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Wattendorf


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Detail Aufsatz

Foto von
J. Schörner (1936)
veröffentlicht bei
Seitz (1965)

PLZ: 96196

GPS: N 50° 2,450', O 11° 7,800'

Standort: An der BA 28 zwischen Wattendorf und Rothmannsth.

Größe / Material:

Geschichte: Im Volksmund heißt die Marter "Die Eiserne Hand". Hochrechteckiger Sockel 50x30x30cm mit unleserlicher Inschrift; Vierkant-Säule 90x20x20cm; Ampel 45x28x28cm mit vier leicht vertieften Bildnischen, auf dem Kreuz förmigen und rundbogigem Dachabschluss eine gezackte Blechplatte mit zwei eisernen Händen und Kreuz wovon aber der Querbalken abgefallen ist.

[...] Die Sage von den pestkranken Rothmannsthalern hat sich auch im Nachbarort Wattendorf erhalten. Hier hätten die Dörfler aus Wodendorf, Mährenhüll, Bojendorf und Kümmersreuth Lebensmittel herbeigeschafft und bei der "Eisernen Hand" am Weg nach Rothmannsthal abgelegt, um sich der Gefahr der Ansteckung nicht auszusetzen. [...] Der Querbalken des Kreuzes ist abgefallen. Die einstmals hölzerne Säule, die 1731 belegt ist, wurde 1824 durch eine Steinsäute ersetzt. (Zeis 2006)

Nr.132a. Gegen Rothmannsthal, die "Eiserne Hand". Steinsäule mit Blechbekrönung, bestehend aus einer Platte mit 2 ausgesteckten Händen und Kreuz. Zeichen J.D.H.1894 J.B Funk: "Rechtsmale" S.149 schreibt: Nicht jede Handsäule war eine Bannsäule, die bei Wattendorf war Wegweiser. Mayer: "Bbg. Umland": Marter von 1624, an der Pestkranken Speise gereicht worden sei. Fr. Seitz: in "Das Steinkreuz" bezeichnet den Stein ebenfalls als Wegweiser. Warum zeigen aber die beiden Arme in unbewohnte Gegenden? Würden sie nach Wattendorf und Rothmannsthal zeigen, müßten sie um 90° gedreht werden. Die Karte von 1690 von Johann Baptista Homann, Kartograph, Nürnberg, † 5.7.1724, SAC.ROM.PRINCIPATUS & EPISGOPATUS BAMBERGENSIS zeigt den Stein auch als "Eiserne Hand". Die jetzige Säule ist aber von 1894, wie kommt Mayer auf 1624? Ich bin nicht überzeugt, daß man es mit einem Wegweiser zu tun hat. Zur Wahl stehen andere Deutungen, Grenzbezirk des ehem. Klosters Langheim oder früherer Centanger, an dem die Gesetzesübertreter aus dem Langheimer Bezirk, nachdem Langheim nur eine niedere Gerichtsbarkeit besaß, einem weltlichen, bambergischen Hochgericht übergeben wurden. Sonst wird der Name Centanger in Wattendorf einem Platz zugeschrieben, auf dem ebenfalls eine Marter steht. Wurde die Säule bei Erneuerung 1894 falsch gesetzt oder war es kein Wegweiser? (Seel 1972)

   Ähnliche Zeichen für Bannwald stellen zweifellos die "Hölzerne Hand" und die "Eiserne Hand" dar, die im großen Forst bei Linden (Neustadt a.d. Aisch) stehen. Die hölzerne Hand, eine Holzsäule mit einer eingeschnittenen Hand im Kopfstück, wurde nach der Inschrift zwischen 1686 und 1926 sechsmal erneuert. Die eiserne hand ist aus gegittertem Walzblech geschnitten und nur der kümmerliche Ersatz für eine ältere Hand aus Schmiedeeisen. Die Flurnamen Hölzerne und Eiserne Hand kommen auch anderwärts vor. An diesen Orten waren früher sicherlich ähnliche Säulen aufgestellt. (Funk 1940)

Sage: 1. Im Schwedenkrieg soll hier ein Gefecht stattgefunden haben und die Hand wolle auf die Stätte des blutigen Kampfes hinweisen.
2. Ein Mann aus dem Koburgischen (die Hand weist in der Richtung nach Koburg) habe hier seine rechte Hand eingebüßt.
3. Ein Wattendorfer soll hier seinen Vater erschlagen haben, zur Strafe hat man ihm an dieser Stelle die rechte Hand abgehauen.
4. Als die Pest ganz Rottmannstal bis auf einen einzigen Mann ausgerottet hatte, mußte dieser an jener Stelle das Essen abholen, das ihm die Wattendorfer hierher stellten.

