J. Schörner (1936) veröffentlicht bei Seitz (1965) |
PLZ:
96196GPS:
N 50° 2,450', O 11° 7,800'Standort:
An der BA 28 zwischen Wattendorf und Rothmannsth.Größe / Material:
Geschichte:
Im Volksmund heißt die Marter "Die Eiserne Hand". Hochrechteckiger Sockel 50x30x30cm mit unleserlicher Inschrift; Vierkant-Säule 90x20x20cm; Ampel 45x28x28cm mit vier leicht vertieften Bildnischen, auf dem Kreuz förmigen und rundbogigem Dachabschluss eine gezackte Blechplatte mit zwei eisernen Händen und Kreuz wovon aber der Querbalken abgefallen ist.Sage:
1. Im Schwedenkrieg soll hier ein Gefecht stattgefunden haben und die Hand wolle auf die Stätte des blutigen Kampfes hinweisen.Quellen und Literatur:
Hoch oben auf dem Jura, am Wege zwischen Wattendorf und Rottmannstal, liegt "die eiserne Hand". "Es ist das," so
erzählt Fräulein Barbara Koch, Hauptlehrerin in Bamberg, in ihrer trefflichen Geschichte des Arnsteiner Herrschaftsgebietes (leider immer noch im Manuskript), "eine
viereckige Martersäule in beherrschender Lage. Auf der einen Seite trägt sie die Buchstaben U. B., auf der anderen C. und H., darüber die Jahreszahl 1324 oder 1824.
In die Oberfläche (den Scheitel) der Säule ist eine zimlich grob gearbeitete, die drei Schwurfinger ausstreckende eiserne rechte Hand mit einem Stück des Unterarmes
eingelassen." Die Herkunft dieser "eisernen Hand" wird vom Volke gar verschieden gedeutet. Die einen sagen (wir folgen hier immer den Ausführungen der wohlverdienten
Forscherin), hier habe während des Schwedenkrieges ein Gefecht stattgefunden und die Hand wolle auf die Stätte des blutigen Kampfes hinweisen. Andere erzählen, ein
Mann aus dem Koburgischen (die Hand weist in der Richtung nach Koburg) habe hier seine rechte Hand eingebüßt. Wieder andere wissen, daß an dieser Stätte ein
ungeratener Wattendorfer seinen Vater erschlagen und man ihm dafür an derselben Stelle die rechte Hand abgehauen habe. Die vierten aber bringen die Säule mit dem
Aussatz oder der Pest in Zusammenhang und berichten, zur Zeit, als die Pest ganz Rottmannstal bis auf einen einzigen Mann ausgerottet hatte, mußte dieser an jener
Stelle das Essen abholen, das ihm die Wattendorfer hierher stellten. Man kann daraus ersehen, wie leicht das Volk alte, sicher vorhanden gewesene Traditionen vergißt
und dann sich auf eigene Faust kunterbunte Erklärungen zusammenmacht.
Die Gebrüder Stöhr erzählen in ihrer "Chronik der Stadt Cronach" (1825. S.144): "Fast alle deutschen Völker hatten die Gewohnheit ihre Gerichte,
vornehmlich die peinlichen, unter freiem Himmel zu halten. Die alten Franken erwählten vor andern Örtern hohe Berge, auf welchen man gewisse Zeichen und Male deshalb
errichtete. Dieses Zeichen war nichts anderes, als ein langer Spieß, auf welchen ein eiserner Handschuh gesteckt wurde, zum Beweis, daß an diesem Orte Gericht über
Hals, Haut und Haare gehalten würde. Der eiserne Handschuh war symbolisch und zeigte soviel an, daß der Königsbann an dieser Stelle sey, und niemand, ohne Gefahr
in Acht und Bann zu fallen an diesem geweihten Orte Gewalt oder sonst eine frechte Tat begehen dürfe ... Wirklich war auch bei uns in Cronach auf dem Berge ober dem
jetzigen Landgerichtssitze - welcher Berg noch heutigen Tages die eiserne Hand genennet wird, ein solches Zeichen, wie selbst noch sehr alte Leute wissen und gesehen
haben; und welches fälchlich zu einer fabulösen Sage Anlaß mag gegeben haben, daß in alten Zeiten ein Wolf in jener Gegend ein Kind bis auf die Hand aufgefressen habe."
