Rechtsbräuche |
Als ein Recht des Dinghofherrn wird in den Weisthümern häufig in Verbindung mit dem Stock auch das Recht aufgeführt,
einen Stein zu haben: jedoch findet sich dies nur bei den grösseren Dinghöfen, und unverkennbar ist damit eine höhere, d.h.
weitergehende gerichtsherrliche Befugniss angedeutet, als in dem blossen Rechte, einen Stock zu haben, begriffen ist. Es sind nun aber zwei Klassen der Steine zu
unterscheiden.
1) Der Lästerstein, Klapperstein, Krötenstein,
Schandstein oder Pagstein, und
|
"acta sunt haec in plebiscito ad lapidem longum iuxta Buchelde" |
"Cum dominus comes ... apud lapidem in Naive, subtilia18)
|
"daet an sciregemot saet aet Aegelnodes stan be Cnutes daege"
|
"Wann auch ein untermeier oder schöff von tode ablenge, soll ein dinkhofherr einen andern aus gemeinen hubern an des verstorbenen statt erwehlen. Der den also erwelt würde, derselbige sol dem stab gehorsam sein und altem brauch nach in beisein des untermeiers und aller schöffen bei dem meierstein einen leiblichen eid zu gott und allen seinen heiligen schweren, den dinghof bei seinen rechten und gerechtigkeiten hand zu haben" etc. |
(Auszug aus: Zoepfl, Heinrich - Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts. (Erster Band), Leipzig & Heidelberg 1860, S.58-63)Anmerkungen:
1) Nach der hier gemachten und begründeten Unterscheidung ist zu modificiren, was ich in meiner deutschen Rechtsgeschichte, 3. Aufl. 1858. p.441. Note 41 über das Steingericht angeführt habe.
2) 2) Vergl J. Grimm, Rechtsalterthümer p, 720. - A. Stöber, im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1857. Nr.3. p.86 flg.; Nr.4. p.119; Nr.5. p.155; J. Zahn , ebendas., 1858. Nr.4. p.86; Michelet , origines du droit fruncais p.384 flg. ("porter la pierre") .
3) Laster: bezeichnet sowohl jede Uebelthat überhaupt, vergl. den regensburger Landfrieden K. Rudolph's I. a.1281. c.6 u. 7., bei Pertz, Legg. II. pag.427, als auch insbesondere jede üble Nachrede, in welchem letzteren Sinne sich noch die Worte "Lästern, Lästerung" erhalten haben.
4) Schänden: wird jetzt noch provinziell (fränkisch) für schimpfen oder schelten gebraucht.
5) Pagstein: Mühldorfer Stadtrecht (saec. XIII.) im Auszug mitgetheilt v. Gengler, im Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit, 1858. Nr.9. p.297) c.25: "Wie man den pagstain tragen soll". "Pagen mit Worten" (ebendas.) bedeutet lästern, schimpfen oder schelten. Gengler hat ebendas. auch das Vorkommen des Pagsteintaragens in Oesterreich nachgewiesen.
6) Vergl. die Notiz Über die doppelte Geige in Rothwiel, unten Nr.XVI.
7) Vergl. die in. Note 2 angeführten Schriften.
8) Z.B. Weisth, v. Ebersheim-Münster z. 1320, bei J.Grimm, Weisth. I. p 669. "zwa der abt hat ... stock und stein in den dorferen". - Weisth. v. Grussenheim, a.1320, ebendas. L 673; u.s.w.9) Schrai, Schraiat (= Schrägen) heisst das von Balken und Brettern errichtete Gerüste, das als Pranger dient; auch der Schandpfahl selbst Vergl. Passauer Stadtr. a.1300 in Monum. Boic. Bd.28. Abth.II. p.512. "(einen bei der schraiat anschlagen". - Mühldorfer Stadtrecht (saec. XIII) im Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit, 1858 Nr.10, c.64. "(den died) an die schray binden mit schlagen".
10) So stehet noch ein solcher Rabenstein mit diesem Namen auf einem freien Platze vor der Stadt Bamberg; eben so auf einer Anhöhe vor Würzburg.
11) Lex. Sal. Herold. XLIV. 10. "Siquis capnt de homine, quod inimici sui in pa lum miserunt (d.h. auf den Pfahl, an die Schreiat gesteckt haben), sine voluntate alierius deposuerit. (MALB. rabanal). - Rabanal scheint verdorben aus rab-banchal zu sein; banchal, ist Bank, = staplus; ein gezimmertes Gerüste. - In anderer (sehr gesuchter) Weise sucht dieses Wort zu erklären: J. Grimm, über die malberg. Glosse, bei Merkel, Lex Salica, Vorrede p. LII.
12) Bei J. Grimm, Weisth. I.p.698. lin.36 flg.
13) Ebendas. I. p.694. lin.1 flg.
14) Vergl. S.W. Oetter, Erläuterung einer merkwürdigen Urkunde v.J. 1290. Schwabach, 1761. p.13 flg.
15) Urk. a. 1252. Mon. Boica Bd.XXIX. Abth.II. Kr.XLIL "ante cujus consulis palatium lapis sanguinig iacet".
16) Urk. T. 1255, in Gudenus, cod. diplom. Tom. IV, p.886.
17) Urk. a. 1255, bei v. Senckenberg, select. jur. et histor. Bd. n.p.264.
18) tilia. Das Halten des Gerichtes unter einer Linde wird sehr häufig, besonders in süddeutschen Urkunden erwähnt. So z.B.: richtet der Hofmann unter der Linde zu Zellenwillre über Todachlag: vergl. die Freiheit des Schiffgrabens, im Elsass, bei J. Grimm, Weisth.I. 691. lin.25; den Dinghof zu Mölkirch soll man "besitzen" unter der Linde; ebendas. L 695; eben so du Vogtding zu Hornau und Kelchheim; ebendas. I. 562. lin.41; 563. lin.37. u.s.w. - An anderen Orten hielt man das Gericht unter Eichen oder Tannen; Beispiele siehe bei Oetter, a.a.O. (Note 14) p.S.14.
19) J. Kemble, Cod. dipl. sevi saxon. Bd. IV. p.54. Nr.755.
20) J. Grimm, Weisth.I. 745. 746.21)
21) Vergl. Du Cange, v. Staplus.
22) J. Grimm, Weisth.I. 667. lin.36. "und sol dirre (dieser) hof haben zweine staffelsteine unde einen stock".
23) Vergl. Ueber die Jurisdiction des Staffelgerichtes zu Weißsenburg: Ch.G. Buder, Symmicta observation. Jenae, 1756. p.117 u. flg.
24) Vergl. oben §11. Note 52 u. flg.
25) J. Grimm, Weisth.I. 726. lin.34.
26) Urk. a. 1450, bei v. Schultes, histor. Schriften Abth.II. p.384-386. Nr.LVI. und hier unten Beilage G. zur Erörterung Nr.X.
27) Siehe die in Note 12 und 13 angefahrten Weisthümer von Artolzheim und Berse.
28) Molkirch: J. Grimm, Weisth.I. 695, lin.12. "der aker zu gerüte, da sol die gerichtstat uf stan".