Grimms Deutschen Rechtsaltenümern (1828) vorgezeichnet. Er lenkte den Blick auf die "sinnliche Entfaltung" des alten Rechtes, auf seine enge Fühlung zur Denkweise des Volkes. Aber weder Rechtsgeschichte noch Volkskunde, die beide seiner Forschungspersönlichkeit so ungemein viel verdanken, nahmen zunächst diese Anregungen auf, abgesehen davon, daß volkskundliche Sammel-Planungen um die Jahrhundertwende die rechtlichen Verhältnisse in mannigfacher Beziehung mit einbezogen.6) Erst in den Zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts trat - auf Initiative der Rechtshistoriker - das Gebiet als eigener Forschungszweig stärker in den Vordergrund. Auch jetzt kam es noch nicht zu einer klaren stofflichen Abgrenzung. Rechtsbräuche, Rechtsgegenstände, Rechtssprache, Rechtssagen. Rechtssymbole, Aberglauben im Recht und ähnliche Erscheinungen wurden ohne eine systematisch durchgeführte Gliederung als Zeugnisse für ein Grenzgebiet der Rechtsgeschichte bezeichnet, von dem aus starke Verbindungsstränge zur Volkskunde laufen. Man glaubte, unter Zuhilfenahme von Forschungscrgebnissen der Volkskunde Klarheit zu gewinnen über eine Reihe von Fragen, die mit rein rechtshistorischer Betrachtungsweise nicht zu bewältigen waren. Wissenschaftsgeschichtlich gesehen geschah das wohl nicht zufällig in einer Zeit, als sich die Volkskunde durch ihre leidenschaftlich geführte Prinzipiendiskussion stärker als zuvor als selbständige Wissenschaft auszuweisen begann.
   In der folgenden Zeit haben sich besonders Claudius von Schwerin, Eberhard von Künßberg, Karl Frölich und Eugen Wohlhaupter um die Systematisierung des neuen Forschungsfeldes verdient gemacht. Sie versuchten, wenn auch in durchaus verschiedener Weise, klare Grenzen zu ziehen.7) Kennzeichnend für diese Versuche ist die Tatsache, daß sie sowohl die "geformten Gegenstände des Rechtslebens" als auch das "rechtliche oder rechtlich beeinflußte" Brauchtum, Glaubensgut und Sprachgut einbezogen.8) Der neueste Gliederungsversuch schlägt einen anderen Weg ein: Hermann Batl9) möchte das ganze Bereich des Gegenständlichen ausgegliedert und in einem eigenen Forschungsgebiet unter der Bezeichnung Rechtsarchäologie10) behandelt wissen. Die Rechtssymbolik in rechtlichen und verwaltungsmäßigen Handlungen weist er der Symbolforschung zu, für die von rechtsgeschichtlicher Seite aus Eugen Wohlhaupter wichtige Vorarbeiten geleistet hat11). Die Rechtliche Volkskunde im eigentlichen Sinne jedoch habe sich ausschließlich mit jenen geistigen Beziehungen zwischen Recht und Volkstum zu befassen, die sich in Brauch, Glaube und Sprache manifestieren.
   Wir sagten: Rechtliche Volkskunde ist eine Schöpfung der Rechtsgeschichte.12) Sie trägt, bis in den Klärungsversuch Baltls hinein, den Stempel dieser Herkunft. Rechtliche Volkskunde im Rahmen der Rechtsgeschichte wird folgerichtig unter rein historischen Gesichtspunkten betrieben. Deutlich ist dies in den grundsätzlichen Erwägungen von Schwerins ausgesprochen:13)

   "Die Rechtsgeschichte hat die Aufgabe, das Recht der Vergangenheit festzustellen, die einzelnen Rechtssätze zu erklären und, was hiermit eng zusammenhängt, die Gründe ihrer Wandlung zu erforschen. Insoweit nun eine dieser Aufgaben mit Erkennungen der volkskundlichen Forschung gelöst werden kann oder mit Quellen, die in erster Linie solche der Volkskunde sind, haben wir es mit Beziehungen der Rechtsgeschichte zur Volkskunde zu tun. Umgekehrt gibt es dann Fragen der volkskundlichen Forschung, deren Lösung durch Ergebnisse der Rechtsgeschichte gefördert werden kann, da zahlreiche Volksbräuche früher Rechtsbräuche waren oder solche nachahmen und sich Rechtsbräuche in Liedern, Sagen, Märchen, Spielen, Festen erhalten haben. Daher können die gedachten Beziehungen sowohl vom Standpunkt der Rechtsgeschichte sowie von dem der Volkskunde aus betrachtet werden, und fast scheint es, als ob die Rechtsgeschichte der Volkskunde mehr zu sagen hat als diese ihr. Immer aber ist das Forschungsgebiet der Problemstellung nach entweder das der Rechtsgeschichte oder das der Volkskunde, ist in jenem Fall die Volkskunde, in diesem die Rechtsgeschichte eine Hilfswissenschaft."

   Dabei ist im Gegensatz zu von Schwerin festzustellen, daß in der tatsächlichen Entwicklung der Rechtlichen Volkskunde die Rolle der Hilfswissenschaft der Volkskunde zugefallen ist. Denn die Vertreter der Volkskunde haben es versäumt, die unabschätzbar große Bedeutung der rechtlichen Überlieferung für die Klärung ihrer ureigensten Fragen zu erkennen und zu verwerten.
   Dabei kennzeichnet der Name Rechtliche Volkskunde das Gebiet als eindeutig zur Volkskunde gehörig. Sie hat sich, volkskundlich betrachtet, dem Gesamtziel dieser Wissenschaft unterzuordnen, die nach Adolf Spamer eine historische Wissenschaft mit psychologischer Zielsetzung ist. Sie hat die Einzelerscheinungen in ihrem historischen Zusammenhang zu klären, um aus den Ergebnissen Schlüsse über die innere Struktur des Volkslebens und über Wesensart und Weltbild des Volkes zu ziehen. Bei der Erkenntnis des jedem Volke und jeder Volksgruppe eigenen, unter dem Einfluß von Herkunft, Lebensraum und Geschichte geprägten Charakters kommt der rechtlichen Überlieferung eine besondere Bedeutung zu, denn in Vergangenheit und Gegenwart wirkt die konkrete Rechtsordnung fördernd oder hemmend mit großer Intensität auf die Eigenart des Volkslebens ein, und die aus der Stellung zum Recht entstehende Rechtsanschauung des Volkes ist ein zentraler Faktor der grundlegenden geistigen Struktur.
   Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich das Arbeitsfeld der Rechtlichen Volkskunde nicht willkürlich verengen.14) Gerade für die analytische Arbeit wird man darum weniger die stark beschnittene Stoffgliederung Hermann Baltls zugrundelegen als die weiter ausgreifenden E. von Künßbergs, Karl Frölichs oder Eugen Wohlhaupters. Diese erweisen sich auch für die volkskundliche Betrachtungsweise als durchaus brauchbar, wenn man der rein historischen Fragestellung die Frage nach der Funktion, nach der Bedeutung der Einzelerscheinungen und ihrer sinnvollen Wirkungsweise für den Einzelnen, für die Gemeinschaft und den Einzelnen in der Gemeinschaft zur Seite stellt. Man hat diesem fruchtbaren Arbeitsbegriff,15) der in dieser Form durchaus nicht auf einem medianischen Weltbild beruht, gelegentlich zum Vorwurf gemacht, er sei in zu starkem Maße psychologisch bestimmt und verneine historische Zusammenhänge. Das ist aber keinesfalls richtig, im Gegenteil, die Frage nach der Funktion enthebt die Erscheinungen der Vereinzelung und führt gerade in Verbindung mit der historischen Methode an den Kern der Phänomene heran.
   Klarer und greifbarer wird die methodische Konzeption zutage treten, wenn wir (analytisch) in kurzen Strichen das Stoffgebiet der Rechtlichen Volkskunde umreißen und anschließend (synthetisch) einige Grundlinien und Problemkomplexe für die Verwendung der in Einzeluntersuchungen gewonnenen Einsichten bei der Lösung der volkskundlichen Kernfrage herauszuarbeiten versuchten. Für den ersten Teil lehnen wir uns dabei an die von Eugen Wohlhaupter verwendete Stoffeinteilung an.16)

   An die Spitze stellt Wohlhaupter die "Rechtsquellen als Quellen der Volkskunde". Er weist dabei hin auf die Volksrechte, Weistümer, Dorfordnungen, Gerichtsprotokolle und -Urteile und ähnliche Quellengruppen. Hier genügt eine kurze Bemerkung: Wir können diesen Punkt getrost aus dem Sachgebiet der Rechtlichen Volkskunde streichen, denn es handelt sich hier um ein Teilgebiet aus dem Gesamtkomplex historischer Quellen, mit dem sich die Volkskunde, ob sie will oder nicht, befassen muß, wenn sie nicht Stückwerk leisten will. Selbst die Gegenwartsvolkskunde hängt mit ihrer Arbeit in der Luft, wenn sie die historischen Vorformen ignoriert. - Dankbar wird die Volkskunde jedoch den von der Rechtsgeschichte erschlossenen Quellbezirk der schriftlichen Rechtstraditionen zu Rate ziehen.
   Es verbleibt also nur das zweite Hauptgebiet von Wohlhaupters Gliederung, das sich auf das Rechtliche in den Sachgebieten der Volkskunde, grob gegliedert in Sprachgut, Sachgut, Brauchgut und Glaubensgut bezieht.
   Beim Sprachgut steht die Frage nach den Spuren rechtlichen Lebens und volkstümlicher Rechtsanschauungen im Erzählgut und Liedgut, im Werk der Dichter, sowie in Orts-, Flur-, Personen- und anderen Namen, im Sprichwort und in der Umgangssprache im Vordergrund.
   Wir greifen als Beispiel die Rechtssagen heraus, denen innerhalb dieses Sachgebietes besondere Bedeutung zukommt. Wohlhaupter gliedert sie (wie vor ihm von Künßberg) in a) die Rechts-Ursprungssagen, die von der Entstehung eines Rechtes oder eines Privileges erzählen, b) die Rechtsdenkmalsagen, die von rechtsbedeutsamen Orten, Wahrzeichen und Denkmälern (Steinkreuzen) berichten, und schließlich c) die Rechtsschutzsagen, die von großen Freveln und ihren Strafen handeln. Diese Rechtsschutzsagen gehören zu den verbreitetsten Sagentypen. Ein bekanntes Beispiel ist die Sage vom Grenzsteinverrücker, der um eines an sich vielleicht geringen Vergehens am Gut seiner Nachbarn willen nach dem Tod ruhelos an der Grenze seiner Felder herumirren muß und erst Erlösung findet, wenn der von ihm verschobene Grenzstein wieder an seiner Stelle steht. Die Sagen schildern diese geisternden Toten als feurige Männer, als Gestalten, die den fraglichen Grenzstein auf den Schultern oder ihren eigenen Kopf unterm Arm tragen. Von Künßberg hat daraufhingewiesen17), daß gerade dieses letzte Motiv in eigentümlicher Weise übereinstimmt mit der Strafbestimmung in zahlreichen Weistümern: dem Grenzfrevler soll, nachdem er bis zur Achsel eingegraben worden ist, mit einem Pflug der Kopf vom Leibe getrennt werden. Nach allgemeiner Ansicht handelt es sich dabei um eine Strafandrohung, die in Wirklichkeit nie vollzogen worden ist; man hätte sonst in den reichlich vorhandenen Quellen der Rechtspraxis mit Sicherheit darauf stoßen müssen. Die Beziehung zwischen Sage und sagenhafter Strafe im Weistum ist auffallend, und ihr nachzugehen wäre eine lohnende Aufgabe, denn eine Wechselwirkung scheint durchaus nicht ausgeschlossen, wenn auch bis jetzt noch keine Sage bekannt ist, in der die Kopflosigkeit des Geistes mit dem Abpflügen begründet wird. Zweifelhaft bleibt wahrscheinlich auch bei einem positiven Ergebnis einer solchen Untersuchung die Entscheidung, ob die Sage die Rechtssatzung, oder die Rechtssatzung die Sage beeinflußt hat. Beides ist im Bereich der Möglichkeit, besonders wenn man in Betracht zieht, daß die Weistumstexte jährlich einmal oder mehrfach der versammelten Dorfgemeinde vorgelesen wurden. Man darf annehmen, daß gerade die Rechtssätze über die Grenzen, wie alle Sätze über materielle Nachbarrechte, aufmerksame Zuhörer fanden.
   Ähnliche Wechselwirkungen bestehen offenbar auch zwischen den Sagen über Scheineide und über die Folgen des Meineids und den häufig vertretenen "Erklärungen" des Eides und den vor Gericht verlesenen "Warnungen des Meineids". In den Beziehungskreis einbezogen ist in diesem Fall sicher auch die Fülle volkstümlich geprägter Verwünschungen, Verschwörungen und offiziöser Äußerungen über die Fluchwürdigkeit falscher Aussagen, denen man in den Quellen der Rechtspraxis auf Schritt und Tritt begegnet.
   Doch sind es nicht nur Grenzfrevel und Meineid, die in den Sagen mit schweren ewigen Strafen belegt sind. Es ist von hohem Interesse, einen Blick auf die verschiedenartigen Anlässe zu werfen, die der Volksmeinung nach mit der Ruhelosigkeit nach dem Tode geahndet werden: Ungerechtigkeit und Grausamkeit gegenüber Untergebenen, harte Entscheidungen bei Wildfrevel und Holzdiebstahl (wobei der Gedanke an die Freiheit von Wild und Wald mitspielt), lasterhafter und heuchlerischer Lebenswandel, übereilte Totschläge und Todesurteile, Unterschlagung, Veruntreuung anvertrauten Gutes, Eigennutz und Hartherzigkeit gegenüber Armen. Es wird in diesen Sagen der Glaube an eine ausgleichende Gerechtigkeit spürbar, die über der irdischen steht, denn der Rechtspflege dieser Welt sind diese Frevel zumeist entgangen, oder sie hat sie sogar durch Nachlässigkeit oder Parteilichkeit selbst verschuldet. Volkskundlich betriebene Rechtliche Volkskunde hat gerade auf diese Hintergründe zu zielen.