Quellen und Literatur:
Wachter, Friedrich - Die eiserne Hand, in: Der Mainbote von Oberfranken. Heimatkalender, 9.Jg., Lichtenfels 1924, S.21-22
Funk, Wilhelm - Alte deutsche Rechtsmale. Sinnbilder und Zeugen deutscher Geschichte, Berlin-Bremen 1940, S.149
Seitz, F. - Hölzerne und eiserne Hände als Wegweiser, in: Das Steinkreuz, 21.Jg., 1965, Heft 1, S.19-21
Wittmann, Leonhard - Steinkreuze als Wegweiser, in: Das Steinkreuz, 21.Jg. 1965, Heft 1, S.21
Seel, Alfred - Flurdenkmale im Landkreis Bamberg-Ost, Mitteilungsblätter der "Deutschen Steinkreuzforschung", Jg.28, 1972, Heft 2, S.36-37, Nr.132a
Zeis, Josef - Ein Bildstock am Weg, in: Von Main zum Jura. Heimatgeschichtliche Zeitschrift für den Landkreis Lichtenfels, Heft 15/2006, S.40
recherchiert und bebildert von Erich Sauer, Strullendorf (Fotos von Februar 2009)



Die eiserne Hand
von Friedrich Wachter

   Hoch oben auf dem Jura, am Wege zwischen Wattendorf und Rottmannstal, liegt "die eiserne Hand". "Es ist das," so erzählt Fräulein Barbara Koch, Hauptlehrerin in Bamberg, in ihrer trefflichen Geschichte des Arnsteiner Herrschaftsgebietes (leider immer noch im Manuskript), "eine viereckige Martersäule in beherrschender Lage. Auf der einen Seite trägt sie die Buchstaben U. B., auf der anderen C. und H., darüber die Jahreszahl 1324 oder 1824. In die Oberfläche (den Scheitel) der Säule ist eine zimlich grob gearbeitete, die drei Schwurfinger ausstreckende eiserne rechte Hand mit einem Stück des Unterarmes eingelassen." Die Herkunft dieser "eisernen Hand" wird vom Volke gar verschieden gedeutet. Die einen sagen (wir folgen hier immer den Ausführungen der wohlverdienten Forscherin), hier habe während des Schwedenkrieges ein Gefecht stattgefunden und die Hand wolle auf die Stätte des blutigen Kampfes hinweisen. Andere erzählen, ein Mann aus dem Koburgischen (die Hand weist in der Richtung nach Koburg) habe hier seine rechte Hand eingebüßt. Wieder andere wissen, daß an dieser Stätte ein ungeratener Wattendorfer seinen Vater erschlagen und man ihm dafür an derselben Stelle die rechte Hand abgehauen habe. Die vierten aber bringen die Säule mit dem Aussatz oder der Pest in Zusammenhang und berichten, zur Zeit, als die Pest ganz Rottmannstal bis auf einen einzigen Mann ausgerottet hatte, mußte dieser an jener Stelle das Essen abholen, das ihm die Wattendorfer hierher stellten. Man kann daraus ersehen, wie leicht das Volk alte, sicher vorhanden gewesene Traditionen vergißt und dann sich auf eigene Faust kunterbunte Erklärungen zusammenmacht.
   Die Gebrüder Stöhr erzählen in ihrer "Chronik der Stadt Cronach" (1825. S.144): "Fast alle deutschen Völker hatten die Gewohnheit ihre Gerichte, vornehmlich die peinlichen, unter freiem Himmel zu halten. Die alten Franken erwählten vor andern Örtern hohe Berge, auf welchen man gewisse Zeichen und Male deshalb errichtete. Dieses Zeichen war nichts anderes, als ein langer Spieß, auf welchen ein eiserner Handschuh gesteckt wurde, zum Beweis, daß an diesem Orte Gericht über Hals, Haut und Haare gehalten würde. Der eiserne Handschuh war symbolisch und zeigte soviel an, daß der Königsbann an dieser Stelle sey, und niemand, ohne Gefahr in Acht und Bann zu fallen an diesem