Wir sehen, auch hier hat das Volk die ursprüngliche Bedeutung der eisernen Hand nicht mehr verstanden und sie sich dann, sei es auf Grund eines anderen wirklichen Vorfalls
oder durch Dichtung, auf seine Weise gedeutet.
Sicher haben wir es auch hier mit einer alten Gerichtsstätte zu tun. Ganz in der Nähe ist ja der alte Herrschaftssitz Arnstein. Nach der Generalstabskarte
dehnt sich hinter der eisernen Hand von Wattendorf das "Heiligenholz" den "Hohberg" hinauf. Es ist wohl eine uralte Weihestätte. Selbst das nahe "Wattendorf" scheint
darauf hinzuweisen: früher hat man diesen Namen von Wodan, Odin abgeleitet, Ziegelhöfer erklärt ihn "zum Dorf des Witto, Wido oder Watto, Wado", viel natürlicher
erscheint es, ihn als Dorf am Wittum, Weihtum, das heißt am heiligen Holze, an der Gerichtsstätte, abzuleiten. Die älteste Form ist ja: 1142 Wittindorf. Noch in historischer
Zeit wissen wir ja manche gerichtliche Verhandlungen auf freiem Felde in gar nicht zu weiter Entfernung nachzuweisen. So hielt Bischof Heinrich am 8.April 1251 eine
offene Gerichtsverhandlung auf dem oberen Hügel bei Mainklein, um die Wende des Jahres 1254/55 tagte eine mehrwöchentliche Schiedsgerichtsverhandlung über den
meranischen Streit auf der Ebene zwischen Scheßlitz und Memmelsdorf, am 18.November 1258 hielt Bischof Berthold das kaiserliche Landgericht in Woffendorf bei
Weißmain ab (Looshorn II 712, 716, 740); bekannt ist das Landgericht an der Roppach bei Hallstadt, welches sicherlich auf eine alte vorgeschichtliche d.h. nicht mehr
durch Urkunden nachzuweisende Gerichtsstätte zurückgeht. Eine solche mag auch unsere eiserne Hand (der Name findet sich wohl auch in Oberfranken noch häufiger!)
bei Wattendorf gewesen sein. Vielleicht ist auch der "Handschuh" nur eine spätere, wenn auch immerhin sehr alte Erklärung eines unverstandenen uralten Ausdrucks -
der Hundertschaft der Germanen, deren "Haupt, der Hund oder Huno, ein Edler war, der die gesamte obrigkeitliche Macht ohne Ausnahme, auch das Amt des Opferers,
in seiner Hand vereinigte. Auf der umhegten Malstatt, der Hundertschaft, wo die Tagungen, Gerichte und Opfer gehalten wurden, befanden sich als Mittelpunkt aller
Handlungen eine Eiche, Buche, Esche oder Linde und der blaue das heißt blutige Stein, der für heilig galt, bei dem
man Eide schwur und an den die Verbrecher vor ihrer Aburteilung dreimal gestoßen wurden." So ein verdienter Forscher der Gegenwart, Edmund von Wecus in seinem
"Rätsel des Hundsrücks", Düsseldorf, Bergverlag 1916. Ein solcher blauer Stein mag wohl ehedem da gestanden
haben, wo heute die Martersäule die eiserne Hand mit den Schwurfingern hinausstreckt.
(Der Mainbote von Oberfranken. Heimatkalender, 9.Jg., Lichtenfels 1924, S.21-22)