   Wie dicht in noch relativ später Zeit derartige Vorstellungen unter der Oberfläche liegen und mit welcher Spontanität sie bei gegebenem Anlaß hervorbrechen, zeigt ein Beispiel aus Höchstadt an der Aisch vom Jahre 1699. Dort hatte sich ein Aufruhr ereignet, in dessen Verlauf es zu einer "Judenplünderung" kam. Die Rädelsführer des Volksauflaufes glaubte man in einem Maler und einem Jäger gefunden zu haben, die nach eingehender Untersuchung "auf genügliches Überlegen" und zu "wohlverdientem Lohn" zum Tod verurteilt und hingerichtet wurden, der eine durch den Strang, der andere durch das Schwert. Leider sind über den Vorfall selbst und die Untersuchung, die wahrscheinlich vor dem Höchstadter Amtmann erfolgte, keine Unterlagen mehr vorhanden, so daß keine Möglichkeit besteht, die tatsächliche Sachlage festzustellen18). Das Volk jedenfalls ist der Ansicht gewesen, daß hier ein ungerechtes und vorschnelles Urteil gefällt und vollstreckt worden ist. Wie es diese Ansicht äußert, das gliedert sich nun ganz unmittelbar in die Vorstellungswelt der Rechtsschutzsagen ein. Wir gewinnen einen Einblick in die Ursprungssphäre dieser Sagen, und es zeigt sich, daß sie eine als wahr empfundene und erlebte Wirklichkeit wiederspiegeln.
   Kaum ein halbes Jahr ist seit der Hinrichtung vergangen (das vorliegende Schreiben ist am 30.12.1699 datiert und spricht in Bezug auf die Hinrichtung von "der damaligen großen sonnenhitz"), da muß sich der Höchstadter Amtmann H.G.v.L. an seinen Landesherrn, den Erzbischof von Bamberg, mit der Bitte wenden, ihn gegen eine Reihe von Verleumdungen in Schutz zu nehmen. Der Amtmann führt sie in sechs Punkten auf und nimmt ausführlich zu jedem einzelnen Stellung. Als erstes berichtet er, man erzähle sich, "der an dem hohen gericht annoch hangende entseelte cörper des justificirten maiers ... [habe] nach langer zeit und einigen tagen von nasen und anderen enden des leibs frisches blut geschwitzet". Der Amtmann entkräftet dieses Gerücht durch den Hinweis, es handle sich nicht um Blut, sondern um ein durch die Verwesung entstandenes "verbrenntes schwarzbraunes wasser", und damit um eine ganz natürliche Sadie. Weiter erzähle man sich, "daß so oft der ambtmann zue Höchstadt mit seinen vier pferden ohnweit des hohen gerichts vorüber fahren wolle, [er] durch unsichtbarlichen gewalt gehemmet und gleichsamb so bezauberet würde, daß er von der stelle nicht fahren könnte, sondern zu fueß abweichen müste, worauf die verstockte, verstarrte und vernarrte pferd wiederumb zum zuch zu bändigen wären". Der Amtmann sagt hierzu, dies sei völlig aus der Luft gegriffen, da er noch nie unmittelbar vorbeigefahren sei, "so oft ich aber ohnweit des hohen gerichts, etwan 2 gute büchsenschuß eine anderwertige straße passiret, habe niemahlen einigen anhalten noch hindernus verspüret".
   "Das drittere gehet dahin, daß der hingerichtete maier eine jegliche nacht solte in dem schloß vor meinem zimmer sich mit einem sehr kläglichen winzeln und entsetzlichen trauergeheul hören lassen, so gienge auch der aus gnaden mit dem schwerd justificirte Jäger, seinen köpf auf den händen tragend, alle nacht über die brücken herein bis zue der hart am schloss gelegenen stadtmühl, von welchen ich also beängstiget und beunruhigter dahier nicht mehr wohnen könte, und dahero auf meine güttere, die zwei stund von hier entlegen, mich entfernen müssen. Deme entgegen, wie männiglich allhier bekant, [ich] öfters in 14 tagen nicht auf einen tag daselbst hinkomme, zuemahlen auch weder der maier noch Jäger auf dieses weldgetümmel nicht zurückgedenken, weniger zurückkehren werden, allhier nochmalen das übelangeschlagene trinkgeld einzunehmen.
   Das viertere wäre, welches man auch sogar die von hier und mir abgeschickte boten in Bamberg befraget, der ambtmann zu Höchstadt wäre über solche gespensterische beängstigung in seinem verstand ganz verzucket und verrucket, verirret und verwirret. Es wolle mich aber nur Gott bey jetziger meiner noch wesentlichen Vernunft noch weiters vätterlichst bewahren. Das fünftere kombt heftiger, und zwar, es hätten seine röm. kayserl. majestät mich eylents durch einige husaren arrestirlich nacher Wien abholen lassen, weldierwegen mir jedoch nichts wissend, noch einige ursach zu ergründen.
   Der sechstere zuewurf lautet dahin, der ambtmann zu Höchstadt wandere aus antrieb seines bösen handeis in der umbschweifenten flucht herumb, und seye männiglich vogelfrey gegeben worden. Nun scheue midi zwar niemalen des mir unter äugen gehenden, offenbaren feindes, ist auch das wiederspiel in der sachen allhier bekant. Es möchte aber wohl ein landfrembter allerdings glauben, ich dörfe mich nirgents sehen lassen."
   Es gibt hier also eine ganze Reihe von Motiven, die in einer in den Sagen kaum einmal vorhandenen Dichte und Häufung Anwendung finden. Ganz offensichtlich handelt es sich nicht um blasse Erfindungen und geschickt erdichtete Verleumdungen, sondern um spontan entstandene Fabulate des erregten Volkes. In das Bereich des Volksglaubens fallen dabei die Motive des Blutschwitzens, des Gebanntseins der Pferde, der Geistererscheinungen und der durch diese bewirkten Sinnesverwirrung. Durchaus vertraut von ähnlich gelagerten Beispielen aus jüngster Vergangenheit und Gegenwart sind uns die übrigen Anwürfe (heute würde man sie "Parolen" nennen): die Vogelfreierklärung und die angebliche Abholung des Amtmannes nach Wien zur Verantwortung vor dem Kaiser, der hier noch durchaus als höchste Autorität erscheint. In unglaublicher Geschwindigkeit haben sich diese Gerüchte im Land ausgebreitet. Dem Amtmann ist zu Ohren gekommen, "daß vorgesetzter verlauf in reümen verfast, darauf ein melody gerichtet, in den druck gebracht und de facto ahn verschiedenen orten des gebürges und in specie zu Weschenfeld [= Waischenfeld] von einigen landstreichern und singern vor mehr dann 12 türen abgesungen, auch sogar verkaufet worden. Zweiflet mir demnach nicht, es werde so fort nunmehro dieses abenteuerliche, doch ungründliche geschieht und gedieht öfters auf kirchweyen, Jahrmärkten und in vielen vornehmen Städten sowohl in diesen, als weitentfernten ländern als ein halbes Wunderwerk von solcherley historionibus ihrer gewohn-heit nach mit klafterlangen tact und gestibus decantiret und vielleicht wohl gar vermittels eins abbildenten gemäls und fingerzeigs denen neugierigen und maulaufsperrenden zuehörern kundgetan werden."
   Einige Monate später kann der Amtmann sogar noch einen der Liederhändler namhaft machen, den "schuster und judenliederhändler" Franz Engels aus Muggendorf. Den Ursprung der Lieder vermutet er in Bamberg selbst. Während hier eine Schchit von eilfertigen und geschäftstüchtigen Sensationshaschern (typisch ist die abfällige Bezeichnung "historionibus") sichtbar wird, die in Art der Bänkelsänger "neue Zeitungen" verbreitet, fürchtet der Amtmann noch eine für seine ganze Familie und in alle Zukunft schmähliche Folge, daß nämlich der ganze Vorfall in eine "Landschronik" einverleibt werden könne, ein deutliches Zeichen, wie wenig Zutrauen die führende Beamtenschaft in Bezug auf die Zuverlässigkeit und kritische Fähigkeit der damaligen Autoren ernstgemeinter Werke besaß.19)

   Ein solches Beispiel lehrt uns noch eine weitere Tatsache: der wirkliche Ablauf der ganzen Geschichte wird sozusagen entsachlicht, und auf einen intuitiv erfaßten Kernvorgang reduziert, der sich ganz auf die beteiligten Personen konzentriert: in diesem Fall auf die (angeblich) unschuldigen Gerichteten und den (angeblich) ungerechten Richter. Die komplizierte und komplexe Wirklichkeit wird in ein konkretes und anschauliches "Symbol" verwandelt. Erst dann ist es möglich, daß die Vorstellungswelt der Sage, die in solchen einf achen Schwarz-Weiß-Schemen denkt, "verfügbar" wird. Zum Charakteristikum solcher Vereinfachungen gehört es auch, daß die anonyme Gerichtsobrigkeit in eine einzelne und am Ort selbst gut bekannte Persönlichkeit "verdichtet" wird. Im vorliegenden Fall war nämlich der Höchstädter Amtmann allenfalls der Leiter der Voruntersuchung, das Urteil wurde, wie sich dies aus den Akten von anderen Hochgerichtssachen eindeutig ergibt, in Bamberg gefällt und zur Vollstreckung dem betreffenden Außenamt überwiesen. In der weiteren Entwicklung zum Fabulat und stärker noch zum Flugblatt- bzw. Bänkelsängerlied wird dann die (nur in kleinem Umkreis bekannte) konkrete Persönlichkeit wieder zu einem allgemeinen Typ, eben zum "ungerechten Richter", der die dem Volk entfremdete obrigkeitliche Rechtspflege versinnbildlicht und überall verständlich ist. In diesem Fall gehen die sagenartigen Fabulate des Volkes und die Produkte der Flugblatt-Berufsautoren in die gleiche Richtung, wenn auch ein Unterschied im Zweck vorhanden ist.
   Wir kennen jedoch auch Beispiele dafür, und sie sind gar nicht so selten, daß die Volksanschauung und die Produkte der Sensationshascherei eine entgegengesetzte Richtung einschlagen. Das ist vor allem zu beobachten bei dem Nachleben der Erinnerung an große Räuber und Wildschützen, besonders einprägsam beim "Boarischen Hiasl", der im Volkslied zu einem "gefeierten Held aller Unterdrückten", in den gleichzeitig entstehenden und weit verbreiteten Volksbüchern aber zu einem düsteren Verbrecher wird. Während sich die Volksbücher den Anschein historischer Treue geben, verschwinden in den, sicher zunächst auch aus städtischer Feder entstandenen, dann aber immer wieder umgesungenen Liedern allmählich alle zeitlichen und örtlichen Anklänge: statt in den Wäldern um Augsburg, wo der historische Matthias Klostermayer (1736 geboren, 1771 nach einer Kette von über 50 nachgewiesenen Straftaten hingerichtet) sein Wesen trieb, jagt er im Hochgebirge, übernachtet bei einer Sennerin und ficht im Morgengrauen einen Kampf mit den ihn verfolgenden Jägern aus.
   Viktor von Geramb schildert den Charakter des Helden dieser Lieder wie folgt:20)

   "Alles, was dem Bajuwaren wahrhaft heldenhaft erscheint, hat er in diese Gestalt hineingelegt: Da ist zunächst der unbändige Freiheitsdrang, der den jungen Hirtensohn Matthias Klostermayer an keiner Stelle, an keinem Weibe und am allerwenigsten an Militär- und Herrengewalt gebunden sein läßt. Da ist weiter die todtrotzende Schneid und das feste Stehen gegen eine Welt von Feinden, die unbedingte Freundestreue und das herrenmäßige Alleinversorgen seiner Kameraden, die nicht zu stillende, bis zur Grausamkeit ausartende Wut gegen Falsche und Verräter, die absolute Fähigkeit, sich in allen Lagen zu helfen zu wissen, die abenteuerliche körperliche Kraft, Gewandheit und Abhärtung, die Milde und schützende Hilfsbereitschaft für Arme, Bauern und Weiber. Dazu treten noch kleinere Züge: die unausrottbare Jagdlust, die feste Überzeugung von der Gemeinsamkeit des Jagdrechtes, die zwingende Beherrschung von Tieren, der kecke, trotzige aber oft auch gutmütige Humor und endlich die freie Liebschaft mit kerngesunden, tapferen jungen Weibern."

