Deutschland Bayern Lkr. Tirschenreuth

Wolframshof


Abbildung bei
Azzola (2008)

Abbildung bei
Azzola (1979)

PLZ: 95506

GPS: N 49° 49,919', O 11° 53,214'

Standort: Der Kreuzstein ist in die Grundstücksmauer des ehemaligen herrschaftlichen Obstgartens eingelassen und steht damit auf Privatgrund.

Größe / Material: ca. 160:50:? / Sandstein

Geschichte: Zwei Scheibenkreuze auf einer Sandsteinplatte reliefartig herausgearbeitet. Beide Kreuze teils beschädigt.
Bay. Denkmalliste: hochmittelalterlich, aus der ehem. Schloßkapelle.

[...] Zur Auszier einer Grab- bzw. einer Sarkophagdeckplatte diente nicht nur das griechische (gleicharmige) bzw. das lateinische Kreuz (mit einem verlängerten Längsbalken), sondern auch das Scheibenkreuz, das zugleich als Nimbus Christi und Christussymbol jedermann verständlich war. In Deutschland gibt es zwei hochmittelalterliche Grabplanen mit zwei Scheibenkreuzen, die durch einen gemeinsamen Längsbalken miteinander verbunden sind und zwar in Kastl bei Kemnath und in der Hersfelder Stiftsruine. Weitere Scheibenkreuzplatten dieses Typs werden in Dänemark durch Löffler und aus Großbritannien in der englisch-sprachigen Literatur beschrieben. (Azzola 2008)

Sage:

Quellen und Literatur:
Azzola, Friedrich Karl - Die Scheibenkreuzplatte im Schloß Wolframshof bei Kastl unweit Kemnath und ihre überregionalen Bezüge, in: Beiträge zur Flur- und Kleindenkmalforschung in der Oberpfalz, 2.Jg. 1979, S.17-19
Azzola, Friedrich Karl - Die spätromanische Grabplatte unter dem Altar der Kirche Netra, in: Eschweger Geschichtsblätter, Nr.19, 2008, S.56-60
recherchiert und bebildert von Paul Basler, Schwarzenbach / Saale (Foto von April 2009)



Die Scheibenkreuzplatte im Schloß Wolframshof bei Kastl unweit Kemnath und ihre überregionalen Bezüge
von Friedrich Karl Azzola

Abmessungen: Resthöhe 157cm, Breite 59cm, Radius des oberen Scheibenkreuzes 31,5cm, Radius des unteren Scheibenkreuzes 27-28cm.
Material: roter Sandstein.


Anläßlich der Untersuchung der Scheibenkreuzplatte auf dem Friedhof von Kastl bei Kemnath am 13.August 1975 wies mich der Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde auf eine weitere Platte in der Kapelle des nahebei gelegenen Schlosses Wolframshof hin. Alte Dorfbewohner hätten einst seine Aufmerksamkeit auf dieses Denkmal mit dem Hinweis gelenkt, es habe frühers inmitten des Dorfes gestanden und sei in das Schloß erst verbracht worden. Dank freundlichen Entgegenkommens des Eigentümers wurde mir eine Besichtigung und photographische Aufnahme des Denkmals gestattet.

Die Einmaligkeit der Scheibenkreuzplatte im mitteleuropäisch-deutschen Sprachgebiet war vom ersten Augenblick an klar: die beiden in Flachrelief ausgeführten Scheibenkreuze am Kopf und am Fuß der Platte, die durch einen bauchigen Schaft (ebenfalls flach reliefiert) verbunden werden. Da eine zwar außergewöhnliche, doch entwickelte Struktur kaum als Einzelschöpfung angesehen, sondern trotz aller (nach bisheriger Kenntnis) Einmaligkeit nur in einen denkmalkundlichen Zusammenhang gestellt werden kann, galt es, in der ausländischen Literatur nach möglichen Parallelen zu suchen. Dies bot sich umso mehr an, da man die vorliegende Scheibenkreuzplatte als verhältnismäßig jung bezeichnen und dem späten 13.Jahrhundert zuordnen muß. So schien es denkbar, Parallelen bzw. ältere Stücke unter den zahlreichen romanischen Kreuz- und Scheibenkreuzplatten Skandinaviens und der britischen Inseln auffinden zu können. Wie die Abbildungen 1-7 zeigen, erwiesen sich diese Bemühungen als erfolgreich, ohne damit einen unmittelbaren Zusammenhang der hier wiedergegebenen dänischen (1) und englischen (2-4) Denkmale mit der Platte in Wolframshof herstellen zu wollen. Vielmehr dienen die Abbildungen 1 bis 7 lediglich dazu, den weiten, überregionalen Bezug zu verdeutlichen, der sich hinter dieser unscheinbaren Scheibenkreuzplatte verbirgt, weshalb es sich lohnt, dem kaum beachteten Denkmal mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Man darf mit Sicherheit annehmen, daß diese Platte einst für eine Grablege in der Kirche von Kastl angefertigt wurde. Bei späteren Veränderungen dieser Kirche dürfte sie daraus entfernt und in das Dorf verbracht worden sein.


Anmerkungen:
1) J.B. LØFFLER: "Danske Gravstene fra Middelalderen", 1889, Tafel 7.
2) Eduard L. CUTTS: "A Manual for the Study of the Sepulchral Slaba and Crosses of the Middle Ages", London 1849, Tafel 34.
3) Charles BOUTELL: "Christian Monuments in England and Wales: A Historical and Descriptive Sketch of the Various Classes of Sepulchral Monuments which have been in Use in this Country from the Era of the Norman Conquest to the Time of Edward the Fourth", 1854, S.14
4) L.A.S. BUTLER: "Minor Medieval Monument Sculpture in the East Midlands" in: "The Archaeological Journal" Vol. CXXI (1965), S.111-153, insbes. Fig.28 auf S.120

(Beiträge zur Flur- und Kleindenkmalforschung in der Oberpfalz, 2.Jg. 1979, S.17-19)


Sühnekreuze & Mordsteine