unter der Nische |
Wolf (1973) |
Bay. KDM (1906) |
PLZ:
93413GPS:
Standort:
Am südlichen Ortsausgang, ca. 4m neben der Straße zwischen 2 Linden.Größe / Material: 210:40:29-36 / Granit
Geschichte: Bildstock mit Nische: 25:40cm,unterhalb der Nische erhabenes, gleichschenkliches Dreieck: 33:20cm,
auf Schaft erhabenes lateinisches Kreuz: 128:15cm, Arme über gesamte Breite des Schaftes, Fuß verbreitert sich auf 35cm, Kreuz und Dreieck ca. 1cm erhaben.
13. VILZING, Ortsflur Rissing
"Steinerne Marter"
Mtbl. 8642: 44 von W, 189 von N. (alter Standort)
Flurk.: NO-XLIX 35, Fl.-Nr. 1524, Flurname: "Steinerne Marter", osö. davon ein "Marterfeld".
Standorte: Bis zum 6.11.1967 stand das Denkmal 10m sw. der Straßengabelung Vilzing: Rissing-Eichberg in einer Wiese, die bis zum
alten Standort der Martersäule der Gemeinde gehört. Der Stein wurde anläßlich des Straßenbaues um etwa 25m nach NNO in eine kleine Grünfläche zwischen die
Straßen gesetzt.
Beschreibung: schmaler, menhirartiger Kreuzstein mit Nische aus hellgrauem Granit. H 200, B 40, D 25cm (Breite und Dicke in halber
Höhe des Steins gemessen). Auf der Vorderseite ein von unten ausgehendes schlankes Relief kreuz von 120cm Höhe; darüber eine mit nur leicht erhabenem Reliefband
gerahmte Nische (H 40, B 25, T 10), deren Seitenflächen in ihrem oberen Viertel stumpf abgewinkelt sind, so daß sie an ihrem oberen Ende fast in einem rechten Winkel
zusammentreffen. Unter der Nische eine mit der Spitze nach unten weisende gleichschenkelige Dreiecksfläche, die wie der Nischenrahmen und das Kreuz leicht erhaben
ist. Auf der Rückseite eine ovaloide erhabene Fläche (H 115, B 39cm). Das linke obere Ende des Denkmals ist abgeschlagen. Die unteren Teile der Rück- und
Seitenflächen sind buckelig.
Die Sage berichtet, daß eine Riesentochter den Stein vom nahegelegenen Köpfeisberg in ihrem Fürtuch (Schürze) nach Rissing brachte. Sie
setzte ihn mit solcher Wucht auf, daß er sich bis zur Hälfte in die Erde eingrub; der Stein soll also in Wirklichkeit doppelt so groß sein als er jetzt erscheint. Nach dieser
Riesentochter hat der Ort seinen Namen Rissing erhalten. (F. Zistler, Vilzing, u.a.).
Nach Aussagen älterer Einwohner soll früher etwa 5m nnw. des alten Standortes der "Steinernen Marter" ein ca. 0,8m hoher und 3x4m breiter,
mit Büschen bewachsener Hügel vorhanden gewesen sein, den man für ein Massengrab aus dem Hussiten- oder Schwedenkrieg gehalten hat. Die Martersäule soll ein
Andenken an die gefallenen Krieger sein. Nachts haben die Pferde dort gescheut, weil es weihzte. (J. Lex, K. und M. Zistler, Rissing; F. Zistler, Vilzing). Einem
Zeitungsbericht vom 6.11.1967 ist zu entnehmen, daß am Kreuzstein bei Rissing in den mondhellen Nächten Stimmen aus der Erde zu hören sein sollen.