   Vergleicht man diese Charakteristik mit den Motiven der Rechtsschutzsagen: Härte gegen Arme, krasse Ungerechtigkeit, grausame Bestrafung von Wild- und Holzfrevel, Untreue und Falschheit, so zeigt sich, daß man in der Gestalt des Verbrechers vor dem Rechte, der allerdings selbst immer überzeugt war, der Gerechtigkeit zu dienen, den absoluten Gegenpol dieser fluchbeladenen Handlungen sieht. Er ist zu einer Personifikation der Rechtsanschauung des Volkes geworden, zu einem Zeitpunkt, als sich diese weit von der konkreten Rechtsordnung getrennt hatte. In diesem Sinne ist das Andenken an den "Boarisdien Hiasl" bis heute lebendig geblieben. Im Münchener Volkstheater in der Au wurde im vergangenen Winter ein im Geiste dieser Volkslieder neugedichtetes Volksstück vom Boarisdien Hiasl gespielt, und das Publikum nahm immer in leidenschaftlicher Anteilnahme für ihn und gegen die Diener der Obrigkeit Stellung.21)
   Es ist kein Zufall, daß in diesen beiden eingehender geschilderten Beispielen der tragische Höhepunkt der Hinrichtung den Anstoß für die phantasievolle Beschäftigung mit den beteiligten Persönlichkeiten bildete. Denn die makabren Stätten alter Rechtspflege standen von eh und je im Mittelpunkt volkstümlicher Rechtsanschauung. Man hat es ja durch Jahrhunderte für nützlich erachtet, den Strafvollzug öffentlich zu vollziehen, und die Stätten dieses Vollzuges waren aus Gründen, auf die wir später noch im Zusammenhang mit dem Problem der Ehrlichkeit und Unehrlichkeit kurz zu sprechen kommen werden, mit einem Gestrüpp abergläubischer Meinungen umwuchert. Stark sind die Einwirkungen auf die Volkssprache in Metaphern (Galgenvogel, Strickreiter), Sprichwörtern (Mit des Seilers Tochter Hochzeit halten), Redensarten der Umgangssprache (Jemandem einen Strick aus etwas drehen) usf. Auch die Namenwelt hat daran Anteil, nicht nur in den Flurnamen22) (Henkersrain), Ortsnamen (Galgenberg), Familiennamen (Angstmann)23), sondern auch in weit von unmittelbarem Bezug entfernten wie den volkstümlichen Pflanzennamen (Karotte = Galgennagel; Hanf = Galgenkraut)24).
   Dies alles leitet zur zweiten Gruppe über, zum Sachgut, zu den Gegenständen des alten Rechtslebens, die Hermann Baltl in einem eigenen Wissensgebiet, der Rechtsarchäologie, behandelt wissen will. Nun ist es in der Tat richtig, daß die Formgeschichte der Rechtsgegenstände, unter denen das Strafgerät eine hervorragende Stellung einnimmt, keine Angelegenheit der Volkskunde sein kann. Immerhin ist sie insofern von Interesse, als sie die richtige Deutung ihrer Verwendung ermöglicht. Entscheidend ist für die volkskundliche Betrachtung die Frage nach der Funktion des Gerätes, und zwar nicht einmal so sehr die nach der unmittelbaren (beim Strafgerät nach dem Strafvollzug), sondern die nach der mittelbaren, da diese die Folgen für die Stellung des Bestraften (bzw. seiner Angehörigen) im Leben der Gemeinschaft bestimmt. Wir wählen zur näheren Kennzeichnung der Problemstellung ein Beispiel aus dem Bereich der Ehrenstrafen, die schon von Künßberg für die volkskundliche Betrachtung für wichtiger hielt als die Lebensstrafen.25)

   Bekannt ist die Geige als Strafgerät für zänkische Frauen. Es handelt sich um ein unter Nutzung älterer Strafgeräte sinnreich erfundenes Instrument, das es ermöglicht, Hals und Hände zu umschließen und in einer Stellung festzuhalten, die an einen Geiger während des Spieles erinnert. Eine Weiterentwicklung bilden die Doppelgeigen, die die entsprechenden Öffnungen für Hals und Hände für zwei Personen besitzen, die dann einander gegenüber Auge in Auge relativ unbeweglich stehen müssen und allenfalls einander lange Nasen machen können. Vermutlich ist die Zeit der Entstehung, jedenfalls aber die Zeit der größeren Verbreitung erst im 16. Jahrhundert anzunehmen. Soweit ich Quellen der Rechtspraxis aus eigener Anschauung kenne, scheint das Gerät konsequent nur bei Frauen Anwendung gefunden zu haben. Dabei gab es mannigfache Variationen, sowohl im Anlegen des Gerätes (eine Frau allein, zwei Frauen gemeinsam, eine Frau mit dem Hals und die andere an der Hand) als auch in der Dauer (½ Stunde bis zu mehreren Tagen) und in Bezug auf den Raum (an besonderer Stelle stehend: Rathaus, Brunnen, vor dem Haus der Beleidigten, oder Herumführen: um den Brunnen, um das Dorf, im Dorf auf und ab). Oft wurde zusätzlich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch akustische Effekte erregt: ein Gerichts- bzw. Henkersknecht ging vorneweg und schlug im Takt Blechbecken gegeneinander, oder am Gerät selbst war eine Glocke befestigt. Unkluge Betroffene werden auch durch heftige Schimpfkanonaden die Aufmerksamkeit selbst auf sidi gezogen haben.26)
   Jedenfalls geschah der Strafvollzug in der Öffentlichkeit, unter den Augen der Bürger und der Nachbarn, aber doch auch nur dieser, in einer relativ geschlossenen Lebensgemeinschaft, in der jeder jeden kannte. Das erscheint auf der einen Seite sehr hart, konnte sich andererseits aber auch bei einsichtigem Verhalten aller Beteiligten durchaus positiv in erzieherisdier Hinsicht auswirken. Der Sinn der Strafe lag darin, ein Vergehen gegen die Gesetze des Zusammenlebens zu büßen. Mit dem Vollzug war "das Recht gebüßt", die Straftat war gesühnt, ihre Folgen waren ausgelöscht. Dies etwa dürfte der zugrunde liegenden offiziellen Anschauung entsprechen. Wie aber war die Reaktion im Volk? Was waren die Folgen für die Betroffenen in ihrem zukünftigen Zusammenleben? Gab es eine weiterwirkende Beeinträchtigung der durch den Strafvollzug bedingt beeinträchtigten persönlichen Ehre?
   In diesem Zusammenhang ist auf ein Phänomen hinzuweisen, auf das man bei der Durchsicht der Quellen immer wieder stößt: auf das "boshafte Gedächtnis", wie ich es schon verschiedentlich genannt habe, das sich oft nach Jahren und oft auch in völlig veränderten äußeren Umständen zu akutem Anlaß wieder meldet, bei gemeinsamem Trunke beispielsweise, wenn die Gemüter erhitzt sind, oder bei einem plötzlich und unvermittelt ausbrechenden Wortgefecht. In solchen Situationen zeigt es sich, daß man nicht so schnell etwas vergißt, und gerade die Fehler der Mitmenschen und gewisse dunkle Punkte ihres vergangenen Lebens werden mit boshafter Wonne wieder ins Licht gerückt. Die äußerst empfindliche persönliche Ehrenhaftigkeit (wir werden darüber noch zu sprechen haben) spielt dabei eine entscheidende Rolle.
   Im Falle der Geigenstrafe ist jedoch noch etwas anderes zu bedenken. Je länger, je mehr, wurde sie zu einem beliebten Strafmittel der Obrigkeit. Man neigte mancherorts zu einer übertrieben häufigen Anwendung, mit der Folge, daß das zankhafte Weibervolk die Geige, wie manche Beamte klagen, überhaupt nicht mehr fürchtete. Die Strafe ist zu einer Alltagserscheinung geworden, niemand kümmert sich mehr darum. Zu dieser Abwertung hat wohl wesentlich beigetragen, daß für die wohlhabenderen unter den Frauen die Möglichkeit bestand, die Strafe durch Zahlung einer Geldsumme abzulösen. Ursprünglich hatte man nur in außergewöhnlichen Fällen von der verfügten Anwendung abgesehen, dann etwa, wenn die Betroffene schwanger war, oder wenn sie an einer ansteckenden Krankheit litt, so daß man hygienische Bedenken haben mußte. Als man aber die Geldablösung einführte, war das auch in alter Zeit geforderte Prinzip der sozialen Gerechtigkeit durchbrochen, war die Entwertung perfekt: Die Vermögenden brauchten die Strafe nicht mehr zu fürchten, die Unvermögenden aber nahmen sie hin wie andere Lasten ihres ärmlichen Lebens. Ein Moment der Ungerechtigkeit hatte sich in die Ausübung der Gerechtigkeit eingeschoben. Freilich, die Rolle des "boshaften Gedächtnisses" war damit nicht ausgespielt.

   Alle diese Erwägungen führen in das sehr bedeutsame und komplizierte Gebiet des Verrufes, der "Infamie", dem Gerhard Lutz eine gründliche, leider noch unveröffentlichte Untersuchung gewidmet hat.27) Sieht man es in Beziehung auf die Gemeinschaft, so scheint dabei das jeweilige Verhältnis zwischen der offiziellen Rechtspflege und der Rechtsanschauung des Volkes entscheidend zu sein. Stimmen beide überein, so wird der durch die Ehrenstrafe bewirkte Verruf von andauernder Wirkung sein. Klaffen sie auseinander, so kann im Gegenteil eine Solidarität im Gegensatz zur obrigkeitlichen Rechtspflege entstehen, wofür es ja bekannte historische und gegenwärtige Beispiele gibt. In der Regel wird weder das eine, noch das andere in reiner Ausprägung der Fall sein. Die der Wirklichkeit entsprechenden Mischungen dieser Verhaltensweisen bewirken eben die außerordentliche Schwierigkeit für die kritisch nacherlebende Beurteilung. Mit theoretischen Klassifizierungen ist hier wenig getan: jeder konkrete Fall muß in allen seinen Einzelheiten und seinen speziellen Bedingungen gesondert interpretiert werden.
   In der Gruppe Sachgut und Recht sind freilich nicht nur die Strafgeräte von Bedeutung. Es gehören dazu die zahlreichen Friedenszeichen, Marktrechtszeichen und Gewerbezeichen, die Wilhelm Funk, rechtsarchäologisch gesehen, auf den Strohschaub zurückführt,28) auf die "wiffa", die bereits in der lex Bajuvariorum genannt ist. Es gehören weiter dazu die Hoheitszeichen, die von den Reichsinsignien bis zum Richterstab und Zunftmeisterstab reichen, die Botenzeichen, Maße und Gewichte, Haus- und andere Eigentumsmarken, und schließlich die Rechtsbauten, von den Richtertischen und Bänken unter den ebenfalls rechtlich bedeutsamen Dorflinden bis zum repräsentativ ausgestalteten Rathaus in Stadt und Dorf.
   Grundsätzlich darf man formulieren: Alle diese Dinge sind für die Volkskunde erst dann von Belang, wenn man sie nicht isoliert betrachtet, sondern in ihrer Funktion, in ihrer Beziehungsfülle zu Einzelmensch und Gemeinschaft. Es ist immer darauf zu achten, daß diese Funktion nicht einschichtig zu sein braucht, sondern daß es viel eher die Regel ist, wenn das Rechtliche nur ein einzelner Strang des Bedeutungsbündels ist.
   So ist das Rathaus zwar ein Rechtsbau, vielleicht sogar in erster Linie, zumindest ein Verwaltungszentrum, in dem der Rat seine für die Siedlungsgemeinschaft bindenden Beschlüsse faßt, zugleich auch Recht gibt und nimmt, Bagatellhändel aburteilt und Schuldklagen entscheidet. Von vorwiegend rechtlicher Bedeutung ist auch die Verkündigungstreppe, die man häufig vorm Rathaus findet, ist das "Narrenhaus" für nächtliche Ruhestörer und sonstige Unfriedenstifter unter dieser Treppe, ist das "Loch", das strenge Gefängnis im Keller. Aber daneben ist in vielen Fällen, und zwar in großen wie in kleinen Orten, das Rathaus ein Handelszentrum mit Kaufhallen oder Warenlagern im Erdgeschoß, Räumlichkeiten, die heute vielfach zu Schulzwecken verwendet werden. Außerdem ist der Rathaussaal ebenso häufig zugleich der allgemeine Tanzboden, ist Ort von öffentlichen und familiären Feiern, von Trunk und Mahl zu mancherlei Gelegenheiten, von festlicher Musik und Schauspielen der Schulmeister und Handwerker.
   Um die Mehrzahl dieser rechtlich beziehungsvollen Sachgüter hat sich denn auch ein durchaus charakteristisches und eigentümliches Brauchtum entwickelt, vielfach von dieser rechtlichen Bedeutung aus bestimmt oder von ihr aus weiter ausgreifend. Damit gelangen wir zu einem der sinnfälligsten Mischungsgebiete zwischen Recht und Volkstum, zu den Beziehungen zwischen Recht und Brauchgut.
   Der theoretische Ausgangspunkt dieser Beziehungen liegt in einem hypothetischen Urzustand, in dem Recht und Sitte, Rechtsbrauch und Volksbrauch identisch waren. In der realen Volkswelt, und zwar soweit wir aufgrund zuverlässiger Quellen zurückzuschauen vermögen, begegnet ein solcher Idealzustand nirgends mehr. Von verhältnismäßig enger Berührung zwischen Recht und Brauch führt der Weg über verschiedene Zwischenstufen bis zur Kampfstellung zwischen Recht und Brauch, die sich in der obrigkeitlichen Verbots- und Erziehungspraxis wiederspiegelt. Diese letzte, negative Beziehung gehört zum Allgemeingut volkskundlichen Wissens. Die historische Brauchforschung kennt zeitlich und örtlich fixierte Belege bestimmter Brauchformen oft nur aus den immer neu wiederholten Verboten und Polizeiordnungen und aus den gegen unerlaubte Brauchübung verhängten Strafen.
   Sehr viel verborgener liegen im allgemeinen die positiven Beziehungen zwischen Recht und Brauch. Da dieses Sachgebiet jedoch in besonderem Maße das Interesse der Rechtshistoriker angesprochen hat, finden wir in ihren Arbeiten zahlreiches und gut interpretiertes Material.29) Bestimmte Komplexe sind dabei in den Vordergrund gerückt, so das Lebenslaufbrauchtum, die Hänselbräuche, Mahl und Trunk, Tanz und Spiel. Freilich legen die Rechtshistoriker, von ihrem Standpunkt durchaus zurecht, sich sachliche Beschränkungen auf, indem sie den Rechtsbrauch zum Maßstab nehmen und sein Nachleben, sein Nachspielen und seine volkstümlichen Varianten in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken.
   Bei eingehender Untersuchung der Biologie einzelner Bräuche zeigt es sich aber sehr deutlich, daß ein rechtlicher Kern häufiger als vermutet den Ausgangspunkt der gesamten Entwicklung bildete. Dafür ein paar Beispiele, die ich, um midi kurz fassen zu können, aus dem in den letzten Jahren von der Bayerischen Landesstelle für Volkskunde bearbeiteten und publizierten Material entnehme.

