Deutschland Sachsen-Anhalt Lkr. Aschersleben-Stassfurt

Amesdorf


Der “arme Vetter”
am ursprünglichen
Standort (vor 1983)
VÖ bei Saal (1992)

Versetzung 1983/84
VÖ bei Saal (1987)

Standort Dorfplatz
VÖ bei Saal (1987)

PLZ: 39439

GPS: N 51° 46,767', O 11° 36,012'

Standort: Das Kreuz wurde mehrmals versetzt und steht heute auf dem Friedhof des Ortes (links vom Eingang).

Größe / Material: 155:59:24 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz, welches auch "der Vetter" (Träger 1956), "der Herr Vetter", "der arme Vetter" (Saal 1987) oder "der alte Vetter" (Kunze 1935) genannt wird, stand ursprünglich östlich der Straße von Warmsdorf nach Schackental, in der sog. Bründelschen Flur, mitten im Feld. Nach 1945 soll man dann versucht haben, es vom Acker zu entfernen. Dabei hätten es zwei vorgespannte Traktoren aber nur schiefgezogen. Das Steinkreuz war nämlich im Boden mit Feldsteinen verkeilt worden und saß sehr fest. Im Winter 1983/84 entfernte man dann ohne zwingende Gründe das Kreuz aber doch von diesem Acker und stellte es mitten im Ort auf dem Platz der Freundschaft westlich der Kirche wieder auf (Saal 1987). Von diesem Platz wurde es in neuerer Zeit auf den Friedhof des Ortes versetzt.
Am Schaft des Steinkreuzes befinden sich mehrere Wetzrillen und an dessen Ecken regelmäßige, glatte, halbrunde Vertiefungen (Schabestellen?).

Sage: 1. Im Dorfe Köhlen wohnte vor langer Zeit ein wohlhabender, erfahrener und wohltätiger Landmann, der sich großer Beliebtheit erfreute. Von altersher schon waren seine Vorfahren hier ansässig gewesen, und da die Familie sich vielfach verzweigt hatte, so hatte er eine große Verwandtschaft, die in Köhlen selbst und in den umliegenden Dörfern ansässig war. Jedermann legte Wert auf die verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem angesehenen Mann, und so kam es, daß er allgemein als "der Vetter" bezeichnet wurde. Auch im Nachbardorfe Lenzen hatte der wackere Bauersmann zwei Schwestern.
Da drang einst der Feind in das Land und steckte auf dem Durchzuge das Dorf Lenzen in Brand. Sobald der brave Mann das Unheil vernommen hatte, ließ er ein Pferd satteln, schwang sich darauf und ritt in Eile nach dem brennenden Dorfe, um seinen Schwestern Hilfe zu bringen. Doch kaum hatte er den dritten Teil des Weges zurückgelegt, da überfiel ihn eine feindliche Rotte, riß ihn vom Pferde und erschlug ihn. Das Dorf Lenzen brannte darauf ganz und gar ab, und die Schwestern fanden dabei ihren Tod.
An dem Platze, wo die räuberische Schar den Wackern erschlagen hatte, setzte ihm seine Sippe einen Denkstein, der als der Vetterstein bezeichnet wurde und heutzutage kurzerhand "der Vetter" genannt wird (Träger 1956).
2. Nach einer mündlichen Erzählung soll hier ein Gutsbesitzer einen Schäfer erschlagen haben, für den dann das Kreuz gesetzt wurde (Saal 1987).

Quellen und Literatur:
Büttner, Pfänner zu Thal - Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler, Dessau 1892.
Kunze, W. - Von Steinkreuzen in Feld und Wald. In: Germanien 7 (1935) S.291-298.
Saal, Walter - Verzeichnis der Steinkreuze des ehemaligen Landes Sachsen-Anhalt, Teil 2. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte, Band 38, S.257-264, Halle 1954.
Saal, Walter - Von alten Steinkreuzen im Bernburger Lande und ihren Sagen. In: Der Bär 2 (1957), S.64-67.
Saal, Walter - Steinkreuze und Kreuzsteine im Bezirk Magdeburg, 1987, S.18
Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992, S.17
Träger, Ottomar - Von alten Steinkreuzen im Bernburger Lande und ihren Sagen. In: Bernburger Heimathefte 1 (1956), S.209-218.
Wirth, A.: Stein- und Sühnekreuze in Anhalt. In: Dessauer Kulturspiegel 4 (1957), S.380-384.
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann / Rainer Vogt, Jan. 2007


Sühnekreuze & Mordsteine