Deutschland
Sachsen-Anhalt
Lkr. Wernigerode
Wasserleben
Rückseite |
Blick zum Standort |
Skizze bei Heise (1962) |
PLZ:
38855
GPS:
N 51° 54,97=', O 10° 45,188'
Standort:
Zwischen Wasserleben und Veckenstedt an einem Feldweg.
Größe / Material:
117:65:20 / Sandstein
Geschichte:
Auf der Vorderseite ist tatsächlich noch der bei Heise (1962) erwähnte
Kreis zu erkennen, wenn man genau hinsieht.
Wer von Wasserleben nach Veckenstedt geht oder fährt, wird, sofern er etwas Umschau hält, an dem ersten links nach dem "Sneibeke" hinabführenden
Feldwege einen etwa anderthalb Meter hohen Stein stehen sehen, der als Brotstein oder auch als Kreuzstein bezeichnet wird. Auf der Vorderseite zeigte er in
früheren Jahren ein von einem Kreis umschlossenes Kreuz. Den Kreis deutete man als ein Brot; das Kreuz gab ihm - dem Stein - den Namen "Krüzenstein". -
Seither ist dieses Denkmal aus alter Zeit verschiedene Male stark beschädigt worden; erstmalig 1898, als wir Jungen das Holz zum Osterfeuer zu nahe an ihm
aufgeschichtet hatten, so daß er in der Glut des Feuers auseinanderbarst und seine Stücke auf Weg und Rain lagen; sodann in jüngerer Zeit durch Anrennen
mit einem Ackergerät. Jedesmal ist er dann - da er unter Denkmalsschutz steht - nach Möglichkeit wieder in den alten Zustand versetzt worden. Doch sind
nunmehr Kreuz und Kreis kaum noch zu erkennen.
Welche Bewandtnis hat es nun mit diesem Stein?
Die hierorts gehende Sage lautet dahin, daß ein Mädchen, das im Dorfe Schuhe und Brot erbettelt hatte, an dieser Stelle beim Anziehen der Schuhe den
Fuß auf das Brot gesetzt habe und zur Strafe dafür von der Erde verschlungen worden sei.
Eine im hiesigen Kirchenbuch sich befindende Notiz des Pfarrers Christian August Haun vom 29. August 1803 weiß etwas anderes: Danach sei der Stein
das Mahnmal eines schnellen Todesfalles, der "vor mehr als hundert Jahren" einer Frau widerfahren wäre, weil sie im Dorfe ein Brot gestohlen und - von den
Verfolgern gestellt - "sich vermaledeyet" habe, sie habe kein Brot genommen. Als Strafe für diese Lüge sei sie auf der Stelle gestorben.
Auch fand ich einst die Sache so dargestellt, als sei das Mädchen für seine Freveltat (den Fuß auf das Brot zu setzen) in einen Stein - eben diesen
Stein - verwandelt worden!
Was der Stein wirklich bedeutet? Möglich, daß er die Oertlichkeit eines Mordes bezeichnet, ähnlich, wie auf dem Dorenberge vor Wernigerode der Knaben- und
Bruderstein die Stelle bezeichnen soll, wo jemand im Streite seinen Bruder erschlug.
Ob nicht auch ein Zusammenhang besteht zwischen unserem Brotstein und den vorreformatorischen Wallfahrten zum "Heiligen Blut" in Waterler? Nach
Jacobs (dem 1919 verstorbenen Archivrat in Wernigerode) hat es in unserem Kreisgebiet verschiedene solcher "Wallfahrtskreuze" gegeben. (Heise 1962)
Sage:
1. Der Brotstein ist zwar kein Steinkreuz, doch gehört er zu den Sagensteinen und
erinnert mit seiner Erzählung an den großen Menhir "Steinerne Jungfrau" bei Halle-Dölau. Ein Mädchen, das auf dem Heimweg war, hätte an der Stelle, an der jetzt der Brotstein
steht, durch eine Pfütze gehen müssen. Um aber die neuen Schuhe, die es anhatte, nicht zu beschmutzen, warf sie ein Brot, das sie
bei sich hatte in die Pfütze, um trocken darüber zu kommen. Als sie nun den Fuß auf das so mißachtete Brot setzte, wurde sie in den
Brotstein verwandelt. (Saal 1992)
2. Eine Frau habe hier ein Brot gestohlen, dies aber auf Nachfrage verneint. Für diese Lüge ist sie an Ort und Stelle gestorben.
Quellen und Literatur:
• Heise, Wilh. - Der Brotstein bei Wasserleben. In: Unterm Brocken; Heimatzeitschrift und Kulturspiegel des Kreises Wernigerode/Harz, Heft 2, 1962, S.41-43.
• Saal, Walter - Steinkreuzsagen aus Sachsen-Anhalt, 1992, S15
• recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann / Rainer Vogt, März. 2007