   An den Anfang rücke ich den Pfingstritt der Roßbuben im mittelfränkisdien Burgbernheim, über den ich bereits verschiedentlich berichtet habe.30) Es handelt sich um eine örtliche Sonderform der weitverbreiteten pfingstlichen Hirtenbräuche, die häufig mit einem Umritt, Wettlauf oder einer Art Pfingstspiel verbunden sind. Der Burgbernheimer Brauch wird zum ersten Mal in einer Bürgermeisterrechnung von 1651, also unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg, erwähnt, ist aber sicher älter. Eine ausführliche Beschreibung des Ablaufes stammt aus dem Jahre 1727. "Wir hören von der Wahl eines Schultheißen und eines Bürgermeisters unter den Roßbuben, von der Austeilung von Blumenkränzen unter die ledigen Mädchen des Dorfes, von der Abholung von Lebensmitteln bei eben diesen Mädchen. Am Pfingstmontag nachmittags kamen die Roßbuben auf geschmückten Pferden vor das Haus des herrschaftlidien Beamten, wobei die gewählten Würdenträger formell um die Erlaubnis zu ihrem Umritt anhielten. ("Wir kommen unser altes Recht zu suchen und wollen nichts Altes ab- und auch nichts Neues aufbringen.") Nach erhaltener Genehmigung reiten sie zunächst zu dem wenige Kilometer außerhalb des Ortes liegenden gemeindlichen Schäfereihof. Dort erhalten sie vom Schäfer einen, wie es heißt, "diesen Jungen schuldigen Gulden". Dann führt der Ritt in zwei benachbarte Dörfer, wo von Haus zu Haus Gaben gesammelt werden. Am Abend schließt der Brauch mit einem gemeinsamen, aus den gesammelten Gaben bereiteten Festmahl und mit einem Tanz.
   Es ist hier nicht der Ort, die ganze Fülle der Einzelmotive durchzuinterpretieren. An zwei Punkten aber, und darauf sei in unserem Zusammenhang eindringlich hingewiesen, wird eine Beziehung zum Recht deutlich greifbar: in der zeremoniellen Anrede an den Beamten, in der vom "alten Recht" gesprochen wird, und in der schuldigen Geldgabe des Schäfers an die Roßbuben. Gerade hierin liegt nun der eigentliche Kern des Brauches. Im amtlichen Bericht, dem wir die genaue Kenntnis des Ablaufes verdanken, beantwortet der Berichterstatter die Frage seiner vorgesetzten Behörde nach dem Ursprung dahin, daß der Gulden von der Schäferei bezahlt werden müsse, um das Recht zur Weidetrift zu erhalten. Der Betrag sei Ablösung für das ursprüngliche Reichnis eines Käses, des sogenannten Triftskäses, der eine Naturalabgabe für eben diese Weidegerechtigkeit gewesen sei. Dies Käsgeld oder der Käse ist auch in anderen Dörfern des Windsheimer Beckens bekannt, z.T. mit ähnlichen Brauchformen wie in Burgbernheim verbunden. Im Gunzenhausener Umland hingegen erhielt die Herrschaft diese Abgabe, die sich in ihrer Höhe nach der Zahl des auf die Weide getriebenen Viehes richtete. Hier entwickelte sich aber die äußere und brauchmäßige Form anders: es kam zu einer festlichen Mahlzeit, an der die gemeindlichen Hirten und die herrschaftlichen Beamten teilnahmen. Das alte, in vielen ähnlich gelagerten Fällen bis ins Mittelalter zurückzuverfolgende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ist bei dieser zweiten Form noch deutlicher. Es ist ein durch reiche Belegzahlen eindeutig erwiesenes Grundelement des rechtlichen Gemeindelebens alter Prägung und darüber hinaus der sozialen Ordnung des Mittelalters überhaupt.31)
   In diesem Grundelement haben wir einen außerordentlich fruchtbaren und energiegeladenen Brauchkern vor uns. Er kann sich in der verschiedensten Art und Weise entwickeln. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß das gesamte Ostereier-Brauchtum hierin eine ganz wesentliche Wurzel hat, und zwar eben in den Eierzinsen zum österlichen Termin an geistliche und weltliche Obrigkeiten,32) oder in Sammelrechten bestimmter Funktionsträger in der Karwoche.33) Die Wirkungskraft dieses Brauchkernes zeigt sich ebenso deutlich bei einem anderen Brauchkomplex, der auf den ersten Blick noch viel weniger Beziehungen zum Recht und zur Rechtspraxis hat als die bisher genannten Formen: beim Richtfest. Dieses überaus lebenskräftige Arbeitsabschlußfest, das auch heute noch in voller Frische immer wieder begangen wird, wurde von der bisherigen Brauchforschung bislang sehr einheitlich und anscheinend mit guten Gründen als eine Handlung gedeutet, die dem Glück und Gedeihen der Bewohner des neuen Hauses dienen sollte. Man suchte seinen Ursprung in vorhandwerklichen nachbarlichen Zusammenhängen und nahm den Gesamtablauf als uralt, ohne jemals die Frage nach seiner Geschichte zu stellen. Unterzieht man die einzelnen Motive einer historischen Untersuchung, so zeigt sich mit großer Wahrscheinlichkeit, daß sie erst im Laufe der letzten drei bis vier Jahrhunderte zu einem jener äußerst aktiven Brauchkerne gestoßen sind, und daß es sich vielfach um solche Motive zu handeln scheint, deren eigentlicher Lebensbereich verkümmert war, so daß sie bei dem energiegeladenen Brauchkern des Richtfestes gewissermaßen Zuflucht suchten. Dieser Kern des Richtfestes nun ist die Arbeitsabschlußverehrung in Form von Mahl und Trunk, ein in jeden Arbeitsvertrag eingedingtes Recht der betreffenden Handwerker. Aufgrund der landschaftlich unterschiedlichen Bezeichnungen läßt sich der altbayerische Firstwein bis ins letzte Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts,33a) der fränkische Niederfall bis ins erste Drittel des 15. Jahrhunderts und der bairisch-fränkische Hebwein genau bis zum Jahre 1400 zurückverfolgen. Hebwein, Firstwein, Niederfall stehen im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit inmitten einer Vielzahl ähnlicher Abschlußverehrungen, handwerklicher und bäuerlicher, die gewohnheitsrechtlich fest verankert sind und alle den Keim zum künftigen, auseinandergefalteten Festbrauch in sich tragen.34)
   Zum Richtfest stößt vermutlich noch ein anderer Strang rechtlicher Herkunft. Wilhelm Funk35) hat zuerst darauf hingewiesen, daß das Richtfestzeichen, der Richtbaum oder Richtmaien, mehr zu bedeuten scheint als ein magisches Glückszeichen. Es markiert den Beginn der Wirkung des Hausfriedens, auf dessen Bedeutung für das Gesamtgefüge der Volkskultur wir noch zu sprechen kommen werden.
   Beziehungen zwischen Recht und Brauch ganz anderer Art zeigt ein weiteres Beispiel, das ich nur ganz kurz berühren will. Eindeutig das Hauptfest im fränkischen Jahreslauf ist die Kirchweih.36) Ihre Einzelformen gelten im allgemeinen als sinnfällige Manifestation der Dorfgemeinschaft. Besonders bei einem ihrer Kernstücke, dem Plantanz, nahm man aufgrund mehrerer Symptome an, es handele sich bei ihm um einen aus vorchristlicher Zeit überkommenen kultischen Tanz der dörflichen Burschenschaft. Sinnbild der dörflichen Gemeinschaft sei dabei der Kirchweihbaum, der Maien, der auf dem Dorfanger errichtet wird. Offensichtlich ist damit aber nur ein einzelner Bedeutungsstrang erfaßt. Denn beide, Plantanz und Kirchweihbaum, finden wir, kaum daß die für viele Volksbräuche schicksalhafte Schwelle der Jahre um 1800 nach rückwärts überschritten ist, in einer völlig anderen und sehr eindeutigen Funktion: sie sind Teil und Mittelpunkt der feierlichen Institution des herrschaftlidien Kirchweihschutzes, der die Festtage unter einen besonderen Kirchweihfrieden stellt und die Jurisdiktion über dort begangene Frevel regelt. Anstelle des Maien kann die Dorflinde treten: auch sie, der Mittelpunkt des Dorfangers, entstammt möglicherweise eher dem obrigkeitlich-herrsdiaftlichen Milieu als dem der örtlichen, einer heute als überwunden geltenden Vorstellung nach ehemals freien Siedlungsgemeinschaften.37) Dorflinde und Maibaum stehen jedenfalls ursprünglich im rechtlichen Spannungsfeld zwischen Herrschaft und Gemeinde. Dafür spricht vieles, und es ist klar, daß eine derartige Herkunft zumindest ein unvermutetes Zwischenglied einschiebt zwischen den als ursprünglich angenommenen Baumkult und die heutige Brauchübung.38)