geweihten Orte Gewalt oder sonst eine frechte Tat begehen dürfe ... Wirklich war auch bei uns in Cronach auf dem Berge ober dem jetzigen Landgerichtssitze - welcher Berg noch heutigen Tages die eiserne Hand genennet wird, ein solches Zeichen, wie selbst noch sehr alte Leute wissen und gesehen haben; und welches fälchlich zu einer fabulösen Sage Anlaß mag gegeben haben, daß in alten Zeiten ein Wolf in jener Gegend ein Kind bis auf die Hand aufgefressen habe." Wir sehen, auch hier hat das Volk die ursprüngliche Bedeutung der eisernen Hand nicht mehr verstanden und sie sich dann, sei es auf Grund eines anderen wirklichen Vorfalls oder durch Dichtung, auf seine Weise gedeutet.
   Sicher haben wir es auch hier mit einer alten Gerichtsstätte zu tun. Ganz in der Nähe ist ja der alte Herrschaftssitz Arnstein. Nach der Generalstabskarte dehnt sich hinter der eisernen Hand von Wattendorf das "Heiligenholz" den "Hohberg" hinauf. Es ist wohl eine uralte Weihestätte. Selbst das nahe "Wattendorf" scheint darauf hinzuweisen: früher hat man diesen Namen von Wodan, Odin abgeleitet, Ziegelhöfer erklärt ihn "zum Dorf des Witto, Wido oder Watto, Wado", viel natürlicher erscheint es, ihn als Dorf am Wittum, Weihtum, das heißt am heiligen Holze, an der Gerichtsstätte, abzuleiten. Die älteste Form ist ja: 1142 Wittindorf. Noch in historischer Zeit wissen wir ja manche gerichtliche Verhandlungen auf freiem Felde in gar nicht zu weiter Entfernung nachzuweisen. So hielt Bischof Heinrich am 8.April 1251 eine offene Gerichtsverhandlung auf dem oberen Hügel bei Mainklein, um die Wende des Jahres 1254/55 tagte eine mehrwöchentliche Schiedsgerichtsverhandlung über den meranischen Streit auf der Ebene zwischen Scheßlitz und Memmelsdorf, am 18.November 1258 hielt Bischof Berthold das kaiserliche Landgericht in Woffendorf bei Weißmain ab (Looshorn II 712, 716, 740); bekannt ist das Landgericht an der Roppach bei Hallstadt, welches sicherlich auf eine alte vorgeschichtliche d.h. nicht mehr durch Urkunden nachzuweisende Gerichtsstätte zurückgeht. Eine solche mag auch unsere eiserne Hand (der Name findet sich wohl auch in Oberfranken noch häufiger!) bei Wattendorf gewesen sein. Vielleicht ist auch der "Handschuh" nur eine spätere, wenn auch immerhin sehr alte Erklärung eines unverstandenen uralten Ausdrucks - der Hundertschaft der Germanen, deren "Haupt, der Hund oder Huno, ein Edler war, der die gesamte obrigkeitliche Macht ohne Ausnahme, auch das Amt des Opferers, in seiner Hand vereinigte. Auf der umhegten Malstatt, der Hundertschaft, wo die Tagungen, Gerichte und Opfer gehalten wurden, befanden sich als Mittelpunkt aller Handlungen eine Eiche, Buche, Esche oder Linde und der blaue das heißt blutige Stein, der für heilig galt, bei dem man Eide schwur und an den die Verbrecher vor ihrer Aburteilung dreimal gestoßen wurden." So ein verdienter Forscher der Gegenwart, Edmund von Wecus in seinem "Rätsel des Hundsrücks", Düsseldorf, Bergverlag 1916. Ein solcher blauer Stein mag wohl ehedem da gestanden haben, wo heute die Martersäule die eiserne Hand mit den Schwurfingern hinausstreckt.
(Der Mainbote von Oberfranken. Heimatkalender, 9.Jg., Lichtenfels 1924, S.21-22)


Sühnekreuze & Mordsteine