Literatur: DIE KUNSTDENKMÄLER ... II/6, S.118 mit Fig.88; Hans SCHNETZER, Vom Steinkreuz zum Marterl. In: Bayerische Hefte
für Volkskunde 1.Jg. 1914, S.36; J. PONGRATZ, Der Landkreis Cham. 1966, S. 540f.; W. STRASSER, Kunstschatz der Heimat. In: "Bayerwald-Echo" vom 3.11.1967;
(h), In Rissing steht merkwürdiger Kreuzstein. In: "Bayerwald-Anzeiger" vom 6.11.1967; Anonym, Menhir oder nicht? In: Der Regenkreis, Heft 1/1968, S.17, mit
Abbildung; Foto auch in: A. BERGMANN, Kreis-Foto-Archiv Cham 67.
Die Rissinger Martersäule verdient durch ihre menhirartige Form unser besonderes Interesse. Sie läßt sich nicht ohne weiteres mit den
üblichen mittelalterlichen Bildstöcken vergleichen, da sie im ganzen nicht die streng geometrische Gestaltung der Gotik zeigt. Bemerkenswert ist vor allem die
schildförmig ausgebildete Rückenfläche, die an die Schilddarstellungen auf den "Bamberger Götzensteinen" erinnert. Es wäre denkbar, daß die Rissinger
Martersäule aus einem ähnlichen heidnischen Figurenstein im Mittelalter umgearbeitet wurde. "Papst Theodosius II. empfahl im Jahre 426 den Missionaren, Kreuze
oder Heiligenbilder in die heidnischen Steine einzumeißeln, um die den Steinen zugeschriebenen Kräfte unschädlich oder vielmehr sie dem neuen Glauben dienstbar
zu machen." Christianisierte Menhire können in Deutschland vereinzelt nachgewiesen werden.
Beachtlich ist, daß die Sage von der Riesentochter, die den Stein in ihrer Schürze gebracht hat, auch an vorgeschichtlichen Menhiren in
Frankreich zu finden ist.
Die Versetzung der "Steinernen Marter" in Rissing gab den Anlaß zu einer eingehenden Untersuchung ihres ehemaligen Standortes. Im
Einvernehmen mit dem Bayer. Landesamt für Denkmalpflege wurde eine Ausgrabung begonnen. Da die archäologischen Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind,
muß vorerst noch auf eine eingehende Erörterung verzichtet werden. (Wolf 1973)
Also scheint sich in der tat allmählich der Wandel vom steinernen Kreuz zur Martersäule vollzogen zu haben. Den Übergang dürfte eine
verhältnismäßig nicht geringe Zahl noch erhaltener alter Martern verdeutlichen: das Kreuz (zunächst ohne den Cruzifixus) haftet als Relief auf der Vorderseite des
Säulenschaftes. Ein vorzügliches Beispiel bietet der Kreuzstein von Rissing, der eine schmale zur Säule verdickte Granitplatte mit einer kleinen Nische oberhalb
des Reliefkreuzes auf der Schauseite vorstellt. [...] (Schnetzer 1914)
Sage: 1. Eine Riesentochter soll den Stein vom nahegelegenen Köpfeisberg in ihrer Schürze nach Rissing gebracht haben. Sie
setzte ihn mit solcher Wucht auf, dass er sich bis zur Hälfte in die Erde eingrub.
Quellen und Literatur:
2. Am alten Standort soll die Martersäule ein Massengrab aus dem Hussiten- oder Schwedenkrieg bezeichnet haben.
3. Die Pferde scheuten an der Stelle der Steinernen Marter.
4. Am Kreuzstein bei Rissing sollen in den mondhellen Nächten Stimmen aus der Erde zu hören sein.
• Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Oberpfalz und Regensburg, VI Bez.-Amt Cham, 1906, S.118
• Schnetzer, Hans - Vom Steinkreuz zum Marterl, in: Bayerische Hefte für Volkskunde, 1.Jg. 1914, S.36
• Wolf, H. - Die alten Steinkreuze im Landkreis Cham, in: Das Steinkreuz, Heft 2, 29.Jg. 1973, S.20-23, Nr.13
• Schmeissner, Rainer, H. - Steinkreuze in der Oberpfalz, 1977, S.36
• recherchiert und bebildert von Uwe Eichler, Bannewitz (Fotos von Juli 2009)