   Im Hinblick auf den Roßbubenritt, auf das Richtfest und verwandte Formen kann man definieren: Ursprüngliche Rechtsgewohnheit entfaltet sich zum Volksbrauch. Bei der Kirchweih müßte man sagen: Rechtsbrauch agglutiniert dem Volksbrauch und schafft zugleich die Voraussetzung zu weiterer Entfaltung dieses Brauches. Denn das vielfache Formelwerk beim Ablauf der dörflichen Kirchweih ist ganz offensichtlich wiederum Nachklang des Rechtsformalismus, der zum Kirchweihschutz gehörte, und der in rechtlicher Hinsicht funktionslos, aber doch weitergespielt wurde, als der Kirchweihschutz im Zuge des modernen Staatsaufbaues aufgehoben wurde.
   Auch diese weitere Beziehung zwischen Recht und Brauch ist immer im Auge zu behalten: das Nachspielen rechtlicher Vorgänge, wie es sich beispielsweise beim Burgbernheimer Pfingstritt in der Wahl des Schultheißen und Bürgermeisters unter den Roßbuben zeigte. Auf ähnliche Erscheinungen trifft man häufig, und man müßte dies Kriterium systematisch auf alle jene Brauchkomplexe anwenden, die in auffallender Weise formalistische Züge zeigen. Auch in den Brauch-Namen können Hinweise enthalten sein.39)
   Besondere Probleme stellen sich bei der Beurteilung der zahlreichen Nachrichten über Gerichtsparodien und Sondergerichte, die in vielen Fällen terminlich an die Fasnacht, gelegentlich auch an die Kirchweih gebunden sind. Hier liegt es natürlich nahe, in erster Linie an eben dies Nachspielen rechtlicher Vorgänge zu denken. Doch wäre ein Pauschalurteil in dieser Richtung sicher verfehlt. Ungeklärt ist z.B. ein in Bundschuhs Lexikon von Franken (Ulm 1799) unter Burgebrach (LK Bamberg) erwähnter Gerichtsbrauch: Dort "ward in der Vorzeit jährlich am Aschermittwoch ein Gericht auf freyem Felde gehalten, wobey ein in Mannsgestalt angekleidetes Bild aller Uebelthaten, welche im Orte oder der Gegend ausgeübt worden, beschuldiget, und durch einen dem Bilde bestellten Fürsprecher vertheidiget wurde. Die Absicht dabey soll gewesen seyn, die Verbrechen jedermann kund zu thun, und andere mit Abscheu dagegen zu erfüllen." Bundschuh hat seine Vorlage, die Bamberger Annalen des Magisters Martin Hofmann, veröffentlicht in Johann Peter Ludewigs "Scriptores rerum episcopatus Bambergensis" (Frankfurt und Leipzig 1718), ungenau wiedergegeben. Diese ältere Quelle besagt, daß das Gericht aus zehn Jungfrauen bestand, denen gegenüber sich der Angeklagte durch seinen Fürsprech "per dissimulationem" (durch Verschleierung, Ironie) verteidigte. Der ganze Vorgang wurde als "ludicrum iudicum" (Scherzgericht) bezeichnet. Der Brauch hat später noch in einem Bericht eines Thurn- und Taxis'schen Postrevisors vom Jahre 1783 einen Niederschlag gefunden, nach dem das Aschermittwochgericht damals bereits außer Übung war und kaum mehr in der Erinnerung der Bevölkerung fortlebte.40a) Die Einzelmotive deuten auf einen Zusammenhang mit frauenrechtlichen Bräuchen, doch läßt die bruchstückhafte Überlieferung keinen sicheren Schluß zu, vor allem, da überhaupt nur die Endphase kurz vor dem völligen Verfall erfaßt zu sein scheint. Anders liegen die Verhältnisse in der oberpfälzischen Stadt Pfreimd. Hans Moser hat aus diesem Ort eine Reihe von Nachrichten über ein Fasnachtsgericht beigebracht, das anstelle der obrigkeitlichen Rechtspfleger offiziell eingesetzt wurde und alle Rechtssachen mit Ausnahme todeswürdiger Verbrechen aburteilte, die zwei Wochen vor und nach Fasnacht anfielen. Mit der Ausübung des Fasnachtsgerichtes war auch die Nutzung des Mautrechtes verbunden. Die vorliegenden Nachrichten reichen von 1497 (damals schon wird der Brauch als "sehr alt" bezeichnet) bis ins späte 17. Jahrhundert. Hier in Pfreimd handelt es sich also offensichtlich nicht um scherzhaftes Nachspielen rechtlicher Formen, sondern um eine brauchtümlich gebundene Handhabung des Rechtes selbst.40b)
   Eine Kontrafaktur hochgerichtlicher Vorgänge liegt möglicherweise in dem weitverbreiteten Volksbrauch des Radschleifens vor, wobei das Schleifen des zum Rädern Verurteilten auf seinem Strafgerät zur Richtstatt das Vorbild abgegeben haben müßte.40)
   In den früheren Arbeiten zur rechtlichen Volkskunde gibt es meist ein eigenes Kapitel über Aberrecht, eine Wortprägung, die dem Begriff Aberglaube nachgebildet ist. Wohlhaupter erwähnt in diesem Zusammenhang die Binde- und Lösebräuche auf Baustellen oder bei der Getreideernte. Die Anwendung des Begriffes Aberrecht mit seinem abwertenden Sinn auf diese und ähnliche Bräuche begründet er mit der Bemerkung, hier handele es sich um Riten, die zwar äußerlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Rechtsvorgängen hätten, aber in Wirklichkeit nie der rechtlichen Ordnung des Gemeinschaftslebens zugehörig waren. Bei genauer Erwägung ergibt sich aber hier doch wohl kein grundsätzlicher Unterschied zu jener Erscheinung des "Nachspielens rechtlicher Vorgänge", wie es überhaupt schwer sein wird, vom volkskundlichen Standpunkt aus eine scharfe Trennung zwischen Recht und Aberrecht im gekennzeichneten Sinn vorzunehmen. Das gilt auch für die Bräuche innerhalb ständischer oder anderer Gemeinschaften, der Kaufmannsgilden, Gesellschaften, Nachbarschaften, Burschenschaften etc., die von rechtsgeschichtlicher Seite aus nur dann Beachtung finden, wenn sie mit dem Vollzug rechtsförmlicher Handlungen verbunden sind.41) Von unserem Gesichtspunkt aus können wir hier freizügiger verfahren und vor allem den Begriff des Gewohnheitsrechtes großzügiger fassen. Wenn man beobachtet, in welch entscheidendem Maße die innere Ordnung dieser Sondergemeinschaften das gesamte Leben ihrer Mitglieder, und zwar im Sinne einer verbindlichen Regulierung der Lebensäußerungen, geprägt hat und auch heute z.T. noch prägt, so wird man wohl berechtigt sein, diesen Komplex in das Gesamtgebiet der Beziehungen zwischen Recht und Volkstum aufzunehmen. Diese Sondergemeinschaften sind es ja auch, die entscheidend beteiligt sind an der Ausübung von Volksrügen, die, teils von der Obrigkeit bekämpft, zum größeren Teil stillschweigend geduldet, dort in Funktion treten, wo der Arm der offiziellen Rechtspflege nicht hinreicht. Auch das Problem der Gruppenmoral und der Rivalitätskämpfe zwischen benachbarten Ortschaften, zwischen verschiedenen Handwerks-Gesellschaften etc. kann von der Rechtlichen Volkskunde nicht außer acht gelassen werden.42)
   Eine Fülle von interessanten Beziehungen eröffnet Wohlhaupters vierte Gruppe: Volkstümliches Glaubensgut und Recht. Wohlhaupter, der in Georg Schreibers Sammelwerk "Wallfahrt und Volkstum" den Abschnitt über Wallfahrt und Recht schrieb,43) legt besonderen Wert darauf, auch die volkstümliche Seite der Hochreligion, das Sachgebiet der religiösen Volkskunde also, rechtlich-volkskundlich zu durchleuchten. In der Tat würde eine konsequente Beachtung der rechtlichen Komponente hier großen Gewinn versprechen. Dabei ist weniger an den rechtlichen Gehalt der Erbauungsschriften und Heiligenviten zu denken, als an das vielfältig verfilzte Geflecht von Gewohnheitsrechten, die sich bei der Berührung von Volk und Kult ergeben haben, beim Prozessionswesen beispielsweise, an dem an vorderster Stelle teilzunehmen zu den Pflichten der Würdenträger der Gemeinde gehört, bei der Übernahme von Ehrenämtern der Kirchenaufsicht, des Almosensammelns und -gebens, bei den Bruderschaften etc. Von besonderer Ergiebigkeit ist das Wallfahrtswesen mit allen seinen Erscheinungen, wie etwa dem Austeilen von eigens geweihten kleinen Gebildbroten ("Zelten") am Patroziniumstag, für die das benötigte Mehl von bestimmten Höfen oder von bestimmten Ackerstücken geliefert werden muß, oder den Sonderformen von Gelöbnissen, wie etwa die "Leibeigenmachung" bei der St. Blasius-Wallfahrt in Bopfingen.44)
   Tiefer als in solchen Einzeldingen offenbart sich jedoch der Gehalt der Beziehungen zwischen Recht und Glaubensgut in der festbegründeten Anschauung, daß das Recht von Gott eingesetzt und geschützt sei. Hier liegt der Kern der oben besprochenen Rechtsschutzsagen, in denen das Versagen der irdischen Gerechtigkeit und ihrer Pfleger durch eine jenseitige Vergeltung ausgeglichen wurde. Das unmittelbare Einwirken Gottes auf die Klärung von Straftaten schien durchaus im Bereich der Möglichkeit zu liegen, Gottesurteil und Bahrprobe waren beliebte Methoden nicht nur im Mittelalter, sondern bis tief in die Neuzeit hinein. Den Selbstmörder verabscheute man größtenteils deshalb, weil er durch seinen Freitod der von Gott gesetzten Ordnung zu entfliehen trachtete. Die Heiligkeit des Eides galt noch weithin, wenn es freilich auch immer schon eine Schicht gab, die der Ansicht des Roßdiebs zu Fünsing huldigte, Eidschwören sei leichter als Rübengraben.45)
   Diese Überzeugung von der metaphysischen Gebundenheit des Rechts schwenkt nun leicht um in eine verschwommene, geheimnisumwitterte Pseudoreligiosität, in der z.B. die Vorstellung von der "Ladung ins Tal Josaphat" zuhause ist, jene feierliche Beschwörung des Gegners, die dem Volksglauben nach dessen baldigen Tod zur Folge hat. Und nun ist es kein weiter Schritt mehr bis zu den vielfältigen und bereits gut untersuchten Formen und Praktiken des Aberglaubens, die von relativ harmlosen Mitteln dafür, daß einem keiner "ein Recht abgegewinnen" kann, bis zu den finstersten Auswüchsen krimineller Phantasie reichen. Es ist selbstverständlich, daß dieses dunkle Feld verbrecherischer Machenschaften aus Aberglauben (hier steht dies Wort zurecht) nicht ausgespart werden darf, wenn man aus dem Gesamtbild nicht den Schatten wischen will. Es bedarf nur eines Hinweises auf den Hexenwahn und die in ihm begründeten rechtlichen Exzesse, um deutlich zu machen, daß nicht nur das Volk in seinen asozialen Elementen, sondern auch die geistliche und weltliche Obrigkeit in gleicher Weise an diesem zwielichtigen Feld Anteil haben.
   Wir müssen uns jedoch verwehren, hier noch ins Einzelne zu gehen, wie ja auch in den vorangegangenen Abschnitten nur jeweils wenige und willkürlich ausgewählte Beispiele Sinn und Ziel einer volkskundlichen Beschäftigung mit den Details des Sachgebietes andeuten konnten. Es liegt auf der Hand, daß mit der Einzelinterpretation im Hinblick auf das Gesamtziel der Volkskunde nur analytische Vorarbeiten geleistet werden können. Andeutungsweise dürfte sichtbar geworden sein, in welcher Richtung eine solche Vorarbeit zielen muß.

   Ein Versuch, das Sachgebiet der Rechtlichen Volkskunde für das Kernanliegen der Volkskunde fruchtbar zu machen, ist m.W. noch nicht unternommen worden.46) Entscheidend ist die Frage: Wie wirkt sich die Beziehung zwischen Recht und Volkstum auf die Grundstruktur des Volkslebens und auf die Ausprägung von Wesensart und Weltbild des Volkes aus?
   Wenn wir zunächst die Grundstruktur des Volkslebens ins Auge fassen, so ist nochmals auf die offen zutage liegende Tatsache hinzuweisen, daß die konkrete Rechtsordnung ganz notwendig ein Hauptfaktor ihres Aufbaus ist. Das Verhältnis zwischen Gemeinschaft und Einzelmensch wie das zwischen Gemeinschaft und Obrigkeit in den geschichtlichen Wandlungen, Variationen und gegenseitigen Beeinflussungen ist stets im Auge zu behalten und kritisch zu würdigen. Das Recht spielt hier die Rolle des ordnenden und Ordnung erhaltenden Prinzips, ohne das ein Zusammenleben unter Menschen verschiedener Interessenrichtungen nicht möglich ist. Je nach der Art seiner Handhabung kann es seine Funktion mit negativem oder positivem Erfolg erfüllen. Durch die Art der Handhabung wird auch der Grad der Autorität bestimmt, mit der es regulierend in den Geschehensablauf einzugreifen vermag. Im Bereich der Volkskultur genießt eine volksnahe, auf ungeschriebenem Gewohnheitsrecht beruhende Instanz häufig eine größere und eindrucksvollere Autorität als das anonym wirkende, in zahlreiche Einzelvorschriften verklausulierte Juristenrecht.47)
   Darüber hinaus gibt es jedoch einige geschlossene, rechtlich begründete Komplexe, die auf die Struktur des Volkslebens in besonderem Maße eingewirkt haben.
   Dazu gehört in erster Linie der Hausfrieden. Diese Institution des befriedeten Heimes ist eine der bedeutendsten Kulturleistungen, ein Kernstück der Kultur überhaupt und der Volkskultur im besonderen. Durch den Hausfrieden wird der Bezirk des "inneren Lebens" geschützt, ohne den eine freie Entfaltung der wahrhaft menschlichen Kräfte und das kraftvolle Leben der alten Gemeinwesen und Gemeinschaften aller Art undenkbar wäre. Diese Tatsache korrigiert den durch mannigfaltige Diskussionen verwirrten und nahezu ins Negative verschobenen volkskundlichen Gemeinschaftsbegriff. Das heute weithin herrschende Bild von einer primitiven Gemeinschaft, deren äußeres und inneres Leben naturgesetzmäßig, das heißt ohne Wahl in vorgeprägten Geleisen verläuft, scheint mir in gleicher Weise eine gedankliche Fehlkonstruktion zu sein wie das romantische Bild von der in freier Gemeinschaft sich schöpferisch auswirkenden Volksseele. Die Gemeinschaft alter Prägung, die mit kräftigen Strängen bis in die Gegenwart reicht, hatte wohl einen umfangreichen Fundus vorgeprägter Formen und Lebensnormen, der das Dasein in traditioneller Weise regelt, doch kam es, solange sie lebenskräftig war, niemals zur völligen Erstarrung der schöpferischen Kräfte. Im Gegenteil, dem schöpferischen Einzelnen bot sich gerade in der Gemeinschaft ein wenn auch beschränkter Raum zur Ausbildung seiner Fähigkeit, die sich allerdings - und dies eben ist die Beschränkung - dem Nutzen des Ganzen einzugliedern hatte. Wäre dies nicht so gewesen, so wäre die über lange Zeiträume reichende Blüte der Volkskultur völlig unverständlich. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß dem stark ausgeprägten Frieden des Hauses in diesem Rahmen eine entscheidende Rolle zukam, der auch in straff gezügelten Gemeinwesen dem Einzelnen eine sichere Heimstatt garantierte. Noch bis in die Gegenwart hinein ist der Hausfrieden fester Bestandteil der menschlichen Lebensordnung unserer Umwelt, ja seine Gültigkeit oder Beschränkung ist geradezu zum Kriterium der inneren Stärke oder Schwäche eines Staatswesens geworden.
   Um diesen Rechtskomplex, der von den germanischen Volksrechten bis in das Grundgesetz der Bundesrepublik von 1949 wie ein roter Faden die Rechtssatzungen unseres Volkes durchzieht, hat sich eine Fülle volkstümlicher Anschauungen und Bräuche gruppiert. Sie sind zum Teil an das Gegenständliche des Hauses gebunden, zum Teil an die Gemeinschaft der Hausbewohner. Die Bedeutung von Zaun, Trauflinie, Tür und Dach als Grenze, die Rolle des Herdes und seines Gerätes als innerster Friedensbezirk, dies alles hat ebenso seinen Grund im Hausfrieden wie die Zeremonie des Überschreitens der Schwelle, des Leitens um den Herd, des Löschens und Wiederentzündens des Feuers. Die im Haus zusammengeschlossene Lebensgemeinschaft umfaßt nicht nur die Menschen, sondern auch Tier und Gerät, was sich beim Ansagen des Todes besonders sinnfällig ausdrückt oder beim zeremoniellen Festmahl am Weihnachtsabend im Salzburgischen, beim "Bachlkoch".48)
   Es steht außer Zweifel, daß der Hausfrieden seine Wurzeln hat in einer Zeit, als Dach und Wand des Hauses dem Menschen ein Gefühl der Geborgenheit vor den Bedrohungen des Daseins in einer Unmittelbarkeit verliehen, das der heutige Mensch nur in Ausnahmesituationen entfernt nachzuempfinden in der Lage ist. Seine Festigung erfuhr er in der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bedeutung des Hauses, die, wie Otto Brunner49) gezeigt hat, aus der Antike hineinreicht bis ins abendländische 18. Jahrhundert, als die "Ökonomie" abgelöst wurde von der Marktwirtschaft moderner Prägung. Eine Welt, in der das "ganze Haus" im Mittelpunkt wesentlicher Beziehungen stand, mußte den Schutz dieses Hauses in ihrer Rechtsordnung verankern.
   Der Schutz und Frieden des Hauses stand nicht nur auf dem Papier. Ein Blick in die Gerichtsprotokolle belehrt darüber, daß auch die Rechtspraxis in reichem Maße sich um ihn bemühte. Hausfriedensdelikte mancherlei Art zählen zu den meist verhandelten Fällen. Auf den volkstümlichen Anschauungen vom Hausfrieden, den man nicht allein dem Schutz der Rechtspflege anvertraute, sondern auch selbst zu schützen entschlossen war, beruht eine eigenartige, in charakteristischer, nahezu brauchartiger Weise ablaufende Form des Austragens von Streitigkeiten: Wen man sonst nicht fassen konnte, dem lief man vors Haus und forderte ihn unter Schmähungen heraus zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung.50) Das war fast immer von Erfolg, denn neben der persönlichen Ehre war die Ehre des Hauses gefährdet, der Frieden des Hauses gebrochen, den der Beleidigte durch die Züchtigung des Störenfriedes wieder herzustellen hoffte. Oft wurde diese Herausforderung verstärkt durch Hiebe mit der Waffe in die Türpfosten, durch Stiche in die Fensterrahmen und Fensterläden, durch das Herausreißen von Zaunlatten etc. Nicht nur zufällig richteten sich diese Angriffe gegen die als Grenzen zwischen Innen und Außen bedeutsamen Hausteile. Bis in die Heischeverse der durchs Dorf ziehenden Buben klingen diese Dinge nach: "Küchl raus! Küchl raus! Oder i schlag enk a Loch ins Haus!"
   Dieses Beispiel aus dem Bereich der Streit- und Schimpfbräuche weist auf ein weiteres, für die Struktur des Volkslebens ungemein wichtiges und in der rechtlichen und sozialen Ordnung begründetes Phänomen: Auf die Bedeutsamkeit der Ehre. Der Begriff der "Ehrlichkeit", der sich hell vor dem düsteren Hintergrund der "Unehrlichkeit" abhebt, ist der Angelpunkt der persönlichen Existenz innerhalb der Gemeinschaft. Es ist bekannt, daß sich Ehrlichkeit und Unehrlichkeit vor allem im Bereich des Zunftwesens mit besonderer Schärfe ausgewirkt haben. Aber darüber hinaus galt dies in nahezu gleich starker Weise auch für die anderen Stände, bis hinein ins Bauerntum, wenn auch dünkelhafte Beamte und Bürger glaubten, der Bauer sei "nicht schändbar".
   Um beurteilen zu können, in welchem Maße das Problem von Ehre und Unehrlichkeit das Leben beherrschte, ist eine sorgfältige Sichtung der Quellen der Rechtspraxis unerläßlich. Die Seiten der Gerichtsprotokolle sind zum erheblichen Teil angefüllt mit Ehrenhändeln, die alle sorgfältig untersucht und mit Einsatz voller Autorität geschlichtet werden. Ganz klar zeigt sich, daß bereits ein einzelnes, vielleicht nur im Scherz ausgesprochenes ehrenrühriges Wort geeignet war, die Lebensgrundlage einer Familie zu zerstören. Wurde ein Handwerker als "Schelm" bezeichnet (was eines der gängigsten Schimpfwörter war), so traten seihe Gesellen aus und die Zunft verwehrte ihm die weitere Arbeit als ehrlicher Meister, und zwar solange, bis die Ehrenminderung durch gerichtliches Urteil aufgehoben war. War der Beleidiger nicht bereit, einen Widerruf zu leisten, so konnte der "Gegenbeweis" des Beleidigten auf große Schwierigkeiten stoßen. Die weiträumige, länderumspannende Organisation des Handwerks bewirkte, daß ein Meister oder Geselle, der seine Ehre leichtfertig verspielt hatte, auch am fremden Ort nicht mehr Fuß fassen konnte: der Ruf seiner mangelhaften Ehre kam ihm nach und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Außerhalb des Handwerks waren die Verhältnisse ähnlich. Zwar konnte der Bauer nicht unmittelbar von seinem Hof vertrieben werden, aber er stand nun als Außenseiter außerhalb der Siedlungsgemeinsdiaft, und seine Nachbarn machten ihm das Leben bitter. Er verlor die Berechtigung, Ehrenämter zu bekleiden, als Schöffe beim Gericht zugezogen zu werden, und sein Wort galt nichts mehr. Manchmal suchte er dann von sich aus, den Folgen durch einen Ortswechsel zu entgehen. Dem Bürger ging es ähnlich und dem Beamten drohte der Verlust seiner Qualifikation.
   Wie gesagt, ein Wort konnte genügen, um diesen Zustand herbeizuführen. Auch die eigenartigen Bestimmungen über die höhere Bußwürdigkeit des Schlages mit der offenen Hand gegenüber dem Faustschlag, oder des Schlages mit der Waffe in der Scheide gegenüber dem mit der blanken Waffe, deuten auf die Empfindlichkeit der Ehre. Oft gefährdeten eigene Handlungen den Zustand der Ehrlichkeit. Dazu gehörten Sittlichkeitsdelikte und diebstahlsverdächtige Situationen, gehört der Kontakt mit Unehrlichen, gehört die Heirat mit Mädchen, die vom Standpunkt der eigenen Berufsgenossenschaft aus für nicht ebenbürtig gehalten wurden.
   Als Kontakt mit Unehrlichen gilt bereits der Umtrunk mit einem Henker oder Abdecker, mit Angehörigen also jener als intensiv unehrlich geltenden Berufe. Daß auch Geräte des Henkers und des Abdeckers mit Unehrlichkeit förmlich zum Platzen angefüllt waren, zeigen auf der einen Seite die komplizierten und kostspieligen Vorkehrungen, die beim Bau eines Galgens getroffen werden mußten, um den beteiligten Handwerkern die Unverletzlichkeit ihrer Ehre zu gewährleisten, und auf der anderen die terroristischen Handlungen der Abdecker, die ihre persönlichen Feinde dadurch zu schädigen trachteten, daß sie das Abdeckermesser in deren Türpfosten stießen.51) Gerade der Kontakt mit dem Abdecker ist von besonderer Gefährlichkeit. Schon die versehentliche Tötung eines Hundes oder die versehentliche Berührung eines Aases genügte, um den Betreffenden in den Bannkreis der Unehrlichkeit zu ziehen.52) Selbst spielerisch und scherzhaft gemeinte Handlungen können von verhängnisvoller Wirkung sein, wobei die ehrenmindernde Wirkung erst nach Jahren auftreten kann.

   Ein besonders einprägsames Beispiel aus Coburg mag hier anstelle von vielen stehen. Im Jahre 1620 verklagte der Spengler Görg Kunz den Kürschner Marx Möning vor dem Rat, er hätte kürzlich auf der Naumburger Messe über ihn erzählt, er wäre "zue Heltburg am pranger gestanden und das halseisen daselbst am hals gehabt". Der Beklagte erklärt, er hätte diese Worte im Scherz geredet und durchaus nicht in der Absicht, dem Kläger damit zu schaden und zu schmähen. Es wäre ihm aber wohl bewußt, fährt er fort, "daß ohngefehr vor 10 jähren cläger zue Heltburg zum markt gewesen und als ein damals [noch] junger knab aus vexation hin an das [Hals-] eisen getreten, soldies umb den hals gemacht und gesagt: Ich muß dodi sehen, ob mir's gerecht [= passend] ist. Dorauf er, beclagter, sub rosa geredt: Verstand komm für Jahren nicht. Wo Görg spengler domals klug gewesen, würde er es auch nicht getan haben. Macht hierzue zue zeugen namhaft Peter und Hansen die Trommlmeyer, Veit Kopp, tuchmacher, Hanß Riedel, tuchmacher, und Görg Dippert neben andern, so alles gesehen haben sollen." Ein weiterer Eintrag in dieser Sache fehlt wohl nur deshalb, weil zwischen diesem Band der Ratsprotokolle und dem nächsten eine Lücke von etwa einem Jahre besteht. Es ist anzunehmen, daß die Sache mit einer Ehrenerklärung "ex officio" für den Spengler geendet hat. Doch ist es immerhin eindrucksvoll genug, daß die spielerisch-leichtsinnige Handlung eines Kindes im Bewußtsein der damals Anwesenden noch über zehn Jahre fortlebte, obwohl sie sich sagen mußten, und einer von ihnen es sogar aussprach, daß das Kind noch gar nicht den Verstand gehabt habe, die makabre Bedeutung seiner Handlung einzusehen. Nach Ablauf der zehn Jahre aber tritt das "boshafte Gedächtnis" in Funktion und rupft dem inzwischen Erwachsenen das seinerzeit Geschehene wieder auf, mit der Folge, daß sich der Rat der Stadt Coburg mit dem ganzen Vorfall eingehend befassen muß.53)

   Solche Ereignisse beleuchten schlaglichtartig die Bedeutung des Phänomens Ehre und Ehrlichkeit. Es ist ganz offensichtlich, daß damit ein zentrales Problem des Volkslebens sichtbar geworden ist. Es ist weithin noch ungelöst, und seine Lösung wird noch manche Schwierigkeiten bereiten.54) Mag in vieler Hinsicht ein Hinweis auf die tragende und prägende Kraft der Sitte als Grundlage des Volkslebens genügen, hier liegen andere Ursachen vor. Denn um Verstöße gegen die Sitte handelt es sich bei der Mehrzahl der Ehrenhändel nicht, sondern um Kollisionen mit den Gegebenheiten der überlieferten Rechts- und Sozialordnung.

   Zwei Beispiele mögen noch verdeutlichen, daß das Problem auch noch bis in die Gegenwart von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist, ganz abgesehen davon, daß auch heute noch der Ehrenhandel unter den Zivilklagen eine große Rolle spielt. Als Zwölf- oder Dreizehnjähriger hielt ich mich in der damals noch recht kleinen mitteldeutschen Stadt, in der ich aufgewachsen bin, in freien Stunden gern bei einem Flickschuster auf, der in einer engen Werkstatt noch in alter Weise an einem niedrigen Arbeitstisch mit einer gläsernen Lichtkugel arbeitete. Sein Sohn, etwa zehn Jahre älter als ich, war gelernter Klempner und bastelte in seiner Freizeit gern mit Blech und Blei. Zu einer Freundschaft war der Altersunterschied zu groß, doch zeigte er mir immerhin einige Zuneigung und gab dieser einmal dadurch Ausdruck, daß er mir eines seiner Bastelerzeugnisse schenkte. Es war ein aus Blech zusammengefügtes, mit Bleisoldaten verziertes und bunt angestrichenes, monströses "Kriegerdenkmal". Mir mag dieses Geschenk zu umfangreich vorgekommen sein, jedenfalls machte ich, mehr aus Verlegenheit als aus Absicht ("Verstand kommt vor Jahren nicht") die Bemerkung, daß neben der Arbeit auch sehr viel Material darin stecke, und daß dies wohl hier und da bei seiner Arbeit auf Baustellen abgefallen sei. An meine Formulierung kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wohl aber auf die Reaktion des jungen Mannes: er sah darin einen versteckten Vorwurf des Diebstahls. Gravierend kam noch hinzu, daß er damals an einem großen Bauvorhaben mitarbeitete, bei dem mein Vater treuhänderisch als Bauherr fungierte. Kurz und gut, ich mußte auf den Besitz des Kunstwerkes verzichten, mehr noch, der junge Mann sprach Jahre hindurch kein Wort mehr mit mir, und noch nach dem letzten Kriege kam es bei gelegentlichen Begegnungen nur zu sehr mühsamen Gesprächen.
   Das zweite Beispiel, ebenfalls ein persönliches Erlebnis, hat einen mehr heiteren Grundton. Gemeinsam mit einer Erlanger Studentin besuchte ich vor etwa zehn Jahren einen Gewährsmann in einem kleinen, mainfränkischen Winzerort. Dort fragten wir der Reihe nach die Mundartbezeichnungen für Geräte und Arbeitsvorgänge im Weinberg, in der Kelter und im Keller ab. Der Gewährsmann gab bereitwillig und mit großem Eifer Auskunft. In unserer Vorlage stand auch das Wort "panschen" im Sinne von willkürlicher "Verbesserung" oder Streckung des Weines. Unser Gewährsmann lehnte auf unsere Frage hin mit sichtlicher (und etwas übertriebener) Entrüstung jede Antwort mit dem Hinweis ab, so etwas kenne man bei ihnen überhaupt nicht. Die weiteren, weniger kritischen Fragen beantwortete er wie zuvor mit unverminderter Bereitwilligkeit.

   Außer solchen geschlossenen Komplexen, die zu den allgemeinen Grundlagen des Volkslebens über ständische und räumliche Grenzen hinweg gehören, gibt es ganz offensichtlich verschiedene Kriterien, mittels derer Unterschiede stammesmäßiger und volklicher Art faßbar werden. Sie ermöglichen es, Weltbild und Wesensart des Volkes in einzelnen Räumen (im Sinne Bachs) sichtbar zu machen. Wir greifen abschließend einige dieser "kritischen Punkte" im Verhältnis zwischen Recht und Volkstum heraus.

  1. Das Verhalten des Volkes gegenüber der offiziellen Rechtspflege. Hier spielen die realen, historisch bedingten Gegebenheiten in der Struktur des Staatswesens als Träger der Rechtsordnung eine bedeutende Rolle. Der Idealzustand einer völligen Übereinstimmung zwischen der Rechtsanschauung und der Rechtsausübung der Obrigkeit ist in der Wirklichkeit nicht gegeben. In den Vorstufen des modernen Staates liegen mannigfache Variationen und Konstellationen beschlossen. Ihr Charakter bedingt das Verhalten des Volkes zur offiziellen Rechtspflege. Relative Übereinstimmung steht radikaler Ablehnung gegenüber. Verhärten sich die Verhaltungsweisen, so haben sie großen und entscheidenden Einfluß auf die Ausprägung von Weltbild und Wesensart des Volkes. Die Komponente der Macht erwirkt in den meisten Fällen das äußere Übergewicht der offiziellen Rechtspflege, so daß die Volksmeinung ohne Einfluß bleibt. Der moderne Rechtsstaat hat die historisch bedingte, verschieden stark ausgeprägte Kritik des Volkes an der offiziellen Rechtsausübung nicht überwinden können.

  2. Die Freude am gerichtlichen Wettkampf im Sinne eines Agons, bzw. die Abneigung oder Passivität gegenüber gerichtlidien Auseinandersetzungen. In diesem Punkt tritt der jeweilige Volkscharakter am deutlichsten in Erscheinung. Überwiegt die Freude am gerichtlichen Wettkampf, so setzt dies zugleich eine leidenschaftliche Anteilnahme am Formalen des Gerichtsganges voraus, die ihren Antrieb im Wunsch nach einer Ausnutzung aller gegebenen Möglichkeiten hat. Gerichtsprotokolle des Würzburger Stadtgerichts aus dem 16. Jahrhundert vermitteln beispielsweise den Eindruck, daß man sich dort mit aller Intensität diesem Spiel der Kräfte gewidmet hat. Das spielerische Moment steht im Vordergrund. Dabei ist der Anlaß von sekundärer Bedeutung: ob gering oder gewichtig, ausschlaggebend ist für die beteiligten Parteien der regelrechte, formalistisch einwandfreie Ablauf, der dann auch dem Unterlegenen noch ein Gefühl der Befriedigung zu verschaffen vermag. Natürlich liegt hier die Gefahr besonders nahe, daß die Freude am gerichtlichen Wettkampf in eine Prozeßsucht negativer Art umschlägt.55) Im Gegensatz zu dieser durchaus aktiven Einstellung verhält sich der Altbayer mehr passiv. Er ist zwar keineswegs prozeßscheu, aber sein Verhalten ist anderer Art: er legt weniger Wert auf die Ausnutzung der gegebenen Möglichkeiten, sondern verlegt sich auf das Unschuldigtun und auf das "Wissen von nichts". Was bei den alten Würzburgern nicht mehr als ein gern angewendetes taktisches Mittel ist, wird hier zum Prinzip. Typisch ist die vielkopierte Erzählung Ludwig Thomas vom "Hofbauern". Eine Vorbedingung für die Variationsmöglichkeiten in diesem Punkt ist freilich auch die jeweilig gültige Gerichtsverfassung.

  3. Auch der Anlaß der gerichtlichen Verhandlung kann durchaus typisch für den Volkscharakter sein. Statistische Zusammenstellungen sind hier für eine gültige Beurteilung wesentlich. Sicher ist es im Volkscharakter begründet, daß in einem Raum der Wortstreit, in einem anderen die tätliche Auseinandersetzung überwiegt. Zur Verdeutlichung sei auf die bei Bach veröffentlichte instruktive Karte E. Wallners über die gefährlichen Körperverletzungen in Deutschland 1893-1912 hingewiesen, die mit den Selbstmordfällen aus dem gleichen Zeitraum in auffälliger Weise kontrastiert.56)

  4. Der Drang zur Veranschaulichung der Rechts-Vorgänge, der von der offiziellen Rechtspflege befriedigt wird (Grimms "sinnliche Entfaltung des Rechts"). Hierher gehören beispielsweise die "spiegelnden Strafen", etwa derart, daß einer Krautdiebin bei ihrer Bestrafung mit der Geige ein Krautstrunk umgehängt wird, oder daß einem jeden Kapitalverbrechen eine bestimmte Todesart zugeordnet war. Hierher gehört aber auch die Fülle von rechtssymbolischen Akten, die die einzelnen Rechtshandlungen veranschaulichten und z.T. bis heute veranschaulichen. Es ist klar, daß sich die Intensität dieser Tendenz zu einem wesentlichen Teil nach dem vorhandenen Bedürfnis richtete. So fällt auch von hier aus ein Licht auf den jeweiligen Volkscharakter.

  5. Einfluß der formalistischen Züge der Rechtsausübung auf Handlungen und Redeweise des Volkes. In diesem Zusammenhang ist auf das Nachspielen rechtlicher Vorgänge zu verweisen, von dem bereits bei den Beziehungen zwischen Recht und Brauch ausführlich die Rede war. Darüber hinaus bietet auch die Volkssprache reiches Material. Der unmittelbare Einfluß der gehobenen Redeweise in Rechtshandlungen auf die Redeweise des Volkes bei feierlichen Anlässen vereinigt sich mit den Einflüssen von anderen Lebensbezirken her, zu deren Elementen ein gewisses Pathos gehört. Auch in der Umgangssprache und im scherzhaft Parodistischen ist mit ähnlichen Einflüssen zu rechnen.

  6. Der Drang zur Mythisierung und Heroisierung geschichtlicher Personen, die mit der offiziellen Rechtspflege in Konflikt gekommen sind. Dieser Punkt berührt sich in vielem mit Punkt 1, doch gerade im Hinblick auf den "Boarischen Hiasl" und verwandte Gestalten ist auf seine Bedeutung noch einmal eigens hinzuweisen.

  7. Der Grad der Sättigung des alltäglichen Lebens mit rechtlichem Gehalt, der einerseits den Ablauf des einzelnen Menschenlebens maßgeblich bestimmt (z.B. Übergabeverträge, Heiratsabmachungen, Unterhaltsverpflichtungen, Versorgung und soziale Stellung von unehelichen Kindern etc.), andererseits, und dies scheint noch wichtiger, auch die Vorstellungen von Sittlichkeit und Redlichkeit determiniert. Hier besteht die innigste Vermischung zwischen Recht und Sitte, die in den übrigen Punkten erst in zweiter Linie in Betracht kommt.

  8. Das Maß der selbsttätigen Rechtsausübung des Volkes, manifestiert durch die Stärke der sittenrichterlichen Tätigkeit der dörflichen Burschenschaften und anderer altersmäßiger und ständischer Vereinigungen. In Akten der Volksjustiz brechen häufig höchst altertümliche Züge hervor, in denen sich beispielsweise der Drang zu Veranschaulichung (s. Punkt 4) höchst eindrucksvoll auswirkt.57)

   Ich bin überzeugt, daß mit diesen acht Punkten nur ein Teil der möglichen Kriterien genannt ist, die vom Verhältnis zwischen Recht und Volksleben aus ein Urteil ermöglichen über die spezielle Ausprägung von Weltbild und Wesensart des Volkes. Man wird mir zugeben, daß diese Möglichkeiten bis jetzt nur in geringem Maße angewendet, geschweige denn ausgeschöpft worden sind. Andererseits wird durch die hier vorgelegten, wenn auch nur fragmentarischen Ausführungen deutlich geworden sein, daß das Gesamtgebiet der Rechtlichen Volkskunde unter diesen Gesichtspunkten ein Sachgebiet darstellt, das für die Lösung der volkskundlichen Einzel- und Kernfragen von beachtlicher Bedeutung ist.
   Ein Wort noch zu den Beziehungen zur Gegenwartsvolkskunde. Es besteht kein Zweifel, daß sich gegenüber der "sinnlichen Entfaltung" des alten Redchs die heutige Rechtsausübung in starkem Maße versachlicht hat. Dazu kommt die für den Durchschnittsmenschen undurchschaubare Spezialisierung des Rechts und die Kompliziertheit seiner praktischen Anwendung. In dieser Praxis scheint das Recht aus seiner methaphysisdien Bindung gelöst, es erhebt jedoch den Anspruch absoluter Gültigkeit ("Rechtsstaat"). Ein typisches Merkmal ist seine Anonymität, die durch den juristischen Verwaltungsapparat noch verstärkt wird. Durchblicke erschließen sich nur ausgebildeten Spezialisten, die neben ihrer theoretischen Kenntnis einer großen praktischen Erfahrung bedürfen. Daß der Normalbürger hierauf mit mißtrauischer Kritik reagiert, liegt auf der Hand. Typisch ist beispielsweise die in der Gegenwart oft gebrauchte Formel, der Verwirklichung einer als löblich oder nützlich erachteten Absicht stünden "rechtliche Schwierigkeiten" entgegen. Mohammed Rassem hat darauf hingewiesen, daß sich hierin die Auffassung vom Recht als etwas Lästigem dokumentiert, dem man sich schließlich doch unterwerfen muß.58) Typisch ist auch die häufig zu beobachtende und oft auch freimütig eingestandene Einstellung, daß es von "cleverem" Verhalten zeuge, dem Recht ein Schnippchen zu schlagen und sich mit Kleinigkeiten auf Kosten anderer (des Arbeitgebers, der Firma, des Staates) zu versorgen - genau das also zu tun, was jener Handwerker in meiner Heimatstadt mit seiner Ehre nicht vereinbaren konnte. Es braucht sich dabei nicht nur um Gegenstände zu handeln, sondern auch die vertraglich abgegebene Zeit kann auf diese Weise "wegorganisiert" werden. Trotzdem ist der ganze Komplex der konkreten Rechtsordnung nicht nur im Negativen ein zentraler Faktor im Volksleben. Die leidenschaftlidie Anteilnahme an den großen und sensationellen Prozessen, von den modernen Massenmedien getragen und geschürt, bleibt häufig nicht nur im Äußeren stecken, sondern spielt in der Meinungsbildung zu brennenden Fragen der Rechtssatzung eine beträchtliche Rolle. Als Beispiel sei auf die nicht zur Ruhe kommende Diskussion über die Berechtigung und Notwendigkeit der Todesstrafe hingewiesen, worüber Herbert Freudenthal einige aufschlußreiche Bemerkungen beigesteuert hat.59) Auch die Erörterung über Natur und Unnatur der sogenannten "Kavaliersdelikte" und der im Arbeitsleben so bedeutsamen "Gruppenmoral" sprechen eine deutliche Sprache. Vorstellungen von Recht und Unrecht, die heute gültig sind, haben zumeist ihre Wurzeln in Rechtsanschauungen der Vergangenheit, so daß die oben aufgezählten Kriterien durchaus verwendbar sind für die Verhältnisse der Gegenwart. Auch im Zusammenleben kleinerer und größerer Gemeinschaften wirken die alten, im offiziellen Recht schon überwundenen Rechtssatzungen noch in starkem Maße nach, und die Erfahrungen der Vergangenheit bilden gerade auf dem Gebiet des Rechtes immer wieder die Basis für Neugründungen und Umformungen von Institutionen, die für das moderne Dasein von Wichtigkeit sind. Nicht nur ein Nachklang der früheren Beziehungen zwischen Recht und Sitte, sondern ein durchaus lebenskräftiger Sproß aus alter Wurzel sind die zahlreich vorhandenen Zeugnisse für eine sittenrichterliche Tätigkeit von Sondergemeinschaften, die in der neuen Umwelt ihre alte Funktion weiter ausüben.60) Daß dabei häufig Einflüsse anderer Art mit hineinspielen, steht auf einem anderen Blatt, und es wäre in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob nicht eine historisierende Tendenz von irgendeiner Seite aus mit am Werke ist. Ohne Zweifel ergibt sich aus diesen Erwägungen, daß auch bei der Erörterung der Fragen der Gegenwartsvolkskunde der Gesichtspunkt ihrer rechtlichen Bedingtheit nicht außer acht gelassen werden darf.

Anmerkungen:
1) Eberhard von Künßberg, Rechtsgeschichte und Volkskunde, in: Die Volkskunde und ihre Grenzgebiete (= Jb. f. Hist. Vk. I), Berlin 1925, S.69.
2) Einen guten wissenschaftsgesdiichtlichen Überblick gibt Herrnann Bald, Rechtliche Volkskunde und Rechtsarchäologie als wissenschaftlidie Begriffe und Aufgaben, in: Schweiz. Arch. f. Vk. 48/1952, S.65-82. Vgl. audi Friedrich Merzbacher, Rechtswissenschaft und Volkskunde, in: Jahres- und Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft 1960, Köln 1961, S.13-24.
3) Wilhelm Funk, Alte deutsche Rechtsmale. Sinnbilder und Zeugen deutscher Geschichte, Bremen/Berlin 1940.
4) John Meier, Untersuchungen zur deutschen Volkskunde und Rechtsgeschichte, I Ahnengrab und Brautstein, Halle/S. 1944; II Ahnengrab und Rechtsstein (=Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, VeröffentL d. Komm, f, Vk 1), Berlin 1950.
5) Gerhard Lutz, Sitte, Recht und Brauch. Zur Eselshochzeit vom Hütten in der Eifel, in: Zs. f. Vk. 56/1960, S.74-88; ders. Sitte und Infamie. Untersuchungen zur rechtlichen Volkskunde am Phänomen des Verrufs. Diss. Würzburg 1954 (Maschinenschrift); Herbert Freudenthal, Volkskundliche Streiflichter auf das Zeitgeschehen 24, in: Beiträge zur dtn. Volks- und Altertumskunde 5/1960-61, S.90-96. Vgl. auch Heinrich Siuts, Bann und Acht und ihre Grundlagen im Totenglauben (= Schriften zur Volksforschung 1), Berlin 1959.
6) So z.B. Karl Weinhold im Einleitungsartikel der Zs. d. Ver. f. Vk. 1/1891, S.5f. Der Münchener Verein für Volkskunst und Volkskunde hatte bei seiner Umfrage in den Jahren 1909/10 eine eigene Sparte "Rechts- und Verwaltungsbräuche" vorgesehen, vgl. Volkskunst und Vk. 6/1908, S.119.
7) Claudius von Schwerin, Volkskunde und Recht, in: Die Volkskunde und ihre Beziehungen zu Recht, Medizin, Vorgeschichte, Berlin 1928; Eberhard von Künßberg, Rechtliche Volkskunde (= Volk, Grundriß der dtn. Vk. in Einzeldarstellungen 3), Halle/S. 1936; Eugen Wohlhaupter, Beiträge zur rechtlichen Volkskunde Schleswig-Holsteins, in: Nordeibingen 16/1940, S.74-160 und 17/1941, S.161-198; Karl Frölich, Begriff und Aufgabenkreis der rechtlichen Volkskunde, in: Volkskdl. Ernte, Hugo Hepding dargebracht (= Gießener Beiträge zur dtn. Phil. 60), Gießen 1938, S.49-59; ders., Die Rechtliche Volkskunde als Aufgabenbereich der dtn. Universitäten. Sachstandsbericht und Ausblicke, in: Hess. BI1. f. Vk. 41/1950, S.182-192.
8) Hermann Bald, wie Anm. 2, S.77.
9) Wie Anm.2; Hermann Baltl, Rechtsarchäologie des Landes Steiermark, (= Grazer Rechts- und Staatswissenschaftl. Studien 1), Graz-Köln 1957.
10) Wesentlich weiter faßt diesen Begriff Claudius von Schwerin, Einführung in die Rechtsarchäologie ( = Rechtsarchäologie, Gegenstände, Formen und Symbole germanischen Rechts von K. von Amira und Cl. von Schwerin), Berlin-Dahlem (1943).
11) Eugen Wohlhaupter, Rechtssymbolik der Germanen mit Ausblicken auf die Symbolik anderer europäischer Rechte (= Handbuch der Symbolforschung 2), Leipzig 1941, S.125-186.
12) Friedrich Merzbacher, wie Anm.2, S.16 bezeichnet sie sogar ausdrücklich als "verhältnismäßig jungen Zweig der Rechtswissenschaft".
13) Wie Anm.7, S.16.
14) Schon Karl Frölich, Begriff und Aufgabenkreis, S.53, spricht sich, wenn auch von anderen Erwägungen her, gegen eine willkürliche Begrenzung aus.
15) Konsequent angewandt, führt er zur "funktionellen Betrachtungsweise", wie sie in besonders fruchtbarer Weise von Richard Weiß demonstriert worden ist. Zur Diskussion um diese Methode vgl. Mathilde Hain, Die Vk. und ihre Methoden, in: Dt. Philologie im Aufriß, Berlin/Bielefeld/ München, 1962, Sp.2563ff. Es liegt deutlich zu Tage, daß die "funktionelle Betrachtungsweise" mit dem "Funktionalismus" Malinowskischer Prägung ("Funktion" als Zwischenglied zwischen "Bedürfnis" und "Befriedigung dieses Bedürfnisses") nicht viel mehr als den Gleichklang des Namens gemein hat.
16) Eugen Wbhlhaupter, wie Anm.7,
17) Eberhard von Künßberg, Rechtliche Volkskunde, S.18f.
18) Für Nachforschungen habe ich Herrn Archivdirektor Dr. Neukam, Bamberg, zu danken. - Auch Nikolaus Haas, Geschichte des Slavenlandes an der Aisch I, Bamberg 1819, der auf S.123 den Vorfall kurz berührt, scheint keine anderen Schriftstücke als das hier besprochene zur Vorlage gehabt zu haben. Zusätzlich berichtet er, daß der Fall später noch einmal aufgerollt und die Unschuld der Hingerichteten erwiesen worden sein soll. Dem Amtmann sei deshalb vom Papst die Erbauung der Höchstadter Kapuzinerklosterkirche auferlegt worden. Hierzu gibt Haas leider keine Quelle an.
19) Staatsarchiv Bamberg, Bestand Bamberger Außenämter, Amt Höchstadt, Rep. B 76 Nr. 11/1, Bl.812r-815v und 832r/v.
20) Viktor Zack und Viktor von Geramb, Die Lieder vom boarischen Hiasl in Deutschösterreich, in: Bayer. Hefte f. Vk. 6/1919, S.1-34, hier S.2.
21) Mündliche Mitteilung. Eine ähnliche Idealisierung ist auch in anderen Fällen zu beobachten. Vgl. z.B. Oskar Schwär, Volksgeschichten um Karraseck und andere Oberlausitzer Räuber, in: Dt. Jb. f. Vk. 7/1961, S.75-120; Gustav Radbruch und Heinrich Gwinner, Geschichte des Verbrechens, Stuttgart (1951), bes. S.279ff. (mit Hinweisen auf Literatur des 18. und 19.Jh.)
22) Eberhard von Künßberg, Flurnamen und Rechtsgeschichte, Weimar 1936.
23) Else Angstmann, Der Henker in der Volksmeinung, Bonn 1928.
24) Heinrich Marzell und Wilhelm Wissmann, Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen V, Register, Leipzig 1958.
25) Eberhard von Künßberg, Reditliche Volkskunde, S.169.
26) Einzelnachweise in Karl-S. Kramer, Volksleben im Fürstentum Ansbadi und seinen Nachbargebieten, Würzburg 1961, S.143ff.
27) Gerhard Lutz, Sitte und Infamie, wie Anm.5.
28) Wie Anm.3; Wilhelm Funk, Speer, Pfandschaub, Kreuz und Fahne, in: Zs. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgeschichte, Germ. Abt.65/1947, S.297-315.
29) So z.B. im Kapitel Volksbrauch bei Eberhard von Künßberg, Rechtliche Volkskunde, S.37-69.
30) Karl-S. Kramer, Volksleben Ansbadi, S.111ff.; ders., Zeitliche und soziale Schichtung im Brauchtum, in: Zs. f. Vk. 58/1962, S.72-93. Ähnlich dürfte es auch beim "Santrigl" in der Umgebung Münchens gewesen sein. Vgl. dazu Hans Moser, Der Santrigl, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1952, S.95-106.
31) Vgl. dazu Otto Brunner, Land und Herrschaft, Brunn/ Mündien/Wien 1943.
32) Hans Moser, Osterei und Ostergebäck. Brauchgeschichtliches aus bayerisdien Quellen, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1957, S.67-89, bes. S.69f. Was hier für die österlichen Eierzinsen ausführlich dargelegt ist, gilt übrigens nach oberfränkischen Ämterrechnungen ebenso auch für die "Weiset-"Käse an Pfingsten und Weihnachten. Im Hinblick auf den geschilderten Burgbernheimer Brauch und seine mutmaßliche Entstehung ist dies von besonderer Bedeutung.
33) Hans Moser, Osterei, S.69; Karl-S. Kramer, Volksleben Ansbadi, S.110.
33a) Pfarrarchiv Kößlarn, LK Griesbach, Gotteshausrechnung 1492.
34) Karl-S. Kramer, Bezeichnungen und Formen des Richtfestes in Franken, in Bayer. Jb. f. Vk. 1961, S.90-107.
35) Wilhelm Funk, Speer, Pfandschaub, Kreuz und Fahne, wie Anm.28, S.308f.
36) Karl-S. Kramer, Geschichtliche Nachrichten zur mittelfränkischen Kirchweih, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1959, S.98-119.
37) Für bestimmte Gestaltungen der Dorflinde liegt die relativ späte und oberschichtlich beeinflußte Entstehung schon aus formellen Gründen offen zutage. So überrascht es nicht, für die oberfränkischen "Tanzlinden", die in ihren Kronen Platz für die Musikanten haben, eine Vorform in einer Schilderung in Georg Michael Pfefferkorn, Merkwürdige und auserlesene Geschichte der Landgrafschaft Thüringen (Frankfurt und Gotha 1685, anonym erschienen), S.342 zu finden: "Vor dem Gräflichen Ansiz (in Arnstadt) steht eine Linde mit drey auf einander gewachsenen umgangen, darauf ehmals zur Frühlings- und Sommers-Zeit die Gräfliche Herrschaft Tafel gehalten".
38) Vgl. Hans Moser, Maibaum und Maienbraudi. Beiträge und Erörterungen zur Brauchforschung, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1961, S.115-159.
39) So z. B. beim „Schößmeier" im thüringischen Pfingstbrauch. Vgl. Ingeborg Weber-Kellermann, Laubkönig und Schößmeier, in: Dt. Jb. f. Vk. 1958, S.366-385, bes. S.377ff.
40) Karl-S. Kramer, wie Anm.34, S.100ff.; Hans Moser, Bildquellenfunde I, Der Santrigl und das Schleifrad mit Hansel und Gretel, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1961, S.172f.
40a) Michel Hofmann u. Jos. Burkard, Das Aschermittwochs-Gericht in Burgebrach, in: Frank. Bll. f. Geschichtsforschung und Heimatpflege 6/1954, S.20.
40b) Hans Moser, Archivalisches zu Jahreslaufbräuchen der Oberpfalz, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1955, S.168f.
41) Sehr eingeschränkt auf das Rechtliche im juristischen Sinn ist die Bewertung solcher Bräuche bei Claudius von Schwerin, Volkskunde und Recht, wie Anm.7, S.14. Anerkannt wird hingegen das, wenn auch verblaßte und entartete Fortleben von Rechtsbräuchen innerhalb der verschiedenen Gemeinschaften, ebenda S.22 f. Vgl. auch die Bemerkungen zum Zunftgerät in Hermann Bald, Rechtsardiäologie des Landes Steiermark, Graz-Köln 1957, S.21 und 54.
42) Eberhard von Künßberg, Reditlidie Volkskunde, S.81-83, versteht unter Aberrecht etwas anderes: das Nachwirken überlebter Rechtsanschauungen, die einmal gültiges Recht gewesen sind. Diese Formulierung ist einer gängigen Definition des Aberglaubens nachgebildet. Im gleichen Zusammenhang ist auch auf eine ähnliche Nachbildung einer volkskundlichen Formel durch Karl S. Bader hinzuweisen, der in Anlehnung an Hans Naumanns "Gesunkenes Kulturgut" von "Gesunkenem Rechtsgut" spridit, vgl. Kunst und Redit, Festgabe für Hans Fehr, Karlsruhe 1948, S.7-25.
43) Forschungen zur Volkskunde 16/17, Düsseldorf (1934), S.217-242.
44) Karl-S. Kramer, "Sankt Blasius zu leibeigen", in: Bayer. Jb. f. Vk. 1954, S.141-150.
45) Dies Sprichwort ist auch im lebendigen Sprachgebrauch belegt. Vgl. Karl S. Kramer, Bauern und Bürger im nachmittelalterlichen Unterfranken, Würzburg 1957, S.203.
46) Der Versuch von Gerhard Lutz, Sitte und Infamie, wie Anm.5, stellt zwar einen Vorstoß in dieser Richtung dar, doch verwehrt die strenge Einschränkung auf die Sitte als Kernproblem der Volkskunde eine allgemeinere Anwendung der von ihm herausgearbeiteten Thesen. Wie sich zeigen wird, ist bei den Beziehungen zwischen Recht und Volkstum das Verhältnis zur Sitte nur ein Problem unter anderen.
47) Vgl. dazu die Schilderung der spanischen Wassergerichtsbarkeit bei Mohammed Rassem, Über die Leistung des Rechts, in: Antaios 2/1961, S.435-445.
48) Richard Wolfram, Weihnadnsgast und "heiliges Mahl", in: Zs. f. Vk. 58/1962, S.1-31.
49) Vgl. dazu Otto Brunner, Neue Wege der Sozialgeschichte, Vorträge und Aufsätze, Göttingen 1956, bes. den Abschnitt: Das "ganze Haus" und die alteuropäische "Ökonomik", S.33-61.
50) Karl-S. Kramer, Das Herausfordern aus dem Haus, Lebensbild eines Rechtsbrauches, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1956, S.121-138.
51) Rudolf Wisseil, Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit I, Berlin 1929, S.98 f.
52) Einzelnachweise dazu in: Karl-S. Kramer, Altmündiener Handwerk. Bräuche, Lebensformen, Wanderwege, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1958, S.131ff.; Rudolf Wissell a.a.O.
53) Stadtarchiv Coburg, B 2, Ratsprotokoll 1620/21, S.143.
54) Vgl. dazu Georg Fischer, Die Einzelgänger in der Volkskunde, in: Mitteidt. Bll. f. Vk. 8/1933, S.37-45, 92-97. Neuabdruck in: Georg Fischer, Volk und Geschichte (= Die Plassenburg 17), Kulmbach 1962, S.235-262. Fischer sucht das Phänomen der Unehrlichkeit durch die Aufhellung der Sozialstruktur der "Einzelgänger", also der außerhalb bauerlicher oder bürgerlicher Gemeinschaften Stehenden, zu klären. Damit ist schon viel gewonnen, doch liegt m.E. ein weiteres und sehr bedeutsames Problem darin, daß zwischen ehrlich und unehrlich eine schwer in Grenzen und Begriffe zu fassende Kontaktzone besteht, deren Existenz das Dasein für jedes einzelne Mitglied der alten Gemeinschaften bedrohlich macht. Über die Wurzeln der Unehrlichkeit herrscht nach wie vor weitgehend Unklarheit. Vgl. auch Wolfgang Jacobeit, Schafhaltung und Schäfer in Zentraleuropa (= Dt. Akad. Berlin, Veröfftl. d. Inst. f. dt. Vk. 25), Berlin 1961, S.173-224.
55) Karl-S. Krämer, Würzburger Volk des 16. Jahrhunderts vor Gericht, in: Bayer. Jb. f. Vk. 1955, S.141-156.
56) Adolf Bach, Deutsche Volkskunde, Heidelberg 1960, S.188f.
57) Herbert Freudenthal, wie Anm.5, S.95: Schandumzug eines Hamburger Metzgers in einem mit toten Katzen und Ratten dekorierten Wagen im Winter 1918/19.
58) Mohammed Rassem, wie Anm.47, S.436.
59) Herbert Freudenthal a.a.O. S.95.
60) Gerbard Lutz, Eselshochzeit, wie Anm.5.

(Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, 1962, S.50-66)

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Sühnekreuze & Mordsteine